OLG Frankfurt vom 11.12.2019 (4 UF 23/19)

Stichworte: Morgengabeversprechen, anwendbares Recht, Formbedürftigkeit; Brautgabeversprechen, anwendbares Recht, Formbedürftigkeit
Normenkette: EGBGB 5 Abs. 1 Satz 2; EGBGB 14
Orientierungssatz:
  • Unterliegen die allgemeinen Ehewirkungen dem deutschen Sachrecht, bedarf ein vom Ehemann abgegebenes Morgengabeversprechen für seine Wirksamkeit der notariellen Beurkundung.
  • 620 F 1131/17
    AG Wetzlar

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main

    auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 17.01.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Wetzlar vom 13.12.2018 auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. November 2019 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Auf den Widerantrag wird die Antragstellerin verpflichtet, an den Antragsgegner 167,83 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.5.2018 zu zahlen.

    Im Übrigen werden der Widerantrag und die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden der Antragstellerin auferlegt. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszugs bleibt es bei der Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss.

    Der Verfahrenswert wird für den zweiten Rechtszug festgesetzt auf 22.792,66 Euro.

    Gründe:

    I.

    Die Beteiligten sind seit x.y.2018 rechtskräftig geschiedene Eheleute mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland. Die Antragstellerin ist türkische Staatsangehörige, der Antragsgegner deutscher und türkischer Staatsangehöriger.

    Ihrer standesamtlichen Eheschließung am x.y.2016 ging eine islamische Eheschließung am x.y.2016 voraus. In deren Rahmen fragte der Imam die Antragstellerin, was sie im Falle des Scheiterns der Ehe begehre. Sie antwortete spontan „5.000,- Euro.“, was der Antragsgegner, mit dem die Antragstellerin vorab nicht über eine Morgengabe (Mehir) gesprochen hatte, akzeptierte. Der Imam trug daraufhin auf einer von ihm handschriftlich verfassten, als Vertrag (Nikah Akid Senedi) bezeichneten Urkunde, deren Kopie als Bl. 64 der Akte vorliegt, ein: „Mehir: 5555,55 €“. Die Urkunde wurde von beiden Beteiligten oberhalb dieses Eintrags unterschreiben und von zwei Zeugen und dem Imam unterhalb dieses Eintrags.

    Anlässlich der Hochzeitsfeierlichkeiten erhielt die Antragstellerin den in ihrem Herausgabeantrag näher bezeichneten Goldschmuck im Wert von mindestens 17.000,- Euro geschenkt. Teile des Schmucks trug die Antragstellerin anschließend wiederholt an Festtagen, letztmals auf einer Hochzeitsfeier am 9.7.2017. Am 3.8.2017 ließ sie sich mit Teilen des Schmucks in der ehelichen Wohnung fotografieren.

    Am 13.8.2017 kam es nach einer Auseinandersetzung der Beteiligten in dem vom Antragsgegner damals betriebenen Imbiss zur Trennung der Beteiligten. Die Antragstellerin begab sich aus dem Imbiss in Begleitung zweier von ihr benannter Zeuginnen zur gemeinsamen Ehewohnung, um dort ihre persönlichen Sachen abzuholen. Die Ehewohnung hat sie seitdem nicht mehr betreten. Vor Verlassen der Ehewohnung, bei welchem der Antragsgegner nicht zugegen war, zerstörte sie ein in der Wohnung befindliches Sofa. Ob das Sofa im Allleineigentum des Antragstellers oder im Miteigentum beider Ehegatten stand, ist zwischen den Beteiligten streitig. Ob die Antragstellerin auch weitere Einrichtungsgegenstände zerstörte, ist ebenfalls streitig, ist aber nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.

