OLG Frankfurt vom 26.09.2018 (8 WF 94/18)

Stichworte: Auskunft, Belegvorlage, Vollstreckungsklausel, Vollstreckungskosten
Normenkette: ZPO 888, 724, 788--
Orientierungssatz:
  • Dient die titulierte Verpflichtung, Belege vorzulegen, dazu, die Richtigkeit einer Auskunft zu überprüfen, wird diese Verpflichtung wie die Auskunftserteilung selbst vollstreckt; es handelt sich zwar nicht um eine unvertretbare Handlung im eigentlichen Sinne, aber um eine im vollstreckungsrechtlichen Sinne die Auskunft ergänzende Verpflichtung.
  • Wurde die Vollstreckungsklausel zu einem Titel erkennbar ohne Einhaltung der dafür erforderlichen Voraussetzungen erteilt, bildet die vollstreckbare Ausfertigung gleichwohl die Grundlage der Vollstreckung; die Klausel ist nur mit den dafür vorgesehenen Rechtsbehelfen aufhebbar.
  • In einem erstinstanzlichen Vollstreckungsverfahren ist eine eigenständige Kostenentscheidung durch das Vollstreckungsorgan entbehrlich, weil der Vollstreckungstitel selbst (in Verbindung mit § 788 ZPO) die Grundlage für die Beitreibung der angefallenen Vollstreckungskosten bildet.
  • 68 F 554/16
    AG Hanau

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat das Oberlandesgericht, 8. Senat für Familiensachen, Frankfurt am Main durch Richter am Oberlandesgericht Dr. Fritzsche als Einzelrichter am 26.09.2018 beschlossen:

    Auf die sofortige Beschwerde des Schuldners vom 30.04.2018 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Hanau vom 13.03.2018 in Gestalt des Nichtabhilfebeschlusses vom 24.05.2018 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Zur Erzwingung der im am 21.02.2017 verkündeten Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Hanau, Az. 68 F 554/16, enthaltenen Verpflichtung des Schuldners zur Belegvorlage nach dortiger Nr. 2 lit. b), c) und e) – Vorlage der dort genannten Gewinn- und Verlustrechnungen für die von ihm betriebenen Unternehmen, der von ihm gehaltenen Gesellschaften bzw. der von ihm vorgenommenen Vermietungen und Verpachtungen in den Jahren 2013 bis 2015, hinsichtlich Letzterer auch die Vorlage der in diesen Jahren gültigen Mietverträge – wird gegen ihn ein Zwangsgeld in Höhe von € 600,00, ersatzweise für je € 150,00 nicht beitreibbares Zwangsgeld ein Tag Zwangshaft, verhängt.

    Im Übrigen wird der Antrag vom 12.02.2018 zurückgewiesen.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

    Gründe:

    I.

    Mit am 21.02.2017 verkündetem Teilbeschluss des Familiengerichts wurde der Schuldner verpflichtet, der Gläubigerin Auskunft über sein Einkommen und seinen Verdienst aus unselbständiger, geringfügiger und selbständiger Tätigkeit, aus Gesellschaftsbeteiligungen, aus Steuererstattungen, aus Vermietung und Verpachtung sowie über selbst genutzten Wohnraum in Jahren 2013 bis 2015 zu erteilen und diese Auskunft durch Vorlage näher bezeichneter Belege zu untermauern. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde nicht angeordnet. Eine hiergegen eingelegte Beschwerde wurde am 22.08.2017 verworfen, 5 UF 130/17 des OLG Frankfurt am Main.

    Am 12.02.2018 beantragte die Gläubigerin die Verhängung von Zwangsmitteln gegen den Schuldner, der sich im Folgenden dahingehend verteidigte, zumindest in Teilschritten Auskunft erteilt und Belege überreicht zu haben. Mit dem angefochtenen Beschluss, dem Schuldner zugestellt am 17.04.2018, verhängte das Familiengericht ein Ordnungsgeld von € 2.500,00, ersatzweise für je € 150,00 nicht beitreibbares Ordnungsgeld einen Tag Ordnungshaft. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Schuldners, die am 30.04.2018 beim Familiengericht einging und der es am 24.05.2018 nicht abhalf.

