OLG Frankfurt vom 25.05.2022 (7 UF 4/22)

Stichworte: Ausgleichsreife; Grundrente, Einkommensanrechnung; Bagatellklausel; Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich, Vorbehalt
Normenkette: VersAusglG 18 Abs. 2; VersAusglG 19 Abs. 2 Nr. 3; SGB VI 97a
Orientierungssatz: Der Ausgleich eines Zuschlags an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) ist für die ausgleichsberechtigte Person nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich, wenn diese wegen der besonderen Einkommensanrechnung nach § 97a SGB VI sehr wahrscheinlich keine Rentenzahlungen aus dem übertragenen Anrecht wird erhalten können. In einem solchem Fall ist das Grundrenten-Anrecht als nicht ausgleichsreif anzusehen, so dass ein Wertausgleich bei der Scheidung gemäß § 19 Abs. 1 VersAusglG nicht stattfindet

57 F 217/21 S
AG Melsungen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache …

hat der 7. Familiensenat in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Lies-Benachib, die Richterin am Oberlandesgericht Buda-Roß und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Recknagel beschlossen:

Auf die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Melsungen vom 13. Oktober 2021 im Ausspruch zum Versorgungsausgleich (vierter Absatz des Tenors) hinsichtlich der Anrechte der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten zu 2 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer …) wird im Wege der internen Teilung zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 5,1993 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer …), bezogen auf den 28.02.2021, übertragen.

Ein Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (Versicherungsnummer …) betreffend den Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung mit einem Ausgleichswert von 0,1575 Entgeltpunkten findet im Wertausgleich bei der Scheidung nicht statt. Insoweit bleiben Ausgleichsansprüche nach der Scheidung vorbehalten.

Im Übrigen bleibt es bei den Anordnungen des angefochtenen Beschlusses.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.880 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf den am 12. März 2021 zugestellten Scheidungsantrag des Antragstellers hat das Amtsgericht dessen am 28. August 1997 geschlossene Ehe mit der Antragsgegnerin durch Beschluss vom 13. Oktober 2021 – insoweit rechtskräftig – geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

Die Antragsgegnerin hat während der gesetzlichen Ehezeit vom 1. August 1997 bis zum 28. Februar 2021 (§ 3 Abs. 1 VersAusglG) u.a. gesetzliche Rentenanrechte bei der weiteren Beteiligten zu 2 erworben. Diese hatte in ihrer Auskunft vom 11. Mai 2021 für das Anrecht der Antragsgegnerin in der allgemeinen Rentenversicherung einen Ehezeitanteil von 10,2332 Entgeltpunkten und einen Ausgleichswert von 5,1166 Entgeltpunkten mitgeteilt, dabei indes fehlerhaft eine Ehezeit vom 1. September 1997 bis zum 28. Februar 2021 zugrunde gelegt. Gleichwohl hat das Amtsgericht jenes Anrecht der Antragsgegnerin auf der Grundlage dieser Auskunft intern geteilt und zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 5,1166 Entgeltpunkten auf dessen Versicherungskonto übertragen.

Gegen den ihr am 20. Dezember 2021 zugestellten Beschluss des Amtsgerichts hat die weitere Beteiligte zu 2 am 28. Dezember 2021 beim Amtsgericht mit der Begründung Beschwerde eingelegt, dass der Entscheidung eine fehlerhafte Auskunft zugrunde liege. Mit Auskunft vom 25. Februar 2022 teilte die weitere Beteiligte sodann mit, dass das intern geteilte Anrecht der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der korrekten Ehezeit vom 1. August 1997 bis zum 28. Februar 2021 einen Ehezeitanteil von 10,3985 Entgeltpunkten und einen Ausgleichswert von 5,1993 Entgeltpunkten aufweise. Darüber hinaus ist dieser Auskunft zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin noch einen Zuschlag an Entgeltpunkten für langjährige Versicherung (sog. Grundrenten-Entgeltpunkte) erlangt hat. Für dieses Anrecht hat die weitere Beteiligte zu 2 einen Ehezeitanteil von 0,3150 Entgeltpunkten und einen Ausgleichswert von 0,1575 Entgeltpunkten (entspricht bei Zugrundlegung des aktuellen Rentenwerts zum Ende der Ehezeit einer Monatsrente von 5,38 €) mitgeteilt.

