OLG Frankfurt vom 02.07.2019 (6 UF 238/17A)

Stichworte: Zusatzversorgung, Pflichtversicherung; Zusatzversorgung, freiwillige Versicherung; Gleichartigkeit; Geringfügigkeit; Teilhabe; Gleichwertigkeit; Tarifwechsel
Normenkette: VersAusglG 11 Abs. 1, Abs. 2; VersAusglG 18 Abs. 1, Abs. 2
Orientierungssatz:
  • Die Satzungsregelung der Evangelischen Zusatzversorgungskasse (§ 44 Abs. 3) über die interne Teilung mit einem Tarifwechsel von der Pflichtversicherung in die freiwillige Versicherung ist wegen Verstoßes gegen das Gebot der gleichwertigen Teilhabe (§ 11 Abs. 1 VersAusglG) nichtig.
  • Die Nichtigkeit von § 44 Abs. 3 der Satzung der EZVK hat zur Folge, dass das Anrecht des Ausgleichspflichtigen bei der EZVK intern in den Tarif für Pflichtversicherte geteilt werden muss.
  • 52 F 122/17 S
    AG Dieburg

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    weitere Beteiligte:

    1. Deutsche Rentenversicherung … - Ast.

    2. Deutsche Rentenversicherung … - Ag.

    3. Zusatzversorgungskasse der Gemeinden ... Darmstadt … - Ag.

    Beschwerdeführerin,

    4. Evangelische Zusatzversorgungskasse … Darmstadt … - Ast.

    hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Schuschke, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. von Pückler und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Ostermann auf die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Dieburg vom 3. 11. 2017 am 2. Juli 2019 beschlossen:

    Die angefochtene Entscheidung wird im zweiten und im vierten Absatz der Ziffer II der Beschlussformel wie folgt abgeändert:

    Zweiter Absatz:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der weiteren Beteiligten zu 4., … zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 24,71 Versorgungspunkten, bezogen auf den 28.2.2017, übertragen. Für das Anrecht der Antragsgegnerin gelten die Regelungen über das Anrecht des Antragstellers entsprechend.

    Vierter Absatz:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Beschwerdeführerin … zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 5,27 Versorgungspunkten, bezogen auf den 28.2.2017 nach Maßgabe der Satzung der Beschwerdeführerin vom 23.5.2002 in der Fassung der 13. Änderungssatzung vom 12.12.2017 übertragen.

    Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

    Der Beschwerdewert wird auf 2.610,- € festgesetzt.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    I.

    Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: ZVK Darmstadt) ist eine Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes. Sie wendet sich gegen einen Scheidungsverbundbeschluss, in dem von dem Ausgleich eines bei ihr bestehenden Anrechts abgesehen wurde. Aus ihrer Sicht ist es von gleicher Art wie das Anrecht des anderen Ehegatten bei der weiteren Beteiligten zu 4. (im Folgenden: EZVK), einer Trägerin der Zusatzversorgung des kirchlichen Dienstes, weshalb beide Anrechte auszugleichen seien.

    Der … 1961 geborene Antragsteller (im Folgenden: Ehemann) und die … 1967 geborene Antragsgegnerin (im Folgenden Ehefrau) haben am … geheiratet. Der Scheidungsantrag wurde am 9 3.2017 zugestellt. In der nach § 3 Abs. 1 VersAusglG berechneten Ehezeit vom 1.8.1998 bis zum 28.2.2017 haben beide Ehegatten Anrechte in der Gesetzlichen Rentenversicherung und bei den genannten Zusatzversorgungskassen erworben.

    Der Ehezeitanteil des Anrechts der Ehefrau aus Pflichtversicherung bei der ZVK Darmstadt beläuft sich auf 13,40 Versorgungspunkte. Das Anrecht enthält keine Startgutschrift. Die ZVK Darmstadt hat den korrespondierenden Kapitalwert nach hälftigem Abzug von Teilungskosten mit 2.399,38 € angegeben und als Ausgleichswert 5,27 Versorgungspunkte vorgeschlagen. Dem liegt eine Umrechnung unter Verwendung geschlechtsneutraler biometrischer Faktoren zugrunde. Für den Ehemann hat die ZVK Darmstadt den Faktor 9,4799 angesetzt und für die sechs Jahre jüngere Ehefrau den Faktor 7,7912.

