OLG Frankfurt vom 04.10.1999 (6 UF 218/99)

Stichworte: Namensänderung, Kindeswohl, Erforderlichkeit, Anhörung, befristete Beschwerde
Normenkette: BGB 1618, FGG 50a, 53, ZPO 621e
Orientierungssatz: 1)Gegen Beschlüsse, durch die die Einwilligung eines Elternteils zur Namenserteilung gemäß § 1618 Satz 4 BGB ersetzt wird, ist die befristete Beschwerde nach § 621e ZPO in Verbindung mit § 11 RpflG statthaft (Beschluß vom 29.03.1999 - 6 UF 86/99) 2)Da die Namensbestimmung Ausfluß der elterlichen Personensorge ist, sind die Eltern nach § 50a Abs. 1 Satz 2 FGG in der Regel persönlich zu hören (Senat, Beschluß vom 29.03.1999 - 6 UF 86/99; OLG Frankfurt, 5.FamS, Rpfleger 1999, 391). 3)Zur Erforderlichkeit bei der Einbenennung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für das Kind

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt auf die Beschwerde des Vaters gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht- Michelstadt vom 25.06.1999 am 04.10.1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht - Familiengericht - Michelstadt, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 5.000,00 DM (§§ 131 Abs. 2, 30 KostO)

G r ü n d e

Die Eltern des am 10.07.1992 geborenen Kindes B. sind geschieden. Die Mutter ist alleinsorgeberechtigt. Sie hat wieder geheiratet und möchte dem Kind den neuen Ehenamen erteilen, den auch die in der neuen Ehe geborenen Zwillinge Janik und K., geboren am 07.10.1997, tragen. Auf ihren Antrag hat das Amtsgericht (Rechtspflegerin) die Einwilligung zur Namenserteilung ersetzt. Gegen den am 29.06.1999 zugestellten Beschluß hat der Vater am 14.07.1999 beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt, die am 26.07.1999 beim Oberlandesgericht eingegangen ist.

Die Beschwerde ist zulässig. Die Beschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Nach der Rechtsprechung des Senats ist gegen Beschlüsse, durch die die Einwilligung eines Elternteils zur Namenserteilung gemäß § 1618 Satz 4 BGB ersetzt wird, die befristete Beschwerde nach § 621e ZPO in Verbindung mit § 11 RpflG statthaft (Beschluß vom 29.03.1999 - 6 UF 86/99) und nicht die sofortige Beschwerde gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 6 in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 53 FGG (so z.B. OLG Nürnberg DAVorm 1999, 647; OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1336 zu § 1628 BGB a.F.) oder die einfache Beschwerde nach § 19 FGG (so z.B. OLG Köln FamRZ 1999, 734 und 735).

Die Beschwerde des Vaters hat in der Sache selbst vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (Rechtspfleger). Das erstinstanzliche Verfahren leidet nämlich an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Das Amtsgericht hat die Eltern nicht persönlich angehört. Da die Namensbestimmung Ausfluß der elterlichen Personensorge ist, sind die Eltern nach § 50a Abs. 1 Satz 2 FGG in der Regel persönlich zu hören (Senat, Beschluß vom 29.03.1999 - 6 UF 86/99; OLG Frankfurt, 5.FamS, Rpfleger 1999, 391). Zwar hat der Vater vor der entscheidenden Rechtspflegerin Erklärungen abgegeben. "Anhörung" geht jedoch wesentlich über die Entgegennahme von Erklärungen hinaus. Nach § 52 FGG soll das Gericht in einem die Person eines Kindes betreffenden Verfahren auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken; es soll die Beteiligten so früh wie möglich anhören und auf bestehende Möglichkeiten der Beratung hinweisen. Diese neue Vorschrift will verfahrensrechtlich gewährleisten, daß das Familiengericht seiner Vermittlungsaufgabe im Elternkonflikt nachkommt (vgl. Motzer, FamRZ 1999, 1101; OLG Köln FamRZ 1999, 734; Senat, Beschluß vom 23.09.1999 - 6 UF 249/99). Dies kann im allgemeinen nur im Rahmen eines Anhörungstermins geleistet werden, zu dem beide Elternteile geladen werden. Damit den hohen Zielen des seit dem 01.07.1998 geltenden Kindschaftsreformgesetzes, von der Konfrontation der Eltern zu einer Kooperation zu gelangen, genügt werden kann, ist es angezeigt, mit den Eltern die Vor- und Nachteile einer Namensänderung zu erörtern und die Interessenlage aller Beteiligten aufzuklären. Insoweit kann hier insbesondere auch von Bedeutung sein, daß das Gesetz ermöglicht, den neuen Ehenamen den von dem Kind geführten Namen voranzustellen oder anzufügen (§ 1618 Satz 2 BGB). Auf diese Möglichkeit hat der Vater ausdrücklich in seinem Schreiben vom 12.05.1999 hingewiesen, ohne daß die Mutter oder auch das Amtsgericht darauf eingegangen ist.

Entsprechendes gilt für die erforderliche Anhörung des Kindes nach § 50b FGG. Da auch ein Kind in die Namenserteilung einwilligen muß, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat (§ 1618 Satz 3 BGB), ist im Streitfall regelmäßig auch dieses anzuhören. Dies gilt insbesondere dann, wenn, wie üblich, geltend gemacht wird, das Kind sei beeinflußt worden. Zwar hat B. die Familie "Zöller" nicht bewußt erleben können. Durch die Ausübung des Umgangsrechts bestehen jedoch persönliche Beziehungen, die auch mit dem gemeinsamen Namen Zöller verbunden sind.

Zutreffend geht das Amtsgericht im Ausgangspunkt davon aus, daß die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des neuen Ehenamens der Mutter zum Wohl des Kindes erforderlich sein muß (§ 1618 Satz 4 BGB). Auf die Empfehlung des Rechtsausschusses sind im Gesetzgebungsverfahren die Voraussetzungen für die Ersetzung gegenüber dem Regierungsentwurf ("dem Wohl des Kindes dient") enger gefaßt und die Möglichkeit des Doppelnamens geschaffen worden, um die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, zu unterstreichen (BT.-Drucks. 13/8511 Seite 73 f). Mit der "Erforderlichkeit" ist die Eingriffsschwelle hoch gesteckt, und die Möglichkeit der Einbenennung ist damit gegenüber dem früheren Namensänderungsrecht merkbar geringer (Wagenitz, FamRZ 1998, 1545, 1551). Im vorliegenden Fall bedarf es insbesondere der weiteren Aufklärung, ob die Namenserteilung für das Kind wirklich einen so hohen Nutzen durch die Förderung der Integration in die neue Familie verspricht, daß ein sich um sein Kind verständig sorgender Elternteil auf der vollen oder teilweisen Erhaltung des Namensbandes zu seinem Kinde nicht bestünde, oder ob sie Teil eines Versuches ist, den Vater aus dem Leben des Kindes zu verdrängen.

Der Senat sieht davon ab, die erforderlichen weiteren Ermittlungen selbst anzustellen und verweist die Sache an das Amtsgericht zurück, da es dem angefochtenen Beschluß an einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage fehlt.

Dr. Weychardt Dr. Bauermann Schmidt