Die Berichterstatterin des Senats hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Ausgleich des Grundrenten-Anrechts mit einem Ausgleichswert von 0,1575 Entgeltpunkten für den Antragsteller unwirtschaftlich im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG sein könnte, weil sehr wahrscheinlich sei, dass der Antragsteller aus diesem Anrecht wegen der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB VI keine Rentenzahlungen wird erhalten können. Daher sei – vorbehaltlich eines anderweitigen Vortrags des Antragstellers – auszusprechen, dass insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet. Im Übrigen sei beabsichtigt, den angefochtenen Beschluss hinsichtlich des Rentenanrechts der Antragsgegnerin ohne mündliche Erörterung gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dahingehend abzuändern, dass ein Ausgleichswert von 5,1993 Entgeltpunkten zu Gunsten des Antragstellers auf dessen Versicherungskonto übertragen wird. Die weitere Beteiligte zu 2 hat sich in ihrem Schreiben vom 12. Mai 2022 mit der angekündigten Vorgehensweise einverstanden erklärt. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.

II.

Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige, insbesondere nach §§ 63, 64 FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 ist begründet.

1. Bei seiner Entscheidung vom 13. Oktober 2021 hat das Amtsgericht hinsichtlich der „normalen“ Entgeltpunkte der Antragsgegnerin die auf einer falschen Ehezeit beruhende Auskunft der weiteren Beteiligten zu 2 vom 11. Mai 2021 zugrunde gelegt. Daher ist die angefochtene Entscheidung insoweit abzuändern und nach § 10 Abs. 1 VersAusglG eine interne Teilung in Höhe des korrekten Ausgleichswerts von 5,1993 Entgeltpunkten vorzunehmen.

2. Hinsichtlich des auf die Ehezeit entfallenden Zuschlags an Grundrenten-Entgeltpunkten, der in der Auskunft vom 11. Mai 2021 nicht aufgeführt war und daher in der amtsgerichtlichen Entscheidung keine Erwähnung findet, ist – nachdem sich die Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 bei interessensgerechter Auslegung auch auf dieses Anrecht der Antragsgegnerin erstreckt – grundsätzlich ebenfalls eine interne Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG durchzuführen (vgl. Bachmann/Borth, FamRZ 2020, 1609, 1610 f.), und zwar separat von den übrigen Entgeltpunkten (vgl. § 120f SGB VI). Nach Auffassung des Senats ist dieses Anrecht der Antragsgegnerin jedoch nicht ausgleichsreif, weil der Ausgleich für den Antragsteller als Ausgleichsberechtigten unwirtschaftlich im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG wäre. Daher ist nach § 19 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG auszusprechen, dass insoweit ein Wertausgleich bei der Scheidung nicht stattfindet.

a) Eine Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG wird insbesondere dann angenommen, wenn sich der Ausgleich voraussichtlich nicht zugunsten der ausgleichsberechtigten Person auswirken wird (vgl. BT-Drucksache 10/10144, S. 62), weil diese beispielsweise aus dem übertragenen oder begründeten Anrecht keine Rentenzahlungen zu erwarten hätte.

aa) Ein solcher Fall wurde in der Vergangenheit beispielsweise angenommen, wenn ein Beamter auf Lebenszeit durch den Versorgungsausgleich Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erhielt, aber trotz der dadurch erworbenen Wartezeitmonate (§ 52 Abs. 1 SGB VI) die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt hat, die nach § 50 Abs. 1 SGB VI Voraussetzung für einen Anspruch auf Regelaltersrente ist. Denn nach der bis zum 10. August 2010 geltenden Rechtslage war es einem ausgleichsberechtigten Beamten nicht möglich, sein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung durch freiwillige Beitragszahlungen zum Zwecke der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit aufzustocken (vgl. Erman/Norpoth/Sasse, BGB, 16. Auflage 2020, § 19 VersAusglG Rn. 17; MüKo/Siede, BGB, 8. Auflage 2019, § 19 VersAusglG Rn. 16). Demnach war seinerzeit der Ausgleich des gesetzlichen Rentenanrechts des anderen Ehegatten für den ausgleichsberechtigten Beamten unwirtschaftlich (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. Dezember 1989 – 2 UF 159/87 – juris Rn. 12).