    Der Ehezeitanteil des Anrechts des Ehemanns aus Pflichtversicherung bei der EZVK beläuft sich auf 41,16 Versorgungspunkte. Auch dieses Anrecht enthält keine Startgutschrift. Die EZVK hat den korrespondierenden Kapitalwert nach hälftigem Abzug von Teilungskosten mit 9.239,34 € angegeben und als Ausgleichswert 18,10 Versorgungspunkte vorgeschlagen. Dem liegt ebenfalls eine Umrechnung unter Verwendung geschlechtsneutraler biometrischer Faktoren zugrunde. Für den Ehemann hat die EZVK den mit dem von der ZVK Darmstadt verwendeten fast identischen Faktor 9,478 angesetzt, aber für die Ehefrau den Faktor 10,634. Die Verwendung des den Ausgleichswert in Versorgungspunkten schmälernden Barwertfaktors für die Ehefrau beruht auf dem Umstand, dass die Satzung der EZVK für das im Zuge des Versorgungsausgleichs nach interner Teilung für den ausgleichsberechtigen Ehegatten entstehende Anrecht einen Wechsel in den Tarif der freiwilligen Versicherung vorsieht. § 44 Abs. 3 der Satzung der EZVK lautet: „Wird vom Familiengericht für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht übertragen, erwirbt die ausgleichsberechtigte Person bezogen auf das Ende der Ehezeit ein von einer eigenen Pflicht- oder freiwilligen Versicherung unabhängiges Anrecht in der freiwilligen Versicherung nach Maßgabe der jeweils geltenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen und gilt als beitragsfrei versichert.“ Einen solchen Tarifwechsel sehen – soweit ersichtlich – die Satzungen der anderen inländischen Zusatzversorgungsträger des kirchlichen Dienstes nicht vor.

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht die Ehe geschieden und den Versorgungsausgleich für die beiderseitigen Anrechte in der Gesetzlichen Rentenversicherung sowie für das Anrecht des Ehemanns bei der EZVK entsprechend deren Vorschlag durch interne Teilung durchgeführt. Es hat dabei „… ein Anrecht in Höhe von 18,10 Versorgungspunkten nach Maßgabe der Versorgungsregelung § 44 der Satzung der EZVK ...“ übertragen. Hinsichtlich des Anrechts der Ehefrau bei der ZVK Darmstadt hat das Familiengericht wegen Geringfügigkeit gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG und § 224 Abs. 3 FamFG ausgesprochen, dass kein Versorgungsausgleich stattfindet. Die Gleichartigkeit der beiderseitigen Anrechte aus Zusatzversorgungen hat das Familiengericht ohne Begründung verneint.

    Die Beschwerde der ZVK Darmstadt gegen die ihr am 20. 11. 2017 zugestellte Entscheidung ist am 5. 12. 2017 bei dem Familiengericht eingegangen. Sie führt aus, dass die Anrechte der Ehegatten aus Zusatzversorgung des öffentlichen bzw. kirchlichen Dienstes gleichartig seien. Wegen des Vorrangs des § 18 Abs. 1 VersAusglG habe auch das bei der Beschwerdeführerin bestehende Anrecht ausgeglichen werden müssen, denn die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte übersteige die Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusglG.

