OLG Frankfurt vom 20.10.1999 (6 WF 238/99)

Stichworte: Entnahmen,Kontennachweis, Bilanz, Einnahme- Überschussrechnung, Einkommensteuerbescheid, Gewerbemessbetrag, Jugendamtsurkunde, Leistungsklage, Abänderungsklage
Normenkette: BGB 1601 ff, ZPO 323 Abs. 4
Orientierungssatz: Zur Beurteilung der Einkommensverhältnisse eines Selbständigen

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Darmstadt vom 25.06.1999 am 20.10.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G R Ü N D E

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 ZPO zulässig, hat jedoch sachlich keinen Erfolg. Der Senat tritt dem Amtsgericht in der Beurteilung bei, daß die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

Es mag dahinstehen, ob statt der Klage auf Abänderung der vollstreckbaren Jugendamtsurkunde vom 16.09.1998 gemäß § 323 Abs. 4 ZPO auch die Leistungsklage zulässig ist. Jedenfalls hat die Antragstellerin nicht substantiiert dargetan, daß der Antragsgegner zu weitergehenden Unterhaltsleistungen ab September 1998 verpflichtet ist. Der anerkannte Betrag von 415,00 DM, bei dem das hälftige Kindergeld in Höhe von 110,00 DM bereits angerechnet ist, entspricht nach der Düsseldorfer Tabelle, an deren Richtsätzen sich der Senat regelmäßig orientiert (FamRZ 1998, 808; 1999, 1045, 1049), einem unterhaltsrechtlich bereinigten Einkommen von 3.100,00 DM bis 3.600,00 DM beziehungsweise von mindestens 3.100,00 DM bis 3.500,00 DM (ab. 01.07.1999). Nach dem Vorbringen der Antragstellerin kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, daß der Antragsgegner ein übersteigendes Einkommen hat.

Bei Einkünften aus Gewerbebetrieb wird regelmäßig an den Gewinn (§ 4 Abs. 1 und 3 EStG) aus einem zeitnahen Dreijahreszeitraum angeknüpft. Mit der Vorlage der Einkommensteuerbescheide und er entsprechenden Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnung oder der Einnahme-/Überschußrechnungen wird in der Regel der besonderen Darlegungslast genügt; auf substantiierten Einwand sind gegebenenfalls weitere Erläuterungen vorzunehmen oder Belege vorzulegen (vgl. Ziff. II. 16 der Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main, FamRZ 1999, 1045). Will die Antragstellerin ein höheres Einkommen geltend machen, mag sie gegebenenfalls ihren Auskunftsanspruch weiterverfolgen. Der Antrag auf Einholung eines Gutachtens ersetzt nicht den substantiierten Vortrag.

Die Antragstellerin bezieht sich auf den Kontennachweis zu den Bilanzen zum 31.12.1996, 31.12.1997 und 31.12.1998, die Gewinn- und Verlustrechnung für 1997, die Einkommensteuerbescheide für 1995, 1996 und 1997, den Bescheid für 1997 über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag und den Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.1997. Diesen Unterlagen kann nicht ohne weiteres entnommen werden, daß dem Antragsgegner nach Abzug von Vorsorgeaufwendungen und Steuern ein höheres Einkommen zugerechnet werden kann. Die ausgewiesenen Gewinne/Verluste betrugen danach in den Jahren 1996 bis 1998 vielmehr 26.736,50 DM / - 67.906,24 DM / - 43.217,52 DM. Soweit die Antragstellerin geltend macht, in der Gewinn- und Verlustrechnung seien Verbindlichkeiten enthalten, die der Antragsgegner mit seiner jetzigen Frau als Gesamtschuldner aufgenommen habe, kann dies unterhaltsrechlich lediglich insoweit von Belang sein, als sich Zinsen für nicht betriebsbedingte Aufwendungen gewinnmindernd ausgewirkt haben. Hierzu fehlt es an konkretem Vortrag. Die Schuldentilgung an sich hat jedenfalls keine Auswirkung auf den Gewinn, der auch nicht davon berührt wird, daß die Unterhaltsaufwendungen als Privatentnahmen aufgeführt sind. Die Zinsaufwendungen sind im übrigen insgesamt nicht in hier entscheidender Höhe entstanden. Der Gewinn kann weiterhin auch nicht um das Gehalt der Ehefrau korrigiert werden, da nicht dargetan ist, daß es nicht angemessen ist und es sich insoweit um einen versteckten Gewinn handelt. Der Eigenverbrauch ist bereits, wie insbesondere der Jahresabschluß für 1997 ausweist, bei den sonstigen betrieblichen Erträgen erfaßt.

An die Entnahmen kann im allgemeinen nicht angeknüpft werden (vgl. hierzu Kleinle, Privatentnahmen und Abschreibungen im Unterhaltsrecht, DAVorm 1996, 433). Selbst wenn Privatentnahmen als Anzeichen für die Leistungsstärke des Betriebs oder den Lebenszuschnitt herangezogen werden, sind diese jedenfalls um die Einlagen zu vermindern, da diese dem privaten Verbrauch wiederum entzogen und dem Betrieb wieder zugeführt worden sind. Nach den Kontennachweisen überstiegen 1996 sogar die Einlagen (126.447,06 DM) die Entnahmen (58.862,31 DM), während 1997 die Einlagen (118.433,09 DM) unter den Entnahmen (197.244,85 DM) lagen im Gegensatz wiederum zu 1998 bei Einlagen von 79.026,82 DM und Entnahmen von 75.735,44 DM. Diese Zahlen hat der Antragsgegner zusätzlich relativiert, da ausweislich des Schreibens der Steuerberaterin vom 20.05.1999 die Aufstockung eines Darlehens um 114.114,60 DM in 1996 als Privateinlage und korrigierend in 1997 als Privatentnahme gebucht worden ist.

Kleinle Dr. Bauermann Schmidt