OLG Frankfurt vom 22.10.2018 (8 UF 97/18)

Stichworte: schuldrechtlicher Versorgungsausgleich, private Krankenversicherung; Verrechnung mit gegenläufigen Anrechten
Normenkette: VersAusglG 2 Abs. 2; VersAusglG 20, 21; VersAusglG 53
Orientierungssatz:
  • Ein Anrecht ist im Sinne des § 20 Abs. 1 VersAusglG nur insoweit nicht ausgeglichen, als weder eine Verrechnung mit gegenläufigen Anrechten nach dem bis 31.08.2009 geltendem Recht noch die Anordnung eines Ausgleiches erfolgten (Anschluss an OLG Celle NJW 2011, 1743, 1744f.).
  • Private Kranken- und Pflegeversicherungsaufwendungen des Ausgleichspflichtigen können vom Ausgleichswert im Sinne des § 20 Abs. 1 S. 2 VersAusglG aus Billigkeitsgründen auch in der Höhe abgezogen werden, soweit der Ausgleichspflichtige bei fiktiver freiwilliger Versicherung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf den Ausgleichsbetrag dort Aufwendungen hätte.
  • 93 F 657/15
    AG Bad Homburg v.d.H.

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat das Oberlandesgericht, 8. Senat für Familiensachen, Frankfurt am Main am 22. Oktober 2018 beschlossen:

    Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 03.05.2018 wird der auf den 29.03.2018 datierte und am 04.04.2018 auf die dortige Geschäftsstelle gelangte Beschluss des Amtsgerichts – Familiengerichts – Bad Homburg vor der Höhe, Az. 93 F 657/15 VA, unter Zurückweisung seines Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Dem Antragsgegner wird geboten,

    an die Antragstellerin im Voraus

    ab 01.08.2015 mtl. € 261,35,

    ab 01.03.2016 mtl. € 261,80,

    ab 01.06.2016 mtl. € 261,91,

    ab 01.07.2016 mtl. € 257,27,

    ab 01.06.2017 mtl. € 257,40,

    ab 01.07.2017 mtl. € 255,23,

    ab 01.06.2018 mtl. € 255,44 und

    ab 01.07.2018 mtl. € 251,70

    zu zahlen sowie

    b) seine ab dem Monat, der dem Monat des Eintritts der Rechtskraft hiesiger Entscheidung folgt, fällig werdenden Ansprüche gegen die A. Lebensversicherungs-AG in Höhe von mtl. € 215,67 und gegen die E. Lebensversicherung AG in Höhe von mtl. € 36,03 an die Antragstellerin abzutreten.

    Die Gerichtskosten des Verfahrens beider Instanzen tragen die Beteiligten je hälftig; im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt.

    Beschwerdewert: € 4.418,00

    Gründe:

    I.

    Die Beteiligten streiten um die Frage fort, in welchem Umfang der Antragstellerin Ansprüche auf Versorgungsausgleich nach der Scheidung gegen den Antragsgegner zustehen.

    Die Beteiligten heirateten am 30.04.1999 einander. Der Antrag des jetzigen Antragsgegners auf Scheidung der Ehe wurde der jetzigen Antragstellerin am 25.10.2003 zugestellt. Die Ehe wurde durch rechtskräftiges Urteil vom 06.05.2005, Az. 91 F 661/03 des AG Bad Homburg vor der Höhe, geschieden. Mit nachfolgendem Beschluss vom 21.06.2005 begründete das Amtsgericht – zu Lasten des Versicherungskontos des Antragsgegners in der gesetzlichen Rentenversicherung – zu Gunsten der Antragstellerin auf deren Versicherungskonto in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften von mtl. € 47,60, bezogen auf den 30.09.2003, und ordnete deren Umrechnung in Entgeltpunkte an. Im Übrigen behielt es den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vor.