bb) Eine ähnliche Situation ist beim Ausgleich von Grundrenten-Entgeltpunkten gegeben, wenn der Ausgleichsberechtigte letztlich keine Rentenzahlungen aus diesem im Versorgungsausgleich übertragenen Anrecht erhalten würde. Die sog. Grundrente ist als Zuschlag an Entgeltpunkten konzipiert, wobei der aus dem Zuschlag resultierende Zahlbetrag einer besonderen Einkommensanrechnung unterliegt. Nach § 97a Abs. 1 SGB VI wird auf den Rentenanteil aus dem Zuschlag an Grundrenten-Entgeltpunkten das Einkommen des Berechtigten (und seines Ehegatten) angerechnet. Übersteigt das anrechenbare Einkommen monatlich das 36,56fache des aktuellen Rentenwerts (entspricht derzeit 1.250 €), werden 60 % angerechnet (§ 97a Abs. 4 Satz 2 SGB VI). Anrechenbares Einkommen, das monatlich das 46,78fache des aktuellen Rentenwerts übersteigt (entspricht derzeit 1.600 €), wird in voller Höhe angerechnet (§ 97a Abs. 4 Satz 3 SGB VI). Ist zu erwarten, dass aufgrund der Einkommensanrechnung keine Rentenzahlungen aus den übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkten erfolgen werden, würde sich ein Ausgleich voraussichtlich nicht zugunsten des Ausgleichsberechtigten auswirken und somit für ihn unwirtschaftlich im Sinne des § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG sein.

b) So liegt der Fall hier. Der im Jahr 1970 geborene Antragsteller hat ausweislich der Auskunft der weiteren Beteiligten zu 1 vom 3. Juni 2021 bis einschließlich Februar 2021 insgesamt 34,0165 Entgeltpunkte in der allgemeinen Rentenversicherung erworben. Infolge des Versorgungsausgleichs verliert er insgesamt 9,8475 Entgeltpunkte (er muss 15,0468 Entgeltpunkte an die Antragsgegnerin abgeben, während er von ihr 5,1993 Entgeltpunkte erhält), so dass ihm 24,1690 Entgeltpunkte verbleiben werden. Bei einem aktuellen Rentenwert von derzeit 34,19 € ergibt sich daraus gegenwärtig ein Rentenanspruch in Höhe von 826,34 €. Berücksichtigt man weiter, dass der Antragsteller bis zum Erreichen der gesetzlichen Regelaltersgrenze im Jahr 2037 während eines Zeitraums von über 16 Jahren nach dem Ende der Ehezeit noch Entgeltpunkte wird hinzuerwerben können, dürfte sich bereits jetzt abzeichnen, dass dem Antragsteller dann voraussichtlich eine (Brutto-)Rente ausgezahlt werden wird, die deutlich über dem in § 97a Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VI genannten Betrag liegt. Der Antragsteller hat seit dem Beginn seiner Erwerbstätigkeit nach Abschluss seiner Hochschulausbildung ein deutlich über dem Durchschnittsentgelt aller Versicherten liegendes Arbeitsentgelt erzielt (z.B. zuletzt im Jahr 2020 in Höhe von 76.576 €), so dass davon auszugehen ist, dass er künftig pro Jahr knapp zwei Entgeltpunkte hinzuerwerben wird. Selbst wenn man – aufgrund einer zurückhaltenden Schätzung – einen Hinzuerwerb von jeweils lediglich anderthalb Entgeltpunkte pro Jahr unterstellte, würde der Antragsteller zum Zeitpunkt des Renteneintritts über mindestens 48 Entgeltpunkte verfügen und somit eine (Brutto-)Rente von (gegenwärtig) 1.641,12 € erhalten.

