OLG Frankfurt vom 11.04.2000 (6 UF 32/00)

Stichworte: Berufung, Zulässigkeit, Beschwer, Berichtigung.
Normenkette: ZPO 9, 319, 516
Orientierungssatz: Die Berichtigung eines offensichtlichen Rechenfehlers schafft keine Beschwer für ein Rechtsmittel.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt am 11.04.2000 beschlossen:

Die Berufung des Antragstellers vom 16.02.2000 gegen das Teilanerkenntnis- und Schlußurteil (Scheidungsverbundurteil) des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 16.11.1999 wird verworfen.

Das Berufungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 8 GKG).

Der Antragsteller hat die außergerichtlichen Kosten des gesamten Berufungsverfahrens zu tragen.

Wert: 5.007,60 DM (= 1.251 >1.668,30 DM = 417,30 DM x 12; § 17 Abs. 1 GKG).

G R Ü N D E

Die Parteien streiten im Rahmen des Scheidungsverbundverfahren nur noch über den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin. In der mündlichen Verhandlung vom 09.11.1999 hatte der Antragsteller einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.100,00 DM anerkannt. Das Amtsgericht - Familiengericht - Darmstadt hat sodann mit Urteil vom 16.11.1999 den Antragsteller zur Zahlung nachehelichen Unterhalts von nur 1.251,00 DM verurteilt, obwohl nach den Entscheidungsgründen rechnerisch ein Betrag von 1.668,30 DM in Betracht kam. Auf den Berichtigungsantrag der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht sodann mit Beschluß vom 04.02.2000 den Tenor auf 1.668,30 DM berichtigt. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat der Senat am 23.02.00 zurückgewiesen. Die vorsorglich eingelegte Berufung hat die Antragsgegnerin anschließend zurückgenommen. Nach Ablauf der Berufungsfrist hat der Antragsteller aufgrund des Berichtigungsbeschlusses seinerseits Berufung mit dem Antrag eingelegt, "das Urteil des Amtsgerichts Darmstadt vom 16.11.1999 dahingehend abzuändern, als er verurteilt wurde, ab Beginn des Monats der der Rechtskraft der Scheidung folgt, monatlich einen höheren nachehelichen Unterhalt als 1.251,00 DM zu zahlen". Der Berichterstatter des Senats hat den Antragsteller auf Bedenken gegen die Zulässigkeit seines Rechtsmittels hingewiesen.

Die Berufung des Antragstellers ist unzulässig und war deswegen zu verwerfen, weil das Rechtsmittel nicht innerhalb der Monatsfrist des § 516 ZPO bei dem Oberlandesgericht eingelegt worden ist. Daß die ursprüngliche Berufungsfrist versäumt worden ist, ist unstreitig - es geht allein um die Frage, ob der Berichtigungsbeschluß des Amtsgerichts eine neue Beschwer für eine dann zulässigerweise (neue) Berufungseinlegung geschaffen hat. Wie der Senat bereits mit Beschluß vom 23.02.2000 entschieden hat, ist die Berichtigung des angefochtenen Urteils zurecht gemäß § 319 ZPO erfolgt, eben weil ein offensichtlicher Rechenfehler vorlag. Dies schafft aber keine neue Beschwer für den Antragsteller. Dies ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. FamRZ 1990, 988). Ein Ausnahmefall im Sinne der zitierten BGH-Rechtsprechung liegt vorliegend nicht vor. Der Antragsteller hätte nämlich gegen das Scheidungsverbundurteil schon deswegen Berufung einlegen können, weil zwischen seinem Anerkenntnis von 1.100,00 DM und seiner Verurteilung zu 1.251,00 DM eine Berufungsbeschwer von 1.100,00 DM minus 1.251,00 DM = 151,00 DM x 12 x 3,5 = 6.342,00 DM liegt (§ 9 ZPO). Die Entscheidung war also einem Rechtsmittel ohne weiteres zugänglich. Bei "aufmerksamem Lesen" der Entscheidungsgründe hätte dem Antragsteller auch ferner auffallen müssen, daß der Familienrichter sich offensichtlich verrechnet hatte, waren doch die einzelnen Einsatzpositionen offen dargelegt. Es ist also nicht so, daß erst der Berichtigungsbeschluß die objektive Beschwer des Antragstellers hätte erkennen lassen bzw. geschaffen hat. Daß dies zu Lasten des Antragstellers geht, hat der BGH in der zitierten Entscheidung im einzelnen näher ausgeführt.

Die Kostenentscheidung bezüglich der außergerichtlichen Kosten der Parteien folgt aus § 97 ZPO, soweit es die Berufung des Antragstellers betrifft, sie folgt aus § 91a ZPO, soweit es die Berufung der Antragsgegnerin betrifft, denn ihre Berufungsrücknahme ist der Sache nach als Erledigungserklärung ihres Rechtsmittels, nachdem der Senat den amtsgerichtlichen Berichtigungsbeschluß hat rechtskräftig werden lassen, anzusehen.

Dr. Weychardt Dr. Bauermann Kleinle