    Nach ihrem Auszug übersandte die Antragstellerin dem Antragsgegner eine WhatsApp-Nachricht mit folgendem, ins Deutsche übersetzten Inhalt:

    „Ihr seid eh keine Familie, die betet, und ihr wisst nicht, was helal oder haram ist. Du bist jetzt traurig wegen des Hauses. Benutzt das Haus, wie ihr es wollt. Und noch was, deine Mutter soll das Gold so benutzen, wie sie es will, aber mein Mehir will ich haben. Wenn ihr mir mein Mehir nicht rausgebt, soll jeder Cent eine Sünde sein. Ihr betet eh nicht, ihr wisst nicht, was helal oder haram ist.“

    Der Verbleib des der Antragstellerin zur Hochzeit geschenkten Goldschmucks ist zwischen den Beteiligen streitig. Die Antragstellerin forderte den Antragsgegner mit Schreiben vom 8.9.2017 zur Herausgabe des Schmucks auf, woraufhin der Antragsgegner mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 13.9.2017 erwiderte, er sei nicht in Besitz des Schmucks. Diesen habe die Antragstellerin bei ihrem Auszug mitgenommen.

    Mit ihrem am 10.11.2017 beim Amtsgericht eingegangenen und dem Antragsgegner am 9.3.2018 zugestellten Antrag hat die Antragstellerin die Herausgabe ihres Goldschmucks, hilfsweise die Zahlung eines Betrags von 17.000,- Euro, sowie die Zahlung einer Morgengabe von 5.555,- Euro begehrt.

    Der Antragsgegner hat seinerseits mit Widerantrag vom 3.5.2018, der Antragsgegnerin zugegangen am 11.5.2018, die Zahlung von 3.890,- Euro als Schadensersatz für die von der Antragstellerin bei ihrem Auszug zerstörten Haushaltsgegenstände verlangt. Die Antragstellerin hat den Kaufpreis des Sofas unter Vorlage einer Rechnung vom 16.9.2016, Bl. 70 der Akte, mit 699,- Euro einschließlich Mehrwertsteuer angegeben. Wegen der Berechnung des vom Antragsgegner vorgenommenen Abzugs „neu für alt“ wird auf den Schriftsatz vom 3.5.2018 Bezug genommen. Die Antragstellerin hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.5.2018, in welchem der Widerantrag gestellt worden ist, auf eine förmliche Zustellung der Widerantragsschrift verzichtet.

    Das Amtsgericht hat die Antragstellerin mit dem angefochtenen Beschluss unter Zurückweisung des Widerantrags im Übrigen zur Zahlung von 237,66 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.5.2018 verpflichtet und hat sämtliche Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Die Kosten hat es der Antragstellerin zu 86 Prozent und dem Antragsgegner zu 14 Prozent auferlegt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin habe keinen geeigneten Beweis für ihren Vortrag angeboten, der Antragsgegner habe ihren Goldschmuck in seinem Besitz bzw. habe ihn jedenfalls im Zeitpunkt der Trennung noch in seinem Besitz gehabt. Die Vereinbarung über die Zahlung einer Mehir sei formunwirksam. Sie sei als Schenkungsversprechen zu qualifizieren, welches gemäß § 518 Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung bedürfe. Der Widerantrag sei lediglich in Höhe eines Betrags von 237,66 Euro als Schadensersatz für die Zerstörung des Sofas begründet. Ausgehend von einem von der Antragstellerin eingeräumten Kaufpreis von 699,- Euro zuzüglich Mehrwertsteuer und ausgehend von hälftigem Miteigentum der Beteiligten belaufe sich der Schaden bei einem vorzunehmenden Abzug „alt für neu“ von 1000/1750 des Kaufpreises auf 237,66 Euro. Für einen höheren Wert des Sofas und für die behauptete Zerstörung weiterer Einrichtungsgegenstände sei der Antragsgegner beweisfällig geblieben.

    Mit ihrer am 18.1.2018 beim Amtsgericht eingegangenen und innerhalb der verlängerten Frist zur Beschwerdebegründung begründeten Beschwerde gegen den ihr am 20.12.2018 zugestellten Beschluss verfolgt die Antragstellerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter.

