OLG Frankfurt vom 26.03.2013 (6 UF 66/12)

Stichworte: Versorgungsausgleich; Teilungskosten; Geringfügigkeit; Beschwerdebefugnis; Versorgungsträger;
Normenkette: VersAusglG 13; VersAusglG 18; FamFG 59;
Orientierungssatz:
  • Versorgungsträger sind beschwerdebefugt gemäß § 59 FamFG, wenn sie eine fehlerhafte Ermessensausübung im Rahmen der Anwendung von § 18 VersAusglG mit für sie möglicherweise nachteiligen Folgen rügen, weil die steuergeförderten Zulagenversicherungen mit der jeweiligen Grundversicherung verknüpft sind und bei isolierter Behandlung eine für die beteiligten Eheleute steuerschädliche Verwendung entstehen kann, für die nicht ausschließbar auch der Versorgungsträger in die Haftung geraten könnte, ihm aber jedenfalls sogar zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen kann (... insoweit noch offen gelassen BGH, Beschluss vom 09.01.2013, XII ZB 550/11, Tz. 18 = FamRB 2013, 102 mit Anm. Schwamb).
  • Die Zulagenversicherungen müssen wegen ihrer steuerlichen Verknüpfung mit den jeweils zugehörigen Grundversicherungen auch ausgeglichen werden, wenn sie geringfügig im Sinne von § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG sind (vgl. OLG Frankfurt u. OLG Saarbrücken a. a. O.), zumal die Versorgungsträger auf diesen Umstand selbst besonders hingewiesen haben und somit deren Verwaltungsaufwand gerade keine Rolle spielt.
  • Weitere Teilungskosten für die geringfügige Zulagenversicherung - neben denjenigen für die zugehörige Höher- und Weiterversicherung - können in den Fällen des notwendigen Ausgleichs der geringen Zulagenversicherung (wegen deren steuerrechtlicher Verknüpfung mit einem höheren Anrecht) aus Gründen der mangelnden Verhältnismäßigkeit nicht mit einer Pauschale in Ansatz gebracht werden, die den Ehezeitanteil übersteigt und somit dazu führen würde, dass der Ausgleichswert nur deswegen 0 beträgt. Die Frage, ob ein Ausgleich überhaupt mit 0 Euro vorgenommen werden kann, stellt sich bei dieser Betrachtung nicht mehr.
  • 53 F 195/11 S
    AG Darmstadt

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt durch den Einzelrichter auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2013 am 26. März 2013 beschlossen:

    I.

    Die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin zu 1. wird zurückgewiesen.

    II.

    Auf die Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1. ... und der weiteren Beteiligten zu 4. ... wird die Entscheidung des Amtsgerichts Darmstadt vom 09.02.2012 (53 F 195/11 S) hinsichtlich des unter II. geregelten Versorgungsausgleichs in Ziffern 8. - 10. wie folgt abgeändert:

    8. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Höchster Pensionskasse VVaG, Zulagenversicherung (2R29), ..., nach Maßgabe der Satzung und der AVB der Höchster Pensionskasse VVaG, Stand 01.01.2012, zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 17,50 Euro, bezogen auf den 28.02.2011, übertragen.

    9. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gru VVaG, Zulagenversicherung (1R00), ..., nach Maßgabe der Satzung und der AVB der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gru VVaG, Stand 01.01.2012, zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 325,00 Euro, bezogen auf den 28.02.2011, übertragen.

    10. Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gru VVaG, Zulagenversicherung (1R00), ..., nach Maßgabe der Satzung und der AVB der Pensionskasse der Mitarbeiter der Hoechst-Gru VVaG, Stand 01.01.2012, zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 230,00 Euro, bezogen auf den 28.02.2011, übertragen.

    III.

    Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragsgegnerin nach einem Verfahrenswert von 13.800 Euro für die Scheidung zu tragen.

    Hinsichtlich der Mehrkosten durch den Versorgungsausgleich nach einem Wert von weiteren 4.140 Euro im Beschwerdeverfahren werden keine Gerichtskosten erhoben und die außergerichtlichen Kosten (Differenzgebühren) sind insoweit von den Beteiligten selbst zu tragen.

    Die Rechtsbeschwerde wird zu II. zugelassen.

    Gründe:

    Zu I.