    Dieser Entscheidung legte es zugrunde ermittelte Anrechte des Antragsgegners wegen Alters in Höhe von mtl. € 173,75 bei der E. Lebensversicherung AG (im Folgenden: E.), die es gemäß der BarWertVO in einen volldynamischen Rentenbetrag von mtl. € 90,80 umrechnete, ebenso ein Anrecht des Antragsgegners bei der A. Lebensversicherungs-AG (im Folgenden: A.) von mtl. € 641,70, umgerechnet nach der BarWertVO in einen volldynamischen Rentenbetrag von mtl. € 335,36. Dem setzte es gegenüber ein ehezeitliches Anrecht der Antragstellerin von mtl. € 140,65 in der gesetzlichen Rentenversicherung, so dass es zu einem Differenzbetrag von mtl. (€ 90,80 + € 335,36 - € 140,65=) € 285,51 gelangte und – rein rechnerisch – eine Ausgleichspflicht des Antragsgegners von mtl. € 142,76 annahm. Da der Antragsgegner über keine ehezeitlich erworbenen, real teilbaren Anrechte verfügte, beschränkte das Familiengericht den Ausgleich auf einen in der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragenden Monatsbetrag von € 47,60, § 3b I VAHRG, und verwies die Beteiligten im Übrigen auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, § 2 VAHRG. Die hiergegen gerichtete befristete Beschwerde, mit der der Antragsgegner auch eine Unbilligkeit des Ausgleiches geltend machte, nahm er am 02.06.2006 zurück.

    Der am 27.09.1936 geborene Antragsgegner ist wieder verheiratet.

    Die Antragstellerin bezieht seit 01.06.2015 Regelaltersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Mit Antrag vom 22.06.2015, dem Antragsgegner zugestellt am 01.08.2015, machte sie Ausgleichsansprüche nach der Scheidung geltend; sie begehrt insoweit auch die Abtretung künftig fällig werdender Ansprüche des Antragsgegners gegen die Versorgungsträger an sie.

    Mit dem angefochtenen Beschluss, dem Antragsgegner zugestellt am 06.04.2018, verpflichtete es diesen – soweit im Beschwerdeverfahren noch von Interesse –, an die Antragsgegnerin ab 01.08.2015 mtl. € 383,15 sowie ab 01.03.2016 mtl. € 383,70 zu zahlen; in letzterer Höhe ordnete es die Abtretung der Ansprüche des Antragsgegners gegen die Allianz, beginnend ab 01.05.2018, an.

    Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners vom 03.05.2018, die spätestens am 04.05.2018 beim Familiengericht einging und mit der er eine Zurückweisung der Anträge der Antragstellerin erstrebt.

    Die bei der E. bestehende Leibrentenversicherung des Antragsgegners wurde zum 01.05.2001 von diesem abgeschlossen und mit einer Einmalzahlung von € 25.343,36 dotiert. Die – sofort beginnende – Rentenversicherung des Antragsgegners bei der A. wurde von ihm zum 01.01.2002 mit der Ablaufleistung einer zuvor dort seit 01.01.1984 bestandenen Kapital-Lebensversicherung begründet.

    Ab August 2015 zahlte die E. an den Antragsgegner eine Monatsrente von je € 127,11, ab Juni 2016 von je € 127,37, ab Juni 2017 von je mtl. € 127,69 und seit 01.06.2018 von je mtl. € 128,21, Bl. 169 d.A.

    Die A. zahlte an den Antragsgegner ab 01.08.2015 mtl. € 766,30, ab 01.03.2016 (unverändert) mtl. € 767,40, Bl. 54, 182 d.A.

    Der Antragsgegner ist (auch) seit 2015 privat kranken- und pflegeversichert; er zahlte 2015 eine Jahresprämie an seinen Krankenversicherungsträger D von € 6.798,24, in 2016 eine solche von € 5.858,82 bzw. in 2017 eine solche von € 6.170,76. 2018 betragen seine Aufwendungen mtl. € 561,02. Wegen der Details wird Bezug genommen auf die Bestätigungen der D, Bl. 178 ff. d.A.

    Die Antragstellerin schreibt dem Antragsgegner das Eigentum an dem mit einem Bungalow bebauten und von ihm selbst bewohnten (Wohn-)Objekt … zu, ebenso zwei Eigentumswohnungen im Objekt …straße in …, wobei der Antragsgegner während der Ehezeit eine derselben als … genutzt sowie die andere zu Wohnzwecken vermietet habe. Der Antragsgegner führt hierzu aus, die als … genutzte Wohnung veräußert und mit dem Erlös Erwerbsschulden getilgt zu haben; eine weitere in seinem Eigentum stehende Wohnung in Düsseldorf trage sich nicht selbst.