    Die Antragstellerin, die im ersten Rechtszug noch vorgetragen hatte, der Goldschmuck habe sich im Zeitpunkt der Trennung der Beteiligten auf Veranlassung des Antragsgegners in einem Bankschließfach der Mutter des Antragsgegners bei der V.-bank in W. befunden, trägt nunmehr vor, sie habe den Schmuck nach der islamischen Eheschließung auf Geheiß des Antragsgegners an diesen zur Verwahrung ausgehändigt. Der Antragsgegner habe den Schmuck in dem Bankschließfach seiner Mutter deponiert und ihn der Antragstellerin an Festtagen zum Tragen ausgehändigt. Wenn sie den Schmuck an Festtagen getragen habe, habe sie ihn anschließend wieder dem Antragsgegner ausgehändigt, so auch, nachdem sie am 3.8.2017 letztmals Teile des Schmucks getragen habe. Sie wisse nicht, ob der Antragsgegner den Schmuck anschließend wieder im Bankschließfach oder in einer Schachtel unter dem Ehebett der Beteiligten verwahrt habe. Es könne daher unstreitig gestellt werden, dass der Schmuck sich im Zeitpunkt des Auszugs der Antragstellerin unter dem Ehebett befand, von welchem die Antragstellerin im ersten Rechtszug unter Bezugnahme auf ein vom Antragsgegner vorgelegtes Lichtbild, Bl. 50 der Akte, noch vorgetragen hatte, es liege flach auf dem Boden auf, weshalb man darunter nichts deponieren könne. Die Antragstellerin habe den Schmuck im Zuge der Trennung nicht an sich genommen, sondern ihn in der Verwahrung des Antragstellers belassen. Sie habe am 13.8.2017 nur ihre Kleidung eingepackt und mitgenommen.

    Die Antragstellerin vertritt im Übrigen die Auffassung, die Vereinbarung einer Morgengabe sei nach dem hier maßgeblichen türkischen Sachrecht nicht formbedürftig. Der vom Antragsgegner geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei unbegründet, weil der Antragsgegner das Sofa wohl noch nutze und ohnehin nach dem Auszug der Antragstellerin sämtliche Hausratsgegenstände für sich vereinnahmt habe.

    Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

    den Antragsgegner unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses zuverpflichten,

    1. an die Antragstellerin

    - zehn Armreifen (türkisch Burma), 22 Karat, je 25g, Rotgold, Durchmesser 6,4 cm, in sich zopfartig gedreht,

    - ein Set (türkisch Trabzon Seti), Rotgold, 22 Karat, 96g, insgesamt bestehend aus Halskette, gerillt mit Verschluss, Ohrringen (Zwei), gerillt, Armband, 6,5cm, gerillt,

    - ein Armreif, 16g, 22 Karat, Rotgold, Durchmesser 6,5cm, auch gerillt,

    - fünf Goldmünzen mit Kopf Atatürk, 35g je Münze,

    - zwei Goldmünzen mit Kopf Atatürk, Halbmünze, 17g, jeweils Farbe Rotgold

    herauszugeben.

    2. hilfsweise, an die Antragstellerin 17.000,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

    3. an die Antragstellerin weitere 5.555,- Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    4. den Widerantrag zurückzuweisen.

    Der Antragsgegner beantragt,

    die Beschwerde zurückzuweisen.

    Er behauptet, die Antragstellerin habe den Goldschmuck in einer Schachtel unter dem Ehebett verwahrt, das auf etwa zehn Zentimeter hohen Füßen gestanden habe. Als er, der Antragsgegner, am 13.8.2017 nach dem Auszug der Antragstellerin in die Ehewohnung zurückgekehrt sei, habe sich der Goldschmuck nicht mehr dort befunden. Der Schmuck habe sich auch zu keinem Zeitpunkt in dem Bankschließfach der V.-bank in W. befunden, bei welchem es sich ohnehin um ein Bankschließfach der Schwester des Antragsgegners und nicht seiner Mutter handele. Seine Mutter habe dort aber Bargeld und (eigenen) Schmuck deponiert, den sie hin und wieder entnehme, um ihn zu tragen. Dabei sei sie auch von der Antragstellerin gelegentlich zur Bank begleitet worden.

