OLG Frankfurt vom 24.04.2003 (6 WF 89/03)

Stichworte: EA, mündliche Verhandlung Antragstellung, förmliche, EA
Normenkette: ZPO 620b Abs. 2
Orientierungssatz: Die mündliche Verhandlung iSd § 620b Abs. 2 ZPO erfordert keine förmliche Antragstellung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 20.03.2003 durch Richter am Oberlandesgericht Kleinle als Einzelrichter am 24. April 2003 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners (§ 97 I ZPO) zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 300,00 EUR.

Gründe:

Das gemäß § 567 I Ziff. 2 ZPO zulässige Rechtsmittel des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung zu Recht abgelehnt, weil der Beschluss vom 04.03.2003 aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen ist. Die Voraussetzungen des § 620b II ZPO liegen daher nicht vor.

Aus dem amtsgerichtlichen Protokoll vom 25.02.2003 geht hervor, dass in dem vom Amtsgericht anberaumten Verhandlungstermin beide Parteien und ihre Verfahrensbevollmächtigten anwesend waren. Auch der Antragsgegner räumt ein, dass der Anordnungsantrag im Termin rechtlich erörtert worden ist. Die Antragstellerin hat förmlich zum Ausdruck gebracht, welche Entscheidung sie wünscht. Der Antragsgegner hat zwar keinen förmlichen Sachantrag gestellt, nach seiner Darstellung im Schriftsatz vom 23.04.2003 aber keinen Zweifel daran gelassen, dass er dem Anordnungsantrag entgegentritt. Damit sind die Voraussetzung einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 620b II ZPO erfüllt. Dem stehen die §§ 333, 220 II ZPO nicht entgegen.

Nach Sinn und Zweck des § 620 II ZPO soll die mündliche Verhandlung dazu dienen, dass die Parteien in einer bestimmten Form, eben im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, rechtliches Gehör erhalten (OLG Dresden, FamRZ 2002, 1498, 1499). Daher ist es jedenfalls notwendig, dass die Parteien und ihre Bevollmächtigten etwa ordnungsgemäß geladen worden sind (Dresden, a.a.O., Düsseldorf, FamRZ 1992, 1198, 1199). Nicht erforderlich ist hingegen, dass sie förmliche Sachanträge gestellt haben, sofern sie auf andere Weise ordnungsgemäß angehört worden sind. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.

Die vom Antragsgegner in Bezug genommene Vorschrift des § 333 ZPO gewinnt ihren Sinn im Rahmen der Vorschriften über das Versäumnisurteilsverfahren im Zivilprozess und definiert, wann die Voraussetzungen für den Erlass eines Versäumnisurteils gegeben sind. Die Vorschriften über das Verfahren über einen Antrag auf einstweilige Anordnung enthalten aber keine Regelungen für den Fall der Säumnis einer Partei. Aus diesem Grunde erfüllt im Anordnungsverfahren ebenso wie im Ehescheidungsverfahren sogar eine einseitige streitige Verhandlung der antragstellenden Partei die Voraussetzungen des § 620b II ZPO (Zöller/Philippi, 23. Aufl., Rz. 16 zu § 620b ZPO).

Die vom Antragsgegner nach seiner eigenen Darstellung versuchte "Flucht in die Säumnis" ist im Anordnungsverfahren nicht möglich. Dies hätte nämlich im Extremfall zur Folge, dass der Antragsgegner den Erlass einer wegen § 620c ZPO unanfechtbaren Entscheidung auf Dauer verhindern könnte. Umgekehrt könnte etwa ein Ehegatte, zu dessen Gunsten eine Sorgerechtsanordnung ohne Verhandlung ergangen ist, durch Säumnis im anschließenden Verhandlungstermin die Beschwerde des anderen nach § 620c ZPO dauerhaft verhindern (Zöller/Philippi, a.a.O., Rz. 7 zu § 620c ZPO).

Kleinle