Aus der internen Teilung des ehezeitlichen Zuschlags an Grundrenten-Entgeltpunkten der Antragsgegnerin würde gegenwärtig eine Monatsrente in Höhe von (0,1575 Grundrenten-EP x 34,19 € =) 5,38 € resultieren. Sofern der Antragsteller bei Renteneintritt auch nur eine (Netto-)Rente in Höhe von mindestens 1.259 € erzielte, würden aus den übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkten wegen der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 4 Satz 2 SGB VI (60 % des den Betrag von 1.250 € übersteigenden Einkommens) keinerlei Rentenzahlungen erfolgen. Der Senat hält dies angesichts der beruflichen Qualifikation des Antragstellers für überaus wahrscheinlich. Dabei wird nicht verkannt, dass sich vorliegend nicht mit absoluter Gewissheit sagen lässt, dass aus den übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkten keine Rentenzahlungen an den Antragsteller erfolgen werden. Vielmehr könnten unvorhergesehene Ereignisse (Eintritt einer längerfristigen Arbeitslosigkeit etc.) dazu führen, dass der Antragsteller doch nicht im erwarteten Umfang weitere Entgeltpunkte in der gesetzlichen Rentenversicherung erwerben wird. Nähme man dieses eher unwahrscheinliche (wenngleich nicht gänzlich ausgeschlossene) Szenario zum Anlass, doch von einer Ausgleichsreife des Grundrenten-Anrechts der Antragsgegnerin auszugehen, hätte dies allerdings zur Folge, dass die auf den Antragsteller übertragenen Grundrenten-Entgeltpunkte für die Antragsgegnerin für immer verloren wären, selbst wenn daraus später keine Rentenzahlungen erfolgen würden, weil sich die Erwerbsbiographie des Antragstellers erwartungsgemäß entwickelt hat. Denn ein etwaiger, auf die dann feststehende Unwirtschaftlichkeit des Ausgleichs gestützter Abänderungsantrag würde bereits an der absoluten Wesentlichkeitsgrenze des § 225 Abs. 3 FamFG scheitern. Daher erscheint es dem Senat angesichts der Verteilung der Wahrscheinlichkeiten sachgerechter, das Grundrenten-Anrecht der Antragsgegnerin vom Wertausgleich bei der Scheidung auszunehmen.

c) Da ein nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG nicht ausgleichsreifes Anrecht gerade nicht dem Wertausgleich bei der Scheidung unterliegt, ist die Vorschrift vorrangig vor § 18 VersAusglG anzuwenden (vgl. MüKo/Siede, MüKo/Siede, BGB, 8. Auflage 2019, § 19 VersAusglG Rn. 2). Dementsprechend verbietet es sich, vorliegend nach § 18 Abs. 2 VersAusglG von einem Ausgleich des Grundrenten-Anrechts der Antragsgegnerin abzusehen. Vielmehr ist die Frage der Geringfügigkeit des Anrechts erst im Falle einer Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung zu prüfen (§ 20 Abs. 1 Satz 3 VersAusglG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 FamFG iVm § 20 Abs. 1 FamGKG, soweit sie die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens betrifft, und im Übrigen auf § 150 Abs. 1 FamFG.

Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 40, 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG. Das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der (geschiedenen) Ehegatten beträgt 14.400 €, so dass sich für zwei beschwerdegegenständliche Anrechte ein Verfahrenswert von 2.880 € ergibt.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordern (§ 70 Abs. 2 FamFG). Grundsatzbedeutung hat eine Sache nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage insbesondere dann, wenn sie vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird oder wenn dazu in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 29. September 2018 – XII ZA 10/18 – juris Rn. 3 mwN). Die betreffende Rechtsfrage muss also umstritten sein (vgl. BGH Beschluss vom 10. Dezember 2003 – IV ZR 319/02 – juris Rn. 16). Dies ist hier nicht der Fall. Soweit ersichtlich, wird bislang weder in Rechtsprechung noch Literatur die Auffassung vertreten, dass ein Grundrenten-Anrecht auch dann ausgleichsreif ist, wenn die ausgleichsberechtigte Person aus diesem Anrecht wegen der Einkommensanrechnung nach § 97a Abs. 4 Satz 2 und 3 SGB VI sehr wahrscheinlich keine Rentenzahlungen wird erhalten können. Eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts ist ebenfalls nicht erforderlich. Denn ein Anlass, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen oder materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen, besteht nur dann, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (BGH, Beschluss vom 29. November 2006 – XII ZR 175/04 – juris Rn. 2). Es ist unzweifelhaft, dass der Ausgleich eines Anrechts nach § 19 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG unwirtschaftlich ist, wenn er sich voraussichtlich nicht zugunsten der ausgleichsberechtigten Person auswirken wird (vgl. BT-Drucksache 10/10144, S. 62). Die Frage, ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden und keinem verallgemeinerungsfähigen Rechtssatz zugänglich.

Dr. Lies-Benachib Buda-Roß Dr. Recknagel