    Der Antragsgegner, der weiter als … tätig ist bzw. in jüngste Zeit war, bezieht außerdem eine Monatsrente seitens der gesetzlichen Rentenversicherung von mtl. mindestens € 300,00.

    Im Übrigen wird auf den Akteninhalt und die beigezogene Akte 91 F 661/03 VA des AG Bad Homburg v.d.H. Bezug genommen.

    II.

    Die zulässige, §§ 58 ff. FamFG, Beschwerde des Antragsgegners ist teilweise begründet und führt insoweit zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung.

    Die Antragstellerin hat gegen den Antragsgegner (nur) Anspruch auf Wertausgleich nach Scheidung ab 01.08.2015 mtl. € 261,35, ab 01.03.2016 mtl. € 261,80, ab 01.06.2016 mtl. € 261,91, ab 01.07.2016 mtl. € 257,27, ab 01.06.2017 mtl. € 257,40, ab 01.07.2017 mtl. € 255,23, ab 01.06.2018 mtl. € 255,44 und ab 01.07.2018 mtl. € 251,70, §§ 20 ff. VersAusglG.

    In dieser Höhe kann die Antragstellerin als ausgleichsberechtigte Person vom Antragsgegner als ausgleichspflichtiger Person den Ausgleichswert als Rente (schuldrechtliche Ausgleichsrente) verlangen, weil letzterer insoweit seitens der E. und der A. laufende Versorgungen aus noch nicht vollständig ausgeglichenen Anrechten bezieht, § 20 I 1 VersAusglG, wobei der Senat hierauf entfallende Sozialversicherungsbeträge des Antragsgegners bzw. vergleichbare Aufwendungen seinerseits berücksichtigt, § 20 I 2 VersAusglG.

    Infolge dessen ergibt sich kein geringfügiges Anrecht im Sinne der §§ 20 I 3, 18 II, III VersAusglG; zugleich ist der Anspruch ab 01.08.2015 fällig, § 20 II Nr. 1 VersAusglG, weil die Antragstellerin ab 01.06.2015 eine eigene laufende Versorgung im Sinne des § 2 VersAusglG seitens der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Der Anspruch ist auch ab August 2015 durchsetzbar, §§ 20 III VersAusglG, 1585b II, 1613 I BGB, weil der Antrag der Antragstellerin auf Durchführung hiesigen Verfahrens durch Zustellung desselben an den Antragsgegner am 01.08.2015 „rechtshängig“ wurde (vergl. für die Maßgeblichkeit des Zustelldatums im Sinne der identischen Vorgängervorschrift des § 1587k BGB: OLG Koblenz, Beschluss vom 18. März 2008 – 11 UF 159/07 –, juris; OLG Celle, Beschluss vom 04. Februar 1993 – 17 UF 50/92 –, juris).

    Die von der E. und der A. gezahlten laufenden Versorgungen sind – mit dem Familiengericht – auszugleichende Anrechte im Sinne der §§ 20 I, 2 VersAusglG, wobei sie aber in größerem Umfang als vom Familiengericht angenommen, nämlich im Gegenwert von 4,5131 Entgeltpunkten der gesetzlichen Rentenversicherung, schon ausgeglichen sind. Zwar berücksichtigt das Familiengericht den von ihm in der rechtskräftigen Ausgangsentscheidung vom 21.06.2005 nach § 3b VAHRG erfolgten Teilausgleich von mtl. € 47,60, bezogen auf den 30.09.2003 (entspricht 1,8217 Entgeltpunkten), und wendet auch insofern zutreffend einmalig zum 01.08.2015 § 53 VersAusglG (allerdings nicht in Bezug auf die Rentenwerterhöhungen zum 01.07.2016 und 01.08.2017) an. Jedoch berücksichtigte das Familiengericht nicht, dass ein weiterer Ausgleich dieser Anrechte zu Gunsten der Antragstellerin in der Entscheidung vom 21.06.2005 dergestalt vorgenommen wurde, dass eine Verrechnung der Anrechte des Antragsgegners mit dem Anrecht der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1587a I BGB (im Umfang von mtl. € 140,65, bezogen auf das Ehezeitende am 30.09.2003) erfolgte und insofern die eigenständige Anordnung eines Ausgleichs dieses Anrechts im Umfang von € 70,33 mtl., bezogen auf den 30.09.2003 (entspricht 2,6914 Entgeltpunkten), zu Gunsten des Antragsgegners unterblieb (vergl. mit ausführlicher Begründung: OLG Celle NJW 2011, 1743, 1744f.).

