OLG Frankfurt vom 14.08.2015 (6 WF 168/15)

Stichworte: Verfahrensbeistand, Vergütung; Vergütung, Ausschlussfrist;
Normenkette: BGB 1835 Abs. 1 S. 3, 1835 Abs. 4; FamFG 158 Abs. 7; FamFG 168; FamFG 277;
Orientierungssatz: Für den Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes gilt die fünfzehnmonatige Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB nicht. Über § 168 Abs. 1 FamFG findet kein Verweis auf die Fristenregelung des § 1835 Abs. 4, Abs. 1 S. 3 BGB statt (Anschluss an OLG Jena, Beschluss vom 23.12.2014 zu Az. 3 WF 294/14, n. v.)

54 F 1877/12 UG
AG Darmstadt

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache (wegen Vergütung des Verfahrensbeistandes)

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schwamb, die Richterin am Oberlandesgericht Gottschalk und den Richter am Amtsgericht Dr. Kischkel am 14. August 2015 beschlossen:

Auf die Beschwerde des Verfahrensbeistandes wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 08.07.2015 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die dem Verfahrensbeistand für das Verfahren der zweiten Instanz aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung wird auf 550,00 € festgesetzt.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde* wird zugelassen.

[* Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt und ist beim BGH unter XII ZB 464/15 anhängig.]

Gründe:

I.

In einem von den beiden Eltern vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Darmstadt geführten Verfahren über die Regelung des Umgangs für das Kind A. wurde der Beschwerdeführer mit Beschluss vom 18.10.2011 zum Verfahrensbeistand bestellt. Ihm wurde aufgegeben, das Interesse des Kindes festzustellen und im gerichtlichen Verfahren zur Geltung zu bringen, ferner das Kind über Gegenstand, Ablauf und möglichen Ausgang des Verfahrens in geeigneter Weise zu informieren. Darüber hinaus sollte der Verfahrensbeistand Gespräche mit den Eltern und weiteren Bezugspersonen des Kindes führen sowie am Zustandekommen einer einvernehmlichen Regelung über den Verfahrensgegenstand mitwirken. Ferner wurde festgestellt, dass der Verfahrensbeistand das Amt berufsmäßig ausübt. Der Beschluss wurde dem Verfahrensbeistand am 19. Oktober 2011 formlos übersandt. Er nahm in der Folge seine Tätigkeit auf und äußerte sich erstmals im Anhörungstermin vom 15.11.2011 zur Sache. Nachdem das Amtsgericht unter dem 06.03.2013 einen die Instanz beendenden Beschluss erlassen hatte, legte der Kindesvater dagegen form- und fristgerecht Beschwerde ein, die der Verfahrensbeistand im April 2013 zur Kenntnis nahm. Mit Beschluss des Senats vom 19. Juni 2013 zu Aktenzeichen 6 UF 119/13 wurde die Beschwerde zurückgewiesen. Die Zustellung des Beschlusses an den Verfahrensbeistand erfolgte am 26. Juni 2013.

Mit zwei vom 27. Februar 2015 datierenden Schreiben, jeweils bei Gericht eingegangen am 2. März 2015, beantragte der Verfahrensbeistand die Festsetzung seiner Vergütung für beide Instanzen in Höhe von jeweils 550,00 €. Unter dem 02.04.2015 wies die zuständige Rechtspflegerin bei dem Amtsgericht den Verfahrensbeistand unter Berufung auf die §§ 168 Abs. 1 Ziffer 1 FamFG, 1835 Abs. 4, Abs. 1 Satz 3 BGB darauf hin, dass sein Anspruch bereits erloschen sei, weil die dort genannte 15-Monatsfrist abgelaufen sei. Daraufhin legte der Verfahrensbeistand der Rechtspflegerin eine Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts vom 23.12.2014 vor, aus der sich ergebe, dass die fünfzehnmonatige Ausschlussfrist für ihn als berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand nicht gelte.

