OLG Frankfurt vom 01.10.2003 (6 UF 85/02)

Stichworte: Ehezeitanteil, Betriebsrente, Gesamtversorgung, limitierte Gesamtversorgung, Ehezeitanteil
Normenkette: BGB 1587a Abs. 2 Nr. 3
Orientierungssatz: Zur Berechnung des Ehezeitanteils einer Betriebsrente bei einer limitierten Gesamtversorgung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerden der Beteiligten zu 1) gegen das am 01.03.2002 verkündete Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lampertheim am 1. Oktober 2003 beschlossen:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird das am 01.03.2002 verkündete Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Lampertheim in seinem Ausspruch über den Versorgungsausgleich teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Vom Rentenkonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 1) , VSNR 12 060761 K 034, werden in Entgeltpunkte (West) umzurechnende Anwartschaften auf dynamische Rente in Höhe von mtl. 164,75 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.08.2001, auf das Rentenkonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2), VSNR 12 141163 B 505, übertragen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden unter den Parteien gegeneinander aufgehoben. Beschwerdewert: 500,00 EUR.

Gründe:

Durch das angefochtene Urteil hat das Amtsgericht auf den am 15.09.2001 zugestellten Antrag der Ehefrau die am 15.03.1985 geschlossene Ehe der Parteien geschieden und den Versorgungsausgleich unter den Parteien dahin geregelt, dass es vom Rentenkonto des Ehemannes bei der Beteiligten zu 1) dynamischen Rentenanwartschaften in Höhe von mtl. 118,84 EUR auf das Rentenkonto der Ehefrau bei der Beteiligten zu 2) übertragen hat.

Gegen das ihr am 26.03.2002 zugestellte Urteil hat die Beteiligte zu 1) rechtzeitig am 08.04.2002 Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet. Sie rügt, dass der vom Amtsgericht beim Ehemann zugrundegelegten Rentenauskunft eine falsche Ehezeit zugrunde liege. Sie hat am 13.05.2002 eine neue Auskunft vorgelegt, die auf der Basis 01.03.1985 bis 31.08.2001 beruht.

Die Parteien hatten rechtliches Gehör.

Das zulässige Rechtsmittel der Beteiligten zu 1) hat Erfolg und führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils.

Da die Parteien am 15.03.1985 geheiratet haben und der Scheidungsantrag dem Ehemann am 15.09.2001 zugestellt ist, ist für den Versorgungsausgleich die Ehezeit vom 01.03.1985 bis zum 31.08.2001 maßgeblich (§ 1587 II BGB). Auf dieser Basis hat die Beteiligte zu 2) eine ehezeitlich erworbene Rentenanwartschaft der Ehefrau von 212,55 EUR und die Beteiligte zu 1) eine solche des Ehemannes von 505,44 EUR mitgeteilt. Die Antragstellerin hat zusätzlich während der Ehezeit bei der Beteiligten zu 3) eine nichtdynamische Anwartschaften auf Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes erworben, die nach dem Erlass des erstinstanzlichen Urteils unverfallbar geworden ist und deren Höhe die Beteiligte zu 3) im Beschwerdeverfahren mit mtl. 26,99 EUR angegeben hat. Der Ehemann hat weiter bei seiner Arbeitgeberin, der Fa. F. in X-Stadt unverfallbare, im Anwartschafts- und Leistungsstadium statische Pension in Höhe von monatlich 697,14 EUR zugesagt ist. Dieser Betrag wird jedoch insoweit gekürzt, als er zusammen mit der Sozialversicherungsrente des Alters 65 die Obergrenze für die Gesamtversorgung in Höhe von 80 % von EUR 2.640,67 = EUR 2.112,54 übersteigt.