    Die Anrechte des Antragsgegners sind solche im Sinne des § 2 VersAusglG. Es handelt sich deswegen um solche, weil beide im Falle des (Renten-) Alters des Antragsgegners Leistungen im Wege der privaten Altersvorsorge gewähren, § 2 I VersAusglG, aus Vermögen des Antragsgegners (durch Einmalzahlung über € 25.343,36 an die E. bzw. durch Verwendung einer Ablaufleistung der Allianz aus einer kapitalbildenden Lebensversicherung) gebildet wurden, § 2 II Nr. 1 VersAusglG, - wie ausgeführt – der Absicherung im Alter dienen (der 1936 geborene Antragsgegner hatte bereits 2001 das 65. Lebensjahr erfüllt, so dass der sofort einsetzende Leistungsbezug (bei der A. ab 01.01.2002) der wirtschaftlichen Absicherung des Antragsgegners nach Erreichen der damals gültigen Regelaltersgrenze dient), § 2 II Nr. 2 VersAusglG, und auf eine Rentenleistung gerichtet sind (beide Versorgungsträger zahlen mtl. wiederkehrende Beträge), § 2 II Nr. 3 VersAusglG.

    Der Umstand, dass der Antragsgegner (überwiegend) die Rentenversicherungen in der Ehezeit vom 01.04.1999 bis 30.09.2003, vergl. § 3 I VersAusglG, mit Vermögen dotierte, welches er bereits vor Beginn der Ehezeit am 01.04.1999, § 3 I VersAusglG erwirtschaftete, lässt die Einbeziehung dieser Anrechte in den Versorgungsausgleich nicht entfallen. Es entspricht durchgängig der höchstrichterlichen Rechtsprechung, bei der Neubegründung von Rentenanwartschaften in der Ehezeit durch Verwendung nicht aus der Auflösung einer anderen Rentenversicherung resultierenden Vermögens (zu diesem Ausnahmefall: BGH, Beschluss vom 08. August 2018 – XII ZB 25/18 –, juris) von einer vollständigen Einbeziehung in den Versorgungsausgleich auszugehen (vergl. BGH FamRZ 2012, 434, Rz. 8 m.w.N.). So liegt es hier, weil beide Rentenversicherungen während der Ehezeit vom Antragsgegner mit der Verwendung der Erlöse nicht aus einem ebenfalls dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anrecht – hier Verwendung der Ablaufleistungen einmalig kapitalbildender Lebensversicherung privater Art – geschaffen wurden. Insofern entspricht der Ehezeitanteil der beiden Versorgungen dem jeweils laufenden Rentenbezug des Antragsgegners, §§ 41 I, 39 I VersAusglG, weil die Bezugsgröße des Rentenbezugs, nämlich ein mit den Einmalzahlungen des Antragsgegners geschaffenes Deckungskapital, § 39 II Nr. 2 VersAusglG, ausschließlich während der Ehezeit geschaffen wurde.

    Von dem Ausgleichswert in Höhe des hälftigen, § 1 I VersAusglG, Ehezeitanteils, soweit er nicht schon durch Verrechnung mit dem ehezeitlichen Anrecht der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. durch die Ausgangsentscheidung nach § 3b I VAHRG ausgeglichen wurde (s.o.), sind sodann die hierauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge des Antragsgegners bzw. seine vergleichbaren Aufwendungen zur Kranken- und Pflegevorsorge in Abzug zu bringen. Da der Antragsgegner bei der D privat kranken- und pflegeversichert ist, bedient er keine Sozialversicherungsbeiträge (im Sinne des SGB IV), sondern hat nur vergleichbare Aufwendungen. Hinsichtlich deren Abzugsfähigkeit gilt, dass diese nur im Umfang einer – der Sozialversicherung nach dem SGB V und dem SGB XI vergleichbaren – Basisabsicherung besteht, eine Quotierung in Bezug auf die Gesamt-(Alters-)Einkünfte des Antragsgegners vorzunehmen ist und ein Zuschuss der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 106 SGB VI vorrangig auf den Anteil seiner Aufwendungen zu verrechnen ist, der nach der quotalen Verteilung auf die Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung entfallen (zum Ganzen: OLG Frankfurt, Beschluss vom 16. März 2012 – 4 UF 143/11 –, juris; bestätigt durch BGH NJW 2016, 1315, 1319).

