OLG Frankfurt vom 14.10.2003 (6 F 925/02 S)

Stichworte: Dynamik, VBL
Normenkette: BGB 1587 a Abs. 3, 4
Orientierungssatz: Nach der Änderung der VBL-Satzung ist die Anwartschaft bei der VBL als teildynamisch anzusehen, da die Steigerung um 1% in der Leistungsphase insoweit für eine dynamische Bewertung ausreicht

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

U R T E I L

In der Familiensache

hat das Amtsgericht Wetzlar durch den Richter am Amtsgericht Schaffrinna aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.10.2003 beschlossen:

Die am .. vor dem Standesbeamten des Standesamtes in XYZ, Heiratsregister - Nr. 00/00, geschlossene Ehe der Parteien wird geschieden

Von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der BfA Berlin, - Geschäftsnummer 52 010961 L 038 wird auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Hessen- Konto - Nummer 64 300356 N 511- eine Rentenanwartschaft aus der Ehezeit, die am 31.10.2002 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 31,50 EUR übertragen. Der vorgenannte Betrag ist in Entgeltpunkte (West) umzurechnen.

Zu Lasten der für den Antragsteller bei der VBL Karlsruhe, - Geschäftsnummer 0109611631 / VL201 - bestehenden Anwartschaften auf Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst wird auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Hessen- Konto - Nummer 64 300356 N 511- eine Rentenanwartschaft aus der Ehezeit, die am 31.10.2002 abgelaufen war, in Höhe von monatlich 4,46 EUR begründet. Der vorgenannte Betrag ist in Entgeltpunkte (West) umzurechnen.

Die Kosten des Rechtsstreites werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

Zum Scheidungsauspruch bedarf es nicht des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe, da die Parteien auf Rechtsmittel und Begründung verzichtet haben ( § 313 a Abs.1 ZPO).

Mit der Entscheidung hat das Gericht einen Ausgleich der Versorgungsanwartschaften vorzunehmen, die die Parteien während der Ehezeit (§ 1587 Abs.2 BGB) erworben haben. Der Ausgleich ist, wie erkannt, zu Gunsten der Antragsgegnerin durchzuführen.

§ 1587a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB, § 1587a Abs. 2, Nr. 4c, Abs. 3 Nr. 2 BGB, § 1587b Abs. 1 BGB, § 1 Abs. 3 VAHRG.

Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Eheschließungsmonats und endet mit dem letzten Tag des Monats, welcher dem Monat vorausgeht, in welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 1587/II BGB):

Die Ehezeit begann am 1.8.1994.

Sie endete am 31.10.2002.

In dieser Zeit haben die Parteien folgende Anrechte erworben:

A. Anwartschaften des Antragstellers:

1. Bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin 269,07 EUR, Versicherungsnr. 52 010961 L 038

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a/II Nr.2 BGB.

2. Bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Karlsruhe Monatsrente 31,64 EUR

Aus der Monatsrente ist die Jahresrente zu berechnen: 31,64 * 12 = 379,68 EUR Es handelt sich um den Ehezeitanteil der Versorgung. Altersgrenze 65

Der Wert der Versorgung steigt nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung. Der Ehezeitanteil der Versorgung ist daher gem. § 1587a Abs.3, 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen. Dafür ist zuerst nach der BarwVO der Barwert zu berechnen. Es sind die Werte der Tabelle 1 der BarwVO zu verwenden, weil die Versorgung für den Fall des Alters und der Invalidität zugesagt ist. Die Tabellenwerte sind um den Faktor 1,65 zu erhöhen, denn die Versorgung ist im Rententeil volldynamisch.

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, FamRZ 1983, 40) sind hinsichtlich der Beurteilung einer Dynamik die Daten der Vergangenheit nicht einfach fortzuschreiben. Andererseits ist aber auch nicht die absolute Gewissheit zu fordern, dass künftige Anpassungen mit denen der volldynamischen Versorgungen Schritt halten werden. Es muss genügen, dass dies bei einer Prognose, die alle bedeutsamen Umstände berücksichtigt, hinreichend wahrscheinlich ist. Zu beachten ist, dass es nur zu einer Nettoanpassung kommen wird, da die beamtenrechtlichen Ruhegehälter ebenso wie die gesetzlichen Renten in den kommenden Jahren abgeschmolzen werden. Die jeweilige Anpassung der Anrechte wird um einen Abschmelzbetrag verringert werden. Wenn man die diesjährige Anpassung gesetzlicher Renten in Höhe von 1,04 % berücksichtigt, errechnet sich die durchschnittliche Anpassung für den Zehn Jahreszeitraum von 1995 bis 2004 wie folgt:

19950,5 %

19960,95 %

19971,65 %

19980,44 %

19991,34 %

20000,60 %

20011,91 %

20022,16 %

20031,04 %

0,00 %

insgesamt 10,59 %

durchschnittlich 1,059 %

Selbst wenn es im nächsten Jahr zu einer dem Jahr 2003 entsprechenden Anpassung von 1,04 % kommt, genügt der dann sich ergebende Durchschnittswert von 1,163 % der dynamischen Bewertung einer Anpassung von 1 %.

Alter bei Ehezeitende: 41

Barwertfaktor: 3 * 165% = 4,95

Barwert: 1.879,42 EUR

Aus Barwert oder Deckungskapital wird eine dynamische Rente in der Weise berechnet, daß der Wert fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Somit ist der Betrag mit dem für das Ehezeitende geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte (EP) und diese mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts (ARW) nach § 1587a/III,IV BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Umrechnungsfaktor Beiträge in EP: 0,0001835894

Entgeltpunkte: 0,345

aktueller Rentenwert: 25,86 EUR

EUR dynamisch: 0,345 * 25,86 = 8,92 EUR

Der Versorgungsträger läßt die Realteilung nicht zu. Es handelt sich um einen inländischen öffentlichrechtlichen Versorgungsträger.

Das ergibt folgende Übersicht:

splittingfähig gem. § 1587b/I BGB mit EP: 269,07 EUR

Quasisplitting nach § 1/III VAHRG: 8,92 EUR, insgesamt: 277,99 EUR

B. Anwartschaft der Antragsgegnerin:

Bei der Landesversicherungsanstalt Hessen 206,07 EUR, Versicherungsnr. 64 300356 N 511

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a/II Nr.2 BGB.

insgesamt: 206,07 EUR

Nach § 1587a/I BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig: 277,99 - 206,07 = 71,92 EUR

Ausgleichspflicht des Antragstellers: 35,96 EUR

Nach § 1587b/I BGB hat der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting zu erfolgen in Höhe von: (269,07 - 206,07) / 2 = 31,50 EUR

Der Ausgleich erfolgt durch analoges Quasisplitting nach § 1/III VAHRG in Höhe von: 8,92 / 2 = 4,46 EUR

Der Höchstbetrag nach § 1587b/V BGB beträgt: 220,62 EUR. Er ist nicht überschritten.

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt § 1587b/VI BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a Abs.1 ZPO.

Schaffrina