Bei der Betriebsrentenanwartschaft des Ehemannes bei der Fa. F. handelt es sich um eine sog. limitierte Gesamtversorgungszusage, die zum Ende der Ehezeit einer dynamischen Rente von monatlich 39,83 EUR entspricht:

Zunächst muss wegen der Limitierung ermittelt werden, ob - bezogen auf das Ende der Ehezeit - das zugesagte betriebliche Ruhegeld und die gesetzliche Rente die festgelegte Höchstgrenze überschreiten. Dies lässt sich errechnen, indem sowohl die Höchstgrenze (2.112,54 EUR) als auch die zugesagte Betriebsrente (697,14 EUR) nach dem Verhältnis der insgesamt möglichen Betriebszugehörigkeit zu der bis zum Ehezeitende zurück gelegten Betriebszugehörigkeit auf das Ende der Ehezeit rückgerechnet werden. Der Höchstbetrag ist überschritten, wenn die Summe aus der vom Antragsgegner bis zum Ehezeitende insgesamt erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaft (monatlich 650,11 EUR) und der auf das Ende der Ehezeit zurückgerechneten Betriebsrentenanwartschaft die zurückgerechnete Höchstgrenze überschreiten. Dies ist hier der Fall:

Die insgesamt mögliche Betriebszugehörigkeit (12.10.1981 - 06.07.2026) umfasst 536 volle Monate, die Zeit vom Betriebseintritt bis zum Ende der Ehezeit (12.10.1981 - 31.08.2001) 238 volle Monate. Bezogen auf das Ende der Ehezeit beträgt daher die Höchstgrenze monatlich 938,03 EUR (2.112,54 : 536 x 238) und die Betriebsrente 309,55 EUR (697,14 : 536 x 238). Die Summe aus gesetzlicher Rente (650,11 EUR) und Betriebsrente (309,55 EUR) beträgt 959,66 EUR, also mehr als die Höchstgrenze (938,03 EUR).

Wenn der Höchstbetrag überschritten wird, ist die Betriebsrentenanwartschaft als Zusage der Differenz zwischen dem zugesagten Höchstsatz und der gesetzlichen Rente (echte Gesamtversorgung) zu behandeln, deren Ehezeitanteil nach der sog. VBL-Methode zu berechnen ist (BGH FamRZ 1991, 1421, 1423). Danach wird im Wege der Zeit-Zeitberechnung (§ 1587a II 3a BGB) zunächst der auf die Ehezeit entfallende Teil der fiktiven Gesamtversorgung berechnet. Der Ehezeitanteil der Betriebsrente ergibt sich aus der Differenz zwischen der fiktiven Gesamtversorgung und der gesetzlichen Rente zum Ehezeitende (BGH FamRZ 1416, 1418). Wenn jedoch - wie hier - die Zeit, während der die Anwartschaften der in der Gesamtversorgung einzubeziehenden gesetzlichen Rentenversicherung erworben worden ist, nach der Rechtsprechung des BGH (FamRZ 1991, 1417, 1420) von der fiktiven Gesamtversorgung zum Ehezeitende zusätzlich ein Teil der vorbetrieblich erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften abzuziehen. Dieser Teil ist dadurch zu errechnen, dass die vorbetrieblichen Anrechte entsprechend der Dauer der ehezeitlichen und der übrigen Betriebszugehörigkeit aufgeteilt werden und der Teil, der auf die ehezeitliche Betriebszugehörigkeit entspricht, zusätzlich von der ehezeitanteiligen Gesamtversorgung abgezogen wird (BGH a.a.O.).

Angesichts der vollständig während der Betriebszugehörigkeit zurückgelegten Ehezeit von 198 vollen Monaten (01.03.1985 - 31.08.2001) beträgt die ehezeitanteilige Gesamtversorgung 780,38 EUR (2.112,54 : 536 x 198), die ehezeitanteilige gesetzliche Rentenanwartschaft 505,44 EUR. Der nach der Rechtsprechung des BGH weiter abzusetzende Teil der vorbetrieblich erworbenen gesetzlichen Rente beträgt 29,71 EUR. Dies ergibt folgende Rechnung:

Ausweislich der Berechnung der Beteiligten zu 1) vom 15.04.2002 hat der Antragsgegner vor dem Betriebseintritt bei der Fa. F. insgesamt 3.1772 Entgeltpunkte erworben. Diese entsprechen einer monatlichen Rentenanwartschaft von 157,30 DM (3.1772 x 49,51) oder 80,43 EUR. Nach dem Verhältnis Gesamtbetriebszugehörigkeit/Ehezeit entfällt davon ein Teilbetrag von monatlich 29,71 EUR auf die Ehezeit (80,43 : 536 x 198).