Die von der Rechtspflegerin um Stellungnahme gebetene Bezirksrevisorin ... äußerte sich unter dem 09.06.2015 dahingehend, dass über § 168 Abs. 1 FamFG auch § 1835 Abs. 4 BGB mit Verweis auf § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB unmittelbare Anwendung finde. Wegen dieser Verweisungskette bedürfe es auch nicht einer ausdrücklichen gesetzlichen Normierung der in § 158 Abs. 7 S. 2-6 FamFG fehlenden Regelung der Ausschlussfrist für Vergütungsansprüche des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes. Danach würden auch die Vergütungsansprüche des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes der Ausschlussfrist von fünfzehn Monaten unterliegen. Seit der ersten Handlung des Verfahrensbeistandes, mit der sein Anspruch entstanden sei, seien jedoch bis zur Stellung des Vergütungsantrages bereits 3 Jahre und 4 Monate vergangen. Auf diese Stellungnahme hin wies die Rechtspflegerin bei dem Landgericht mit Beschluss vom 08.07.2015 den Vergütungsantrag des Beschwerdeführers zurück und berief sich zur Begründung erneut darauf, dass der Anspruch nicht innerhalb der Fünfzehn-Monatsfrist der §§ 158 Abs. 7 Satz 1, 277 Abs. 1 S. 1 FamFG, 1835 Abs. 1 BGB geltend gemacht worden und daher erloschen sei. Auf den weiteren Inhalt der Beschlussgründe (Bl. 203, 204 d. A.) wird Bezug genommen.

Gegen die ihm am 17.07.2015 zugestellte Entscheidung legte der Verfahrensbeistand mit Schriftsatz vom 23.07.2015, eingegangen bei Gericht am 24.07.2015, Beschwerde ein. Zur Begründung führt er aus, dass § 277 FamFG auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand keine Anwendung finde. Da mit den Fallpauschalen des § 158 Abs. 7 Satz 2 und 3 FamFG sämtliche Aufwendungen des Verfahrensbeistandes abgegolten seien, die Pauschalvergütungsregelung aber nicht auf § 277 Abs. 1 FamFG verweise, sei eine mögliche Ausschlussfrist gesetzlich gerade nicht geregelt. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der §§ 158 Abs. 7, 277 Abs. 1 FamFG in Verbindung mit § 2 VBVG lägen nicht vor. Bereits die Voraussetzungen der Analogie seien nicht erfüllt. Im Übrigen bestehe auch kein Bedürfnis für eine fünfzehnmonatige Ausschlussfrist, da diese ausschließlich der Verringerung des Abrechnungs- und Kontrollaufwandes der Staatskasse diene, ein solcher Aufwand bei der pauschalierten Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes jedoch gar nicht erforderlich sei.

Die beteiligte Staatskasse beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und nimmt Bezug auf die Ausführungen der Bezirksrevisorin in ihrer Stellungnahme vom 09.06.2015.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, insbesondere auch statthaft, §§ 11 Abs. 1 RpflG, 58 ff. FamFG. Dies gilt ungeachtet der ausdrücklichen Zulassung der Beschwerde durch die Rechtspflegerin bereits deshalb, weil durch den mit 1.100,00 € zu bestimmende Beschwerdewert der in § 61 Abs. 1 FamFG vorgesehene Betrag von 600,00 € überstiegen wird.

Die Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur teilweisen Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung. Denn für den Beschwerdeführer ist für beide Instanzen des Umgangsverfahrens jeweils ein pauschaler Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit als Verfahrensbeistand entstanden (§§ 158 Abs. 7 Satz 3 FamFG), der zumindest für die zweite Instanz auch nicht erloschen ist und dessen Durchsetzbarkeit ferner kein Leistungsverweigerungsrecht der Staatskasse entgegensteht. Der Anspruch ist nach der Bestellung des Verfahrensbeistandes mit seiner ersten Tätigkeit im Kindesinteresse im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben entstanden (BGH FamRZ 2011, 558; OLG Frankfurt FamRZ 2013, 1331-1333; Staudinger-Bienwald, BGB (2014), § 1835, Rn. 31), in erster Instanz also spätestens mit der Teilnahme des Beschwerdeführers an dem amtsgerichtlichen Anhörungstermin vom 15.11.2011. Da der Bestellungsbeschluss in 2. Instanz keine Aufhebung oder Abänderung erfahren hat, ist es auch für das Rechtsmittelverfahren bei der Bestellung des Verfahrensbeistands zu den Bedingungen des erstinstanzlichen Beschlusses geblieben (BGH FamRZ 2012, 728-729; OLG Stuttgart FamRZ 2011, 1533-1534 m. w. N.). Die den Vergütungsanspruch auslösende Tätigkeit des Verfahrensbeistandes in 2. Instanz liegt in der Entgegennahme der ersten Information über das Verfahren (BGH FamRZ 2011, 558; Senat ZKJ 2010, 456), also in der Kenntnisnahme des an ihn übersandten Beschwerdeschriftsatzes im April 2013. Für jede der beiden Instanzen entsteht nach § 158 Abs. 7 S. 2 und 3 FamFG grundsätzlich ein eigener Vergütungsanspruch des Verfahrensbeistandes in Höhe von jeweils 550,00 €. Insgesamt würde dem Beschwerdeführer damit gegen die Staatskasse ein Zahlungsanspruch über 1.100,00 € zustehen.

