OLG Frankfurt vom 28.07.2003 (6 UF 112/03)

Stichworte: Wohnungszuweisung, Wert, Benutzung der Ehewohnung
Normenkette: KostO 100 Bgb 1361b, KostO 100
Orientierungssatz: Die wortgleiche Übernahme von § 21 Abs. 2 HausratsVO in § 100 Abs. 3 KostO hat nichts daran geändert, daß für Verfahren über die Benutzung der Ehewohnung (§ 1361b BGB) nur der 6-monatige Mietwert anzusetzen ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 6. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main mit Sitz in Darmstadt am 28. Juli 2003 beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bensheim vom 27.03.2003 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin zu tragen. Der Beschwerdewert wird auf 3.500,00 EUR, der Geschäftswert für die erste Instanz wird in Abänderung der Wertfestsetzung im angefochtenen Beschluss auf 6.990,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde ist gemäß § 621e Abs. 1 und 3 ZPO zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller kann nach § 1361b BGB auch nicht die Überlassung eines Teils der Ehewohnung zur alleinigen Nutzung verlangen. Der Nutzungsregelung steht allerdings kein Recht der Antragsgegnerin zum Besitz an der Ehewohnung entgegen. Ein solches Recht steht im Grundsatz beiden Ehegatten gemeinsam zu, und das alleinige Besitzrecht soll erst durch die Nutzungsregelung begründet werden. Hier ist auch nicht ersichtlich, dass sich die Beteiligten endgültig über die Nutzung geeinigt hätten. Dafür streitet auch nicht die unwiderlegliche Vermutung nach § 1361 Abs. 4 BGB in der seit 01.01.2002 geltenden Fassung. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 27.12.2001 und 24.06.2002 gegenüber der Antragsgegnerin hinreichend die ernstliche Rückkehrabsicht bekundet. Er hat erklärt, dass er das Haus weiter bewohnen möchte und hat der Antragsgegnerin Frist zum Auszug gesetzt. Dass die geäußerte Rückkehrabsicht damals lediglich vorgeschoben war, ist nicht ersichtlich.

Der Antragsteller hat aber nicht substantiiert dargelegt, dass die alleinige Nutzung von Teilen der Ehewohnung zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig ist. Mit der Beschwerde wird nunmehr ohnehin nur noch die alleinige Nutzung bestimmter Räume angestrebt. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Antragsteller diese zu Wohnzwecken nutzen will. Er will nach eigenen Angaben lediglich die Möglichkeit haben, sich in seinem Haus aufzuhalten, und will nicht ausschließlich darauf angewiesen ist, bei seiner Lebensgefährtin "Unterschlupf" zu finden. Danach will sich der Antragsteller lediglich die Option sichern, wieder in der Ehewohnung zurückzukehren. Ein dringendes Bedürfnis des Antragstellers, den Wohnbedarf in Teilen des Hauses zu decken ist, nicht ersichtlich. Dieses ergibt sich insbesondere auch nicht aus der erklärten Absicht, etliche Renovierungsarbeiten selbst vorzunehmen oder sie jedenfalls zu beauftragen und zu überwachen. Auch angesichts des Alleineigentums des Antragstellers an dem Hausgrundstück führt die Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Zustandes unter Abwägung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch angesichts der über 40 Jahre währenden Ehe, nicht zu einer unbilligen Härte für den Antragsteller. Dieser hat vielmehr seit August 2000 die Ehewohnung verlassen und lebt mit einer anderen Frau zusammen. Dass der Antragsteller nicht "komplett" ausgezogen ist und nicht alle seine persönlichen Sachen mitgenommen hat, ist für die Regelung der Nutzung der Ehewohnung als solcher nicht entscheidend. Für die Aufbewahrung ist gesorgt. Eine weitergehende Aufteilung ist nicht veranlasst, zumal es auf der Hand liegt, dass eine solche eher zu Unzuträglichkeiten als zu einer Beruhigung der Beziehungen führen wird. Die Nutzung des Hauses durch die Antragsgegnerin wird im Übrigen bei der Unterhaltsbemessung berücksichtigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 HausrVO und entspricht billigem Ermessen. Dies gilt auch für die Kostenentscheidung in erster Instanz. Der Antragsteller ist unterlegen. Er ist der wirtschaftlich Stärkere. Es ist nicht angemessen, die mit dem Verfahren überzogene Antragsgegnerin mit Kosten zu belasten.

Bei der Wertfestsetzung nach § 100 Abs. 3 Satz 1 KostO war zu berücksichtigen, dass das vorliegende Verfahren lediglich die Nutzung und nicht die endgültige Zuweisung regelt. In Anlehnung an § 100 Abs. 3 Satz 2 KostO legt der Senat regelmäßig lediglich etwa den halbjährigen Mietwert zu Grunde, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Streit in zweiter Instanz nur noch um einzelne Räume geht. Die Wertfestsetzung erster Instanz ist danach abzuändern (§ 31 Abs. 1 Satz 2 KostO). Eine inhaltliche Änderung durch die Aufhebung des § 21 HausrVO und die Einfügung des § 100 Abs. 3 Satz 1 KostO ist nicht erfolgt (a.A. OLG Bamberg, FamRZ 2003, 467).

Noll Dr. Bauermann Schmidt