OLG Frankfurt vom 28.04.2021 (8 UF 35/19)

Stichworte: Verjährung; Verjährungsfrist; Zustellung; Gesamtschuldnerausgleich; Zugewinnausgleich; Sachrecht, griechisches
Normenkette: BGB 204 Abs. 1; BGB 426 Abs. 1; EGBGB 14, 15; EGBGB 27; EGBGB 28; EGBGB 33 Abs. 3 S. 2; EGBGB 229 § 47; EuGüVO 69 Abs. 3; FamFG 113 Abs. 1 S. 2; FamFG 117 Abs. 3; ZPO 167
Orientierungssatz:
  • Ob die Zustellung eines bei Gericht in unverjährter Zeit eingegangenen, aber nach Ablauf der Verjährungsfrist zugestellten Antrags die Verjährung hemmt (§ 167 ZPO), bestimmt sich nach dem anzuwendenden Sachrecht.
  • Ist ausländisches Sachrecht anzuwenden, findet § 167 ZPO auf Verjährungsfristen keine Anwendung.
  • Zwar haben deutsche Gerichte grundsätzlich deutsches Prozessrecht anzuwenden. Jedoch handelt es sich bei § 167 ZPO in diesem Zusammenhang um eine materiell-rechtlich zu qualifizierende Frist.
  • 533 F 218/14
    AG Wiesbaden

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 8. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Römer, Richter am Amtsgericht (abg.) Reiser sowie Richter am Oberlandesgericht Köhler am 28.04.2021 beschlossen:

    I. Gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, von weiteren Verfahrensschritten abzusehen, ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden und die Beschwerde zurückzuweisen.

    II. Schriftsätze können eingereicht werden bis …

    III. Termin zur Verkündung einer Entscheidung …

    Gründe:

    I.

    Die Beteiligten streiten um Zugewinnausgleich nach griechischem Recht.

    Die Beteiligten sind seit dem 29.08.2012 rechtskräftig geschiedene vormalige Ehegatten. Sie sind beide (ausschließlich) griechische Staatsbürger. Sie heirateten in Griechenland am 16.09.2006. Die gemeinsame Tochter wurde am … .2010 geboren. Die Trennung erfolgte im Dezember 2010. Im Jahr 2008 erwarben sie zu hälftigem Miteigentum eine Immobilie, die etwa 330.000,- Euro kostete.

    Zum Erwerb dieser Immobilie überwiesen die Eltern auf das Tagesgeldkonto des Antragstellers einen Betrag in zwei Raten von 170.000,- Euro mit dem Verwendungszweck „Schenkung Neubau …“ und 30.000,- Euro mit dem Verwendungszweck „Überweisung für das Haus“. Der Antragsteller überwies die 200.000,- Euro sodann auf das gemeinsame Baukonto der Beteiligten, von welchem aus die Finanzierung der Immobilie (nebst zwei Krediten über 50.000,- Euro und 80.000,- Euro) bedient wurde. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Überweisung der Eltern des Antragstellers als Schenkung allein an den Antragsteller oder an beide Ehegatten zu werten ist.

    Der Antragsteller zahlte im Rahmen des Grundstückserwerbs im Jahr 2008 auch die Notarkosten, die Grundbuchkosten und sonstige Nebenkosten, deren hälftigen Ausgleich er mit dem Antrag über einen Betrag von 7.064,84 Euro begehrt.

    Mit am 28.08.2014 beim Amtsgericht eingegangenem und am 27.02.2015 der Antragsgegnerin zugestelltem Antrag vom 27.08.2014 beantragte der Antragsteller neben der Bewilligung von VKH zunächst, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller einen Zugewinnausgleich in Höhe von 100.000,- Euro zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.08.2012 zu zahlen. Weiter beantragte der Antragsteller, die Antragsgegnerin zu verpflichten, an den Antragsteller einen Zugewinnausgleich in Höhe von 7.064,84 Euro zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Mit der Antragsschrift wies der Antragsteller auf die drohende Verjährung hin und beantragte, die Bekanntgabe des VKH-Gesuchs sowie die Zustellung des Antrags an die Gegenseite unabhängig von den Erfolgsaussichten des Antrags. Mit am 20.04.2015 bei Gericht eingegangenem Antrag änderte der Antragsteller, gestützt auf Artikel 1400 des griechischen ZGB, seinen Antrag und begehrte von der Antragsgegnerin die Herausgabe ihres Miteigentumsanteils in Höhe von ½ an der mit Grundbuchbeschrieb näher bezeichneten Immobilie in … Zug um Zug gegen Haftentlassung, hilfsweise die Zahlungen über 100.000,- Euro und 7.604,84 Euro wie zuvor.

