OLG Frankfurt vom 05.10.2016 (6 WF 146/16)

Stichworte: Verbundverfahren; Folgesache; Stufenantrag; Kostenentscheidung; Kostenfestsetzung
Normenkette: FamFG 150 Abs. 1; FamFG 150 Abs. 4; 150 Abs. 5 Satz 1; ZPO 91a
Orientierungssatz:
  • Im Rahmen der Gesamtabwägung einer sich nach § 150 FamFG richtenden Kostenentscheidung für den Gesamtverbund ist es möglich, allein die durch eine abgetrennte Folgesache entstehenden Mehrkosten nach § 150 Abs. 4 FamFG anderweitig nach dem Ausgang der Folgesache zu verteilen.
  • Bei der abschließenden Kostenentscheidung für die abgetrennte Folgesache nach § 150 Abs. 5 Satz 1 FamFG ist darauf zu achten, dass zu der bereits ergangenen Kostenentscheidung über die Scheidung und die im Verbund gebliebenen Folgesachen bei einer nunmehr beabsichtigten Abweichung für die abgetrennte Folgesache kein unauflöslicher Widerspruch entsteht, denn es besteht weiter Kosteneinheit zwischen der abgetrennten Folgesache und den im Verbund gebliebenen Verfahrensgegenständen.
  • Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass entweder eine neue Gesamtkostenentscheidung mit abweichender Gesamtquotenbildung getroffen wird oder eine eindeutig bestimmbare, dann auch für das Festsetzungsverfahren verbindliche Kostenentscheidung nur über den Mehrwert der Folgesache nach der sog. Differenzmethode ergeht.
  • 41 F 134/08 GÜ
    AG Michelstadt

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt durch den Einzelrichter am 5. Oktober 2016 beschlossen:

    Die sofortige Beschwerde des Antragstellers des Scheidungsverbundverfahrens (vom Amtsgericht im Folgeverfahren Güterrecht als Antragsgegner bezeichnet) gegen die im Beschluss des Amtsgerichts Michelstadt vom 04.07.2016 enthaltene Kostenentscheidung für die Folgesache Güterrecht wird mit der Maßgabe

    zurückgewiesen,

    dass die Kostenquoten von 73,5% zulasten der Antragsgegnerin und 26,5% zulasten des Antragstellers nur für den Vergleich und diejenigen weiteren Mehrkosten gelten, die im Rahmen der Gesamtabrechnung des Scheidungsverbundes dadurch entstehen, dass der bisher festgesetzte Verfahrenswert des Scheidungsverbunds sich durch die Folgesache Güterrecht um weitere 30.000,00 Euro erhöht, d. h. die entstehenden Differenzkosten zwischen den bisherigen Kosten nach einem Wert von 26.280,00 Euro (bzw. richtig 29.190,00 Euro), für die die Kostenaufhebung weiter gilt, und den höheren Gesamtkosten des Scheidungsverbunds, wenn der Mehrwert von weiteren 30.000,00 Euro über dem bisherigen Wert von 26.280,00 Euro (bzw. 29.190,00 Euro) berücksichtigt wird.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Beschwerdeführer zur Last.

    Der Beschwerdewert wird auf bis zu 500,00 Euro festgesetzt.

    Gründe:

    Das Amtsgericht hat die beteiligten Eheleute mit Beschluss vom 13.12.2012 nach vorheriger Abtrennung der Folgesache Güterrecht geschieden, die Kosten des Verbundverfahrens ohne das Güterrecht gegeneinander aufgehoben und mit Beschluss vom 18.12.2012 den Verfahrenswert für Scheidung und Folgesachen ohne das Güterrecht auf 26.280,00 Euro festgesetzt (dabei wurden allerdings die im Beschluss einzeln ausgewiesenen 2.910,00 Euro für das Sorgerecht offenbar versehentlich nicht hinzuaddiert, was jedoch keine Gebührengrenze berührt hat).