    Die Antragstellerin hat zum Beweis ihrer Behauptung, sie habe den Schmuck in der Ehewohnung zurückgelassen, die Vernehmung zweier Zeuginnen angeboten, die sie am 13.8.2017 bei ihrem Auszug begleiteten und nach Angaben der Antragstellerin bezeugen können, dass sie den Schmuck bei ihrem Auszug nicht mitnahm.

    II.

    Die zulässige Beschwerde ist nur hinsichtlich der Verteidigung gegen den Widerantrag des Antragsgegners teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und daher zurückzuweisen.

    Dem liegen folgende rechtliche Erwägungen zu Grunde:

    1. Der mit den Beschwerdeanträgen zu 1) und 2) verfolgte Anspruch aus dem Eigentum der Antragstellerin an dem ihr zur Hochzeit geschenkten Goldschmuck ist aus den zutreffenden Gründe:n der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Die Antragstellerin hat keinen geeigneten Beweis dafür angeboten, dass der Antragsgegner den Goldschmuck in seinem Besitz hat bzw. im Zeitpunkt der Trennung der Beteiligten (und vorher) in seinem Besitz hatte. Selbst wenn man davon ausginge, dass die beiden von der Antragstellerin benannten Zeuginnen bestätigen könnten, dass die Antragstellerin am 13.8.2017 keinen Schmuck mit aus der Wohnung genommen hat, ließe sich hieraus nicht mit der für eine Überzeugung nach §§ 113 Abs. 1 FamFG, 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Sicherheit (vgl. zum Maßstab der richterlichen Überzeugungsbildung zuletzt BGH, NJW 2019, 3147) darauf schließen, dass der Antragsgegner am 13.8.2017 Besitzer des Schmucks der Antragstellerin war oder geworden ist. Zwar spräche im Hinblick auf den Inhalt der WhatsApp-Nachricht der Antragstellerin vom 13.8.2017 und die kaum nachvollziehbaren Erklärungen des Antragsgegners für die gemeinsamen Besuche der Antragstellerin und seiner Mutter beim Bankschließfach seiner Schwester wohl eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für ein Zutreffen des Vortrags der Antragstellerin. Die für die richterliche Überzeugungsbildung erforderliche hinreichende Sicherheit des Zutreffens ihres Vortrags würde daraus jedoch nicht folgen. Nachdem die Antragstellerin nämlich nunmehr selbst vorträgt, es könne sein, dass der Schmuck in einer Schachtel unter dem Ehebett aufbewahrt worden sei, könnten auch die beiden Zeuginnen nicht ausschließen, dass die Antragstellerin den Schmuck von dort bereits vor ihrem Auszug am 13.8.2017 an sich genommen hat.

    Eine weitere Aufklärung des Sachverhalts ist mit den im zivilprozessualen Verfahren vorgesehenen Beweismitteln nicht möglich und bleibt dem zu erwartenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vorbehalten. Im vorliegenden Verfahren geht die fehlende Aufklärbarkeit des Sachverhalts zu Lasten der für die anspruchsbegründenden Tatsachen beweispflichtigen Antragstellerin.

    2. Der mit dem Beschwerdeantrag zu 3) verfolgte Anspruch auf Zahlung einer Morgengabe ist wegen der Formungültigkeit des Morgengabeversprechens unbegründet.