Die Differenz zwischen ehezeitanteiliger Gesamtversorgung (780,38 EUR) und der Summe aus der ehezeitanteiligen gesetzlichen Rente (505,44 EUR) sowie des maßgeblichen Anteils der vorbetrieblich erworbenen gesetzlichen Rentenanwartschaften (29,71 EUR) beträgt 245,23 EUR. Dies ist die in die Ausgleichsberechnung einzubeziehende Betriebsrentenanwartschaft.

Da die Betriebsrentenanwartschaft nach der Mitteilung der Fa. F. sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium statisch ist, ist sie nach Maßgabe der geänderten BarwertVO in eine dynamische Rente umzurechnen. Die Berechnung ergibt einen dynamischen Wert von monatlich 39,83 EUR:

Monatsrente = 245,23 EUR = 479,63 DM
BR Jahresbetrag (x 12)= 5.755,56 DM
BR Alter Antragsteller Ehezeitende:= 40 Jahre
BR Barwertfaktor (Tabelle 1) = 2,9
BR Barwert: = 16.691,12 DM
BR Rechengröße Umrechnung/Entgeltpunkte = 0,0000957429
BR Entgeltpunkte = 1.5981
BR Aktueller Rentenwert = 49,51
BR Rentenanwartschaft = 79,12 DM = 40,45 EUR.

Die von der Ehezeit während der Ehezeit erworbene Zusatzversorgungsanwartschaft des öffentlichen Dienstes ist nach der Umgestaltung des Zusatzversorgungsrechts zum 31.12.2000 sowohl im Anwartschafts- als auch im Leistungsstadium als statisch anzusehen. Zwar steigt sie im Leistungsstadium jährlich um 1 %. Diese Steigerungsrate ist jedoch zu gering, um eine Teildynamik zu begründen (OLG Frankfurt, Beschluss v. 15.11.2002 - 1 UF 108/02; Beschluss v. 31.10.2002 - 1 UF 91/02; Beschluss v. 29.10.2002 - 1 UF 221/01; ebenso OLG Düsseldorf, Beschluss v. 09.04.2002 - 4 UF 58/02; OLG Nürnberg, Beschluss v. 24.05.2002 - 7 UF 717/02). Sie ist daher nach der Maßgabe der zum 01.01.2003 geänderten BarwertVO umzurechnen und entspricht einer dynamischen Rente in Höhe von monatlich 3,84 EUR.

Monatsrente = 26,99 EUR =52,79 DM
BR Jahresbetrag (x 12) = 633,48 DM
BR Alter Antragstellerin zum Ehezeitende
BR (11/11/63-31/8/01): = 37 Jahre
BR Barwertfaktor (Tabelle 1) = 2,5
BR Barwert: = 1.583,70 DM
BR Rechengröße zur Umrechnung in Entgeltpunkte = 0,0000957429
BR Entgeltpunkte = 0,1516
BR Aktueller Rentenwert = 49,51
BR Rentenanwartschaft = 7,51 DM = 3,84 EUR

Insgesamt ergibt sich folgende Ausgleichsberechnung gem. §§ 1587a I, 1587b I BGB:

Ehemann:
BR GRV) = 504,44 EUR
BR (Betriebsrente = 40,45 EUR
BR gesamt = 545,89 EUR

Ehefrau:
BR (GRV) 0 212,55 EUR
BR (Betriebsrente) = 3,84 EUR
BR gesamt = 216,39 EUR

Wertunterschied = 329,50 EUR
BR Davon 1/2 = 164,75 EUR.

Davon sind ein Teilbetrag von 146,45 EUR ((505,44 - 212,55) : 2) durch Splitting (§ 1587b I 1 BGB) und der Rest (18,30 EUR) durch das sog. Supersplitting (§ 3b I 1 VAHRG) auszugleichen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 8 I GKG, 93a I ZPO, 17a Ziff. 1 GKG.

Noll Schmidt Kleinle