Hinsichtlich des Vergütungsanspruchs des Beschwerdeführers für die 2. Instanz gilt, dass dieser nicht infolge des Ablaufs der fünfzehnmonatigen Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB erloschen ist und der Staatskasse auch kein Leistungsverweigerungsrecht wegen Verjährung des Anspruchs zusteht, § 204 Abs. 1 BGB. Zur Ausschlussfrist gilt, dass entgegen der Auffassung der Staatskasse über § 168 Abs. 1 FamFG kein Verweis auf die Fristenregelung des § 1835 Abs. 4, Abs. 1 S. 3 BGB stattfindet. Denn § 168 FamFG beinhaltet keine materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage, sondern regelt lediglich die mit dem Auszahlungsanspruch des Beistandes korrespondierenden verfahrensrechtlichen Grundlagen der gerichtlichen Tätigkeit, d. h. den Weg vom materiell-rechtlichen Anspruch zu Prüfung, Festsetzung, Titulierung bzw. Auszahlung der Vergütungsanträge u. a. des Verfahrensbeistandes durch das Gericht (vgl. MüKo-Heilmann, FamFG, 2. A., § 168 Rn. 4; OLG Zweibrücken MDR 2015, 772-773, zit. n. juris). Trotz der ausdrücklichen Erwähnung des § 1835 Abs. 4 BGB in S. 1 Ziffer 1 des § 168 FamFG folgt daraus weder eine unmittelbare noch eine entsprechende Anwendung des § 1835 Abs. 4 BGB auch auf die Ansprüche des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes. Vielmehr wird die Existenz eines Vergütungsanspruchs für die Bescheidung durch das festsetzende Gericht an dieser Stelle vorausgesetzt, eine Rechtsgrundverweisung findet nicht statt (a. A. OLG Zweibrücken, aaO., das in einem obiter dictum aus dem Kontext der §§ 168 FamFG, 1835 ff. BGB schließt, für die Geltendmachung der Vergütungsansprüche gelte stets eine Ausschlussfrist).

Im Übrigen kennt die für die Vergütungsansprüche des Verfahrensbeistandes bei berufsmäßiger Führung der Beistandschaft maßgebliche Norm des § 158 Abs. 7 S. 2 FamFG aber keine Ausschlussfrist. Denn § 158 Abs. 7 FamFG knüpft seinem Wortlaut nach ausdrücklich nur hinsichtlich des Aufwendungsersatzanspruchs des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistandes an § 277 Abs. 1 FamFG an, der wiederum auf § 1835 Abs. 1 und 2 BGB verweist. Für die Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes verweist § 158 Abs. 7 Satz 6 FamFG dagegen auf § 168 Abs. 1 FamFG, der - wie oben bereits erläutert - weder eine Ausschlussfrist beinhaltet, noch auf eine entsprechende Norm verweist.

Abgesehen davon, dass bereits Wortlaut und Aufbau des § 158 Abs. 7 FamFG mit seiner klaren Differenzierung zwischen dem Vergütungsanspruch des nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistandes in Satz 1 und des berufsmäßigen Beistandes in Satz 2 bis 6 eine analoge Anwendung der in Satz 1 getroffenen Verweisung auf § 277 FamFG auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand nicht gestatten (vgl. zur sprachlich-grammatischen und logisch-systematischen Auslegung Staudinger-Honsell, BGB (2013), Einleitung zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Rn. 139 ff. und 143 ff.), sind auch im Übrigen die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der §§ 158 Abs. 7 S. 1, 277 Abs. 1 FamFG, ggf. in Verbindung mit § 2 VBVG, nicht gegeben. Denn es fehlt bereits an der für die Annahme einer Analogie erforderlichen planwidrigen Unvollständigkeit (Staudinger-Honsell, aaO Rn. 156).