    Vorliegend ergeben die vom Antragsgegner am 03.08.2018 vorgelegten Bescheinigungen der D, dass von seinen Gesamtaufwendungen von € 6.798,24 auf die Basisabsicherung € 4.767,60 entfallen (2015), in den Folgejahren sind es von insgesamt € 5.858,82 dann € 3.875,04 (2016) bzw. von € 6.170,76 nur € 4.182,90 (2017). Auf die Basisabsicherung entfallen daher mtl. € 397,30 (2015), € 322,92 (2016) bzw. € 348,58 (2017) bzw. 70% der Gesamtaufwendungen (2015); in 2016 sind es 66% derselben, in 2017 ca. 68%. Der Senat erachtet daher für 2018 einen Durchschnittsprozentsatz von 68% seiner mtl. Gesamtaufwendungen von € 561,02, d.h. mtl. € 381,49, als auf die Basisabsicherung entfallend.

    Den zweiten Schritt der Verteilung der Gesamtbasiskosten auf die Gesamteinkünfte des Antragsgegners vermag der Senat nicht vorzunehmen, da die Gesamteinkünfte des Antragsgegners nicht hinreichend bekannt sind. Zwar verfügt er über bekanntermaßen die beiden hier verfahrensgegenständlichen Rentenbezüge und ferner über (nicht ehezeitlich erwirtschaftete) Rentenleistungen seitens der gesetzlichen Rentenversicherung von mtl. mindestens mtl. € 300,00; der Antragsgegner hat jedoch in der Beschwerdebegründung ausgeführt, weiterhin einer …tätigkeit nachzugehen (bis zur Beschwerdeeinlegung nachgegangen zu sein) und hieraus Einkünfte (unbekannter Höhe) zu erzielen (erzielt zu haben). Zudem schreibt ihm die Antragstellerin Mieteinnahmen aus der Vermietung einer Wohnung in der …straße, …, zu (nur hinsichtlich der weiteren, ehedem als … genutzten Wohnung hat der Antragsgegner eine Veräußerung dargelegt) sowie Einkünfte aus Vermögen zu. Genaue Einkünfte des Antragsgegners sieht der Senat insofern auch nicht für (mit vertretbarem Aufwand) aufklärbar, § 26 FamFG, zumal die Verpflichtung des Gerichts zur amtswegigen Aufklärung dort ihre Grenze findet, wo es die Verfahrensbeteiligten allein oder überwiegend in der Hand haben, die notwendigen Erklärungen abzugeben bzw. Nachweise vorzulegen (Keidel-Sternal, FamFG, 19. Auflage, § 26 FamFG, Rz. 21). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegner ihm zugeschriebene sonstige Einkünfte eindeutig verneint, um den auf den Ausgleichswert entfallenden Anteil seiner Versicherungsaufwendungen zu erhöhen, was er indes nicht tat; vielmehr gestand er am 08.05.2018 zu für 2015 Einkünfte im Sinne des § 2 II EStG von gut € 18.000,00 gehabt zu haben, wobei die tatsächlichen Einkommensbeträge im Hinblick auf die bloße Ertragswertbesteuerung der Renteneinkünfte, § 22 Nr. 1 S. 1 und 3 a) bb) EStG, größeren Umfang gehabt haben (dürften).

