OLG Frankfurt vom 22.08.2000 (6 WF 153/00)

Stichworte: Kostenfestsetzung, Einwand, Berücksichtigung, Verwirkung, Umstandsmoment
Normenkette: ZPO 103 ff.
Orientierungssatz: Zur Berücksichtigung des Einwands der Verwirkung im Kostenfestsetzungsverfahren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde des Antragstellers vom 25.07.2000 gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 17.07.2000 am 22. Aug. 2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird an das Amtsgericht - Familiengericht - Darmstadt, das die Rechtsauffassung des Senats zu beachten hat, zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 4.509,15 DM.

G r ü n d e

Die gemäß § 21 Nr. 1 i.V.m. § 11 Abs. 1 PflG i.V.m. § 104 Abs. 3 ZPO an sich statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde führt in der Sache zur Aufhebung des die beantragte Kostenfestsetzung ablehnenden Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (Rechtspflegerin) zur erneuten Entscheidung über das Kostenfestsetzungsgesuch des Antragstellers, wobei Verwirkung des Kostenerstattungsanspruchs nicht in Betracht kommt.

Es kann dahinstehen, ob im Kostenfestsetzungsverfahren dem Einwand der Verwirkung des Kostenerstattungsanspruches überhaupt nachzugehen ist (ablehnend: OLG München, MDR, 1998, 972; bejahend: OLG Frankfurt/Main, 20. Zivilsenat, Rpfleger 1977, 261). Jedenfalls sind die Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung die Verwirkung eines Anspruches begründen können, nicht offensichtlich (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 1993, 1218 f. = FamRZ 1994, 55 f.). Der bloße ungenutzte Zeitablauf bis zur Geltendmachung des (im übrigen noch unverjährten) Anspruchs, auch wenn es sich vorliegend um einen Zeitraum von rund 9 Jahren handelt (sogenanntes Zeitmoment), reicht zur Begründung der Verwirkung als eines Sonderfalles der unzulässigen Rechtsausübung nicht aus. Hinzutreten müssen vielmehr Umstände, die die Geltendmachung des Rechts als einen Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen (sogenanntes Umstandsmoment). Hierzu hat die Antragsgegnerin keine Tatsachen vorgetragen, welche die Verwirkung "offensichtlich" machen. Daß die Ehe der Parteien später "einvernehmlich vor dem Familiengericht Lampertheim geschieden" worden ist, begründet noch keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, daß die Antragsgegnerin und Schuldnerin der Kosten des vorliegenden Trennungs- und Kindesunterhaltsverfahrens (Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 22.02.1991) nicht mehr mit der gegen sie gerichteten Kostenfestsetzung zu rechnen brauchte.

Da es mithin an der Offensichtlichkeit des sogenannten Umstandsmoments fehlt, wird bei der neuerlichen Bearbeitung des Kostenfestsetzungsgesuchs durch das Amtsgericht der Einwand der Verwirkung des Kostenerstattungsanspruches unbeachtet bleiben müssen.

Kleinle Schmidt Dr. Bauermann