    Das Rechtsinstitut der Morgengabe ist kollisionsrechtlich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als allgemeine Ehewirkung zu qualifizieren und unterliegt danach dem für die allgemeinen Ehewirkungen maßgeblichen Recht (vgl. BGH, FamRZ 2010, 533; ebenso OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 26.4.2019 – 8 UF 192/17, veröffentlicht unter www.hefam.de, sowie die in der Beschwerdebegründung zitierte Entscheidung des OLG Köln, FamRZ 2016, 720 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dieses bestimmt sich im vorliegenden Fall gemäß Art 229 § 47 Abs. 1 EGBGB nach Art. 14 EGBGB in seiner bis zum 28.1.2019 geltenden Fassung (im Folgenden EGBGB a.F.). Die Anknüpfung an die gemeinsame türkische Staatsangehörigkeit der Beteiligten nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a.F. kommt dabei nicht zum Tragen, weil die deutsche Staatsangehörigkeit des Antragsgegners seiner türkischen Staatsangehörigkeit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vorgeht. Die allgemeinen Ehewirkungen unterliegen daher gemäß Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB a.F. dem deutschen Recht, weil beide Ehegatten dort während der gesamten Ehe ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten.

    Nichts Anderes gilt im Ergebnis, wenn man das Rechtsinstitut der Morgengabe den Unterhaltspflichten im Sinne des Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 4/2009 (EuUntVO) oder dem Güterrecht im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. zuordnet oder es als nicht dem Anwendungsbereich der EuUntVO unterliegende vermögensrechtliche Scheidungsfolge im Sinne des Art. 17 EGBGB a.F. einordnet.

    Rechnet man die bei der Trennung noch nicht gezahlte Morgengabe abweichend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den aus der Ehe rührenden Unterhaltspflichten (so OLG Hamm, FamRZ 2016, 1629; Palandt/Thorn, BGB, 78. Aufl. 2019, Art. 17 EGBGB, Rdnr. 3 m.w.N.), findet auf diese gemäß Art. 15 EuUntVO i.V.m. Art. 3 Abs. 1, 5 des Haager Protokolls vom 23.11.2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht (HUP) ebenfalls deutsches Recht Anwendung, weil die Antragstellerin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat und die in Deutschland geschlossene Ehe der während der Ehe ununterbrochen in Deutschland lebenden Beteiligten ersichtlich keine engere Bindung zum Recht eines anderen Staates aufweist.

    Rechnet man das Rechtsinstitut der Morgengabe zu den güterrechtlichen Wirkungen der Ehe im Sinne des Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. findet darauf gemäß Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F., das im Zeitpunkt der Eheschließung nach Art 14 EGBGB für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebliche Recht, hier also deutsches Recht, Anwendung.

    Rechnet man die Morgengabe zu den nicht dem Anwendungsbereich der EuUntVO unterliegenden vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen, findet darauf gemäß Art. 17 Abs. 1 EGBGB a.F. i.V.m. Art. 8 lit a) der Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 (Rom-III-VO) ebenfalls deutsches Recht als das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten Anwendung (so auch OLG Köln, FamRZ 2016, 720).

    Selbst wenn man das Morgengabeversprechen losgelöst von den durch die Ehe begründeten vermögensrechtlichen Beziehungen der Beteiligten als dem allgemeinen Schuldrecht unterliegenden Vertrag im Sinne des Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 593/2008 (Rom-I-VO) einordnet, wogegen im Hinblick auf Art. 1 Abs. 2 b) und c) Rom-I-VO ernstliche Bedenken bestehen, unterliegt es gemäß Art. 4 Abs. 2 Rom-I-VO der Anwendung deutschen Rechts, weil der Antragsgegner als Schuldner der geltend gemachten Leistung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Eine offensichtlich engere Verbindung des Morgengabeversprechens zu einem anderen Staat, die nach Art. 4 Abs. 3 Rom-I-VO Voraussetzung für eine Anwendung des Rechts dieses Staates wäre, liegt hier in Anbetracht des gewöhnlichen Aufenthalts beider Ehegatten, der Eheschließung und der Abgabe des Morgengabeversprechens in Deutschland sowie der deutschen Staatsangehörigkeit des Antragsgegners nicht vor.

    Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann auch nicht von einer von den Beteiligten im Rahmen des Morgengabeversprechens stillschweigend getroffenen Rechtswahl zu Gunsten des türkischen Rechts ausgegangen werden.

    Im Falle einer Qualifizierung des Morgengabeversprechens als allgemeine Ehewirkung, als güterrechtliche Ehewirkung oder als nicht unter den Anwendungsbereich der EuUntVO fallende sonstige vermögensrechtliche Scheidungsfolge, wäre eine Rechtswahl ohnehin notariell zu beurkunden gewesen, was hier nicht erfolgt ist. Das Formerfordernis der notariellen Beurkundung einer Rechtswahl folgt für die allgemeinen Ehewirkungen aus Art. 14 Abs. 4 Satz 1 EGBGB a.F., für die güterrechtlichen Ehewirkungen aus Art. 15 Abs. 3, 14 Abs. 4 Satz 1 EGBGB a.F. und für die sonstigen vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen aus Art. 7 Abs. 2 Rom-III-VO i.V.m. Art. 46e Abs. 1 EGBGB.

    Auch im Falle einer unterhaltsrechtlichen oder allgemein schuldrechtlichen Einordnung des Morgengabeversprechens kann jedoch nicht von einer wirksamen Rechtswahl der Beteiligten ausgegangen werden. Zwar reicht für eine Rechtswahl nach Art. 8 Abs. 2 HUP eine von beiden Vertragsparteien zu unterschreibende schriftliche Erklärung aus, während sich die Wirksamkeit einer Rechtswahl im Anwendungsbereich der Rom-I-VO gemäß Art. 3 Abs. 5, 11 Abs. 1 Rom-I-VO nach den Formerfordernissen des gewählten Rechts oder des Rechts des Ortes des Vertragsschlusses richtet. Für die Annahme einer von den Beteiligten im vorliegenden Fall allenfalls stillschweigend getroffenen Rechtswahl fehlen allerdings hinreichende Indizien. Die türkische Vertragssprache, die türkische Staatsangehörigkeit beider Ehegatten, deren kulturelle Identität und die Vereinbarung eines dem deutschen Sachrecht fremden Morgengabeversprechens begründen zwar durchaus Anhaltspunkte für eine von beiden Beteiligten gewünschte Rechtswahl des türkischen Rechts als des auf das Morgengabeversprechen anzuwendenden Rechts. Diese reichen vor dem Hintergrund der sonstigen Umstände der Abgabe des Versprechens allerdings nicht für die Annahme einer Rechtswahl aus. Gegen die Annahme eines auf eine entsprechende Rechtswahl gerichteten Willens der Beteiligten sprechen nämlich der gewöhnliche Aufenthalt der Beteiligten, der Ort des Vertragsschlusses und der späteren Eheschließung, die für die allgemeinen Ehewirkungen vorrangige deutsche Staatsangehörigkeit des Antragsgegners und die Umstände der Abgabe des Morgengabeversprechens. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten wurden diese nämlich erstmals während des islamischen Eheschließungszeremoniells vom Imam auf die Morgengabe angesprochen, woraufhin die Antragstellerin einen Betrag von 5.000,- Euro nannte, welchen der Antragsgegner spontan akzeptierte. Daraufhin trug der Imam „Mehir: 5555,55 €“ in die von ihm vorbereitete Vertragsurkunde ein. Die geschilderten Umstände sprechen eindeutig dagegen, dass die Beteiligten sich vor oder bei Unterzeichnung der Vertragsurkunde irgendwelche Gedanken über das auf das Morgengabeversprechen anzuwendende Recht machten, geschweige denn, dass ein dahingehender Rechtsbindungswille beider Beteiligter dahingehend gegeben war, dass das Morgengabeversprechen der Anwendung türkischen Rechts unterliegen sollte. Selbst wenn man unterstellt, dass die Beteiligten jedenfalls eine wirksame Morgengabevereinbarung herbeiführen wollten, wird man ihren Erklärungen in Anbetracht der vorstehend geschilderten Umstände nicht den weitreichenden Inhalt beimessen können, dass damit eine Rechtswahl getroffen werden sollte, die eine Formwirksamkeit der Vereinbarung gewährleistet.

