OLG Frankfurt vom 13.09.2013 (6 UF 177/12)

Stichworte: Versorgungsausgleich, Abänderung; Abänderung; Wertgrenze;
Normenkette: VersAusglG 51; FamFG 225 Abs. 3; SGB IV 18;
Orientierungssatz:
  • Für die Frage, ob bei der Abänderung einer Altentscheidung über den Ausgleich in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 51 VersAusglG die maßgebliche Zulässigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 1 SGB IV durch 1 Prozent des Rentenwertes oder wegen der maßgeblichen Bezugsgröße der Entgeltpunkte durch die 120 Prozent des Kapitalwertes bestimmt wird, kann nach dem entsprechend anzuwendenden § 225 Abs. 3 FamFG nichts anderes gelten als bei Abänderung einer bereits auf dem VersAusglG beruhenden Entscheidung. Auch insoweit soll sich die absolute Wertgrenze für die Abänderungsmöglichkeit an der Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 Abs. 3 VersAusglG und damit für die gesetzliche Rentenversicherung am Kapitalwert orientieren.
  • Der Umstand, dass in der abzuändernden Altentscheidung vordergründig noch ein Rentenbetrag in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeglichen worden ist, rechtfertigt (auch unter Berücksichtigung von § 52 Abs. 2 VersAusglG) keine unterschiedliche Bestimmung der absoluten Wertgrenze nach § 225 Abs. 3 FamFG, denn außer der insoweit ausdrücklichen Orientierung des Gesetzgebers an der im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung einheitlich zu bestimmenden Geringfügigkeitsgrenze spricht für die einheitliche Heranziehung des Kapitalwertes zudem, dass bereits nach bisherigem Recht der Ausgleichsbetrag gemäß § 1587b Abs. 6 BGB in Entgeltpunkte umgewandelt worden ist und damit genau genommen auch nach dem vormaligen Recht schon die Entgeltpunkte maßgeblich waren.
  • 51 F 2547/10 VA
    AG Darmstadt

    Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt am 13. September 2013 beschlossen:

    Auf die Beschwerde des Antragstellers vom 20.07.2012 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 28.06.2012 abgeändert und auf seinen verfahrenseinleitenden Antrag vom 03.12.2010 der unter III. des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt vom 19.10.1987 (51 F 1228/84) geregelte Versorgungsausgleich gemäß § 51 VersAusglG geändert und wie folgt neu durchgeführt:

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, Versicherungsnummer ..., zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 8,1006 Entgeltpunkten auf deren Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, bezogen auf den 30. 09. 1984, übertragen.

    Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, Versicherungsnummer ..., zugunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 4,3314 Entgeltpunkten auf dessen Konto ... bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen, bezogen auf den 30. 09. 1984, übertragen.

    Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen der Beteiligten sind wechselseitig nicht zu erstatten.

    Beschwerdewert: 1.660,- Euro.

    Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

    Gründe:

    Der Antragsteller und die Antragsgegnerin waren miteinander verheiratet. Ihre Ehe wurde durch das o. g. Urteil vom 19.10.1987 rechtskräftig geschieden und der Versorgungsausgleich gemäß § 1587b Abs. 1 BGB a. F. für die Ehezeit vom 01.02.1969 bis 30.09.1984 durchgeführt. Bezogen auf das Ende der Ehezeit betrug die Rentenanwartschaft des Antragstellers monatlich 536,00 DM und die Rentenanwartschaft der Antragsgegnerin monatlich 247,70 DM jeweils bei der damaligen LVA Hessen (jetzt Deutsche Rentenversicherung Hessen). Dem entsprechend war nach dem damaligen Recht die Hälfte des Differenzbetrags, mithin monatlich 144,15 DM, zugunsten der Antragsgegnerin ausgeglichen worden.

    Der seit 01.01.2011 rentenberechtigte Antragsteller begehrt nunmehr die Abänderung des seinerzeitigen Ausgleichs. Das Amtsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, weil eine wesentliche Änderung der Anrechte im Sinne von § 225 FamFG, der auch bei Abänderungen von Entscheidungen nach altem Recht gemäß § 51 VersAusglG insoweit entsprechend anzuwenden ist, nicht vorliege. Wegen der Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss des Amtsgerichts vom 28.06.2012 und die Auskünfte der Deutschen Rentenversicherung Hessen vom 27.07.2011 nebst anliegendem Rentenbescheid für den Antragsteller sowie vom 14.11.2011 für die Antragsgegnerin Bezug genommen.

