OLG Frankfurt vom 01.08.2000 (6 WF 149/00)

Stichworte: psychologisches Sachverständigengutachten, Umgangsrecht, Beweisanordnung,Zwischenentscheidung, Beschwerderecht.
Normenkette: FGG 12, 19, BGB 1684 Abs. 1
Orientierungssatz: Eine Beweisanordnung ist als bloße Zwischenentscheidung nach nahezu einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich nicht anfechtbar (etwa Bumiller/Winkler, Anm. 2 a) bb) zu § 19 FGG m.w.N.). Die Anordnung der Begutachtung als solche greift noch nicht in die Rechte der Betroffenen ein, weil sich diese einer Untersuchung grundsätzlich nur mit ihrer Einwilligung zu unterziehen brauchen (OLG Brandenburg, FamRZ 99, 1019; ferner Senatsbeschluß vom 06.06.2000 in 6 WF 149/00).

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 12.07.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 06.06.2000 am 01. August 2000 beschlossen:

Die Beschwerde wird verworfen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 131 III KostO).

Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner die durch das Beschwerdeverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§ 13a I 2 FGG).

Beschwerdewert: 1.000,00 DM.

Der Antragstellerin wird die Prozeßkostenhilfe für das Beschwerdeverfahren versagt.

G R Ü N D E

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unzulässig.

Das Rechtsmittel der Antragstellerin richtet sich gegen einen Beschluß, mit dem das Amtsgericht zur Klärung des unter den Parteien streitigen Umgangsrechts des Antragsgegners mit den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern die Einholung eines psychologischen Sachverständigengutachtens angeordnet hat. Eine Beweisanordnung ist als bloße Zwischenentscheidung nach nahezu einhelliger Auffassung in Literatur und Rechtsprechung grundsätzlich nicht anfechtbar (etwa Bumiller/Winkler, Anm. 2 a) bb) zu § 19 FGG m.w.N.). Die Anordnung der Begutachtung als solche greift noch nicht in die Rechte der Betroffenen ein, weil sich diese einer Untersuchung grundsätzlich nur mit ihrer Einwilligung zu unterziehen brauchen (OLG Brandenburg, FamRZ 99, 1019; ferner Senatsbeschluß vom 06.06.2000 in 6 WF 149/00).

Etwa anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts (FamRZ 95, 501). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Beschluß hatte das Vormundschaftsgericht nicht nur die Begutachtung des Kindes, sondern zugleich angeordnet, daß die Mutter die Durchführung der Begutachtung und die hierfür notwendige stationäre Unterbringung des Kindes zu dulden und das Kind an den allgemeinen Sozialdienst zum Zwecke der Durchführung der Begutachtung herauszugeben hat; für den Fall der Weigerung der Mutter hatte das Vormundschaftsgericht bereits den Gerichtsvollzieher beauftragt und diesem die Gewaltanwendung gestattet. Das BayObLG hat dort die Anfechtbarkeit dieser Entscheidung ausdrücklich damit begründet, daß der Beschluß nicht nur eine Beweisanordnung enthalte, sondern auch das Sorgerecht der Mutter einschränke. Diese Einschränkung besteht aber nicht in der bloßen Gutachtensanordnung, sondern erst in den weiteren, die Durchführung der Anordnung sicherstellenden Maßnahmen. Soweit das OLG Zweibrücken (FamRZ 99, 521) unter Bezugnahme auf die zitierte Rechtsprechung des BayObLG der Auffassung ist, bereits die Beweisanordnung schränke das Sorgerecht ein, beruht dies offensichtlich auf einem Mißverständnis. Die Beschwerde der Antragstellerin ist daher unzulässig.

Unabhängig von der Frage der formellen Zulässigkeit des Rechtsmittels weist der Senat vorsorglich auf zweierlei hin:
BR Da es sich bei dem Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils nicht nur um ein Recht, sondern auch um eine Pflicht handelt (§ 1684 I BGB), ist es auch die Pflicht des Familiengerichts, "die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen" (§ 12 FGG), um sich Klarheit darüber zu verschaffen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Durchsetzung, die Einschränkung oder den Ausschluß dieser Rechtsposition gegeben sind oder nicht (§ 1684 IV BGB). Zum anderen entspricht es auch der Praxis des Senats, aus der Weigerung eines Elternteils, an der Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, Schlüsse über eine Erziehungsfähigkeit zu ziehen, mit welchen Konsequenzen auch immer (z.B. Beschluß vom 22.09.1995 in 6 UF 171/94).

Dr. Weychardt Dr. Bauermann Kleinle