OLG Frankfurt vom 16.05.2014 (6 UF 395/11)

Stichworte: Beteiligung; Versorgungsträger; Erinnerung; Rechtskraft; Rechtskraftzeugnis
Normenkette: FamFG 46; ZPO 573
Orientierungssatz:
  • Die Erinnerung gegen ein Rechtskraftzeugnis ist gemäß § 46 FamFG i. V. m. § 573 Abs. 1 S. 1 ZPO nur binnen einer Frist von zwei Wochen möglich.
  • Die bloße Berichtigung eines Beschlusses lässt dessen Rechtskraft jedenfalls grundsätzlich unberührt (BGH FamRZ 2009, 1480).
  • In Fällen des Übersehens der nötigen Beteiligung eines Versorgungsträgers wird für diesen keine Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt.
  • Entscheidungen des OLG, gegen die keine Rechtsbeschwerde zugelassen wird, erlangen die formelle Rechtskraft dennoch erst einen Monat nach der letzten Zustellung an einen Beteiligten (BGH FamRZ 2008, 2019).
  • 52 F 2398/09 S
    AG Darmstadt

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt am 16.05.2014 beschlossen:

    Die Erinnerung der weiteren Beteiligten zu 1) / Erinnerungsführerin (X-GmbH) gegen das Rechtskraftzeugnis der Urkundsbeamtin des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 07.10.2013 wird als unzulässig verworfen.

    Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.

    G R Ü N D E:

    I.

    Durch Beschluss vom 23.08.2012 hat der Senat auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Amtsgerichts den Versorgungsausgleich teilweise neu geregelt. Nach Zustellung des Beschlusses an die früheren Ehegatten sowie die Beteiligten zu 1) bis 4) wurde zunächst am 05.11.2012 durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Senats ein Rechtskrafterzeugnis erteilt und die Rechtskraft zum 23.10.2012 bescheinigt. Der Beteiligten zu 5) war der Beschluss versehentlich nicht mitgeteilt worden. Eine Zustellung des Beschlusses vom 23.08.2012 an die Beteiligte zu 5) erfolgte erst zusammen mit dem Berichtigungsbeschluss des Senats vom 18.07.2013, mit dem der Beschluss vom 23.08.2012 berichtigt worden ist. Am 14.08.2013 wurde das zunächst erteilte Rechtskraftzeugnis durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle gestrichen, die am 07.10.2013 ein neues Rechtskraftzeugnis erteilte, mit dem die Rechtskraft des Beschlusses seit dem 20.09.2013 bescheinigt wurde. Das neue Rechtskraftzeugnis wurde den Beteiligten zu 1) bis 5) am selben Tage zugesandt.

    Mit Schreiben vom 23.12.2013 bat die Beteiligte zu 1) zunächst um „die Berichtigung des Senatsbeschlusses vom 18.07.2013 dahingehend, dass die Rechtskraft des Beschlusses vom 23.08.2012 unverändert gilt.“ Auf ein Schreiben der Urkundsbeamtin teilte die X-GmbH sodann ihre Rechtsauffassung mit, wonach ein Berichtigungsbeschluss die Rechtskraft des berichtigten Beschlusses nicht berühre und bat erneut um Berichtigung des Beschlusses vom 18.07.2013 mit dem Ziel der Feststellung, dass die Rechtskraft des Beschlusses vom 23.08.2012 unverändert gelte.

    Auf den Hinweis des Senats, dass das Schreiben als Erinnerung gegen das Rechtskraftzeugnis ausgelegt werde, teilte die Beteiligte zu 1) zuletzt mit, dass sie ein neues Rechtskraftzeugnis beantrage.

    II.

    Die Erinnerung, welcher die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts nicht abgeholfen hat, ist unzulässig.

