OLG Frankfurt vom 08.03.2004 (6 UF 244/03)

Stichworte: Richterablehnung, Instanzende
Normenkette: ZPO 42, 44
Orientierungssatz: Wird eine Richterablehnung auf den Inhalt einer Entscheidung gestützt, kann es auch nach Ende der Instanz angebracht werden, wenn gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 06. November 2003 am 08. März 2004 beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Parteien aus dem Beschwerdeverfahren zu tragen. Beschwerdewert: 5.000,00 EUR.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuch ist unbegründet.

Allerdings teilt der Senat die Auffassung des Amtsgerichts nicht, dass das Ablehnungsgesuch unzulässig sei, weil das Gesuch erst nach Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens eingereicht wurde. Die Voraussetzungen für die Richterablehnung richten sich im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach den Regeln der §§ 42 ff. ZPO, da im FGG spezielle Regelungen über die Richterablehnung fehlen. Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Hieraus folgt zunächst, dass der Antragsteller in der Tat mit den Ablehnungsgründen ausgeschlossen ist, die sich auf die Verfahrensgestaltung durch den abgelehnten Richter bis einschließlich der mündlichen Verhandlung am 11. September 2003 beziehen. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat der Antragsteller in der Sitzung am 11.09.2003 Anträge zum Hauptsacheverfahren und zum einstweiligen Anordnungsverfahren gestellt. Nach Stellung dieser Anträge hat der Amtsrichter lediglich noch den Streitwert festgesetzt und einen Verkündungstermin anberaumt.

Damit kann der Antragsteller sämtliche Ablehnungsgründe, die sich auf seine Verfahrensgestaltung bis einschließlich der Durchführung des Termins vom 11.09.2003 beziehen, nicht mehr geltend machen.

Nicht verwehrt ist ihm jedoch die Geltendmachung von Ablehnungsgründen, die er auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses und darin enthaltene Formulierungen stützt. Der Senat folgt der Auffassung, dass die verfahrensrechtliche Bedeutung des Ablehnungsgrundes nicht mit dem Erlass der instanzbeendenden Entscheidung entfällt, so lange gegen diese Entscheidung ein Rechtsmittel zulässig bzw., wie hier, bereits eingelegt ist (Zöller-Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 42, Rdnr. 4; Bay. ObLG, MDR 1988, S. 500). Denn wenn sich das Ablehnungsgesuch als begründet erweist, liegt eine verfahrensfehlerhafte Mitwirkung eines mit Erfolg abgelehnten Richters vor. Ein solcher Verfahrensmangel kann im Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden. Allerdings wird die Auffassung vertreten, dass sich bei dieser Konstellation der sich aus der Entscheidung ergebende Ablehnungsgrund nicht in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen sei, sondern mit dem statthaften Rechtsmittel. Das Rechtsmittelgericht habe dann bei seiner Sachentscheidung zu prüfen, ob der behauptete Ablehnungsgrund vorliege (Zöller-Vollkommer, a.a.O.). Diese aufgezeigte Möglichkeit beseitigt jedoch ein Rechtsschutzbedürfnis für ein gesondertes Ablehnungsverfahren nicht. Denn in diesem Verfahren kann die Partei rasch eine bindende gerichtliche Klärung der Frage erreichen, ob der an der Entscheidung mitwirkende Richter befangen war oder nicht. Ein Rechtsschutzbedürfnis für ein gesondertes Ablehnungsverfahren lässt sich allein aufgrund der Möglichkeit einer Prüfung im Rechtsmittelverfahren zur Hauptsache nicht verneinen.

Das Ablehnungsgesuch ist jedoch unbegründet. Aus dem angefochtenen Urteil ergibt sich kein Grund, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Amtsrichters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO).

Der Amtsrichter ist ausweislich seiner dienstlichen Stellungnahme vom 10.02.2004 davon ausgegangen, dass im Termin am 11.09.2003 kein substantiierter Widerspruch gegen die Richtigkeit der von der Gegenseite vorgelegten Hausratsliste erfolgt ist und dass hierzu erstmals nach der mündlichen Verhandlung detailliert schriftsätzlich vorgetragen wurde. Aus den Gründen des Beschlusses ergibt sich, dass der Amtsrichter davon ausging, dass er auf Grund des Sach- und Streitstandes zum Schluss der mündlichen Verhandlung entscheiden könne, weil nach der mündlichen Verhandlung eingegangener Vortrag wegen Verspätung nicht mehr zu berücksichtigen sei. Gegen diese Rechtsauffassung bestehen zwar Bedenken, im Hinblick darauf, dass es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handelt (§ 13 Abs. 1 HausratsVO) und daher die Vorschriften der Zivilprozessordnung mit den sich aus § 621a ZPO ergebenden Ausnahmen keine Anwendung finden. Das Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kennt grundsätzlich keine Zurückweisung von Vorbringen wegen Verspätung. Daraus, dass das Gericht in einer Entscheidung von einer bedenklichen Rechtsauffassung ausgeht, lässt sich jedoch nicht auf eine Befangenheit schließen. Selbst bei schwerwiegenden Verfahrensfehlern ist nicht ohne weiteres von Befangenheit des Richters auszugehen. Vielmehr müssen Gründe hervortreten, die dafür sprechen, dass die Fehlerhaftigkeit auf Voreingenommenheit beruht (OLG Frankfurt/Main, 5. Zivilsenat, OLG-Report 2002, S. 250, 252).

Entsprechendes gilt für die Nichtberücksichtigung des Schriftsatzes vom 17.09.2003.

Dass der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, dass die Antragsgegnerin bereits eine Waschmaschine besitze, wird durch die dienstliche Äußerung des Richters vom 10.02.2004 nicht bestätigt.

Dass der Amtsrichter die als Zeugin vernommene Mutter des Antragstellers nicht vereidigt hat, ist eine nicht zu beanstandende Ermessensentscheidung (§ 15 Abs. 1 S. 2 FGG). Auch die Bezeichnung der Aussage der Mutter als unglaubwürdig in dem Beschluss vom 25.09.2003 lässt nicht auf eine Voreingenommenheit schließen. Es ist Aufgabe des Richters, die erhobenen Beweise zu würdigen. Hält er eine Zeugin für unglaubwürdig, muss er dies in der Entscheidung unmissverständlich zum Ausdruck bringen. Nichts anderes hat der Amtsrichter getan. Soweit der Amtsrichter den Antragsteller in dem angefochtenen Beschluss als aufbrausend mit nahezu cholerischen Anfällen bezeichnet hat, findet dies seine Rechtfertigung im Verhalten des Antragstellers, wie sie durch die Feststellungen auf Seite 3 der Sitzungsniederschrift vom 10.07.2003 dokumentiert sind.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13a Abs. 1 S. 2 FGG.

Noll Dr. Bauermann Schmidt