    Das Amtsgericht hat die Ehe des Antragstellers und der Antragsgegnerin geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss vom 09.02.2012 Bezug genommen. Die bisherigen Eheleute leben unstreitig seit Anfang März 2010 voneinander getrennt und beabsichtigen nicht, die eheliche Lebensgemeinschaft wieder aufzunehmen. ... (wird ausgeführt)

    Nachdem die Trennungszeit seit drei Jahren andauert, sind die Voraussetzungen für die Scheidung gemäß §§ 1565, 1566 Abs. 2 BGB erfüllt, denn das Scheitern der Ehe wird unwiderlegbar vermutet; Härtegründe im Sinne von § 1568 BGB sind nicht ersichtlich.

    Zu II. Die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden der weiteren Beteiligten zu 1. und 4. sind zulässig; insbesondere sind die Versorgungsträger beschwerdebefugt gemäß § 59 FamFG, denn sie rügen eine fehlerhafte Ermessensausübung im Rahmen der Anwendung von § 18 VersAusglG mit für sie als Versorgungsträger möglicherweise nachteiligen Folgen, weil die steuergeförderten Zulagenversicherungen mit der jeweiligen Grundversicherung verknüpft sind und bei isolierter Behandlung eine für die beteiligten Eheleute steuerschädliche Verwendung entstehen kann, für die nicht ausschließbar auch der Versorgungsträger in die Haftung geraten könnte, ihm aber jedenfalls sogar zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstehen kann (vgl. zu dieser Fallgru: OLG Frankfurt, FamRZ 2012, 1308, 1309; OLG Saarbrücken, FamRZ 2012, 306 = FamFR 2012, 468 m. Anm. Schwamb; insoweit noch offen gelassen BGH, Beschluss vom 09.01.2013, XII ZB 550/11, Tz. 18 = FamRB 2013, 102 mit Anm. Schwamb).

    Die Beschwerden sind auch begründet. Die vorgenannten Zulagenversicherungen müssen wegen ihrer steuerlichen Verknüpfung mit den jeweils zugehörigen Grundversicherungen aus den oben bereits zur Beschwerdebefugnis angestellten Erwägungen auch ausgeglichen werden, wenn sie geringfügig im Sinne von § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG sind (vgl. OLG Frankfurt u. OLG Saarbrücken a. a. O.), zumal die Versorgungsträger auf diesen Umstand selbst besonders hingewiesen haben und somit deren Verwaltungsaufwand gerade keine Rolle spielt. Der Senat folgt hinsichtlich der Ausgleichswerte den Berechnungen und Entscheidungsvorschlägen in den auch für die weitere Beteiligte zu 4. erteilten Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1., gegen die auch nichts erinnert worden ist. Allerdings hat der Senat für die geringfügige Zulagenversicherung (2R29) bei der Höchster Pensionskasse VVaG mit einem Ehezeitanteil von 35,00 Euro keine (weiteren) Teilungskosten nach § 13 VersAusglG anerkannt, sondern sieht diese mit den Teilungskosten von 300,00 Euro für die zugehörige Höher- und Weiterversicherung (2T00/ W-2T00) als angemessen berücksichtigt an (siehe dazu II. 7. der insoweit nicht angefochtenen Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts). Weitere Teilungskosten können in diesen Fällen eines notwendigen Ausgleichs der geringen Zulagenversicherung (wegen deren steuerrechtlicher Verknüpfung mit einem höheren Anrecht) aus Gründen der mangelnden Verhältnismäßigkeit nicht mit einer Pauschale in Ansatz gebracht werden, die den Ehezeitanteil übersteigt und somit dazu führen würde, dass der Ausgleichswert nur deswegen 0 beträgt. Die Frage, ob ein Ausgleich überhaupt mit 0 Euro vorgenommen werden kann, stellt sich bei dieser Betrachtung nicht mehr.

    Zu III. Die Kostenentscheidung folgt einerseits aus § 113 FamFG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der Mehrkosten durch die Beschwerden über den Versorgungsausgleich aus §§ 150 Abs. 1, 3 FamFG, 20 FamGKG.

    Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil sowohl die Frage des notwendigen Ausgleichs geringer Zulagenversicherungen in steuerlicher Verknüpfung mit höheren Grundversicherungen als auch der Nichtberücksichtigung von Teilungskosten, die den Ehezeitanteil überschreiten, von grundsätzlicher Bedeutung sind. ...

    Schwamb