    Zwar steht der Beteiligten zu 1) der Rechtsbehelf gegen die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu, und zwar die Erinnerung gemäß § 46 FamFG i. V. m. § 573 ZPO. Die Schreiben der Erinnerungsführerin vom 23.12.2013 und 24.01.2014 sind auch als Erinnerung auszulegen, da sich die Erinnerungsführerin gegen die Streichung des ursprünglichen Rechtskraftzeugnisses vom 05.11.2012 sowie gegen die Erteilung des neuen Rechtskraftzeugnisses vom 07.10.2013 wendet, mit der die Rechtskraft des Beschlusses vom 23.08.2012 erst zum 20.09.2013 bescheinigt wird, und damit weiterhin die Wiederherstellung des ursprünglich erteilten Rechtskraftzeugnisses bereits zum 23.10.2012 begehrt. Dem steht auch nicht entgegen, dass die Erinnerungsführerin auf entsprechenden Hinweis des Senats nunmehr einen Antrag auf ein „neues Rechtskraftzeugnis“ stellt, der jedoch unverändert nur auf die Wiederherstellung des ursprünglichen Rechtskraftzeugnisses vom 05.11.2012 gerichtet ist.

    Die Erinnerung gegen ein Rechtskraftzeugnis ist gemäß § 46 FamFG i. V. m. § 573 Abs. 1 S. 1 ZPO nur binnen einer Frist von zwei Wochen möglich. Diese Frist wurde weder durch das Schreiben vom 23.12.2013 noch durch das Schreiben vom 24.01.2014 eingehalten, nachdem die Mitteilung über das Rechtskraftzeugnis bereits am 07.10.2013 an die Erinnerungsführerin übersandt worden war. Der Erhalt der Rechtskraftmitteilung vom 07.10.2013 ergibt sich bereits daraus, dass die Erinnerungsführerin hiervon Kenntnis hatte. Die fehlende förmliche Mitteilung gemäß § 15 Abs. 2 FamFG i. V. m. den §§ 166 ff. ZPO wurde gemäß § 15 Abs. 2 FamFG i. V. m. § 189 ZPO durch den tatsächlichen Zugang geheilt und von der Erinnerungsführerin auch nicht in Frage gestellt.

    Die Erinnerung wäre im Übrigen auch unbegründet. Zutreffend führt die Erinnerungsführerin zwar aus, dass die Berichtigung eines Beschlusses dessen Rechtskraft jedenfalls grundsätzlich unberührt lässt (BGH FamRZ 2009, 1480). Vorliegend beruht die Änderung des Rechtskraftdatums jedoch nicht etwa auf dem Inhalt des Berichtigungsbeschlusses vom 18.07.2013, sondern vielmehr darauf, dass der Ausgangsbeschluss vom 23.08.2012, um dessen Rechtskraft es hier geht, erst zusammen mit dem Berichtigungsbeschluss erstmals an die Beteiligte zu 5) zugestellt wurde. Dabei handelte es sich auch nicht bloß um einen Zustellungsfehler, sondern die nötige Beteiligung der Beteiligten zu 5) wurde übersehen, wie auch an der fehlenden Aufführung im Rubrum des Beschlusses vom 23.08.2012 zu erkennen ist. In diesen Fällen wird keine Rechtsmittelfrist in Lauf gesetzt (OLG Köln FamRZ 2013, 1913; OLG Dresden FamRZ 2014, 681), so dass auch die formelle Rechtskraft der gesamten Entscheidung nicht eintreten konnte. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass gegen Entscheidungen des OLG kein weiteres Rechtsmittel statthaft ist, sofern nicht die Rechtsbeschwerde zugelassen wird, denn auch die Entscheidungen des OLG, gegen die keine Rechtsbeschwerde zugelassen wird, erlangen die formelle Rechtskraft dennoch erst einen Monat nach der letzten Zustellung an einen Beteiligten (BGH FamRZ 2008, 2019).

    Eine Gerichtsgebühr fällt für das Erinnerungsverfahren mangels einer entspre-chenden Regelung im FamGKG nicht an (vgl. auch Zöller/Heßler, ZPO, § 573 Rn. 7; Musielak/Ball, ZPO, § 573 Rn. 20).

    Das Oberlandesgericht entscheidet endgültig (§§ 46 FamFG, 573 Abs. 3 ZPO); für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 70 FamFG besteht keine Veranlassung.

    Schwamb Schuschke Gottschalk