    Auf die Frage, ob das Morgengabeversprechen den Formvorschriften des türkischen Rechts genügt, kommt es damit nicht an. Vielmehr bestimmt sich seine Formgültigkeit unabhängig von der rechtlichen Einordnung des Instituts der Morgengabe nach dem deutschen Recht.

    Da das Rechtsinstitut der Morgengabe dem deutschen Recht fremd ist, schreibt dieses eine Formbedürftigkeit der Abgabe eines Morgengabeversprechens nicht ausdrücklich vor. Für die zentralen nachehelichen vermögensrechtlichen Vereinbarungen der Ehegatten vor Rechtskraft der Scheidung sieht das geltende deutsche Recht als Formvorschrift allerdings die notarielle Beurkundung vor, so für den nachehelichen Unterhalt, § 1585 c S. 2 BGB, den Versorgungsausgleich, § 7 Abs. 1 VersAusglG, und den Zugewinnausgleich, §§ 1378 Abs. 3 S. 2, 1408 Abs. 1, 1410 BGB. Auch für die Gültigkeit eines Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die notarielle Beurkundung erforderlich, § 518 Abs. 1 S. 1 BGB. Auch wenn eine Braut- bzw. Morgengabeverpflichtung schwerpunktmäßig weder allein unterhaltsrechtlich noch allein versorgungsausgleichs-, güterrechtlich oder schuldrechtlich qualifiziert werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 09. Dezember 2009 – XII ZR 107/08, FamRZ 2010, 533, Rn. 15, 16), beinhaltet eine solche Verpflichtung, die zumindest auch der Versorgung der Braut dienen soll und regelmäßig bis zur Rechtskraft der Scheidung gestundet ist, Ansätze dieser dem deutschen Recht bekannten Rechtsinstitute. Dies gilt auch hinsichtlich der Nähe zur Schenkung, die im vorliegenden Fall insbesondere daraus folgt, dass die Vereinbarung vor der (standesamtlichen) Eheschließung getroffen wurde. Auch bestehen der Beratungsbedarf und die Warnfunktion, welche durch die gesetzlich vorgesehene notarielle Form erfüllt werden, jedenfalls dann, wenn die Morgengabe über eine unmittelbar erfüllte (Hand-) Zuwendung bei der Trauung (wie etwa Goldschmuck, welcher der Braut durch die Hochzeitsgäste angelegt wird) hinausgeht (vgl. Andrae in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB, 3. Auflage 2016, Art. 14 EGBGB Rn. 91). Dem kann insbesondere nicht mit dem Argument entgegengetreten werden, dass im deutschen Recht grundsätzlich Formfreiheit gelte (so aber Yassari, Die Brautgabe im Familienvermögensrecht, S. 353), weil dies für eine Vereinbarung über die Änderung der wesentlichen gesetzlichen Scheidungsfolgen vor Rechtskraft der Scheidung und für ein Schenkungsversprechen gerade nicht gilt. Daher bedarf ein dem deutschen Sachrecht unterliegendes Braut- bzw. Morgengabeversprechen der notariellen Form (so auch OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.4.2019 – 8 UF 192/17, www.hefam.de; AG München, FamRZ 2019, 866 m. abl. Anm. Yassari; OLG München, IPRspr. 1985, Nr 67, 177 ff.; Andrae in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB, 3. Auflage 2016, Art. 14 EGBGB Rdnr. 91; Henrich, FamRZ 2010, 537; Wurmnest JZ 2010, 736; a. A.: OLG Saarbrücken, NJW-RR 2005, 1306 ff.).