    Der Senat erachtet daher einen anderen Weg der Verteilung der Gesamtbasiskosten auf den Ausgleichswert für gleichwertig und angemessen:

    Wäre der Antragsgegner als selbständiger Freiberufler freiwillig gesetzlich (weiter-)versichert, §§ 9 SGB V, 26 SGB XI, hätte er – bis zur Beitragsmessungsgrenze - Beiträge von 14,6% der Versorgungsbezüge bzw. von 14% der sonstigen Einkünfte zur Krankenversicherung, einen dortigen ggf. Zusatzbeitrag sowie von 2,55% aller Einkünfte zur Pflegeversicherung zu erbringen; die Beitragslast liegt daher bei ca. 17% der Einkünfte; um diesen Wert bereinigt der Senat in Anwendung von § 20 I 2 VersAusglG den Ausgleichswert.

    Damit erfolgt letztlich ein Abzug von Vorsorgeaufwendungen in Bezug auf den Ausgleichswert (durchschnittlich mtl. € 52,00), der auch bei einer Verteilung der Basisbeiträge auf das Gesamteinkommen des Antragsgegners realistisch erscheint: Gemessen an den Gesamtbasisaufwendungen von durchschnittlich mtl. € 350,00 sind mtl. € 52,00 ca. 1/7; das Siebenfache des Ausgleichswertes – und damit das unterstellte Gesamteinkommen des Antragsgegners – sind dann (durchschnittlich € 305,00 x 7 =) ca. € 2.135,00. Das ist ein Bruttobetrag an – dem Antragsgegner unterstellten – Gesamteinkünften, den der Senat im Hinblick auf das Arbeitseinkommen und Mieteinnahmen des Antragsgegners für realistisch erachtet und die der obig wiedergegebenen Darlegung des Antragsgegners (für 2015) entsprechen.

    Insgesamt ergibt sich daher folgendes Bild:

    Beide Anrechte des Antragsgegners, soweit sie noch auszugleichen sind, sind auch nicht geringfügig im Sinne der §§ 20 I 3, 18 II, III VersAusglG. Beiden auszugleichenden Anrechten des Antragsgegners stehen keine gleichartigen Anrechte der Antragstellerin gegenüber, so dass nicht § 18 I VersAusglG, sondern § 18 II VersAusglG anzuwenden ist. Der Ausgleichswert eines Anrechts nach § 18 II VersAusglG ist gemäß § 18 III VersAusglG dann geringfügig, wenn er vor dem nach § 20 I 2 VersAusglG vorzunehmenden Abzug (OLG Celle, NJW 2011, 1743, 1745) als Rentenbetrag 1% die – zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichsrente maßgeblichen (OLG Celle, a.a.O.) – Bezugsgröße nach § 18 SGB IV nicht übersteigt. Vorliegend verhält sich die Rentenleistung der E. mit mtl. ca. € 127,00 im ca.-Verhältnis zur Rentenleistung der A. von mtl. ca. € 767,00 wie 1 zu 5,5. Der Gesamtbruttoausgleichwert zu Gunsten der Antragstellerin – vor den Abzügen nach § 20 I 2 VersAusglG – liegt bei ca. mtl. € 310,00; der auf die Rentenleistungen der E. entfallende Anteil desselben bei daher ca. mtl. € 48,00. Da die Bezugsgröße zwischen 2015 und 2018 bei mtl. € 2.835,00 bis € 3.045,00 lag/liegt, sind 1% hiervon (deutlich) weniger als die benannten € 48,00.

    Die so errechneten Beträge sind nach § 27 VersAusglG auch weder teilweise noch vollständig zu ermäßigen:

    Gemäß § 27 VersAusglG findet der Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig ist, was nur anzunehmen ist, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalles es rechtfertigen, vom Halbteilungsgrundsatz, § 1 I VersAusglG, abzuweichen.

    Bei dieser Regelung des Ausschlusses wegen grober Unbilligkeit handelt es sich um eine Generalklausel, die als Gerechtigkeitskorrektiv in den Fällen zur Anwendung gelangt, in denen die starre Durchführung des Versorgungsausgleichs seinem Grundgedanken in unerträglicher Weise widersprechen würde (MüKo-Dörr, § 27 VersAusglG, Rz. 2 mit Verweis auf BGH FamRZ 1982, 258 f.). Die zu § 1587c BGB a.F. ergangene Rechtsprechung hat dabei weiterhin Bedeutung, fasst doch § 27 VersAusglG die Fallgruppen des § 1587c BGB a.F. nur zusammen, ohne den Bedeutungsinhalt zu ändern (Palandt-Brudermüller, BGB-Kommentar, § 27 VersAusglG, Rz. 1).

