OLG Frankfurt vom 10.11.2005 (5 WF 222/05)

Stichworte: Feststellungklage, Ehevertrag, Feststellungsinteresse
Normenkette: ZPO 256
Orientierungssatz: Ein Interesse an der alsbaldigen Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags besteht nur nach Einleitung des Scheidungsverfahrens ( Siehe auch 2 WF 404/04 = http://www.hefam.de/urteile/2WF40404.html )

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Held als Einzelrichter auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gießen - vom 23.08.2005 (Nichtabhilfebeschluß vom 21.10.2005) am 10.11.2005 beschlossen:

Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat der von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Ehewohnung getrennt lebenden Antragstellerin die Prozeßkostenhilfe für eine Klage verweigert, mit welcher sie die Feststellung der Nichtigkeit eines am 17.06.2002 mit ihrem Ehemann geschlossenen Ehevertrags begehrt. Es sei nicht ersichtlich, daß die Antragstellerin außerhalb des Scheidungsverfahrens ein schutzwürdiges rechtliches Interesse an der Feststellung habe. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluß Bezug genommen.

Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die beabsichtigte Klage hat keine Aussicht auf Erfolg, weil sie unzulässig wäre. Es fehlt der Klage ein schützenswertes Interesse der Klägerin auf alsbaldige Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags (oder der Unzulässigkeit der Geltendmachung der Verzichtserklärungen der Antragstellerin durch den Antragsgegner nach § 242 BGB - Ausübungskontrolle, Hilfsantrag).

Eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrags ist mangels Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO unzulässig, solange ein Scheidungsantrag nicht gestellt ist ( so auch OLG Ffm, Beschluß vom 10.12.2004, 2 WF 404/04, FamRZ 2005, 457 ). Solange die in dem Ehevertrag enthaltenen Regelungen für Folgesachen schon deswegen keine Wirksamkeit entfalten können, weil die Ehe noch besteht und ihr Ende rechtlich offen ist, fehlt es schon deswegen an einer Möglichkeit der Antragstellerin, die Ansprüche geltend zu machen, die der Ehevertrag nach seinem Wortlaut ausschließen soll. Nur der Streit über ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis (Zöller/Greger, ZPO, 25. Auflage, § 256, Rn 3a unter Hinweis auf BGHZ 37, 137/144) soll zur Überprüfung gestellt werden dürfen, nicht der Streit über ein künftiges Rechtsverhältnis, das später möglicherweise entstehen kann (Zöller/Greger, aaO), wenn die Ehe geschieden werden wird, wofür derzeit nur eine Wahrscheinlichkeit spricht. Die Gerichte sollen nicht angerufen werden, wenn nur die Möglichkeit besteht, daß ein streitiges Rechtsverhältnis zukünftig entsteht. Darin unterscheidet sich der Fall von betagten oder bedingten Rechtsgeschäften, die schon die gegenwärtigen Rechtsbeziehungen von Parteien berühren können.

Die Entscheidung des Amtsgerichts steht deswegen auch nicht im Widerspruch zu der von der Antragstellerin zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 01.07.2004, FamRZ 2005, 282 oder NJW-RR 2005, 1-3). Dort wurde ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Nichtigkeit des Ehevertrages anerkannt, obwohl schon die Möglichkeit bestanden hatte, im Scheidungsverbund auf Leistung zu klagen, was im Grundsatz der Zulässigkeit einer Feststellungsklage immer entgegensteht ( Zöller/Greger, aaO, Rn 7a). Es wurde die Auffassung vertreten, daß dann der Gesichtspunkt der Prozeßwirtschaftlichkeit im Vordergrund stehe könne. Allerdings war hier schon der Scheidungsantrag gestellt. Die Antragstellerin kann deswegen für ihre Rechtsansicht daraus nichts herleiten. Die von ihr weiter zitierte Entscheidung des 2. Familiensenats des OLG Ffm vom 29.10.1999 (2 WF 290/99) - http://www.hefam.de/urteile/2WF29099.html - betrifft ebenfalls die Rechtslage nach Stellung des Scheidungsantrags. Hingegen hat auch das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluß vom 09.08.2001, NJW-RR, 2002, 578, entschieden, daß einer negativen Feststellungsklage betreffs des nachehelichen Unterhalts in der Regel das Rechtsschutzinteresse fehle, solange die Eheleute nicht geschieden seien (gemeint ist die Stellung des Scheidungsantrags.

Es handelt sich hier nicht um eine zweifelhafte Rechtsfrage, die nicht abschließend vorweg im Prozeßkostenhilfeprüfungsverfahren beantwortet werden könnte. Zwar besteht keine Rechtsprechung des BGH zu dem Problem, dies allein rechtfertigt aber die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 127 Abs. 4 ZPO, 1811, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG.

Held