    Die Antragsgegnerin beantragte die Zurückweisung der Anträge und machte Verjährung der Ansprüche geltend.

    Das Amtsgericht hörte die Beteiligten persönlich an und vernahm die Mutter des Antragstellers sowie die Eltern der Antragsgegnerin als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Anhörung sowie der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 06.11.2018, Bl. 291 ff. d. A., Bezug genommen.

    Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Amtsgericht die Anträge des Antragstellers zurück, weil der Antragsteller nicht bewiesen habe, dass eine Schenkung über 200.000,- Euro von seinen Eltern ausschließlich an ihn erfolgt sei und kein Anspruch auf hälftige Beteiligung an den Kaufnebenkosten bestünde, weshalb die Verjährung dahinsehen könne. Wegen des weiteren Inhalts wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

    Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 04.01.2019 zugestellt.

    Mit der am 04.02.2019 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde wendet sich der Antragsteller gegen den angefochtenen Beschluss. Er wiederholt und vertieft die Begründung des erstinstanzlichen Verfahrens und meint, § 167 ZPO würde vorliegend dazu führen, dass der Anspruch nach griechischem Recht nicht verjährt sei.

    Der Antragsteller beantragt,

    den Beschluss des Amtsgerichts Familiengericht Wiesbaden vom 18. Dezember 2018 (Az. 1. Instanz: 533 F 218/14 GÜ) dahingehend abzuändern, dass die Antragsgegnerin zu folgendem verpflichtet wird:

    1. Die Antragsgegnerin wird zur Herausgabe eines Zugewinns gemäß Artikel 1400 ZGB verpflichtet, ihren Miteigentumsanteil in Höhe von ½ an dem Reihenhaus und Grundstück in …, eingetragen im Grundbuch von …, an den Antragsteller aufzulassen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen, Zug um Zug gegen vollständige Übernahme und Haftentlassung für sämtliche persönlichen Verbindlichkeiten der Antragsgegnerin aus der Finanzierung für den vorgenannten Miteigentumsanteil durch den Antragsteller.

    2. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht den Antrag nach Ziff. 1 zurückweisen sollte, wird beantragt, die Antragsgegnerin wird verpflichtet zur Herausgabe eines Zugewinns gemäß Art. 1400 ZGB an den Antragsteller einen Zugewinnausgleich in Höhe von 100.000,00 € zzgl. 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit 30. August 2012 zu zahlen.

    3. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet zur Herausgabe eines Zugewinns gemäß Artikel 1400 ZGB an den Antragsteller einen weiteren Zugewinnausgleich in Höhe von 7.064,84 Euro zzgl. 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Antragsgegnerin verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und beantragt,

    die Beschwerde zurückzuweisen.

    Der Senat hat beim Griechischen Institut für internationales und ausländisches Recht eine Auskunft zum griechischen Recht eingeholt, wegen deren Inhalts auf die Auskunft vom 09.06.2020, Bl. 393 ff. d. A., Bezug genommen wird.

    Weiter hat der Senat eine Rechtsauskunft zum griechischen Recht durch das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg eingeholt. Wegen deren Inhalts wird auf die Rechtsauskunft vom 12.03.2021, Sonderband Rechtsauskunft, Bl. 1 ff. des Sonderbandes, Bezug genommen.

    Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Auskünften.

    II.

    Der Senat beabsichtigt, ohne Durchführung weiterer Verfahrenshandlungen gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 S. 2 FamFG zu entscheiden und die Beschwerde zurückzuweisen. Etwaige Ansprüche nach griechischem Recht sind verjährt. Die Verjährung wurde insbesondere durch den Eingang des Antrags bei Gericht nicht gehemmt, da § 167 ZPO vorliegend nicht anwendbar ist. Ansprüche nach deutschem Recht, insbesondere wegen Gesamtschuldausgleich für Zahlungen des Antragstellers, die vor der Trennung der Beteiligten auf gemeinsame Schulden erfolgten, bestehen nicht.

    Auf die vorliegend geltend gemachten güterrechtlichen Ansprüche der vormaligen Ehegatten ist griechisches Sachrecht anzuwenden. Dies folgt aus den Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 EGBGB in der Fassung bis zum 28.01.2019.