    Auf die Bitte des Senats um Erläuterung des von ihr für die Ehefrau angesetzten ungünstigen Barwertfaktors hat die EZVK die Unterschiede zwischen dem Anrecht aus Pflichtversicherung und dem nach der Teilung in der freiwilligen Versicherung für die ausgleichsberechtigte Ehefrau entstehenden Anrecht dargelegt. Nach § 30 der Satzung der EZVK wird in der Pflichtversicherung neben einer Alters- und Hinterbliebenenversicherung auch Invaliditätsschutz gewährt. Die Altersrente beginnt mit Erreichen des Renteneintrittsalters in der Gesetzlichen Rentenversicherung (§ 31 Abs. 1 der Satzung). Eine jährliche Rentensteigerung um 1% ist garantiert. Die Pflichtversicherung ist umlagenfinanziert. Die freiwillige Versicherung ist versicherungsförmig im Kapitaldeckungsverfahren organisiert. Der Tarif der freiwilligen Versicherung, in den das Anrecht für die Ehefrau satzungsgemäß zu teilen sei, garantiert zwar auch eine jährliche Rentensteigerung von 1%. Ihm liegen im Übrigen aber ein niedrigerer Rechnungszins und vorsichtiger kalkulierte biometrische Verläufe zugrunde. Nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen ist das Invaliditätsrisiko nicht versichert. Die Rente kann schon mit Vollendung des 65. Lebensjahrs und nicht erst mit Erreichen des Rentenalters in der Gesetzlichen Rentenversicherung abschlagsfrei bezogen werden. Die spätere Inanspruchnahme der Rente führt zu einem Zuschlag von 0,35% pro Kalendermonat des späteren Rentenbeginns.

    Nach einer Stellungnahme des Aktuariats der EZVK vom 20. 8. 2019 würde die Ehefrau bei hypothetischer Teilung in der Pflichtversicherung 24,71 Versorgungspunkte erlangen, während der abweichende Tarif zu einem Abschlag von 8,52 Versorgungspunkten führt. Unter Berücksichtigung eines Zuschlags von 1,91 Versorgungspunkten als Kompensation für den Wegfall des Invaliditätsschutzes ergibt sich der vorgeschlagene Ausgleichwert von 18,10 Versorgungspunkten. Ein weiterer Zuschlag von 2,61 Versorgungspunkten werde entstehen, wenn die Ehefrau die Rente aus der freiwilligen Verssicherung erst ab dem Renteneintrittsalter in der gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehme. Die EZVK erwartet, dass die verbleibende Differenz zu den bei Teilung in der Pflichtversicherung anzusetzenden Versorgungspunkten (24,71 VP – 20,71 VP = 4,0 VP) durch künftige Überschussbeteiligungen aufgewogen wird. Infolge der konservativeren Rechnungsgrundlagen erwartet die EZVK, rentenerhöhende Bonuspunkte aus Überschussbeteiligungen in Höhe von 1,25 % p.a. vergeben zu können, wie sie für 2017 auch vergeben wurden. Bei Zugrundelegung der prognostizierten Überschussbeteiligungen werde die Ehefrau, wenn sie die Rente erst ab Erreichen des Renteneintrittsalters in der Gesetzlichen Rentenversicherung in Anspruch nehme, aus der freiwilligen Versicherung monatlich 95,74 € beziehen, während es bei hypothetischer Teilung in der Pflichtversicherung mit einem Ausgleichswert von 24,71 Versorgungspunkten 98,84 € wären. Nach Vollendung des 70. Lebensjahres werde die Rente aus der freiwilligen Versicherung höher sein, als die bei Teilung in der Pflichtversicherung zu erwartende Altersrente.

    Der Senat hat mit Beweisbeschluss vom 3.12.2018 ein schriftliches Sachverständigengutachten zur Frage der Gleichwertigkeit des nach der Teilung entstehenden Anrechts in der freiwilligen Versicherung mit dem Anrecht in der Pflichtversicherung eingeholt. Der Sachverständige … führt in seinem Gutachten vom 13.4.2019 aus, dass die Ehefrau unter Zugrundelegung der nur prognostizierten Überschussbeteiligung und bei aus seiner Sicht gebotener Herausrechnung des Kompensationszuschlags von 1,91 Versorgungspunkten für den Wegfall der Invaliditätsversicherung bis zur Vollendung des 80. Lebensjahres eine niedrigere und erst danach eine höhere Altersrente erhalten werde als bei der Teilung des Anrechts in der Pflichtversicherung. Dies sei die Folge eines geringeren Rechnungszinses im Tarif der freiwilligen Versicherung.

    Die übrigen Beteiligten haben im Beschwerdeverfahren nicht Stellung genommen.

