OLG Frankfurt vom 31.01.2000 (6 WF 8/00)

Stichworte: Prozeßkostenhilfe, Entziehung Erklärung über die pers. Und wirtsch. Verhältnisse, Nachholung, Beschwerdeverfahren
Normenkette: ZPO 124, 570, 120 Abs. 4 Satz 2
Orientierungssatz: Der Senat schließt sich der vom früheren 4. Familiensenat und vom 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vertretenen Meinung (FamRZ 1992, 838 und OLG-Report Frankfurt 1997, 154; vgl. auch OLG Koblenz, FamRZ 1999, 1354, und OLG Düsseldorf, FamRZ 1999, 1357) an, daß die geforderte Erklärung (über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gemäß § 570 ZPO nachgeholt werden kann.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Darmstadt vom 18.06.1999 am 31. Jan. 2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht zurückverwiesen.

G R Ü N D E

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 18.06.1999 die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe für den Kläger vom 04.10.1996 aufgehoben, nachdem der Kläger mit Schreiben vom 05.02. und 04.05.1999 vergeblich gemäß § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO aufgefordert worden war, sich darüber zu erklären, ob eine Änderung der für die Prozeßkostenhilfe maßgebenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingetreten ist. Gegen diesen Beschluß hat der Kläger mit Schreiben vom 27.07.1999, bei Gericht eingegangen am 06.10.1999, Beschwerde eingelegt, der er eine Lohnabrechnung für Juli 1999, eine Gläubigerliste und eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt hat.

Die Beschwerde ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO , 11 Abs. 1 RpflG zulässig. Zur Entscheidung ist der Familiensenat berufen (§§ 232 Nr. 10, 119 Abs. 1 Satz 2 GVG, Art. 15 § 1 Abs. 2 KindRG). Die Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung an das Amtsgericht.

Nach § 124 Nr. 2 ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozeßkostenhilfe aufheben, wenn die Partei absichtlich oder aus grober Nachlässigkeit unrichtige Angaben über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht oder eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat.

Keinen rechtlichen Bedenken begegnet, daß das Amtsgericht zunächst die Prozeßkostenhilfebewilligung aufgehoben hat. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Nachholung der verlangten Erklärung im Beschwerdeverfahren beachtlich ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum allerdings nicht einheitlich beantwortet (vgl. Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 124 Rdnr. 10a; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 58. Aufl., § 124 Rdnr. 39, jeweils mit Nachweisen). Der Senat schließt sich der vom früheren 4. Familiensenat und vom 1. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vertretenen Meinung (FamRZ 1992, 838 und OLG-Report Frankfurt 1997, 154; vgl. auch OLG Koblenz, FamRZ 1999, 1354, und OLG Düsseldorf, FamRZ 1999, 1357) an, daß die geforderte Erklärung im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gemäß § 570 ZPO nachgeholt werden kann. Entgegen der vom Rechtspfleger im Schreiben vom 08.10.1999 zum Ausdruck gebrachten Meinung obliegt es allerdings nicht dem Kläger darzulegen, daß er die rechtzeitige Abgabe der Erklärung weder absichtlich noch aus grober Nachlässigkeit unterlassen habe. Auch dieses Erfordernis widerspricht § 570 ZPO, wonach die Beschwerde auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden kann (ebenso OLG Koblenz a.a.O.; anderer Ansicht OLG Bamberg, FamRZ 1999, 1354, das immerhin eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit verlangt).

Danach kommt es nicht darauf an, ob der Kläger seine Säumnis in der Beschwerdeschrift hinreichend entschuldigt hat. Die Angaben unter Verwendung des amtlichen Vordrucks der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und der beigefügten Unterlagen konnten Grundlage für die Prüfung sein, ob die Entscheidung über die ratenfreie Prozeßkostenhilfebewilligung wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse abzuändern ist.

Soweit der Kläger trotz des Hinweises keine Belege für die Wohnungskosten und die Schuldentragung vorgelegt hat, können solche Aufwendungen unberücksichtigt bleiben. Sollte die vorgelegte Monatsverdienstbescheinigung nicht als ausreichend angesehen werden, mögen aussagekräftigere Belege nachgefordert werden, wie zum Beispiel eine Jahresverdienstbescheinigung und / oder eine Lohnsteuerbescheinigung.

Da das Amtsgericht - folgerichtig - eine erneute Sachprüfung nicht vorgenommen hat, ist der angefochtene Beschluß aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen. Das Amtsgericht hat nunmehr zu prüfen, ob die Prozeßkostenhilfebewilligung abzuändern ist.

Dr. Weychardt Kleinle Schmidt