OLG Frankfurt vom 03.06.2004 (5 WF 72/04)

Stichworte: Pflegegeld, Mehrbedarf Mehrbedarf, Anrechnung von Pflegegeld
Normenkette: BGB 1602, SGB XI 37 SGB XI 37
Orientierungssatz: Mit dem Pflegegeld nach SGB 11 § 37 wird nur die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung anstelle einer häuslichen Pflegehilfe durch die Pflegeversicherung selbst finanziert. Auf einen anderweitigen Mehrbedarf kann diese Leistung daher nicht angerechnet werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Held als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Büdingen vom 05.03.2004 (Nichtabhilfebeschluß vom 30.03.2004) am 03.06.2004 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zurückgewiesen.

Gründe:

Mit seiner Klage macht der Kläger einen erhöhten Unterhaltsbedarf geltend, der mit einem Jugendamtstitel noch nicht berücksichtig sei. Er trägt vor, er habe aufgrund seiner Behinderungen wegen Fahrtkosten, zusätzlichem Schulbedarf, Brillenreparaturkosten und zusätzlichen Verpflegungskosten einen Mehrbedarf von 66,88 EUR monatlich. Das Amtsgericht hat dem Kläger die begehrte Prozeßkostenhilfe mit der Begründung verweigert, der Mehrbedarf sei durch den Bezug eines Pflegegeldes in Höhe von monatlich ca. 205,00 EUR gedeckt. Der Kläger habe selbst vorgetragen, das Pflegegeld werde auch zur Aufrechterhaltung seiner Mobilität gezahlt, sodaß keine zusätzlichen Fahrtkosten als Unterhaltsbedarf geltend gemacht werden könnten.

Die sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Amtsgericht wird über die Erfolgsaussicht der Klage erneut und unter Beachtung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts zur Frage der Anrechnung des vom Kläger bezogenen Pflegegeldes auf einen möglicherweise gegebenen Mehrbedarf zu entscheiden haben.

Der Kläger bezieht nach der Bescheinigung der AOK Pflegegeld der Pflegestufe I zur Sicherstellung seiner Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nach § 37 SGB 11. Diese Vorschrift lautet:

SGB 11 37 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen

"1) Pflegebedürftige können anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Der Anspruch setzt voraus, daß der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das Pflegegeld beträgt je Kalendermonat: 1. für Pflegebedürftige der Pflegestufe I 205 Euro,....."

Die von der AOK und dem Kläger genannten Rechtsvorschriften ( §§ 15, 13 SGB 11) betreffen die Stufen der Pflegebedürftigkeit (§ 15, Pflegestufe I) bzw. das Verhältnis der Leistungen aus dem SGB 11 zu anderen Sozialleistungen (§ 13 SGB 11). In § 15 wird definiert, wem Pflegegeld und in welcher Stufe zusteht. Eine (dort beschriebene) Einschränkung der Mobilität ist Voraussetzung für die Einstufung in die Pflegestufe I. Für die Deckung welcher Bedürfnisse eine Leistung aus der Pflegeversicherung aber erbracht wird, ist dort nicht geregelt. Damit wird deutlich, daß dem Kläger das Pflegegeld nur für die Grundpflege und für die hauswirtschaftliche Versorgung gewährt wird, wobei er die Leistung an seine Mutter weiterreicht, die entsprechende Versorgungsleistungen an Stelle der häuslichen Pflegehilfe als Leistung der Pflegeversicherung selbst erbringt.

Mit der Begründung des Amtsgerichts kann daher dem Kläger die begehrte Prozeßkostenhilfe nicht verweigert werden. Das Amtsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht zur Frage Stellung bezogen, ob unterhaltsrechtlich der geltend gemachte Mehrbedarf überhaupt anzuerkennen ist. Diese Frage und die für die Begründetheit der Klage und ihrer Erfolgsaussicht weiteren Voraussetzungen muß das Amtsgericht zunächst in eigener Zuständigkeit beurteilen.

Held