    Danach wurde die Folgesache Güterrecht, die mit Stufenantrag vom 05.03.2011 eingeleitet worden war, fortgesetzt; die Antragsgegnerin (in dieser Folgesache nicht zutreffend nunmehr als Antragstellerin bezeichnet) nahm einen zwischenzeitlich einmal bezifferten Antrag von 30.000,00 Euro auf Hinweis des Gerichts zurück, um in das Auskunftsverfahren zurückzukehren und sich ausdrücklich auch die Beantragung der eidesstattlichen Versicherung der Auskünfte des Antragstellers vorzubehalten. Nach Erledigung der Auskunftsstufe und erneuter Bezifferung (nunmehr nur noch mit 21.655,65 Euro) schlossen die beteiligten Eheleute am 07.04.2016 einen Vergleich über einen vom Antragsteller an die Antragsgegnerin zu zahlenden Zugewinnausgleich von 8.000,00 Euro und beantragten, über die „Kosten dieses Verfahrens“ und den Vergleich solle das Gericht entscheiden. Mit Beschluss vom 04.07.2016 hat das Amtsgericht entschieden, dass von den „Kosten des Verfahrens“ und des am 07.04.2016 abgeschlossenen Vergleichs die Antragsgegnerin 73,5 % und der Antragsteller 26,5 % zu tragen haben. Den Verfahrenswert für diese abgetrennte Folgesache und den Vergleich hat das Amtsgericht auf jeweils 30.000,00 Euro festgesetzt.

    Mit der … am 11.07.2016 eingelegten (sofortigen) Beschwerde rügt der Beschwerdeführer – neben der Wertfestsetzung für die Folgesache Güterrecht (6 WF 165/16) – auch die Kostenentscheidung, weil er eine getrennte Kostenquote für vermeintlich zwei Güterrechtsverfahren mit zwei getrennten Verfahrenswerten für diese Folgesache anstrebt. Insoweit wird zunächst auf die Gründe:der Parallelentscheidung zu 6 WF 165/16 über die Beschwerde gegen die Wertfestsetzung verwiesen, die nur zur Korrektur des Vergleichswerts auf 21.655,65 Euro geführt hat.

    Die hinsichtlich der Kostenentscheidung sofortige Beschwerde nach §§ 567 ff. ZPO ist gemäß §§ 113 Abs. 1 FamFG, 91a ZPO zulässig (vgl. BGH FamRZ 2011, 1933), in der Sache jedoch im Ergebnis nicht begründet. Allerdings waren die Klarstellungen im Tenor zur eindeutigen Bestimmbarkeit der amtsgerichtlichen Kostenentscheidung(en) erforderlich.

    Zu Recht geht das Amtsgericht – wie der Senat in der Parallelentscheidung zu 6 WF 165/16 ausgeführt hat – von einem einheitlichen Wert der Folgesache Güterrecht in Höhe von 30.000,00 Euro aus, denn der im Rahmen des Stufenantrags zunächst angekündigte und auf Hinweis des Gerichts wieder zurückgenommene bezifferte Antrag über 30.000,00 Euro hat nicht das im Scheidungstermin am 13.12.2012 abgetrennte Stufenverfahren erledigt, sondern lediglich der zwischenzeitlichen Rückkehr in die Auskunftsstufe bzw. ausweislich des Schriftsatzes vom 15.01.2013 der Vorbereitung einer etwaigen 2. Stufe (eidesstattliche Versicherung) gedient. Sowohl die Beteiligten als auch das Gericht haben diese zwar nicht unumstrittene Verfahrensweise einer Rückkehr in die Auskunftsstufe akzeptiert und das Verfahren entsprechend fortgesetzt. Die später nach übereinstimmender Erklärung der Erledigung der Auskunftsstufe nochmals neu bezifferte Forderung der Beschwerdegegnerin über 21.655,65 Euro gemäß Schriftsatz vom 26.11.2015 bildete deshalb keinen neuen Verfahrensgegenstand, sondern bewegte sich weiter im Rahmen des rechtshängigen Verfahrensgegenstands der bereits mit Stufenantrag vom 05.03.2011 eingeleiteten Folgesache Güterrecht, deren höchster Wert sich auf die zunächst bezifferten 30.000,00 Euro beläuft.