    II.

    Auf die zulässige Beschwerde war die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass die beiderseitigen Anrechte der Ehegatten aus Zusatzversorgung intern geteilt werden. Dabei war hinsichtlich des Anrechts bei der EZVK eine Modifikation geboten, weil die Satzungsregelung über die Durchführung der internen Teilung wegen Verstoßes gegen das Gebot der gleichwertigen Teilhabe (§ 11 Abs. 1 VersAusglG) nichtig ist.

    Die Beschwerde ist gem. §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der für den Versorgungsausgleich maßgeblichen Regelungen. Sie ist beschwerdebefugt, weil das rechtliche Interesse eines Versorgungsträgers an einer dem Gesetz entsprechenden Regelung des Versorgungsausgleichs maßgeblich und für eine Beschwer ausreichend ist (BGH, Beschluss vom 7.3.2012, Az.: XII ZB 599/10, Rn 8). Eine unmittelbare Betroffenheit des Versorgungsträgers in eigenen Rechten ist insbesondere dann gegeben, wenn er mit seiner Beschwerde in Bezug auf ein Anrecht die unzutreffende Anwendung des § 18 VersAusglG rügt (BGH, Beschluss vom 9.1.2013, XII ZB 550/11, Rn. 20 f).

    Im Beschwerdeverfahren bilden die Anrechte beider Ehegatten aus Zusatzversorgung den Beschwerdegegenstand. § 18 Abs. 1 VersAusglG sieht vor, dass beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgeglichen werden sollen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Bei einem Ehezeitende im Jahr 2017 beträgt der Grenzwert nach § 18 Abs. 3 VersAusglG 3.570 €. Die Differenz der korrespondierenden Kapitalwerte des Anrechts des Ehemanns bei der EZVK (9.239,34 €) und des Anrechts der Ehefrau bei der ZVK Darmstadt (2.399,38 €) liegt – auch bei Hinzurechnung der jeweiligen hälftigen Teilungskosten - darüber. Die Anrechte der Ehegatten aus Zusatzversorgung sind gleichartig (s.u.). Sie sind deshalb durch die Geringfügigkeitsregelung, deren unzutreffende Anwendung die Beschwerde rügt, miteinander verknüpft (BGH, Beschluss vom 3.2.2016, XII ZB 629/13, Rn. 7). Auf die Beschwerde der ZVK Darmstadt ist das Anrecht des Ehemanns bei der EZVK aber nicht allein auf die Frage der Anwendbarkeit des § 18 Abs. 1 VersAusglG zu überprüfen. Vielmehr bildet ein von einer Beschwerde eines Versorgungsträgers betroffenes Anrecht insgesamt den Beschwerdegegenstand und die Überprüfungskompetenz des Beschwerdegerichts beschränkt sich nicht auf den Beschwerdeangriff. Das Beschwerdegericht hat die Entscheidung über den Ausgleich des betroffenen Anrechts umfassend zu prüfen und die Entscheidung zu treffen, die der Sach- und Rechtslage entspricht (BGH, Beschluss vom 19.7.2017, XII ZB 201/17, Rn. 8)

    Die Beschwerde rügt zutreffend, dass das bei der ZVK Darmstadt bestehende Anrecht nicht wegen seiner Geringfügigkeit gemäß § 18 Abs. 2 VersAusglG hätte ausgenommen werden dürfen, weil es mit dem bei der EZVK gleichartig ist. Auf Anrechte gleicher Art im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG findet wegen des Vorrangs der Differenzregelung für gleichartige Anrechte § 18 Abs. 2 VersAusglG, der den Ausgleich einzelner Anrechte regelt, nach der ständigen Rechtsprechung des BGH keine Anwendung (BGH, Beschluss vom 30.11.2011, XII ZB 344/10, Rn. 29; Beschluss vom 22.6.2016, XII ZB 664/14, Rn. 33 f; a. A. Bumiller/Harders/Schwamb, 12. Aufl., FamFG, vor §§ 217-229 Rn. 10). An seiner bisher gegenteiligen Rechtsprechung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. 1. 2016, 6 UF 126/15) hält der Senat im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 22.6.2016 nicht mehr fest.