Allerdings ist der Landeskasse zuzugeben, dass die Gesetzgebungsgeschichte für die Annahme spricht, dass bei Einführung des § 158 Abs. 7 BGB die Regelung der Anwendbarkeit des § 1835 BGB auch für die berufsmäßige Verfahrensbeistandschaft übersehen worden ist. In dem der Einführung des FamFG ursprünglich zugrundeliegenden Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 7. September 2007 (BT-Drucksache 16/6308) hat hinsichtlich der Vergütung des Verfahrensbeistandes keine Differenzierung zwischen berufsmäßiger und nicht berufsmäßiger Führung der Beistandschaft stattgefunden. In den Gesetzesmaterialien zu § 158 Abs. 7 FamFG (aaO S. 238 ff.) wird lediglich ausgeführt, dass diese Regelung der des früheren § 50 Abs. 5 FGG entspreche, der ausdrücklich auf § 66 a FGG und dieser wiederum auf § 1835 BGB verwiesen hatte. Danach hatte der Gesetzgeber zumindest ursprünglich die Geltung einer Ausschlussfrist für alle Vergütungsansprüche, d. h. unabhängig von der Frage der Berufsmäßigkeit der Führung der Beistandschaft, beabsichtigt.

Die derzeitige Fassung des § 158 Abs. 7 FamFG richtet sich dagegen nach der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Rechtsausschusses der Bundestages vom 23. Juni 2008 zu dem o. g. Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 16/9733, S. 75), die im Hinblick auf die neueingeführte Pauschalierung der Vergütung des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes zwischen berufsmäßiger und nicht berufsmäßiger Führung differenziert. In der Begründung (aaO. S. 294) finden sich lediglich Ausführungen zur Einführung der Fallpauschale, jedoch keine Angaben zur Ursache der unterschiedlichen Verweisung auf § 168 FamFG für den berufsmäßigen und auf § 277 FamFG für den nicht berufsmäßigen Verfahrensbeistand (vgl. auch die Darstellung OLG Zweibrücken, aaO.). Damit ist den Motiven des Gesetzgebers im Ergebnis weder eindeutig zu entnehmen, dass mit der Verweisung auf § 168 FamFG die Ausschlussfrist des § 1835 Abs. 1 Satz 3 BGB auch für die berufsmäßige Verfahrensbeistandschaft weiterhin Geltung behalten, noch, dass diese nicht mehr zu Anwendung gelangen gelten sollte.

Für die Auffassung der Staatskasse lässt sich auch anführen, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine entsprechende Anwendbarkeit des § 277 FamFG für den Fall der Vergütung des als Verfahrensbeistand tätigen Vereinsbetreuers angenommen wird (BGH FamRZ 2014, 373-374). Die Bejahung einer planwidrigen Unvollständigkeit wird hier damit begründet, dass das Fehlen einer Verweisung nach § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG bzw. das Unterbleiben der Aufnahme einer vergleichbaren Bestimmung in § 158 FamFG nicht auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung beruht habe, sondern mit der nachträglichen Einführung der Fallpauschale für den berufsmäßigen Verfahrensbeistand im Zusammenhang stehe. Daher spreche nichts dafür, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Verfahrensbeistandschaft bei Bestellung eines Vereinsmitarbeiters anders als zuvor nicht mehr den Verein, sondern den Mitarbeiter selbst als gegenüber der Staatskasse vergütungsberechtigt behandelt wissen wollte. Vielmehr liege die Annahme nahe, dass bei der Regelung der Fallpauschalen die Aufnahme einer dem § 277 Abs. 4 Satz 1 FamFG entsprechenden Vorschrift in das Gesetz übersehen wurde. Diesen Ausführungen ist im Hinblick auf die Frage der Vergütung des als Verfahrensbeistand tätigen Vereinsbetreuers beizupflichten.

