OLG Frankfurt vom 27.10.2000 (6 WF 184/00)

Stichworte: Gütergemeinschaft, Gesamtgut, Drittwiderspruchsklage,Auseinandersetzungsklage, Übernahmerecht
Normenkette: BGB 1477 Abs. 2, 1459 Abs. 2 ZVG 180 ZPO 6, 3
Orientierungssatz: Das Recht auf Übernahme eines Grundstücks aus § 1477 Abs. 2 BGB stellt ein der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an einem zum Gesamtgut gehörenden Gegenstand gemäß § 180 Abs. 1 ZVG entgegenstehendes Recht dar, das gemäß § 771 ZPO mit der Drittwiderspruchsklage geltend zu machen ist (BGH FamRZ 1985, 903; 1987, 43).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 20.09.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Fürth/Odw. vom 06.09.2000 am 27. Okt. 2000 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 7.000,00 DM.

G R Ü N D E

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 793 Abs. 1 ZPO statthaft und auch im übrigen zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Beschlüsse im Verfahren nach § 769 ZPO, hier in Verbindung mit § 771 Abs. 3 Satz 1 ZPO, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats in Übereinstimmung mit der der Frankfurter Senate für Familiensachen (vgl. FamRZ 1982, 736) mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, können in der Sache jedoch nur darauf überprüft werden, ob greifbare Gesetzesverstöße oder grobe Ermessensfehler vorliegen.

Solche Mängel sind nicht erkennbar. Das Recht auf Übernahme eines Grundstücks aus § 1477 Abs. 2 BGB stellt ein der Zwangsversteigerung zum Zwecke der Aufhebung der Gemeinschaft an einem zum Gesamtgut gehörenden Gegenstand gemäß § 180 Abs. 1 ZVG entgegenstehendes Recht dar, das gemäß § 771 ZPO mit der Drittwiderspruchsklage geltend zu machen ist (BGH FamRZ 1985, 903; 1987, 43). Es hindert allerdings die Versteigerung dann nicht, wenn aus besonderen Gründen der in die Gütergemeinschaft eingebrachte Gegenstand im Liquidationsstadium anderweitig benötigt wird und der ihn beanspruchende Ehegatte mit seinem Übernahmerecht daher zurückstehen muß. Das erklärte Übernahmerecht braucht danach nicht zu weichen, wenn der verbleibende Teil des Gesamtguts ausreicht, um die Verbindlichkeiten des Gesamtguts zu berichtigen oder wenn der die Versteigerung betreibende Ehegatte keine Gefahr läuft, für die Gesamtgutsverbindlichkeiten noch persönlich zu haften (BGH a.a.O.).

Unstreitig hat die Klägerin ein bebautes Grundstück in die Gütergemeinschaft eingebracht. Die Beurteilung durch das Amtsgericht, es handele sich trotz der zwischenzeitlichen Begründung von Wohnungseigentum auf diesem Grundstück nach wie vor um denselben Gegenstand im Sinn des § 1477 Abs. 2 BGB und nicht um ein Surrogat, ist jedenfalls bei dem eingeschränkten Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt auch hinsichtlich des Vortrags des Beklagten, das ursprünglich eingebrachte Hausgrundstück habe sich in einem desolaten Zustand befunden und sei völlig modernisiert worden. Soweit der Beklagte nunmehr rügt, das Einsitzrecht mit einer Pflegeverpflichtung der Eltern der Klägerin sei nicht berücksichtigt worden, handelt es sich um neues Vorbringen, das grundsätzlich bei der Beschwerdeentscheidung nicht mehr zu berücksichtigen ist (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 1987, 393). Ob sich die Entlassung aus der persönlichen Haftung allerdings aus § 1459 Abs. 2 BGB ergibt, ist zweifelhaft (vgl. Palandt/Brudermüller, BGB, 59. Aufl., § 1459 Rdnr. 3), jedoch dürfte letztlich der Entlassung durch die Eltern nichts im Wege stehen.

Schließlich steht der einstweiligen Einstellung nicht entgegen, daß das Amtsgericht die Auseinandersetzungsklage (F 19/00) - ohne Beweisaufnahme mit der Begründung, einige Wertansätze seien streitig, - abgewiesen hat. Diese Entscheidung steht zur Überprüfung des Senats (6 UF 193/00). Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat das Amtsgericht das Übernahmerecht ausdrücklich bejaht und hat hierauf im angefochtenen Beschluß Bezug genommen. Im übrigen ist das Übernahmerecht unabhängig davon, ob der zunächst vorgelegte Auseinandersetzungsplan die gerichtliche Zustimmung findet.

Den Wert der Beschwerde gegen einstweilige Einstellungen der Zwangsvollstreckung bemißt der Senat regelmäßig gemäß § 3 ZPO mit etwa 1/5 des Hauptsachewertes. Dieser ist bei Drittwiderspruchsklagen auf Unzulässigkeit der Auseinandersetzungsversteigerung nach § 180 ZVG, § 771 ZPO wiederum gemäß § 3 ZPO nach freiem Ermessen und nicht nach § 6 ZPO festzusetzen. Maßgebend ist das Interesse der Klägerin, daß die bestehende Gemeinschaft an dem Grundstück bestehenbleibt und dieses insbesondere nicht verschleudert wird. Es ist daher nicht nach dem Gesamtwert, sondern allenfalls in Höhe eines Bruchteils davon anzusetzen (vgl. BGH FamRZ 1991, 547). Bei einem Grundstückswert von angegeben 620.000,00 DM und einem angenommenen Bruchteil von 1/10 an dem Gesamthandsanteil ergibt sich danach ein Wert von 6.200,00 DM, der auch im Hinblick auf ein Affektionsinteresse an der Ausübung des Übernahmerechts im Ergebnis nicht höher als 7.000,00 DM anzusetzen ist.

Dr. Weychardt Kleinle Schmidt