    Anrechte gleicher Art sind solche, die sich in ihrer Struktur und Wertentwicklung so entsprechen, dass ein Saldenausgleich nach Verrechnung zu demselben wirtschaftlichen Ergebnis führt wie ein Hin-und-her-Ausgleich. Dazu ist eine strukturelle Übereinstimmung der Anrechte in wesentlichen Eigenschaften notwendig - etwa im Hinblick auf das Leistungsspektrum, die Finanzierungsart und die Anpassung im Anwartschafts- und Leistungsstadium (BT-Drs. 16/10144, S. 55). In der Rechtsprechung besteht – soweit ersichtlich - Einigkeit, dass die Anrechte in den Zusatzversorgungseinrichtungen des öffentlichen und des kirchlichen Diensts gleichartig i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG sind (OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.8.2014, 5 UF 156/14, Rn. 7 - juris; OLG Hamm, Beschluss vom 9.3.2016, 2 UF 226/15, Rn. 13 – juris; OLG Stuttgart, Beschluss vom 27.3.2015, 15 UF 48/15, Rn. 9 - juris; OLG Brandenburg, Beschluss vom 12.11.2013, 3 UF 100/12, Rn. 7 – juris; juris-PK Breuers, Rn 59 zu § 18 VersAusglG m.w.N. aus der Rspr.; Erman-Norpoth/Sasse, 15. Aufl., Rn. 6 zu § 10 VersAusglG m.w.N.). Dabei wird immer betont, dass alle solchen Anrechte neben einer Alters- auch eine Erwerbsminderungsrente umfassen, dass sie hinsichtlich der Bemessung der Rentenhöhe und der Anpassung von Anwartschaften und laufenden Versorgungen keine Unterschiede aufweisen und dass bei allen eine jährliche Rentensteigerung um 1 % garantiert ist. Übereinstimmend ist außerdem die Finanzierungart, weil alle Pflichtversicherungen in den Zusatzversorgungskassen umlagenfinanziert sind. Zugleich besteht Einigkeit, dass Anrechte in der Pflichtversicherung und solche in den von Zusatzversorgungskassen angebotenen freiwilligen Versicherungen nicht gleichartig sind, da letztere nicht umlagenfinanziert sind, sondern versicherungsförmig im Kapitaldeckungsverfahren (BGH, Beschluss vom 2.9.2015, XII ZB 33/13, Rn. 18; vgl. auch schon OLG Frankfurt, Beschluss vom 16.7.2013, 1 UF 125/13, Rn. 5).

    Die Frage, ob beiderseitige Anrechte aus der Pflichtversicherung in einer Zusatzversorgungskasse im vorliegenden Fall noch gleichartig i. S. d. § 18 Abs. 1 VersAusglG sind, obwohl eines der beiden nicht systemgleich in der Pflichtversicherung, sondern in den Tarif der freiwilligen Versicherung zu teilen ist, kann dahinstehen, weil § 44 Abs. 3 der Satzung der EZVK, der für die interne Teilung einen solchen Tarifwechsel vorsieht, wegen Verstoßes gegen das Gebot der gleichwertigen Teilhabe nach § 11 Abs. 1 VersAusglG nichtig ist. Insoweit ist die Satzung nicht wie ansonsten nach § 10 Abs. 3 VersAusglG für die Teilung maßgeblich. Vielmehr war nach § 11 Abs. 2 VersAusglG auszusprechen, dass für das zugunsten der Ehefrau übertragene Anrecht die Regelungen über das Anrecht des Ehemanns entsprechend gelten, was zur Gleichartigkeit der beiden Anrechte führt.

