OLG Frankfurt vom 20.04.1999 (6 WF 79/99)

Stichworte: PKH, Bedürftigkeit, Verhältnisse, wirtschaftliche, Tätigkeit, geringfügige
Normenkette: ZPO 114, 115
Orientierungssatz: Der Senat vermag (bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse im PKH-Prüfungsverfahren) nicht nachzuvollziehen, warum sich ein 41jähriger Mann, der offensichtlich unter keinen gesundheitlichen Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit leidet, auf eine geringfügige Tätigkeit (als Taxifahrer) beschränkt

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde des Antragstellers vom 08.01.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Darmstadt vom 12.11.1998 am 20.04.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G R Ü N D E

Die gemäß § 127 II 2 ZPO zulässige Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

Nach seiner Darstellung übt der Antragsteller den Beruf eines Taxifahrers aus, der ihm einschließlich der Trinkgelder monatlich netto 950,00 DM bei monatlichen Fahrtkosten in Höhe von 52,00 DM einbringt. Zu Recht hat das Amtsgericht darauf abgestellt, daß er dadurch seine Arbeitskraft nicht ausschöpft. Der Senat vermag nicht nachzuvollziehen, warum sich ein 41jähriger Mann, der offensichtlich unter keinen gesundheitlichen Einschränkungen seiner Erwerbsfähigkeit leidet, auf diese geringfügige Tätigkeit beschränkt. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt (Nachweise etwa bei Zöller/Philippi, 19. Aufl., Rz. 6 zu § 115 ZPO) und entspricht auch der Rechtsprechung des Senats, daß die Fähigkeit einer Partei, durch zumutbare Arbeit Geld zu verdienen, wie Einkommen i.S.d. § 115 I ZPO zu behandeln ist, da die Gerichte andernfalls nicht in der Lage wären, sich arbeitsunlustiger PKH-Antragsteller zu erwehren (Zöller/Philippi a.a.O.). Es mag sein, daß der Antragsteller, der kostenfrei im Hause seiner Mutter wohnt und nach dem Beschwerdevorbringen einen bescheidenen Lebensstil pflegt, seine eigenen Bedürfnisse mit den Erträgnissen seiner ihm Freude bereitenden Arbeit decken kann. Wenn er jedoch öffentliche Hilfe in Form der Prozeßkostenhilfe in Anspruch nehmen will, muß er nachvollziehbar darlegen, daß er die für die Prozeßführung notwendigen Mittel nicht durch Ausweitung seiner Tätigkeit oder gegebenenfalls durch Aufnahme einer Nebentätigkeit, für die er offenbar genügend zeitlichen Spielraum hat, sicherstellen kann.

Der Senat unterstellt daher, daß der Antragsteller bei zureichenden Bemühungen ein um Werbungskosten bereinigtes Monatseinkommen von rund 2.500,00 DM erzielen könnte. Nach Abzug der Freibeträge nach § 115 I 2 ZPO für sich selbst (663,00 DM), die beiden unterhaltsberechtigten Kinder (2 x 466,00 DM) und des Erwerbstätigenfreibetrags gemäß § 115 I 2 ZPO i.V.m. § 76 II a 1 BSHG (rund 280,00 DM) verbleiben ihm monatlich 625,00 DM. Bei diesem Resteinkommen wäre ihm die Prozeßkostenhilfe bei einer monatlichen Ratenzahlung von 230,00 DM zu gewähren.

Ausgehend von einem Geschäftswert von 5.000,00 DM (§ 30 II KostO) werden voraussichtlich 2 Anwaltsmittelgebühren von je 240,00 DM anfallen (7/5 10 von 320,00 DM). Zuzüglich der Pauschale von 40,00 DM und der Mehrwertsteuer belaufen sich die Anwaltskosten auf rund 600,00 DM (((240,00 DM x 2) + 40,00 DM) x 1,16). Einschließlich der Gerichtsgebühr nach § 32 KostO werden voraussichtlich Gesamtkosten anfallen, die den Betrag von 4 Monatsraten (920,00 DM) nicht erreichen. In dieser Situation wird nach § 115 III ZPO die Prozeßkostenhilfe nicht bewilligt.

Dr. Weychardt Schmidt Kleinle