    Dementsprechend hat es sich herausgebildet, die Umstände des Einzelfalles anhand von Fallgruppen, in denen dieses Gerechtigkeitskorrektiv erforderlich erscheint, zu subsummieren. Dies wird durch die Formulierung von § 27 VersAusglG, der die Qualität der einzubeziehenden Umstände nicht beschreibt, nicht tangiert, sondern es sollte nach dem Willen des Gesetzgebers mit dieser Normformulierung an die bis zum 31.08.2009 gültigen §§ 1587c, 1587h BGB a.F. und die dazu herausgearbeiteten Fallgruppen angeknüpft werden (BT-Drucks. 16/10144 S. 68).

    Dabei kommt nach dem Sachvortrag des Antragsgegners einerseits die Anwendung der Fallgruppe der groben Unbilligkeit in Form einer Zweckverfehlung des Versorgungsausgleiches in Betracht, was aber im Ergebnis nicht verfängt.

    Denn eine (teilweise) Zweckverfehlung des Versorgungsausgleiches ist bei dem vorstehend errechneten Ausgleich nicht zu erkennen:

    Eine solche liegt vor, wenn der Versorgungsausgleich das wirtschaftliche Ungleichgewicht der Ehegatten nicht mindern, sondern verstärken würde. Bei der danach erforderlichen Zukunftsprognose muss bei Durchführung des Versorgungsausgleiches ein grob unbilliges Ergebnis mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sein (BGH FamRZ 1996, 1540, Rz. 13). Konkret heißt es dabei: „… (Von diesem Ergebnis) kann dann ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass der Ausgleichsberechtigte bei Erreichen der Altersgrenze über eine im Verhältnis zum Ausgleichspflichtigen unverhältnismäßig hohe Altersversorgung verfügen wird oder bereits anderweitig angemessen abgesichert ist, während der Ausgleichspflichtige auf die vom ihm ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Senatsbeschluss vom 2. Dezember 1987 - IVb ZB 34/86 - FamRZ 1988, 489, 490; vgl. auch MünchKomm/Dörr BGB 3. Aufl. § 1587c Rdn. 19 m.w.N.). In die dazu erforderliche Gesamtabwägung sind sämtliche Lebensumstände der Ehegatten einzubeziehen, die für ihren gegenwärtigen oder zukünftigen wirtschaftlichen Stand von Bedeutung sind (Senatsbeschluss vom 9. Dezember 1981 - IVb ZB 569/80 - FamRZ 1982, 475, 477). Dazu gehören auch, wovon das Oberlandesgericht zutreffend ausgeht, krankheitsbedingte Umstände (Senatsbeschluss vom 29. April 1981 - IVb ZB 813/80 - FamRZ 1981, 756, 757). …“.

    Gemessen hieran hat der Antragsgegner – ungeachtet der Frage, ob er zur Sicherung seines Unterhalts bzw. zur ggf. Gewährung von Unterhalt an Dritte zwingend auf die erworbenen Anrechte angewiesen ist – nicht substantiiert vorgetragen (zu dieser Pflicht: BGH FamRZ 1988, 709, 710, derselben Beschluss vom 11.05.2016, XII ZB 480/13, Rz. 19), dass die Antragstellerin als Berechtigte des Ausgleichs auch ohne diesen bereits über eine unverhältnismäßig hohe Absicherung im Alter bzw. sonstiges Vermögen verfügt. Hierzu verhält sich der Antragsteller trotz des Hinweises vom 04.07.2018 überhaupt nicht; bekannt sind nur – im Ergebnis bescheidene – Renteneinkünfte der Antragstellerin von mtl. ca. € 1.200,00. Zudem hat der Antragsgegner nicht hinreichend vorgetragen, bei Zahlung von mtl. ca. € 255,00 seinen eigenen Unterhalt nicht mehr sicherstellen zu können. Denn einerseits hat er nicht vorgetragen, über keinen (ergänzenden) Familienunterhaltsanspruch gegen seine jetzige Ehefrau zu verfügen, vergl. § 1360 BGB; andererseits hat er auch nicht vorgetragen, jenseits seiner Renteneinkünfte einkommens- bzw. vermögenslos zu sein. So schreibt ihm die Antragstellerin Eigeneinkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu, ebenso aus Kapitalvermögen; hierzu äußert sich der Antragsgegner trotz seiner Mitwirkungs- und Darlegungsverpflichtungen, § 27 FamFG, überhaupt nicht in dem Sinne, dass dies nicht der Fall sei. Gleiches gilt für die Eigennutzung der ihm gehörenden (und damit seinen Wohnbedarf deckenden) Immobilie … . Im Übrigen gesteht der Antragsgegner (bisherige) Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit bzw. Vermögen in Form einer Eigentumswohnung in … ausdrücklich zu.