Hinsichtlich der Frage der analogen Anwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 277 FamFG gilt jedoch etwas anderes. Denn ausweislich der Gesetzesmaterialien (BT-Drucksache 16/9733, S. 294) war die Neuordnung der Vergütung des Verfahrensbeistandes mit Einführung der Fallpauschale auch von dem Gedanken getragen, dem Verfahrensbeistand eine verfassungsrechtlich gebotene auskömmliche Vergütung zu gewähren. Der Verfahrensbeistand sollte nicht durch eine unzureichende Vergütung davon abgehalten werden, die für eine effektive eigenständige Interessenvertretung des Kindes im Verfahren erforderlichen Einzeltätigkeiten zu entfalten. Daher hatte der Rechtsausschuss des Bundestages den Vorschlag des Bundesrates abgelehnt, für die aufwandsbezogene Vergütung des Verfahrensbeistandes aus fiskalischen Gründen eine Höchstgrenze des im Übrigen postengenau abzurechnenden Vergütungsanspruchs vorzusehen und stattdessen die Einführung einer Fallpauschale vorgeschlagen. Dies wurde unter anderem damit begründet, dass die aufwandsbezogene Vergütung des Verfahrensbeistandes mit einer Höchstgrenze zu einer unzureichenden Vergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts führen könne und zudem bei dieser Vergütungsform - wie bereits nach früher geltendem Recht - ein hoher Abrechnungs- und Kontrollaufwand sowohl für den Verfahrensbeistand als auch für die Justiz bestehe (vgl. BGH FamRZ 2010, 1893-1896; zu den Motiven auch BGH, Beschluss vom 15. September 2010 zu Az. XII ZB 260/10, zit. n. juris, FamFR 2010, 537 (LS und Kurzwiedergabe); Beschluss vom 15. September 2010 zu XII ZB 289/10, zit. n. juris, ZFE 2011, 150 (LS und Kurzwiedergabe)). Mit der Änderung der Abrechnungsmodalitäten wollte der Gesetzgeber dem entgegen wirken (BGH, FamRZ 2010, 1893-1896).

Zudem sollte sich die Vergütung des Verfahrensbeistands nach dem Willen des Gesetzgebers an den entsprechenden Gebührensätzen für einen in einer Kindschaftssache tätigen Rechtsanwalt orientieren (BT-Drucks. 16/9733, S. 294 unter Hinweis auf BR-Drucks. 309/07, S. 62). Eine Ausschlussfrist ist aber für die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung des Rechtsanwalts nach § 55 Abs. 1 RVG nicht vorgesehen.

Zu berücksichtigen sind in diesem Kontext darüber hinaus die Motive des Gesetzgebers bei Einführung der Ausschlussregelung des § 1835 Abs. 1 S. 3 BGB im Zusammenhang mit der Novellierung des Betreuungsrechts im Jahre 1999 (BT-Drucks. 13/7158, S. 22, 23). Nach dem Wortlaut der Entwurfsbegründung war noch vor der Verringerung des Abrechnungs- und Kontrollaufwandes des (hier vor allem betroffenen) Vormundes und des Gerichts "maßgebliches" Ziel der beabsichtigten Gesetzesänderung, der Gefahr vorzubeugen, bei zu langem Zuwarten des Vormundes mit der Abrechnung das mittellose Mündel in der Summe zu hohen finanziellen Forderungen auszusetzen, die seine Leistungsfähigkeit übersteigen und nach dem mit dem Entwurf seinerzeit geplanten § 1836 c BGB zu einer ersatzweisen Inanspruchnahme der Staatskasse führen könnten.