    Nach § 11 Abs. 1 S. 1 VersAusglG muss die interne Teilung die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten gewährleisten. Nur hinsichtlich des Risikoschutzes sind dem Versorgungsträger Abweichungen gestattet. Beschränkt er diesen für das übertragene Anrecht auf eine Alterssicherung, muss er einen zusätzlichen Ausgleich bei der Alterssicherung schaffen (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 VersAusglG). Im Übrigen muss für die ausgleichsberechtigte Person ein Anrecht entstehen, dessen Wertentwicklung ab dem Ende der Ehezeit der des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person vergleichbar ist (§ 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG). Dies gebietet bereits der Halbteilungsgrundsatz nach § 1 Abs. 1 VersAusglG (vgl. BGH, Beschluss vom 19.8.2015, XII ZB 443/14, Rn. 19). Beide Anrechte müssen bis zum Leistungsfall eine vergleichbare Zinsentwicklung aufweisen (Borth, Versorgungsausgleich, 8. Aufl., Kap. 2, Rn. 37). Schon wenn bei der Umrechnung nur des Kompensationszuschlags für den Wegfall eines Invaliditätsschutzes ein niedrigerer Rechnungszins als derjenige angewendet wird, der bei der Abzinsung der auszugleichenden Versorgung verwendet wird, ist dem Gebot der gleichwertigen Teilhabe und zwar insbesondere dem der gleichen Wertentwicklung nicht genügt (BGH, Beschluss vom 19.8.2015, XII ZB 443/14, Rn. 42).

    Diesen Maßstäben wird der in der Satzung der EZVK vorgesehene Wechsel in den Tarif der freiwilligen Versicherung nicht gerecht. Dem für die ausgleichsberechtigte Ehefrau ungünstig hoch angesetzten Barwertfaktor liegt eine Kalkulation mit einem deutlichen niedrigeren Rechnungszins zugrunde. Der gesicherte Anteil des für sie entstehenden Anrechts liegt unter dem des Ehemanns. Hinsichtlich der Überschussbeteiligungen hat sie ein Kapitalmarktrisiko zu tragen, dem kein entsprechendes Risiko auf Seiten des Ehemanns gegenübersteht.

    Auch bei Betrachtung der künftigen Rentenhöhe ergibt sich ein erheblicher Wertunterschied selbst dann, wenn die von der EZVK prognostizierten Überschussbeteiligungen erreicht werden. Nach den nachvollziehbaren Berechnungen des Sachverständigen ist auch dann erst im Alter von 80 Jahren damit zu rechnen, dass die Rente der Ehefrau aus der intern geteilten Zusatzversorgung bei der EZVK die Höhe der Rente erreicht und im weiteren Verlauf übersteigt, die sie bei systemgleicher Teilung erhalten hätte. Der Sachverständige hat dargelegt, dass die Stellungnahme des Aktuariats der EZVK den Zeitpunkt, an dem die Ehefrau eine gleich und künftig bessere Rente erlangen wird, unzulässig auf die Vollendung des 70. Lebensjahrs vorverlegt, indem der Vergleich der künftigen Renten unter Hinzurechnung der Versorgungspunkte angestellt wurde, die der Kompensation des weggefallenen Invaliditätsschutzes dienten. Diese Betrachtungsweise würde im Ergebnis dazu führen, dass die Risikobeschränkung entgegen § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 VersAusglG bei der Altersrente nicht ausgeglichen würde. Die ungleichmäßige Wertentwicklung der Renten im Leistungsstadium wird nicht dadurch aufgewogen, dass die Ehefrau ab Vollendung des 80. Lebensjahrs – unter der Bedingung des Erreichens der prognostizierten Überschussbeteiligung - mit einer höheren Altersrente rechnen kann als bei systemgleicher Teilung, weil sie das Vorversterbensrisiko trägt.