    Das anzuwendende Recht bestimmt sich nach dem EGBGB. Die EuGüVO gilt hinsichtlich des anzuwendenden materiellen Rechts wegen der Übergangsvorschrift des Art. 69 Abs. 3 EuGüVO nicht. Nach der hier maßgeblichen Übergangsvorschrift des EGBGB in Art. 229 § 47 Abs. 1 EGBGB bestimmen sich die allgemeinen Wirkungen der Ehe bis einschließlich 28.01.2019 nach Art. 14 EGBGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung und nach Art. 229 § 47 Abs. 2 EGBGB gelten Art. 3a und 15 EGBGB in der bis zum 28.01.2019 geltenden Fassung, wenn die Ehegatten die Ehe vor dem 29.01.2019 geschlossen und ab diesem Zeitpunkt keine Rechtswahl getroffen haben.

    Die Beteiligten haben vorliegend keine Rechtswahl getroffen und ihre Ehe am 16.09.2006, mithin vor dem 29.01.2019, geschlossen.

    Art. 15 Abs. 1 in der Fassung bis zum 28.01.2019 lautete: Die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe unterliegen dem bei der Eheschließung für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgebenden Recht. Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 in der Fassung bis zum 28.01.2019 lautete: Die allgemeinen Wirkungen der Ehe unterliegen 1. dem Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehörten, wenn einer von ihnen diesem Staat noch angehört, sonst…

    Da die Beteiligten beide griechische Staatsbürger sind und waren, ist gemäß Art. 15 Abs. 1, 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB in der Fassung bis zum 28.01.2019 griechisches Recht anzuwenden.

    Die Verweisung des Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. auf das danach anwendbare Recht ist eine Gesamtverweisung im Sinne des Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB (Mörsdorf in: Hau/Poseck, BeckOK BGB, 56. Edition, Stand 01.11.2020, Art. 15 EGBGB, Rn. 90), d.h. auch das Kollisionsrecht der verwiesenen Rechtsordnung ist anzuwenden.

    Das griechische Kollisionsrecht ist hinsichtlich der vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten in Art. 15 des griechischen ZGB geregelt. Danach gilt das Recht, das ihre persönlichen Beziehungen unmittelbar nach der Eheschließung regelt (BeckOK GBO, Hügel, 41. Edition, Stand: 01.02.2021, Rn. 84.11). Ein späterer Statutenwechsel der persönlichen Beziehungen ist für die vermögensrechtlichen Beziehungen unbeachtlich. Rechtswahl ist nicht möglich und dürfte wohl auch dann, wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz bzw. Aufenthalt im Ausland haben, gegen den griechischen Ordre public verstoßen (BeckOK GBO, Hügel, 41. Edition, Stand: 01.02.2021, Rn. 84.11 m.w.N.). Da die griechischen Ehegatten in Griechenland ihre Ehe geschlossen haben, ist (auch) nach dem griechischen Kollisionsrecht griechisches Sachrecht anzuwenden.

    Der Senat hat durch die eingeholten Auskünfte gemäß §§ 113 Abs. 1 S. 2 FamFG, 293 ZPO das griechische Recht nicht nur hinsichtlich des Wortlauts der Gesetzesvorschriften, sondern auch hinsichtlich der Auslegung und Anwendung in Griechenland soweit möglich ermittelt (zum Umfang der Ermittlungspflicht nach § 293 ZPO: BGH, Urteil vom 18.03.2020 – IV ZR 62/19, NJW-RR 2020, 802).

    Das griechische Sachrecht regelt in Art. 1400 Abs. 1 S. 1 ZGB einen „Anspruch auf Zugewinnausgleich“. Danach besteht bei Auflösung einer Ehe und Erhöhung des Vermögens eines Ehegatten seit der Eheschließung ein Anspruch des anderen Ehegatten auf Herausgabe des Teiles der Erhöhung des Vermögens, sofern er zu dieser Erhöhung auf irgendeine Weise beigetragen hat. Auf die Erhöhung des Vermögens der Ehegatten wird nicht angerechnet, was sie durch Schenkung erworben haben (Art. 1400 Abs. 3 ZGB). Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift ist erkennbar, dass das griechische gesetzliche Güterrecht nicht vollständig mit dem deutschen Zugewinnausgleichsrecht übereinstimmt (vgl. dazu auch die Rechtsauskunft, Bl. 5 des Sonderbandes). Dem Grunde nach besteht ein Anspruch des Antragstellers auf Herausgabe des hälftigen Miteigentumsanteils an der Immobilie, weil sich das Vermögen der Antragsgegnerin seit der Eheschließung durch einen irgendwie gearteten Beitrag des Antragstellers (hier die Zahlung von 200.000,- Euro auf das gemeinschaftliche Baukonto von seinem Tagesgeldkonto) erhöht hat und Schenkungen unter Ehegatten nach der vorzugswürdigen Ansicht, die den Ausnahmecharakter des Art. 1400 Abs. 3 ZGB betont, nicht dem Art. 1400 Abs. 3 ZGB unterfallen (näher die Rechtsauskunft, S. 8 des Sonderbandes). Dieser Anspruch ist aber nach dem auch maßgeblichen griechischen Verjährungsrecht verjährt (Rechtsauskunft, S. 11, 12 des Sonderbandes) und die Antragsgegnerin hat die Einrede der Verjährung auch erhoben.