In der Gesamtbetrachtung ging es dem Gesetzgeber bei der Einführung des § 158 FamFG ebenso wie bereits bei der Ergänzung des § 1835 Abs. 1 BGB mit der Vermeidung eines erhöhten Abrechnungs- und Kontrollaufwandes und der Gefahr des Auflaufens in der Summe für den Mündel nicht mehr tragbarer Vergütungsansprüche und ihrer Abwälzung auf die Staatskasse damit ausschließlich um Gesichtspunkte, die den Zeitpunkt der Abrechnung des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes nach Fallpauschale nicht berühren. Denn angesichts der mit § 158 Abs. 7 S. 2 und 3 FamFG abschließend vorgegebenen Höhe der Fallpauschale besteht weder für den Verfahrensbeistand noch für das Gericht ein über die bloße Feststellung der Bestellung des Beistandes und die Aufnahme seiner Tätigkeit hinausgehender Abrechnungsaufwand. Ein der Höhe nach über die Fallpauschale hinausgehender zeitlicher oder sächlicher Aufwand des Verfahrensbeistandes kann nicht mehr abgerechnet werden (vgl. BGH, aaO.). Dies entspricht zudem der Intention des Gesetzgebers, die Position des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes der eines Rechtsanwalts anzunähern, dessen gesetzlich festgelegter Gebührenanspruch weitgehend unabhängig von einem konkret betriebenen Zeit- und Arbeitsaufwand bereits mit seiner Mandatierung entsteht (BGH, aaO.). Angesichts der Begrenzung der Vergütung der Pauschale auf einen gesetzlich festgelegten Betrag besteht darüber hinaus weder für die nach § 158 Abs. 7 S. 5 FamFG ohnehin als Primärschuldner zum Ausgleich des Vergütungsanspruchs verpflichtete Staatskasse, noch für einen ggf. aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung nach den §§ 81 ff. FamFG als Sekundärschuldner ausgleichspflichtigen Beteiligten des Kindschaftsverfahrens die Gefahr, der Höhe nach unvorhersehbaren bzw. seine finanzielle Leistungsfähigkeit übersteigenden Zahlungsansprüchen ausgesetzt zu sein.

Wenn sich aber bereits nach den Motiven des Gesetzgebers keine Veranlassung ergibt, eine über die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 194 ff. BGB hinausgehende zeitliche Limitierung der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes vorzunehmen, kann hinsichtlich des in § 158 Abs. 7 FamFG in Abweichung von den §§ 50 Abs. 5, 66 a FGG unterbliebenen Verweises auf § 277 FamFG und § 1835 BGB auch nicht von einer planwidrigen Unvollständigkeit oder einer Regelungslücke ausgegangen werden. Denn wenn der Gesetzgeber mit der Einführung der Fallpauschale den Abrechnungs- und Kontrollaufwand vermindern, andererseits aber eine als wünschenswert angesehene Annäherung der Vergütung des Verfahrensbeistandes an die gebührenorientierte Tätigkeit der Rechtsanwälte erreichen wollte, besteht keine Notwendigkeit mehr, für die Antragstellung auf die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung eine Ausschlussfrist anzunehmen (ebenso OLG Jena, Beschluss vom 23.12.2014 zu Az 3 WF 294/14, n. v.). Insoweit ist der Bezirksrevisorin, die für die Staatskasse die Ansicht vertritt, dass bei einer Nichtanwendbarkeit der §§ 277 FamFG, 1835 BGB auf den berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand für diesen ein Sonderrecht geschaffen werde, entgegen zu halten, dass im Gegenteil keine Veranlassung besteht, die Geltung der für den nicht berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistand, den Verfahrenspfleger und den Vormund bestehenden Sonderregelungen auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand auszudehnen. Die gesetzlichen Verjährungsregelungen reichen aus, um einen angemessenen Schutz der Staatskasse vor einer unberechtigten Inanspruchnahme zu gewährleisten.