    § 44 Abs. 3 der Satzung der EZVK verstößt nach alledem gegen § 11 Abs. 1 VersAusglG und ist gemäß § 134 BGB nichtig. Der Senat hat erwogen, ob sich der Kern der Satzungsregelung durch Anpassung aufrechterhalten lässt. Diese Lösung würde dem Vorrang einer Korrektur einer zu beanstandenden Teilungsordnung durch Maßgabeanordnungen vor einer Unwirksamerklärung entsprechen (BGH, Beschluss vom 19.8.2015, XII ZB 443/14, Rn. 26). Vorliegend ergibt sich der Verstoß jedoch aus dem Kern der Teilungsordnung, nämlich dem Tarifwechsel. Als Maßgabeanordnung käme allenfalls in Betracht, dass der Auszahlungsbetrag der Altersrente aus der freiwilligen Versicherung die bei systemgleicher Teilung zu erwartende Rente zuzüglich der Rente aus einem für die Pflichtversicherung zu berechnenden Kompensationszuschlag für den Wegfall des Invaliditätsschutzes nicht unterschreiten darf. Im wirtschaftlichen Ergebnis würde das die EZVK jedoch nur stärker belasten als die systemgleiche Teilung, weil der Ausgleichswert des zu teilenden Anrechts den zur Kapitaldeckung eines durch eine solche Anordnung gestärkten versicherungsförmigen Anspruchs übersteigen würde.

    Die Nichtigkeit des § 44 Abs. 3 der Satzung der EZVK hat nach § 11 Abs. 2 VersAusglG zur zwingenden Folge (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 11.5.2011, 13 UF 221/11, Rn. 11 - juris; Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 3. Aufl., Rn. 32 zu § 11 VersAusglG), dass das Anrecht des Ehemanns bei der EZVK gemäß § 11 Abs. 2 VersAusglG intern in den Tarif für Pflichtversicherte geteilt werden muss. Deshalb besteht Gleichartigkeit mit dem Anrecht der Ehefrau bei der ZVK Darmstadt. Daher war auf die Beschwerde wegen des Vorrangs des § 18 Abs. 1 VersAusglG die interne Teilung beider Anrechte auszusprechen.

    Das Anrecht der Ehefrau bei der ZVK Darmstadt kann entsprechend deren Vorschlag geteilt werden. Einwände wurden hiergegen nicht erhoben und sind auch nicht ersichtlich.

    Der Ausspruch über die interne Teilung des Anrechts des Ehemanns bei der EZVK ist dahingehend abzuändern, dass zu seinen Lasten im Wege der internen Teilung zugunsten der Ehefrau ein Anrecht in Höhe von 24,71 Versorgungspunkten im Tarif der Pflichtversicherung übertragen wird. Die EZVK hat 24,71 Versorgungspunkte als Ausgleichswert im Fall der Teilung in die Pflichtversicherung angegeben. Dass dieser Wert zutreffend ist, zeigt sich, wenn man bei der Umrechnung des Ausgleichswerts von Kapital in Versorgungspunkte in der Auskunft der EZVK anstelle des dort verwendeten Barwertfaktors den Faktor 7,7912 einsetzt, den die ZVK Darmstadt in ihrer Auskunft für die Ehefrau angesetzt hat.

    Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 150 Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 FamFG. Es entspricht billigem Ermessen, von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen und den Ausgleich außergerichtlicher Kosten auszuschließen, weil die Beschwerde ohne Zutun der geschiedenen Ehegatten und im Interesse der Richtigkeitsgewähr des zwischen ihnen durchzuführenden Versorgungsausgleichs eingelegt wurde.

    Die Festsetzung des Beschwerdewerts richtet sich nach § 40 Abs. 1 S. 1 und § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Die geschiedenen Ehegatten hatten bei Einreichung des Scheidungsantrags ein gemeinsames Nettoeinkommen von 4.350,- €. 10% des Dreimonatsnettos belaufen sich auf 1.305,- €. Hiervon war das Doppelte anzusetzen, weil das Beschwerdeverfahren zwei Anrechte betraf.

    Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Die Frage, ob der in der Satzung der EZVK vorgesehene Tarifwechsel bei interner Teilung eines Anrechts aus Pflichtversicherung dem Gebot der gleichwertigen Teilhabe entspricht, wurde in der Rechtsprechung bisher - soweit ersichtlich - nicht aufgeworfen. Sie kann sich wegen der Vielzahl der Versicherten in einer nicht überschaubaren Zahl von künftigen Scheidungsverfahren stellen. Im Inte-resse der Einheitlichkeit der Rechtsanwendung wäre eine höchstrichterliche Klärung angezeigt.

    Rechtsbehelfsbelehrung: …

    Schuschke Dr. von Pückler Dr. Ostermann