    Die gegen den Beschluss vom 28.06.2012 gerichtete Beschwerde des Antragstellers ist gemäß § 58 FamFG statthaft und gemäß §§ 59 ff. FamFG auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Beschwerde ist auch begründet und führt zu der aus dem Tenor ersichtlichen Änderung. Soweit das Amtsgericht ausgeführt hat, dass die vom Antragsteller in einem zusätzlichen Schreiben vom 29.04.2012 erstinstanzlich vorgebrachten - und in zweiter Instanz mit einer nachträglichen Stellungnahme vom 01.08.2013 teilweise wiederholten - Einwände gegen den Ablauf des seinerzeitigen Scheidungsverfahrens und die Regelung weiterer Folgesachen weder nachvollziehbar noch berücksichtigungsfähig sind, ist ihm allerdings zunächst beizupflichten. Es sind auch keine Gründe ersichtlich, die einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen besonderer Härte aus Billigkeitsgründen rechtfertigen würden. Abweichend von der Auffassung des Amtsgerichts bejaht der Senat jedoch die Voraussetzungen für eine Abänderung der Altentscheidung aus dem Jahr 1987 gemäß § 51 Abs. 2 VersAusglG wegen einer wesentlichen Wertänderung aufseiten der Antragsgegnerin.

    Gemäß § 51 Abs. 1 VersAusglG ändert das Gericht einen nach dem bis 31.08.2009 geltenden Recht durchgeführten öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich bei einer wesentlichen Wertänderung auf Antrag ab. Wesentlich ist eine Änderung gemäß § 51 Abs. 2 VersAusglG bereits dann, wenn die Voraussetzungen nach § 225 Abs. 2, 3 FamFG nur hinsichtlich des Ausgleichswerts eines Anrechts vorliegen. Die Wertänderung muss danach mindestens 5 Prozent des bisherigen Ausgleichswerts eines Anrechts betragen und bei einem Rentenbetrag als maßgeblicher Bezugsgröße 1 Prozent, in allen anderen Fällen als Kapitalwert 120 Prozent der am Ende der Ehezeit maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigen (§ 225 Abs. 3 FamFG).

    Diese Voraussetzungen liegen für das Anrecht des Antragstellers ersichtlich nicht vor. Seine auf das Ehezeitende bezogene Rentenanwartschaft betrug nach der Entscheidung des Jahres 1987 monatlich 536,- DM (Ausgleichswert 268,- DM) und beträgt nach der neuen Auskunft auf der Basis errechneter 16,2012 Entgeltpunkte, multipliziert mit dem aktuellen Rentenwert zum Ehezeitende von damals 32,89 DM, umgerechnet 532,86 DM (Ausgleichswert 266,43 DM). Insoweit kann ergänzend auf die Ausführungen der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden. Anders verhält es sich für die Antragsgegnerin. Nach der für sie erteilten aktuellen Auskunft vom 14.11.2011 hat sie in der Ehezeit 8,6627 Entgeltpunkte erworben, so dass der Ausgleichswert 4,3314 Entgeltpunkte beträgt. Bei Multiplikation mit dem aktuellen Rentenwert von 32,89 DM für das Ehezeitende am 30.09.1984 ergeben sich daraus monatlich 142,46 DM als Ausgleichswert. Der der Ausgangsentscheidung aus dem Jahre 1987 zugrunde gelegte Ausgleichswert betrug, ausgehend vom damals zugrunde gelegten Ehezeitanteil von 247,70 DM (s. o.), nur 123,85 DM. Stellt man auf diese Rentenbeträge ab, hat sich der Ausgleichswert tatsächlich nur um 18,61 DM erhöht, so dass die Wertgrenze von einem Prozent des für Ende 1984 maßgeblichen Grenzwertes von 27,30 DM gem. § 18 Abs. 1 SGB IV nicht erreicht wäre und somit der Abänderungsantrag des Antragstellers - wie vom Amtsgericht entschieden - nicht zulässig wäre.

