OLG Frankfurt vom 31.10.2000 (6 WF 206/00)

Stichworte: Kostenfestsetzung, Auslagenersatz, Geschäftsreisen
Normenkette: BRAGO 121,126,28 ZPO 91 Abs. 2 Halbs. 1
Orientierungssatz: Stammgericht und auswärtiger Senat bilden organisatorisch eine Einheit. Im Einzelfall auftretende Mehrkosten beruhen nicht auf besonderen Umständen, die in der Person des Prozeßbevollmächtigten liegen, sondern sind Folge der gerichtlichen Organisation. Abweichung von der im Beschluß des 1. Familiensenats vom 08.12.1981 - 1 UF 126/81 - vertretenen Rechtsauffassung. § 126 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BRAGO stellt bei der Einschränkung des Auslagenersatzes nicht darauf ab, ob der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei am Sitz des im Einzelfall zuständigen Spruchkörpers hat oder nicht.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Kostenfestsetzungssache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde des Bezirksrevisors beim Landgericht Darmstadt gegen den Beschluß des Amtsgerichts Darmstadt vom 04.09.2000 am 31. Okt. 2000 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G R Ü N D E

Auf die Erinnerung des dem klagenden Kind von dem seinerzeit in Kindschaftssachen zuständigen Zivilsenats durch Beschluß vom 11.02.1998 im Wege der Prozeßkostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts XXX. hat das Amtsgericht entschieden, daß weitere Gebühren für die Wahrnehmung von vier Terminen vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main in Höhe von 104,00 DM und 100,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer von 32,64 DM, gesamt 236,64 DM, zu erstatten sind. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Staatskasse.

Die Beschwerde ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig, hat jedoch sachlich keinen Erfolg.

Dem in Darmstadt ansässigen Rechtsanwalt XXX. sind nach §§ 121, 28 BRAGO die Reisekosten zu erstatten. Der Festsetzung steht § 126 BRAGO nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Kosten für Geschäftsreisen des am Sitz des Stammgerichts ansässigen Rechtsanwalts zur Verhandlung vor dem auswärtigen Senat in einer Sache mit Anwaltszwang beziehungsweise des am Sitz eines auswärtigen Senats ansässigen Rechtsanwalts vor dem Stammgericht als gesetzliche Auslagen nach § 91 Abs. 2 Halbs. 1 ZPO zu erstatten (Senatsbeschlüsse vom 23.07.1991 - 6 WF 70/89; vom 12.07.2000 - 6 WF 178/00; vgl. ferner OLG Frankfurt, 12. Zivilsenat, OLG-Report Frankfurt 1999, 152). Stammgericht und auswärtiger Senat bilden organisatorisch eine Einheit. Im Einzelfall auftretende Mehrkosten beruhen nicht auf besonderen Umständen, die in der Person des Prozeßbevollmächtigten liegen, sondern sind Folge der gerichtlichen Organisation. Entsprechendes gilt für die Festsetzung von Auslagen des beigeordneten Rechtsanwalts. Die Regelungen in § 126 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BRAGO und in § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind deckungsgleich. Eine unterschiedliche Handhabung ist sachlich nicht gerechtfertigt (vgl. OLG München NJW-RR 2000, 443 m.w.N.). Der Senat weicht von der im Beschluß des 1. Familiensenats vom 08.12.1981 - 1 UF 126/81 - vertretenen Rechtsauffassung ab. § 126 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 BRAGO stellt bei der Einschränkung des Auslagenersatzes nicht darauf ab, ob der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei am Sitz des im Einzelfall zuständigen Spruchkörpers hat oder nicht.

Dr. Weychardt Dr. Bauermann Schmidt