OLG Frankfurt vom 08.01.2007 (5 WF 247/06)

Stichworte: Kostenfestsetzung, Einigungsgebühr, Protokollierung einer Einigung im Sorgerechtsverfahren,
Normenkette: RVG 56, VV 1000, VV 1003
Orientierungssatz: Die Festsetzung einer Einigungsgebühr für ein gerichtliches Verfahren ist wegen des Gebots der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur möglich, wenn eine entsprechende Vereinbarung auch protokolliert worden ist (vgl. BGH NJW 2006, 1523 ff.). Dieses Erfordernis gilt gleichermaßen für Sorgerechts- und Umgangsverfahren mit der Maßgabe, dass es (statt eines vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten Vereinbarung bedarf.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Der Einzelrichter) auf die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 27.09.2006 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts-Familiengericht - Offenbach am Main vom 14.09.2006 (Nichtabhilfeverfügung vom 13.12.2006) am 8. Januar 2007 beschlossen :

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Rechtspfleger des Amtsgerichts hat bei der Festsetzung der Vergütung für die im Rahmen von Prozesskostenhilfe beigeordnete Beschwerdeführerin die Eini-gungsgebühr von 189 EUR zuzüglich anteiliger Mehrwertsteuer für das Hauptsache-verfahren - zusammen mithin 219,24 EUR - abgesetzt, weil diese mangels Protokol-lierung einer Vereinbarung zur Hauptsache des Sorgerechtsverfahrens nicht ent-standen sei. Die Parteien haben vielmehr ihre wechselseitig gestellten Sorge-rechtsanträge zurückgenommen, nachdem zuvor eine Vereinbarung über ein Um-gangsrecht des Antragstellers mit dem gemeinsamen Kind der Parteien protokol-liert worden war. Hinsichtlich dieser protokollierten Vereinbarung über das Um-gangsrecht ist eine Einigungsgebühr im Rahmen des gesondert abgerechneten EA-Verfahrens antragsgemäß gewährt worden.

Die gegen die Absetzung der Einigungsgebühr im Sorgerechtsverfahren gerichtete Beschwerde ist zulässig (§ 56 RVG), hat jedoch in der Sache auch unter Berücksichtigung der Erinne-rungs-/Beschwerdebegründung keinen Erfolg.

Zu Recht ist das Amtsge-richt in Übereinstimmung mit dem Bezirksrevisor und unter Bezugnahme auf eine zu §§ 103, 104 ZPO, Nrn. 1000, 1003 VV RVG ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, VIII ZB 29 / 05, Beschluss vom 28.03.2006, NJW 2006, 1523 ff. = RPfl. 2006, 436 f.) zu der Auffassung gelangt, dass die Festsetzung ei-ner Einigungsgebühr wegen des Gebots der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nur möglich ist, wenn eine entsprechende Vereinbarung auch protokolliert worden ist. Dieses Erfordernis

gilt gleichermaßen für Sorgerechts- und Umgangs-verfahren mit der Maßgabe, dass es (statt eines vollstreckungsfähigen Vergleichs) einer protokollierten Vereinbarung - wie sie hier für das Umgangsrecht ja auch vorliegt - bedarf.

Die von der Beschwerdeführerin für ihre Gegenmeinung zitierte Entscheidung des OLG Koblenz (MDR 2006, 237; ebenso OLG Nürnberg, Jur. Büro 2005, 190, 192) ist vor der o.g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs ergangen und setzt sich daher mit der besonderen Problematik nicht näher aus-einander, dass es ungeachtet des tatsächlichen Vorliegens einer Einigung für die Festsetzbarkeit der Gebühr auch weiterhin einer klaren, praktikablen Grundlage bedarf, die ohne förmliche Protokollierung nicht gewährleistet ist (BGH a.a.O.). Die für den Zivilprozess hierfür entwickelte Argumentation des BGH, dass gerade im Falle von wechselseitigen Prozesserklärungen gegenüber dem Gericht ohne förm-liche Protokollierung eines Vergleichs nicht sicher sei, ob solchen Erklärungen eine Einigung zugrunde liegt, gilt in Verfahren der vorliegenden Art ebenso, zumal auch hier durchaus ein Interesse einer Partei bestehen kann, bewusst eine kos-ten-sparende Prozessbeendigung unter Verzicht auf einen protokollierten Ver-gleich bzw. eine Vereinbarung zu wählen (vgl. auch dazu BGH a.a.O.). Dafür spricht vorliegend gerade, dass über das Umgangsrecht ausdrücklich eine Verein-barung protokolliert worden ist, während zur Sorgerechtsfrage danach nur noch die Anträge zurückgenommen worden sind, was andernfalls auch in die Vereinba-rung hätte mit aufgenommen werden können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 56 Abs. 2 RVG.

Schwamb