    Allerdings hat der Bundesgerichtshof am 30.11.2011 (XII ZB 344/10 = FamRZ 2012, 192 ff, Tz. 24) u. a. entschieden, dass bei der gesetzlichen Rentenversicherung für die Frage der Geringfügigkeit im Sinne von § 18 Abs. 3 VersAusglG die maßgebliche Grenze nach § 18 Abs. 1 SGB IV nicht durch 1 Prozent des Rentenwertes, sondern wegen der maßgeblichen Bezugsgröße der Entgeltpunkte durch die 120 Prozent des Kapitalwertes bestimmt wird. Nichts anderes kann danach für § 225 Abs. 3 FamFG gelten, in dem es ebenso wie in § 18 Abs. 3 VersAusglG heißt, dass bei einem Rentenbetrag als Bezugsgröße die 1-Prozentregelung, in allen anderen Fällen (d. h. auch für Entgeltpunkte als Bezugsgröße) aber die Kapitalgrenze von 120 Prozent der maßgeblichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV gilt. Der Gesetzgeber hat auch in der Begründung zu § 225 Abs. 3 FamFG (BT-Drucks. 16/10144, S. 97) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass damit die absolute Wertgrenze für die Abänderung der Geringfügigkeitsgrenze nach § 18 VersAusglG entspricht. Nun ließe sich allerdings einwenden, dass es vorliegend um eine Änderung einer Altentscheidung nach § 51 VersAusglG geht, in der definitiv noch ein Rentenbetrag ausgeglichen worden ist. Wollte man auf diesen Umstand abstellen, käme es für die Zulässigkeit der Abänderung von Entscheidungen, die nach dem bis 31.08.2009 geltenden Recht ergangen sind, jedenfalls bei der gesetzlichen Rentenversicherung auf eine andere Wertgrenze an als bei einer Abänderung einer bereits nach neuem Recht ergangenen Entscheidung, obwohl jeweils § 225 Abs. 3 FamFG heranzuziehen ist. Das wäre schon deshalb nicht konsequent, weil sich am eigentlichen Ausgleichssystem in der gesetzlichen Rentenversicherung jedenfalls im Ergebnis nichts ändern sollte, sieht man einmal davon ab, dass die Verrechnung der beiderseitigen Anrechte nun vom Rentenversicherungsträger vorgenommen wird. Für die hier deshalb vertretene Auffassung, dass auch bei Abänderung eines auf altem Recht beruhenden Ausgleichs von Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung von § 225 Abs. 3 FamFG die nunmehr maßgebliche Bezugsgröße der Entgeltpunkte zur Anwendung des Kapitalgrenzwertes führt, spricht schließlich auch, dass bereits nach bisherigem Recht der als Ausgleichsbetrag genannte Rentenbetrag gemäß § 1587b Abs. 6 BGB in Entgeltpunkte umgewandelt wurde und dies im Tenor auszusprechen war, so dass genau genommen auch nach dem vormaligen Recht schon die Entgeltpunkte maßgeblich waren. Hiernach spricht nichts für ein Auseinanderfallen der Grenzwerte bei Abänderungen nach § 51 VersAusglG i. V. m. § 225 Abs. 3 FamFG gegenüber Abänderungen nach § 225 FamFG und dem Geringfügigkeitswert nach § 18 VersAusglG.

    Bei einem danach heranzuziehenden Kapitalgrenzwert von 2.730 DM x 120 % = 3.276 DM im Jahr 1984 ist vorliegend der Grenzwert für eine Abänderung überschritten, denn aus nunmehr maßgeblichen 4,3314 Entgeltpunkten errechnen sich bei Multiplikation mit 6.344,0200 die in der Auskunft vom 14.11.2011 angegebenen 27.478,49 DM Kapitalwert Aus den dem früheren Ausgleich des Jahres 1987 zugrunde gelegten monatlich 123,85 DM errechnen sich dagegen nur 23.889,04 DM. Die Differenz beider Beträge überschreitet mit 3.589,45DM den o. g. Grenzwert von 3.276 DM. Damit ist auch die Zulässigkeitsgrenze für die Abänderung überschritten.

    Hiernach war der frühere Einmalausgleich über monatlich 144,15 DM, bezogen auf den 30.09.1984, nun gemäß § 51 VersAusglG dahingehend abzuändern, dass 8,1006 Entgeltpunkte vom Rentenkonto des Antragstellers auf das Rentenkonto der Antragsgegnerin und 4,3314 Entgeltpunkte vom Rentenkonto der Antragsgegnerin auf das Rentenkonto des Antragstellers zu übertragen sind. Im Ergebnis entspricht das einer Verringerung des saldierten Ausgleichs von damals 144,15 DM (bezogen auf das Jahr 1984) auf nun 123,97 DM (bezogen auf 1984).

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG; die Wertfestsetzung für zwei in die Entscheidung einbezogene Anrechte folgt aus § 50 Abs. 1 FamGKG.

    Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 2 FamFG zuzulassen, weil die Frage, welcher Grenzwert für die Abänderung einer gesetzlichen Rente im Rahmen von § 51 VersAusglG maßgeblich ist, noch nicht obergerichtlich geklärt ist.

    Rechtsmittelbelehrung: ...

    Schwamb Gottschalk Schuschke