    Am 05.07.2018 erteilte der Schuldner der Gläubigerin eine neue Auskunft; hierauf wird Bezug genommen, Bl. 381 ff. d.A. Die Gläubigerin legte (jedenfalls) im Beschwerdeverfahren eine am 02.05.2017 erstellte vollstreckbare Ausfertigung des Teilbeschlusses vom 21.02.2017 vor, die zudem die Bescheinigung enthielt, dass die Zustellung dieses Beschlusses an den Schuldner am 20.03.2017 erfolgt war.

    II.

    Die zulässige, §§ 120 I FamFG, 793, 567 ff. ZPO, sofortige Beschwerde des Schuldners hat einen Teilerfolg; im Übrigen ist sie aber unbegründet. Im Einzelnen:

    Enthält eine in einer Familienstreit- wie hier Unterhaltssache, § 112 Nr. 2 FamFG, ergehende Entscheidung eine Verpflichtung zur Auskunft und Belegvorlage, erfolgt die Vollstreckung derselben durch das Prozess- hier als das Familiengericht als Vollstreckungsorgan, §§ 120 I FamFG, 888 ZPO. Dies gilt auch für die Belegvorlage, obgleich es dort nicht im eigentlichen Sinne um die Vornahme einer unvertretbaren Handlung des Schuldners geht (die Fertigung und Überlassung an den Gläubigern von Kopien der dem Schuldner vorliegenden Belege erscheint eher eine vertretbare Handlung im Sinne des § 887 ZPO zu sein bzw. die vorübergehende Herausgabe der Originalbelege zur Fertigung von Kopien durch den Gläubiger selbst dürfte eher § 883 ZPO unterfallen, vergl. Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Auflage 2015, § 1, Rz. 1194 m.w.N.); denn es handelt sich um eine – im vollstreckungsrechtlichen Sinne – die Auskunft ergänzende Verpflichtung des Schuldners (vergl. OLG Jena FamRZ 2013, 656-657, Rz. 31 m.w.N.).

    Voraussetzung eines solchen Verfahrens ist ein Vollstreckungsantrag, der hier am 12.02.2018 gestellt wurde. Zulässig ist die Vollstreckung, sofern ein eine entsprechende Verpflichtung enthaltender Titel in vollstreckbarer Ausfertigung vorgelegt wird, §§ 120 I FamFG, 724 I ZPO, der dem Schuldner zugestellt worden sein muss oder gleichzeitig zugestellt wird, §§ 120 I FamFG, 750 I ZPO. Vorliegend hat die Gläubigerin jedenfalls im Beschwerdeverfahren eine vollstreckbare Ausfertigung des zu vollstrecken beabsichtigten Beschlusses vom 21.02.2017 vorgelegt, die auch den Nachweis der Zustellung desselben an den Schuldner am 20.03.2017 enthielt. Dass die vollstreckbare Ausfertigung nicht hätte erteilt werden dürfen, weil die Entscheidung vom 21.02.2017 (am 02.05.2017 noch) gar nicht vollstreckbar war/ist, ist letztlich hier nicht zu prüfen. Zwar wird mit der Vollstreckungsklausel die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit eines Vollstreckungstitels bescheinigt (vergl. Zöller-Seibel, § 724 ZPO, Rz. 6), das Fehlen dieser Voraussetzung wird indes nur auf eine Klauselerinnerung etc. nach den §§ 120 I FamFG, 732 ZPO überprüft. (vergl. OLG Hamm FamRZ 1981, 199f., LG Bochum DAVorm 1992, 987-988). Diese liegt hier nicht vor. Daher bleibt der Umstand, dass die gesetzlichen Regelungen zur Vollstreckbarkeit und zum Wirksamwerden entsprechender Entscheidungen, §§ 120 II 1, 116 II, III FamFG, missachtet wurden (sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde nicht angeordnet, formelle Rechtskraft trat frühestens nach Ablauf der Rechtsbeschwerdefrist in Bezug auf den Verwerfungsbeschluss vom 22.08.2017 ein), ohne Konsequenz.