    Auch die Verjährung richtet sich nach griechischem Recht, weil die Vorschriften der Verjährung nach dem anzuwendenden Sachrecht bestimmt werden (vgl. Meller-Hannich in: BeckOGK BGB, Stand 01.03.2021, § 204 Rn. 85, 86).

    Nach Art. 241 Abs. 1 ZGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Tage, der demjenigen Tage folgt, in dem das für ihren Beginn maßgebliche Ereignis fällt. Der Zugewinnausgleichsanspruch nach Art. 1400 ZGB verjährt gemäß Art. 1401 S. 3 ZGB in zwei Jahren nach der Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe.

    Das bedeutet vorliegend, dass die zweijährige Verjährungsfrist am Tag nach Rechtskraft der Ehescheidung, hier also am 30.08.2012, begann. Diese Frist endete nach Art. 243 Abs. 3 ZGB mit dem Ablauf des entsprechenden Datums des letzten Jahres, hier also am 29.08.2014.

    Der vorliegende Antrag ging am 28.08.2014, mithin vor Ablauf der Verjährungsfrist, bei Gericht ein. Zugestellt wurde dieser Antrag aber erst am 25.02.2015. Nach dem maßgeblichen griechischen Recht ist nach der Rechtsprechung der griechischen Gerichte für die Wahrung materiell-rechtlicher Fristen wie der Verjährung nicht die Anhängigkeit, sondern die Zustellung der Klageschrift an den Antragsgegner maßgeblich (S. 12 des Sonderbandes mit ausführlichen Fundstellen).

    Auch aus der Vorschrift des § 167 Var. 3 ZPO ergibt sich kein anderes. Diese Regelung besagt, dass wenn durch die Zustellung die Verjährung nach § 204 ZPO gehemmt werden soll, diese Wirkung bereits bei Eingang des Antrags bei Gericht eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Diese Vorschrift ist vorliegend nicht anwendbar. Hinsichtlich des Prozess- (bzw. Verfahrens-)rechts gilt zwar, dass vor deutschen Gerichten deutsches Zivilprozessrecht anzuwenden ist (Grundsatz der lex fori, Musielak/Voit, ZPO, 18. Auflage 2021, Einleitung zur ZPO, Rn. 14). § 167 ZPO ist auch eine Regelung der ZPO, welche über § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG grundsätzlich auch in Familienstreitsachen anwendbar ist.

    Jedoch ist allein die Stellung einer Vorschrift in der ZPO nicht maßgeblich für die Einordnung. Für die Anwendbarkeit des § 167 ZPO im internationalen Rechtsverkehr ist die Norm zu qualifizieren. Diese Qualifikation der Norm richtet sich nach der Qualifikation der zu wahrenden Frist (Häublein/Müller in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 167 Rn. 2; Nordmeier, Die Bedeutung des anwendbaren Rechts für die Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO, ZZP 124 (2011), S. 95, 103). Wenn es hinsichtlich der zu wahrenden Frist um die Verjährung geht, ist die Vorschrift als materiell-rechtlich zu qualifizieren (Nordmeier, a.a.O.; Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2019, Stand 18.06.2020, § 204 Rn. 35). Nur bei Anwendung deutschen (materiellen) Sachrechts und damit auch des deutschen Verjährungsrechts kann also § 167 ZPO angewendet werden (Meller-Hannich in: BeckOGK BGB, Stand 01.03.2021, § 204 Rn. 85).

    Da die Verjährungsfrist materiell-rechtlich ist, ist § 167 ZPO als materiell-rechtlich zu qualifizieren und findet vorliegend (zusammen mit § 204 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 14 BGB) keine Anwendung.

    Insbesondere aus der vom Antragsteller zitierten Entscheidung des BGH vom 23.01.2020, Az. IX ZR 94/19, NZI 2020, 534, ergibt sich kein anderes. Denn dort hat der BGH für die Anwendung deutschen Insolvenzrechts entschieden, dass § 167 ZPO anwendbar ist (vgl. Rn. 6 der Entscheidung: „Nach deutschem Insolvenzrecht… [tritt die] Hemmung der Verjährung… nach § 167 ZPO aber bereits mit Eingang der Klage bei Gericht ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.). Dass bei Anwendung deutschen Sachrechts § 167 ZPO anwendbar ist, ist zutreffend. Vorliegend geht es aber um die Anwendung ausländischen (hier griechischen) Sachrechts.

