OLG Frankfurt vom 16.07.1999 (6 UF 72/99)

Stichworte: Hausratsverfahren, Auskunft, Treu- und Glauben
Normenkette: BGB 260
Orientierungssatz: Zur Pflicht zur Auskunftserteilung im Hausratsverfahren

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 01.03.1999 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 21.01.1999 am16. Juli 1999 beschlossen:

I. Der angefochtene Beschluß wird (lediglich) in seinem Ausspruch zu Ziffer 3 aufgehoben. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Gerichtskosten haben die Parteien je zur Hälfte zu tragen.

Beschwerdewert: 20.000,00 DM.

II. Dem Antragsteller wird die zur Verteidigung gegen die Beschwerde nachgesuchte Prozeßkostenhilfe verweigert.

G r ü n d e

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses insoweit, als der Antragsgegnerin aufgegeben worden ist, "auf Verlangen des Antragstellers die Vollständigkeit und Richtigkeit des vorzulegenden Bestandsverzeichnisses an Eides statt zu versichern" (Ziffer 3 des Beschlußausspruchs). Im übrigen ist die Beschwerde unbegründet.

Zwar enthalten weder die Verfahrensvorschriften der Hausratsverordnung (HVO) und des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) noch die materiell-rechtlichen Vorschriften zur Hausratsteilung eine Regelung, die zur Auskunftserteilung über den Hausrat verpflichtet. Eine solche Verpflichtung wird jedoch von einem Teil der Rechtsprechung, dem der Senat folgt, dann angenommen, wenn ein verfahrensbeteiligter Ehegatte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seiner Rechte im Ungewissen ist und der andere verfahrensbeteiligte Ehegatte die zur Beseitigung der Ungewißheit erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann (vgl. OLG Zweibrücken FamRZ 1995, 1211 mit Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen sowie auch OLG Frankfurt am Main, 1. Familiensenat, FamRZ 1988, 645). Die Besonderheiten dieses Verfahrens rechtfertigen vorliegend einen gegen die Antragsgegnerin gerichteten Auskunftsanspruch des Antragstellers. Es ist unstreitig, daß die Antragsgegnerin anläßlich ihres nach Zwangsversteigerung des ehelichen Hauses durchgeführten Auszugs die hierin befindlichen Gegenstände des ehelichen Hauses entfernt und mitgenommen hat, ohne sich darüber zu äußern, um welche konkreten Gegenstände es sich dabei handelt und wo sie sich befinden. Mittlerweile sind mehr als drei Jahre vergangen. Schon in einem vorausgegangenen, um die Zuordnung des Hausrats geführten Verfahren vor dem Amtsgericht Bensheim hatten sich die Parteien nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Antragstellers über die Verpflichtung zur Benennung der einzelnen Hausratsgegenstände und die Überprüfung ihres Vorhandenseins geeinigt (Vereinbarung vom 31.03.1994, Amtsgericht Bensheim - 7 F 108/94). Das war allerdings schon vor dem Auszug der Antragsgegnerin aus dem ehelichen Haus. Die seitherige Auseinandersetzung der Beteiligten um den Hausrat zeigt, daß die Antragsgegnerin - sich zum Teil auf unzutreffenden Rechtspositionen zurückziehend - eine gerechte Hausratsverteilung dadurch erschweren will, daß sie eigenmächtig die Gegenstände aus dem ehelichen Haus entfernt hat und in verfahrensverschleppender Weise den Antragsteller mit vagen Angaben im Unklaren darüber läßt, wohin welche Gegenstände verbracht worden sind. Da die Antragsgegnerin bei ihrem Auszug sämtliche im Haus befindlichen Hausratsgegenstände mitgenommen hat, kann sie auch unschwer mitteilen, um welche Gegenstände es sich dabei handelt.

Bei diesen Gegebenheiten kann trotz des im Hausratsteilungsverfahren geltenden Grundsatzes der Amtsermittlung, welche aber hinreichende Angaben der Parteien voraussetzt, eine Auskunftsverpflichtung der Antragsgegnerin als Ausfluß nachehelicher Solidarität sowie des Gebotes der Beachtung von Treu und Glauben im Rechtsverkehr nicht verneint werden. Erst die Erfüllung dieses Anspruches ermöglicht es dem Antragsteller, dem Familiengericht die für eine billige und gerechte Hausratsverteilung notwendigen Grundlagen zu liefern. In entsprechender Anwendung des § 260 BGB hat die Antragsgegnerin mit der Auskunftserteilung dem Antragsteller ein "Verzeichnis des Bestandes vorzulegen".

Der Teilerfolg der Beschwerde der Antragsgegnerin beruht darauf, daß eine Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit der geschuldeten Auskunft erst möglich ist, wenn sie erteilt ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 HVO.

Der Beschwerdewert entspricht dem Wert des Interesses des Antragstellers an der begehrten Auskunft. Dieser ist mit einem Bruchteil des vom Antragsteller angegebenen Hausratswerts zu bemessen. Der Senat bewertet ihn mit 20.000,00 DM (§ 21 Abs. 3 Satz 1 HVO).

Prozeßkostenhilfe konnte dem Antragsteller nicht bewilligt werden, da er die formalen Voraussetzungen hierfür nicht geschaffen hat. Trotz seiner Ankündigung in der Beschwerdeerwiderungsschrift vom 10.03.1999 liegt eine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers (§ 117 Abs. 2 ZPO) nicht vor.

Dr. Weychardt Schmidt Dr. Bauermann