    Auf dieser Basis ist es im Rahmen der Gesamtabwägung der sich nach § 150 FamFG richtenden Kostenentscheidung für den Gesamtverbund auch möglich, allein die durch die Folgesache Güterrecht entstehenden Mehrkosten mit der hier vorgenommenen Klarstellung im Tenor nach § 150 Abs. 4 FamFG anderweitig nach dem Ausgang des Verfahrens der Folgesache zu bestimmen, was das Amtsgericht mit der Quotierung von 73,5% zu 26,5% zulasten der Antrags-gegnerin zum Ausdruck gebracht hat.

    Allerdings ist zu beachten, dass diese Kostengrundentscheidung – insoweit nun auch als verbindliche Vorgabe für die ausstehende Kostenfestsetzung – neben den Anwaltsgebühren für den Vergleich nur die Kosten des Mehrwerts der Güterrechtsfolgesache aus der Differenz zwischen dem Gesamtwert von nunmehr 59.190,00 Euro und den für Scheidung und übrige Folgesachen maßgeblichen 29.190,00 Euro (statt versehentlich 26.280,00 Euro) erfasst; für die Scheidung und die im Verbund gebliebenen Folgesachen bleibt es bei der allseits akzeptierten Kostenaufhebung nach § 150 Abs. 1 FamFG aus dem Beschluss vom 13.12.2012.

    Bei der abschließenden Kostenentscheidung für die abgetrennte Folgesache nach § 150 Abs. 5 Satz 1 FamFG ist nämlich darauf zu achten, dass zu der bereits ergangenen Kostenentscheidung über die Scheidung und die im Verbund gebliebenen Folgesachen bei einer nunmehr beabsichtigten Abweichung für die abgetrennte Folgesache kein unauflöslicher Widerspruch entsteht, denn es besteht weiter Kosteneinheit zwischen der abgetrennten Folgesache und den im Verbund gebliebenen Verfahrensgegenständen (Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, § 150 Rn. 12 mwN). Dem kann dadurch Rechnung getragen werden, dass entweder eine neue Gesamtkostenentscheidung mit einer abweichenden Gesamtquotenbildung getroffen wird (OLG Nürnberg FamRZ 2013, 1919) oder – wie hier – ausdrücklich eine eindeutig bestimmbare, dann auch für das Festsetzungsverfahren verbindliche Kostenentscheidung über den Mehrwert nach der sog. Differenzmethode getroffen wird (OLG München FamRZ 1999, 1153 = NJW-RR 1999, 366; ferner NJW-RR 1999, 146; Bumiller/Harders/Schwamb, FamFG, 11. Aufl. 2015, § 150 Rn. 8; insoweit wohl aA OLG Nürnberg aaO).

    Da vorliegend nur der Antragsteller sofortige Beschwerde gegen die isolierte Kostenentscheidung eingelegt hat, hat der Senat nicht darüber zu befinden, ob der Ausgang des Güterrechtsverfahrens überhaupt die – vom Amtsgericht nicht in Zweifel gezogene – Abweichung gemäß § 150 Abs. 4 FamFG von der gegen-seitigen Kostenaufhebung nach § 150 Abs. 1 FamFG rechtfertigt, sondern es zugunsten des Beschwerdeführers bei der ihn jedenfalls nicht benachteiligenden Quotelung des Amtsgerichts für den Mehrwert der Folgesache Güterrecht und den Vergleich zu belassen.

    Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 113 Abs. 1, 97 ZPO. …

    Schwamb