    Da die Vorschrift des § 167 ZPO nicht anwendbar ist und die Zustellung des Antrags am 27.02.2015 nach Ablauf der maßgeblichen griechischen Verjährungsfrist erfolgte, ist der Anspruch des Antragstellers verjährt.

    Da dem Hauptantrag nicht stattgegeben werden kann, wird die innerprozessuale Bedingung für die Hilfsanträge eintreten.

    Auch diese werden zurückzuweisen sein.

    Hinsichtlich des Antrags auf Zahlung von 100.000,- Euro Zugewinnausgleich gelten die obigen Ausführungen entsprechend. Auch insoweit handelt es sich um einen güterrechtlich zu qualifizierenden Anspruch zwischen Ehegatten, der sich nach griechischem Recht richtet und verjährt ist.

    Ein Anspruch des Antragstellers auf Zahlung der hälftigen Nebenkosten zum Immobilienerwerb besteht nicht. Der Immobilienerwerb der Ehegatten richtet sich gemäß Art. 33 Abs. 3 S. 2, Art. 28 EGBGB in der Fassung bis zum 16.12.2009 nach deutschem Recht. Das auf den Gesamtschuldnerausgleich anzuwendende Recht zwischen den vormaligen Ehegatten als Gesamtschuldnern bestimmt sich nach Art. 33 Abs. 3 S. 2 EGBGB nach dem auf das für die Beziehungen zwischen Schuldner und Gläubiger anzuwendendem Recht, hier also dem auf den Notarvertrag anzuwendenden Recht. Die grundsätzlich für schuldrechtliche Ansprüche maßgebliche Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) ist nicht anwendbar, weil die Verordnung nach Art. 28 zeitlich erst auf Verträge anwendbar ist, die ab dem 17.12.2009 geschlossen wurden. Der Notarvertrag wurde vorliegend bereits im Jahr 2008 geschlossen. Die Ehegatten haben keine Rechtswahl nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB getroffen. Der Notarvertrag weist die engste Verbindung mit dem Recht Deutschlands auf, Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB a.F. Denn der Vertrag betraf eine in Deutschland belegene Immobilie, die Ehegatten haben den Notarvertrag in Deutschland geschlossen und sie hatten in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Nach deutschem Recht besteht kein Anspruch des Antragstellers auf Ausgleich im Innenverhältnis der Ehegatten nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB. Die Zahlungen des Antragstellers auf die Gesamtschuld der Ehegatten erfolgten deutlich vor der Trennung der Beteiligten während intakter Ehe. Während des Zusammenlebens in der Ehe ist die grundsätzlich auch zwischen Ehegatten mögliche anteilige Haftung im Innenverhältnis nach § 426 Abs. 1 S. 1 BGB zumeist überlagert von einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Handhabung der Ehegatten. Häufig wird der alleinverdienende Teil die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Hausgrundstücks übernehmen, während der andere Teil sich der Haushaltsführung (und ggf. der Kindesbetreuung) widmet. Ein Ausgleichsanspruch unter den Ehegatten scheidet hier für die Zeit des Zusammenlebens aus, weil die Ehegatten mit dem Erwerb von Miteigentum zugleich zum Ausdruck bringen, dass sie die Haushaltsführung als der Erwerbstätigkeit gleichwertig erachten und dass damit beide gleichmäßig am Vermögenserwerb während der Ehe teilnehmen sollen (BGH, Urteil vom 13.04.2000 - IX ZR 372/98, NJW 2000, 1944; BGH, Urteil vom 17.05.1983 - IX ZR 14/82, NJW 1983, 1845). Hier hat der Antragsteller während intakter Ehe die Darlehensraten und die Nebenerwerbskosten der Immobilie allein getragen und mit der Antragsgegnerin gemeinsam hälftiges Miteigentum an der Ehewohnung erworben. Damit wurde jedenfalls stillschweigend zum Ausdruck gebracht, dass die Leistungen in der Ehe als gleichwertig betrachtet wurden, weshalb ein nachträglicher Anspruch für Leistungen eines Ehegatten während des Zusammenlebens ausscheidet.

    Der Antragsteller mag überlegen, ob er innerhalb der Stellungnahmefrist – auch aus Kostengründen – seine Beschwerde zurücknimmt.

    [Anm.: Die Beschwerde ist zurückgenommen worden.]

    Dr. Römer Reiser Köhler