OLG Frankfurt vom 16.11.2000 (6 UF 148/00)

Stichworte: Namenserteilung, Ersetzung, Einwilligung
Normenkette: BGB 1618 Satz 4, FGG 50a Abs. 1 Satz 2, 52
Orientierungssatz: Zur Vorbereitung der Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung in die Namenserteilung ist die persönliche Anhörung der Eltern und Kinder erforderlich.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für die Kinder

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Vaters vom 16.08.2000 gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 28.07.2000 am 16.11.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht - Familiengericht - (Rechtspfleger) Bensheim zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 5.000,00 DM (§§ 131 Abs. 2, 30 KostO).

G r ü n d e

Die Eltern der 1986 und 1987 geborenen Kinder T. und N. sind seit 28.12.1995 geschieden. Die Mutter ist auf Grund des Beschlusses vom 09.12.1997 (AG Bensheim 7 F 382/97) alleinsorgeberechtigt. Sie hat am 23.06.2000 wieder geheiratet und möchte den Kindern den neuen Ehenamen erteilen. Auf ihren am 04.05.2000 eingegangenen Antrag hat das Amtsgericht (Rechtspflegerin) die Einwilligung zur Namenserteilung nach § 1618 Satz 4 BGB ersetzt. Gegen den ihm am 01.08.2000 zugestellten Beschluß hat der Vater am 18.08.2000 Beschwerde eingelegt und diese sogleich begründet.

Die Beschwerde ist gemäß § 621e Abs. 1 und 3 ZPO zulässig. Sie hat in der Sache vorläufig Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht (Rechtspfleger). Das erstinstanzliche Verfahren leidet nämlich an einem wesentlichen Verfahrensmangel.

Das Amtsgericht hat die Mutter nicht persönlich angehört. Da die Namensbestimmung Ausfluß der elterlichen Personensorge ist, sind die Eltern nach § 50a Abs. 1 Satz 2 FGG in der Regel persönlich zu hören. Nach § 52 FGG soll weiterhin das Gericht in einem die Person des Kindes betreffenden Verfahren auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken; es soll die Beteiligten so früh wie möglich anhören und auf bestehende Möglichkeiten der Beratung hinweisen. Diese neue Vorschrift will verfahrensrechtlich gewährleisten, daß das Familiengericht seiner Vermittlungsaufgabe im Elternkonflikt nachkommt (vgl. Motzer, FamRZ 1999, 1101). Dies kann im allgemeinen nur im Rahmen eines Anhörungstermins geleistet werden, zu dem zumindest beide Elternteile geladen werden. Auf den Senatsbeschluß vom 29.03.1999 (FamRZ 1999, 1376; vgl. ferner z. B. OLG Köln FamRZ 1999, 734 und 735; OLG Celle FamRZ 1999, 1377; OLG Naumburg FamRZ 2000, 690; OLG Bamberg FamRZ 2000, 691; OLG Düsseldorf FamRZ 2000, 691; OLG Oldenburg FamRZ 2000, 693; OLG Rostock FamRZ 2000, 695), auf den der Bevollmächtigte des Vaters das Amtsgericht ausdrücklich hingewiesen hat, wird Bezug genommen. Damit den hohen Zielen des seit dem 01.07.1998 geltenden Kindschaftsreformgesetzes, von der Konfrontation der Eltern zu einer Kooperation zu gelangen, genügt werden kann, ist es angezeigt, mit den Eltern die Vor- und Nachteile einer Namensänderung zu erörtern und die Interessenlage aller Beteiligten aufzuklären. Insoweit kann insbesondere auch von Bedeutung sein, daß das Gesetz ermöglicht, den neuen Ehenamen den von den Kindern geführten Namen voranzustellen oder anzufügen (§ 1618 Satz 2 BGB).

Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, daß die Namenserteilung zum Wohl des Kindes erforderlich sein muß (§ 1618 Satz 4 BGB). Auf Empfehlung des Rechtsausschusses sind im Gesetzgebungsverfahren die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung des anderen Elternteils gegenüber dem Regierungsentwurf ("dem Wohl des Kindes dient") enger gefaßt und die Möglichkeit des Doppelnamens geschaffen worden, um die Bindungen des Kindes an den Elternteil, dem die elterliche Sorge nicht zusteht, zu unterstreichen (BT.-Drucks. 13/8511 Seite 73f). Mit der "Erforderlichkeit" ist die Eingriffsschwelle hoch gesteckt. In vorliegender Sache ist in diesem Zusammenhang im Rahmen der Amtsermittlung (§ 12 FGG) insbesondere die unterschiedliche Darstellung des mißglückten Besuchs der Kinder im März 1997, der als Auslöser für den Abbruch der Besuchskontakte genannt worden ist, und der Vorwurf des Vaters, die Mutter habe ihm die Kinder gezielt entfremdet, aufzuklären. Immerhin ergibt sich aus der beigezogenen Akte F 382/97 des Amtsgerichts Bensheim, daß die Mutter bereits einen Monat, nachdem sie mit ihrem jetzigen Ehemann zusammengezogen war, den Antrag auf Übertragung des alleinigen Sorgerechts gestellt hat, und daß der Vater sich auch damals um eine Umgangsregelung bemüht hat. Auch der jetzt verfrüht vor der erneuten Eheschließung gestellten Antrag, über dessen Vorgeschichte unterschiedliche Darstellungen gegeben worden sind, könnte ein Beleg für das Bestreben sein, den Vater weiterhin auszugrenzen.

Der/die Rechtspfleger/in wird also die Beteiligten nunmehr zu einem gemeinsamen Termin zu laden und persönlich anzuhören haben.

Dr. Weychardt Dr. Bauermann Schmidt