    Wegen der ohnehin fehlenden Formwirksamkeit des Morgengabeversprechens kommt es nicht darauf an, welchen Inhalt die von den Beteiligten diesbezüglich getroffene Vereinbarung überhaupt hat, also ob sie sich auf die mündlich vereinbarte Brautgabe von 5.000,- Euro oder auf die vom Imam schriftlich festgehaltene Brautgabe von 5.555,55 Euro geeinigt haben und ob es sich bei der Verpflichtung zur Morgengabe überhaupt um eine gerichtlich durchsetzbare Verpflichtung handelt (zweifelnd OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.4.2019 – 8 UF 192/17; Andrae in: Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB, 3. Auflage 2016, Art. 14 EGBGB Rdnr. 90).

    3. Der Beschwerdeantrag zu 4) ist hingegen teilweise begründet.

    Zwar führen weder die fortgesetzte Nutzung des beschädigten Sofas durch den Antragsgegner noch die bislang unterbliebene Hausratsteilung zu einem Wegfall des aus der Verletzung des - mangels Darlegung der sein behauptetes Alleineigentum begründenden Umstände durch den Antragsgegner anzunehmenden - Miteigentums an dem Sofa resultierenden Schadensersatzanspruchs des Antragsgegners nach § 823 Abs. 1 BGB, der gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB zulässigerweise auf Geldersatz in Höhe der Kosten einer Ersatzbeschaffung gerichtet ist.

    Allerdings ist das Amtsgericht fehlerhaft von einem Kaufpreis von 699,- Euro zuzüglich Mehrwertsteuer ausgegangen, während der Kaufpreis nach dem Vortrag der Antragstellerin und ausweislich der von ihr vorgelegten Rechnung, Bl. 70 der Akte, 699,- Euro einschließlich Mehrwertsteuer betrug. Für einen höheren Kaufpreis hat der Antragsgegner keinen Beweis angeboten.

    Außerdem beinhaltet der vom Amtsgericht errechnete Schadensersatz entgegen § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB die im Fall einer Wiederbeschaffung anfallende Mehrwertsteuer, obwohl der Antragsgegner keinen Ersatz beschafft hat.

    Unter Zugrundelegung des mit der Beschwerde nicht angegriffenen Abzugs „neu für alt“ (vgl. insoweit BGH, NJW 1959, 1078) von 1000/1750 des Preises der Ersatzbeschaffung beläuft sich der zu ersetzende Schaden damit auf 699 x 100/119 : 2 x 1000 : 1750 = 167,83 Euro statt auf die vom Amtsgericht errechneten 237,66 Euro.

    Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Rechtshängigkeit ist im vorliegenden Fall gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 261 Abs. 2 ZPO mit der Stellung des Widerantrags im Termin zur mündlichen Verhandlung am 15.5.2018 eingetreten. Der von der Antragstellerin im Termin am 15.5.2018 erklärte Verzicht auf eine förmliche Zustellung der ihr am 11.5.2018 formlos übermittelten Widerantragsschrift vom 3.5.2018 bewirkt keine Vorverlegung der Rechtshängigkeit.

    4. Die Rechtsbeschwerde ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage der Formbedürftigkeit und der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der Vereinbarung einer Morgen- bzw. Brautgabe bei anzuwendendem deutschen Sachrecht zuzulassen (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG).

    5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 113 Abs. 1 FamFG, 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Der geringfügige Erfolg der Beschwerde im Umfang von 69,83 Euro bei einem Verfahrenswert von 22.793,21 Euro führt weder zu einer Änderung der für die Verteilung der Kosten des ersten Rechtszugs maßgeblichen Obsiegens- und Unterliegensquote noch rechtfertigt er die Belastung des Antragsgegners mit Kosten des zweiten Rechtszugs.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 55 Abs. 2, 40 Abs. 1 und 2, 39 Abs. 1, 35, 42 Abs. 1 FamGKG.

    Reitzmann Dr. Kischkel Schmidt

    [Anm.: Die Rechtsbeschwerde wurde nicht eingelegt.]