OLG Frankfurt vom 18.02.2011 (4 WF 5/11)

Stichworte: VKH, Erfolgsaussicht; Beteiligteneigenschaft; Amtsverfahren;
Normenkette: FamFG 76, 7 Abs. 2, BGB 1915, 1886
Orientierungssatz:
  • Verfahrenskostenhilfe kann in Kindschaftsverfahren nur den am Verfahren beteiligten Personen bewilligt werden.
  • Den Eltern fehlt es in Verfahren auf Wechsel des Vormunds/Pflegers, § 1886 BGB, an der Beteiligtenstellung, da durch dieses Verfahren ihr materielles (Sorge-)Recht nicht tangiert sein kann.
  • In Amtsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit kommt es für die Verfahrenskostenhilfebewilligung nicht maßgeblich auf die Erfolgsaussichten des von einem Beteiligten verfolgten Zieles an, da er sich infolge seiner Beteiligtenstellung dem Verfahren überhaupt nicht entziehen kann.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 4. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richter am Amtsgericht (abg.) Dr. Fritzsche als Einzelrichter auf vom 27.12.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Gelnhausen vom 10.12.2010 - Nichtabhilfebeschluss vom 29.12.2010 - am 18. Februar 2011 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Kindesmutter und Beschwerdeführerin; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

    Gründe:

    1.

    Die Kindesmutter begehrt die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für ein von ihr angeregtes und vom Familiengericht daraufhin eingeleitetes Verfahren zur Prüfung der Entlassung und Neubestellung eines Umgangspflegers.

    Mit Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt/Main vom 30.03.2010, 3 UF 224/08, wurde für das im Rubrum genannte Kind die beteiligte Rechtsanwältin ... gemäß § 1684 Abs. 3 BGB zum Umgangspfleger bestellt. Hiergegen erhob die Kindesmutter mit Schriftsatz vom 08.06.2010 Beschwerde, die das Oberlandesgericht wegen ihrer offensichtlichen Unzulässigkeit als Anregung auf Änderung der Person des eingesetzten Umgangspflegers auffasste und das Familiengericht ersuchte, in eigener Zuständigkeit die Einleitung eines entsprechenden Verfahrens zu prüfen. Später hat die Kindesmutter sich so erklärt, dass diese Handhabung ihre Zustimmung finde.

    Am 14.09.2010 hat der Richter des Familiengerichts wegen dieser Anregung ein neues Verfahren angelegt und den Kindesvater beteiligt. Ferner wurde eine Stellungnahme des zuständigen Jugendamtes eingeholt und auch die Umgangspflegerin in das neue Verfahren involviert.

    Mit Beschluss vom 10.12.2010 hat der Richter des Familiengerichts den Verfahrenskostenhilfeantrag der Kindesmutter mit der Begründung abgelehnt, ihr "Hauptsacheantrag" habe nicht die erforderliche Erfolgsaussicht. Mit ihrer Beschwerde vom 27.12.2010 verfolgt sie ihr Begehr fort.

    Der Senat hat am 10.01.2010 und 28.01.2010 Hinweise erteilt.

    2.

    Die zulässige, §§ 76 Abs. 2 FamFG, 114ff., 127 Abs. 2 bis 4, 567ff. ZPO, sofortige Beschwerde der Kindesmutter ist - jedenfalls im Ergebnis - unbegründet.

    Es kann und muss dahinstehen, inwieweit das von der Kindesmutter gewählte Vorgehen erfolgversprechend im Sinne von § 114 ZPO ist, da es bereits daran fehlt, dass die Kindesmutter Beteiligte des angeregten Hauptsacheverfahrens ist. Vielmehr ist festzuhalten, dass die Kindesmutter nicht Beteiligte jenes Verfahrens nach § 7 FamFG sein kann, ihr mithin die Berechtigung zum Empfang von Verfahrenskostenhilfe fehlt (Keidel-Zimmermann, § 76 FamFG, Rz. 7).

    Es gilt Folgendes:

    Der Richter des Familiengerichts hat - obwohl insoweit kein Richtervorbehalt nach den §§ 3 Nr. 2 a), 14 RPflG besteht, was aber nach § 8 Abs. 1 RPflG unschädlich ist - entsprechend der Anregung der Kindesmutter ein Verfahren zur Prüfung der Entlassung des mit Beschluss des Oberlandesgerichts vom 30.03.2010, Az. 3 UF 224/08, bestellten Umgangspflegers eingeleitet und auch über ihren Verfahrenskostenhilfeantrag entschieden. Die Frage, ob ein solcher Pfleger zu entlassen ist, richtet sich nicht nach § 1684 Abs. 3 BGB - nur insoweit besteht ein Richtervorbehalt nach § 14 Abs. 1 Nr. 7 RPflG -, sondern, da der Umgangspfleger eine spezielle Art des Ergänzungspflegers ist (Palandt- Diederichsen, § 1684 BGB, Rz. 20), nach den §§ 1915 Abs. 1, 1886 BGB. Bei einem solchen Verfahren handelt es sich um ein Amtsverfahren im Sinne von § 24 Abs. 1 FamFG, da § 1886 BGB ein Antragserfordernis nicht kennt. In diesem Zusammenhang ist an den Grundsatz der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu erinnern, dass alle Verfahren Amtsverfahren sind, es sei denn, das materielle (z.B. § 1671 BGB) oder das Verfahrensrecht (z.B. § 13 GBO) schreiben ein Antragserfordernis im Sinne von § 23 FamFG vor (Keidel- Sternal, § 24 FamFG, Rz. 3). Der immer wieder von der Kindesmutter vorgebrachte "Antrag" stellt sich damit als eine unverbindliche Anregung an das Familiengericht dar, ein von ihm festzulegendes Verfahren aus bestimmtem Anlass einzuleiten. Vorliegend hat dies das Familiengericht mit den entsprechenden Beteiligungsverfügungen getan, obwohl es bei der im späteren Verfahrenskostenhilfeversagungsbeschluss genannten Begründung nahe gelegen hätte, bereits die Verfahrenseinleitung unanfechtbar abzulehnen (vergl. Keidel-Sternal, a.a.O., Rz. 9) und die Kindesmutter als Anregende nach Maßgabe des § 24 Abs. 2 FamFG hierüber zu informieren.

    Indem nunmehr aber das Familiengericht zunächst doch Gründe angenommen hat, gerichtliche Ermittlungen nach §26 FamFG aufzunehmen, z.B. weitere Personen zu "beteiligen" und einen Jugendamtsbericht einzuholen, kann der Kindesmutter die nachgesuchte Verfahrenskostenhilfe nicht mit dem Argument verweigert werden, ihr Begehren sei ohne Erfolgsaussicht. Denn bei dem Betreiben eines Amtsverfahrens bestimmen nicht die Beteiligten, sondern das Gericht den Verfahrensgegenstand, so dass sich die tatsächlich zu beteiligenden Personen dem gerichtlichen Verfahren überhaupt nicht entziehen können. Sofern also das Gericht eine auch als "Antrag" bezeichnete Anregung nach § 24 FamFG zum Anlass nahm, ein Verfahren einzuleiten, wird es bei entsprechender Bedürftigkeit in den allermeisten Fällen nicht umhinkommen, einem Beteiligten nach § 7 FamFG auch Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen.

    Allerdings fehlt der Kindesmutter die Beteiligteneigenschaft. § 7 Abs. 1 FamFG scheidet aus, da die Kindesmutter nur Anregende, nicht Antragstellerin ist. Aber auch nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 FamFG ist die Mutter am Entlassungsverfahren betreffend den bereits eingesetzten Umgangspfleger nicht zu beteiligen, da mit einer diesbezüglichen - positiven wie negativen - Entscheidung nicht in ihr (Sorge-)Recht eingegriffen wird. Vielmehr liegt eine unmittelbare Betroffenheit ihrerseits nicht vor.

    Mit dem Beschluss über die Einsetzung eines Umgangspflegers wurde in das Sorgerecht der Mutter eingegriffen und ihr dieses teilweise entzogen. Dieses Verfahren ist beendet, der Eingriff also verstetigt. Durch eine Änderung oder Beibehaltung der Person des Umgangspflegers ändert sich aber nichts an der Zuordnung der Sorgerechtsanteile. Damit tangiert das Verfahren überhaupt nicht das Sorgerecht der Mutter - anders bei einem Verfahren, welches sich von Amts wegen mit der Prüfung der Abänderung der Einsetzungsentscheidung selbst beschäftigt, § 1696 BGB. Aus diesem Grunde wurde bisher auch in vergleichbaren Verfahren nach § 1886 BGB den Eltern ein eigenes Beschwerderecht nach § 20 FGG a.F., der ebenso eine unmittelbare Verfahrensbetroffenheit verlangte, abgesprochen (BayObLG, NJW- RR 1999, 1676f., BayObLG FamRZ 2004, 1817f.).

    Die weiteren Beteiligtenmöglichkeiten nach den § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 FamFG kommen ebenfalls nicht in Betracht, da das Gesetz in solchen Fällen weder die Beteiligung Dritter fordert noch ermöglicht.

    Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO i.V.m. Nr. 1920 VV FamGKG.

    Dr. Fritzsche Richter am Amtsgericht