    Die im Beschluss vom 21.02.2017 genannten Verpflichtungen hat der Schuldner nUrteilweise erfüllt; teilweise ist er aufgrund erfolgter negativer Auskunft zur Belegvorlage auch gar nicht in der Lage.

    Zuzustimmen ist dem Familiengericht zwar darin, dass der Schuldner bis zum Nichtabhilfebeschluss nicht ordnungsgemäß, d.h. insb. vollständig und ohne Teilleistungen, vergl. § 266 BGB, der Auskunftsverpflichtung nicht nachkam; erst im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat er umfassend Auskunft zu den in den Jahren 2013 bis 2015 erzielten Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Tätigkeit und aus Vermietung und Verpachtung sowie hinsichtlich des von ihm genutzten Wohnraumes am 05.07.2018 (positiv) erteilt und zudem ausgeführt, in diesem Zeitraum keine Einkünfte aus nichtselbständiger bzw. geringfügiger Tätigkeit, aus Kapitalvermögen und aus Steuererstattungen bezogen zu haben. Diese Auskunft bringt die Verpflichtung zum Erlöschen, § 362 I BGB, weil die geschuldete Leistung gegenüber der Gläubigerin erbracht wurde. Die Auskunft ist übersichtlich, aus sich heraus verständlich und weist auch verfahrensrisikobedeutsame Abzüge (für Steuern und Vorsorgeaufwendungen) aus.

    Im Übrigen hat der Schuldner die zu übermittelnden Belege aber nicht (vollständig) herausgegeben. Indes ergibt sich aus der Negativauskunft zu Einkünften aus nichtselbständiger bzw. geringfügiger Tätigkeit, bezgl. Kapitalvermögen und wegen Steuererstattungen, dass insofern gar keine Belege bestehen können, da es sich um Negativtatsachen handelt. Dies ist auch noch in der Beschwerdeinstanz als Unmöglichkeit zu berücksichtigen, vergl. Zöller-Seibel, § 888 ZPO, Rz. 11. Es verbleibt die im Tenor wiedergegebene „Teilverpflichtung“ des Schuldners, hinsichtlich derer er eine Erfüllung nicht substantiiert vorgetragen hat.

    Allerdings führt die Nichterfüllung der Verpflichtung nicht zur Verhängung eines – verwirkten – Ordnungs-, sondern zur Verhängung eines durch Vornahme der Handlung noch abwendbaren Zwangsmittels. Ordnungsmittel sieht § 888 ZPO nicht vor, geht es doch um die Beugung des Willens des Schuldners, nicht um die endgültige Sanktionierung seines Verhaltens.

    Auf den zutreffenden Antrag der Gläubigerin war daher ein für die Erfüllung der verbleibenden Belegvorlageverpflichtung ausreichendes, aber auch insoweit empfindliches Zwangsgeld anzuordnen, wobei dem Senat € 600,00 hinreichend erscheinen, den Schuldner anzuhalten, diese Erfüllung zu leisten. Hinsichtlich der Ersatzzwangshaft lässt sich der Senat leiten von den vom Familiengericht genannten Gesichtspunkten.

    Eine Kostenentscheidung ist nur für das Beschwerdeverfahren zu treffen, weil für das Zwangsgeldverfahren erster Instanz die §§ 120 I FamFG, 788 II 1 und 2 ZPO gelten; insoweit bietet der Vollstreckungstitel selbst die nötige Festsetzungsgrundlage.

    Für das Beschwerdeverfahren berücksichtigt der Senat das wechselseitige Obsiegen und Unterliegen.

    Eine amtswegige Wertfestsetzung ist nicht geboten, weil für das Beschwerdeverfahren nur eine Festgebühr nach Nr. 1912 KV FamGKG anfällt.

    Dr. Fritzsche