    Aber auch das antragsgegnerseitige Argument der phasenverschobenen Ehe verfängt im Ergebnis nicht: Bei der sog. phasenverschobenen Ehe, dh der Ehe des rentenbeziehenden Ausgleichsberechtigten, der während der Ehezeit keine zusätzlichen Versorgungsanrechte erworben hat, mit dem berufstätigen Ausgleichspflichtigen, kommt grobe Unbilligkeit vor allem in Betracht, wenn der Berechtigte die ihm im Rahmen der ehelichen Arbeitsteilung zugewiesenen Aufgaben zur Gestaltung der Lebens- und Versorgungsgemeinschaft der Ehegatten nicht erfüllt hat, so dass der Ausgleichspflichtige real einer Doppelbelastung ausgesetzt war (vergl. MüKo-Dörr, BGB-Kommentar, 7. Auflage. 2017, § 27 VersAusglG, Rz. 26 mit Verweis auf BGH NJW 2008, 296 Rn. 14). Vorliegend fehlt es daran, dass die Antragstellerin als Berechtigte während der Ehe keine eigenen Anrechte erwarb; auch ist eine Doppelbelastung des Antragsgegners im benannten Sinne nicht erkennbar.

    Auch der Umstand, dass der Antragsgegner (freiwillig) in den Jahren 2001 und 2002 eigenes, dem Güterrecht unterfallendes Vermögen durch Abschluss neuer Rentenversicherungsverträge dem Versorgungsausgleich zuordnete, vermag wegen des Unterhaltscharakters des Versorgungsausgleichs einen (Teil-) Ausschluss nach § 27 VersAusglG nicht zu rechtfertigen (BGH FamRZ 2012, 434, Rz. 13). Denn der Antragsgegner transferierte während der Ehe sein Vermögen freiwillig in die neu gewählte Anlageform und – im Hinblick auf seine juristische Ausbildung – in anzunehmender Kenntnis der damit eintretenden Folgen.

    Die Anordnung der Verpflichtung des Antragsgegners, teilweise, d.h. in Gesamthöhe von mtl. € 251,70, seine – nach Eintritt der Rechtskraft hiesiger Entscheidung (vergl. OLG Celle NJW 2011, 1743; OLG Hamm FamFR 2013, 323) – künftig fällig werdenden Rentenansprüche an die Antragstellerin abzutreten, beruht auf § 21 I VersAusglG; dabei kommt eine Abtretung zur Sicherung rückständiger Ausgleichsbeträge grds. nicht in Betracht, § 21 II VersAusglG.

    Konkret spaltet sich vorstehender Gesamtbetrag von mtl. € 251,70 wie folgt quotal auf:

    E.: (€ 128,21 x € 251,70 / (€ 128,21 + € 767,40)=) € 36,03;

    A.: (€ 767,40 x € 251,70 / (€ 128,21 + € 767,40)=) € 215,67.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG; im Hinblick auf den Teilerfolg der Beschwerde entspricht es der Billigkeit, die Gerichtskosten beider Instanzen hälftig den Beteiligten aufzuerlegen und im Übrigen von einer Kostenerstattung abzusehen.

    Die Festsetzung des Beschwerdewertes basiert auf den §§ 40, 50 FamGKG und orientiert sich an der nicht zu beanstandenden Wertfestsetzung des Familiengerichts vom 22.05.2018 für die 1. Instanz.

    Dr. Römer Dr. Wierse Dr. Fritzsche