Aus den oben bereits ausführlich erörterten Gründen fehlt es zugleich aber auch an einer weiteren Voraussetzung für eine analoge Anwendung des § 158 Abs. 7 S. 1 FamFG auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand. Denn der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt ist in rechtlicher Hinsicht nicht mit dem gesetzlich geregelten Tatbestand in einer Weise vergleichbar, dass angenommen werden kann, dass der Gesetzgeber bei Durchführung der unterbliebenen Interessenabwägung zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen wäre, also eine entsprechende Anwendbarkeit der §§ 277 FamFG, 1835 BGB auch auf den berufsmäßigen Verfahrensbeistand statuiert hätte (vgl. Staudinger-Honsell, aaO.). Denn die Vergütung des Verfahrenspflegers, des nicht berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistandes und des Vormundes werden nach den §§ 277, 158 Abs. 7 Satz 1 FamFG, 1835 BGB jeweils aufwandsbezogen abgerechnet. Ziel der dafür jeweils vorgesehenen fünfzehnmonatigen Ausschlussfrist ist, wie bereits oben ausgeführt, häufige Abrechnungen und einen damit einhergehenden Kontrollaufwand für zeitlich weiter zurückliegende Ereignisse durch die Staatskasse zu vermeiden (vgl. OLG Jena, aaO.). Durch die Einführung der gesetzlichen Fallpauschale für den berufsmäßigen Verfahrensbeistand werden derartige aufwendige Abrechnungen jedoch ausgeschlossen. Auch das durch das Erfordernis einer zeitnahen Abrechnung beförderte Prinzip der Abrechnungsehrlichkeit ist bei einer Pauschalvergütung obsolet (dazu OLG Köln, Beschluss vom 29.10.2014, Az. II-21 WF 169/14, 21 WF 169/14, zit. n. juris, FamRB 2015, 253 (LS und Kurzwiedergabe)). Schließlich richtet sich der Vergütungsanspruch des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes zumindest primär ausschließlich gegen die Staatskasse, der der zeitlichen Begrenzung der Abrechnung verbundene weitere Zweck, zu vermeiden, dass die Vergütung statt von einem leistungsunfähigen Dritten von der Staatskasse zu tragen ist, kann daher auch mit der Ausschlussfrist nicht erreicht werden. Im Ergebnis ist damit festzuhalten, dass die Pauschalierung der Vergütung des berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistandes die Notwendigkeit der Einführung einer gegenüber der dreijährigen Regelverjährung erheblich verkürzten Ausschlussfrist gerade nicht erkennen lässt (ebenso OLG Köln, aaO.).

Schließlich griffe die Einführung von Ausschlussfristen für die Geltendmachung der Vergütung auch in die Berufsausübungsfreiheit des berufsmäßig tätigen Verfahrensbeistandes ein, sodass nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG eine ausdrückliche gesetzliche Regelung gerade nicht entbehrlich wäre (vgl. OLG Köln, aaO.; ferner zur verfassungsrechtlichen Relevanz von Ausschlussfristen für die Abrechnung ärztlicher Leistungen Bayerisches LSG, Urteil vom 25. März 2015 zu Az. L 12 KA 37/13, zit. n. juris.).

Auf den Vergütungsanspruch des Beschwerdeführers finden daher lediglich die allgemeinen Verjährungsvorschriften der §§ 194 ff. BGB Anwendung. In der Äußerung der Staatskasse, die Vergütung aufgrund des Ablaufs einer Ausschlussfrist nicht zahlen zu wollen, ist zugleich die konkludente Erhebung der Einrede der Verjährung zu sehen. Denn mit dieser Erklärung wird zumindest sinngemäß deutlich, dass die Verweigerung der Leistung mit dem seit Anspruchsentstehung eingetretenen Zeitablauf begründet werden soll (BGH MDR 2009, 945; zit. n. juris).

Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist, hinsichtlich des Vergütungsanspruchs für die erste Instanz also mit dem 31.12.2011 (§ 199 Abs. 1 Ziffer 1 BGB). Verjährung tritt danach mit Ablauf des 31.12.2014 ein. Da der Beschwerdeführer seinen Vergütungsanspruch für seine Tätigkeit in erster Instanz erstmals mit Schreiben vom 27. Februar 2015 geltend gemacht hat, ist dieser verjährt. Dies gilt jedoch nicht für den Anspruch auf Zahlung einer Vergütung für seine Tätigkeit in zweiter Instanz, da dieser erst mit der Aufnahme der Tätigkeit des Beschwerdeführers im Rechtsmittelverfahren im April 2013 entstanden ist und die Verjährung durch die gerichtliche Geltendmachung im Jahre 2015 vor Ablauf der Verjährungsfrist unterbrochen wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 81, 84 FamFG.

Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 1.100,00 €.

Die Rechtsbeschwerde wird nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2 FamFG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob die Geltendmachung der Vergütungsansprüche des berufsmäßigen Verfahrensbeistandes in analoger Anwendung der §§ 158 Abs. 7 S. 1, 277 Abs. 1 FamFG, 1835 Abs. 1, 2 BGB einer fünfzehnmonatigen Ausschlussfrist unterliegt, noch nicht abschließend geklärt ist.

[Anm.: Die zugelassene Rechtsbeschwerde wurde eingelegt und ist beim BGH unter XII ZB 464/15 anhängig.]

Schwamb Gottschalk Dr.Kischkel