OLG Frankfurt vom 16.11.2000 (6 WF 204/00)

Stichworte: PKH-Bewilligung, nachträgliche, Vertrauenstatbestand
Normenkette: ZPO 114 ff
Orientierungssatz: In Fällen, in denen das Gericht, etwa durch Gewährung einer über die Beendigung des Verfahrens hinausreichenden Frist, zu erkennen gibt, daß es eine "nachträgliche" sachliche Entscheidung über das PKH-Gesuch treffen will, darf die antragstellende Partei, die bis dahin alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, hierauf vertrauen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 16.10.2000 gegen den prozeßkostenhilfeversagenden Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 18.09.2000/Nichtabhilfebeschluß vom 17.10.2000 am 16.11.2000 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Das Beschwerdevorbringen führt zu keiner von der Versagung der Prozeßkostenhilfe abweichenden Entscheidung.

Prozeßkostenhilfe kann der im Sinne der Vorschrift des § 115 ZPO bedürftigen Partei nur bewilligt werden, wenn der entsprechende Antrag vor Abschluß der Instanz unter Beifügung der Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse formgerecht gestellt worden ist. Vorliegend hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 05.09.2000, also noch vor der instanzabschließenden Vereinbarung der Parteien vom 12.09.2000 den Bewilligungsantrag gestellt. Dem Antrag war indessen die erforderliche Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO nicht beigefügt. Allerdings war ihre Nachreichung angekündigt. Im Termin vor dem Amtsgericht am 12.09.2000 ist weder die genannte Erklärung noch sind sonstige Belege vorgelegt worden. Dies ist erst mit Schriftsatz vom 14.09.2000, also nach Abschluß der Instanz geschehen.

In Fällen, in denen das Gericht, etwa durch Gewährung einer über die Beendigung des Verfahrens hinausreichenden Frist, zu erkennen gibt, daß es eine "nachträgliche" sachliche Entscheidung über das Gesuch treffen will, darf die antragstellende Partei, die bis dahin alle erforderlichen Unterlagen vorgelegt hat, hierauf vertrauen. Vorliegend ist weder dem Terminsprotokoll vom 12.09.2000 noch dem übrigen Akteninhalt zu entnehmen, daß das Amtsgericht vor der Verfahrensbeendigung einen dahingehenden "Vertrauenstatbestand" geschaffen hätte.

Der Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 05.09.2000 enthält keine Angabe dazu, bis wann mit der Nachreichung zu rechnen war. Insbesondere ergibt sich nicht aus dem Terminsprotokoll und es ist auch nicht in der Beschwerdeschrift behauptet, daß die Antragsgegnerin das Amtsgericht darum ersucht hätte, eine über die Beendigung des Verfahrens hinausreichende Frist für die Nachreichung der erforderlichen weiteren Unterlagen zu gewähren.

Soweit die Beschwerde die Hinweispflicht des Amtsgerichts verletzt sieht, ist ihr entgegenzuhalten, daß es eines Hinweises auf bekannte Umstände nicht bedarf und die unterlassene Erinnerung hieran lediglich die Frage des Umgangs der an der Abwicklung des Verfahrens Beteiligten untereinander betrifft. Jedenfalls war dem Bevollmächtigten der Antragsgegnerin wegen der ausdrücklichen Bezugnahme auf das Fehlen notwendiger Unterlagen dieser Umstand vor und bei Abschluß der verfahrensbeendenden Umgangsrechtsvereinbarung bekannt, und es lag an ihm, rechtzeitig entsprechende Abhilfe zu schaffen oder entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage der prozeßkostenhilferechtlichen Bedürftigkeit der Antragsgegnerin, wobei eine Prozeßkostenhilfebewilligung wohl nur gegen Ratenzahlung in Betracht gekommen wäre.

Dr. Weychardt Kleinle Dr. Bauermann