OLG Frankfurt vom 15.12.2003 (6 WF 233/03)

Stichworte: Scheidungsantrag, vorzeitiger, Verbundverfahren
Normenkette: ZPO 252, 623
Orientierungssatz: Ist ein Scheidungsantrag abweisungsreif, weil das Trennungsjahr nicht abgelaufen ist und die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 BGB nicht vorliegen, so darf das Gericht nicht durch Ermittlungen in Folgesachen die Scheidungsvoraussetzungen durch Zeitablauf herbeiführen, sondern muß den Antrag zurückweisen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt - Einzelrichter - auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 6. November 2003 am 15. Dezember 2003 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird zu Ziff. II aufgehoben.

Beschwerdewert: 1.500,00 EUR.

Gründe:

Die Antragstellerin, die seit 17.06.2003 vom Antragsgegner getrennt lebt, hat die Scheidung der Ehe beantragt, da die Ehe gescheitert sei und das Abwarten eines Trennungsjahres ihr nicht zugemutet werden könne. Über den Scheidungsantrag ist vor dem Amtsgericht am 30.09.2003 verhandelt worden. In einem sodann angeordneten schriftlichen Verfahren hat das Amtsgericht einen Beschluss verkündet, in dessen Ziff. I es darauf hingewiesen hat, dass es die Voraussetzung für eine vorzeitige Scheidung nicht als gegeben ansieht und in dessen Ziff. II es mitgeteilt hat, dass die Auskünfte zum Versorgungsausgleich eingeholt werden sollen und dass nach deren Vorliegen, voraussichtlich nach Ablauf des Trennungsjahres, erneut terminiert werden solle, so dass kein Grund bestehe, die Klage abzuweisen.

Gegen diesen ihm am 11.11.2003 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit einem am gleichen Tag eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt.

Die Beschwerde ist analog § 252 ZPO zulässig, da das Abwarten auf die Auskünfte zum Versorgungsausgleich und die damit verbundene Ablehnung einer Entscheidung über den Scheidungsantrag bzw. Neuterminierung einer Aussetzung des Verfahrens gleichkommt (Zöller-Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 216, Rdnr. 21).

Die Beschwerde ist auch begründet. Zwar ist über den Versorgungsausgleich im Verbund mit der Ehescheidung zu entscheiden, so dass eine Ehescheidung grundsätzlich nicht erfolgen kann, so lange die Ermittlungen zum Versorgungsausgleich nicht abgeschlossen sind. Im vorliegenden Fall hat das Amtsgericht aber in dem angefochtenen Beschluss unter Ziff. I zu erkennen gegeben, dass es den Scheidungsantrag derzeit für unbegründet hält. In einem solchen Fall hat ein Antragsgegner eines Scheidungsantrags einen Anspruch darauf, dass der Antrag abgewiesen wird. In einem im Sinne einer Antragszurückweisung entscheidungsreifen Ehescheidungsverfahren ist es unter keinen Umständen gerechtfertigt, durch Ermittlungen in Folgesachen und den damit verbundenen Zeitablauf einem unbegründeten, weil vorzeitigen Scheidungsantrag zum Erfolg zu verhelfen. Der Auffassung des Amtsgerichts, dass durch Abwarten des Trennungsjahrs die Scheidungsvoraussetzungen herbeigeführt werden könnten, und dass deshalb ein Grund bestehe, den Antrag zurückzuweisen, kann nicht beigetreten werden. Der mit einem verfrühten Scheidungsantrag überzogene Antragsgegner hat ein Recht darauf, dass bei Entscheidungsreife der Antrag abgewiesen wird.

Eine andere Beurteilung wäre nur dann geboten, wenn das Amtsgericht ohnehin nach seiner Geschäftslage unter Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens nicht mehr vor Ablauf des Trennungsjahres terminieren würde, auch wenn es keine Ermittlungen in Folgesachen anstellen würde. In einem solchen Fall wäre es aus prozessökonomischen Gründen sinnlos, einen Termin nach Ablauf des Trennungsjahres anzuberaumen, ohne zuvor die Entscheidungsreife durch Klärung des Versorgungsausgleiches herbeizuführen. Dem angefochtenen Beschluss lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass das Amtsgericht ohnehin nicht mehr vor Ablauf des Trennungsjahres terminieren könnte, zumal es im Verfahren über die einstweilige Anordnung auf den 20. Januar 2004 terminiert hat.

Im übrigen tritt der Einzelrichter des Senats der Auffassung des Amtsgerichts bei, dass die Voraussetzungen für eine vorzeitige Entscheidung nicht gegeben sind. Der Antragstellerin wird nicht angesonnen, die Ehe tatsächlich fortzusetzen. Es geht lediglich um ein Aufrechterhalten des formalen Ehebandes bei fortdauernder Trennung der Parteien. Dass der Antragstellerin dies nicht zuzumuten wäre, lässt sich auch aus dem Attest der Diplom-Psychologin X. vom 13.10.2003 nicht herleiten.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist mit der Hauptsache zu entscheiden (Zöller-Greger, a.a.O., § 252, Rdnr. 3).

Noll