OLG Frankfurt vom 21.11.2003 (5 WF 221/00)

Stichworte: Beschlußerlaß, PKH
Normenkette: ZPO 329 ZPO 120 Abs. 4
Orientierungssatz: 1) Für die Qualität eines Beschlusses kommt es nicht darauf an, dass der erkennende Richter im Protokoll die Formel "B. u. v." voranstellt 2) Die Anordnung, die Kosten der bewilligten Prozeßkostenhilfe seien aus dem Vermögen zu erstatten, kann ohne genaue Bezifferung des Betrages nicht ergehen (5 WF 6 und 7/02, Beschlüsse vom 28.05.2003 und 11.09.2003)

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Groß-Gerau vom 08.09.1999 (Nichtabhilfebeschluss vom 16.10.2000) am 21.11.2003 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.08.1999 der Antragstellerin Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr zugleich Rechtsanwalt X. beigeordnet. Weiter heißt es in dem Beschluss: "Raten bleiben vorbehalten".

In der mündlichen Verhandlung vom 08.09.1999 verhandelten die Parteien zur Ehescheidung, der Versorgungsausgleich und die elterliche Sorge wurden besprochen. Sie erklärten, auch über die Vermögensauseinandersetzung und den Zugewinnausgleich außergerichtlich verhandeln zu wollen und weiter, Miteigentümer eines vollfinanzierten Hausgrundstücks zu je 1/2 zu sein, das sie 1997 erworben hätten. Der Antragsgegner habe Anfang 1988 ein Haus geerbt. Dieses Haus sei in der Ehe umgebaut worden, eine Werterhöhung stehe in Frage. Es existierten Lebensversicherungen, die zu bewerten seien. Schließlich habe der Antragsgegner eine private Rentenversicherung, die im Zugewinnausgleich erfasst werden solle. Das Amtsgericht verkündete am Schluss der Verhandlung der Parteien u. a. auch die Entscheidung, dass die Prozesskostenhilfe für die Antragstellerin mit der Maßgabe beschränkt werde, die Kosten bis zum 31.07.2000 zu ersetzen.

In der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin vom 29.07.1999 ist die Frage nach Grundvermögen der Antragstellerin verneint, ebenso die Frage nach sonstigen Vermögenswerten. Angehörige, denen Unterhalt zu gewähren war, wurden trotz des Vorhandenseins von 2 Kindern nicht aufgeführt, die Frage nach Einnahmen der Angehörigen offen gelassen. Es wurde eine Unterhaltszahlung von 1050 DM mitgeteilt. In der mündlichen Verhandlung vom 09.03.2000 haben die Parteien einen Scheidungsfolgenvergleich geschlossen. Darin verpflichtete sich der Antragsgegner in Ziffer 3 des Vergleichs zur Zahlung eines Betrages von 25.000 DM zur Abgeltung der Ansprüche auf Zugewinnausgleich an die Antragstellerin. Im Termin wurde die der Antragstellerin bewilligte Prozesskostenhilfe auf den abgeschlossenen Vergleich erstreckt. Am 06.04.2000 wurde ihr die Kostenrechnung von diesem Tag übersandt. Nach Zahlungserinnerung wies sie darauf hin, dass ihr eine Zahlungsaufforderung nicht vorliege, auch sei ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Mit gerichtlichem Schreiben vom 01.09.2000 wurde sie auf den Beschluss vom 08.09.1999 hingewiesen, Kopie der Kostenrechnung wurde beigefügt.

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die am 08.09.1999 verlautete Erklärung des Amtsgerichts, dass die Kosten bis zum 31.07.2000 zu ersetzen seien. Sie vertritt die Auffassung, für diese Entscheidung des Amtsgerichts gebe es keinen Anlass. Ihr sei mit Beschluss vom 18.08.1999 uneingeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Die Einschränkung sei auch nicht in Form eines Beschlusses verkündet worden, es bestünden Zweifel, ob das Protokoll zutreffend sei. Die Entscheidung sei zudem inhaltlich unbestimmt und einer näheren Überprüfung nicht zugänglich gewesen.

Die zulässige Beschwerde (§ 127 Abs. 2 ZPO) hat keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.08.1999 deutlich genug zum Ausdruck gebracht, dass es die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch überprüfen wolle. Die Antragstellerin hatte zuvor mit Schriftsatz vom 09.08.1999 um eine alsbaldige Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch gebeten. Zu diesem Zeitpunkt hätte die Antragstellerin keinen Anspruch auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gehabt, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ordnungsgemäß angegeben waren. Anscheinend hatte der Familienrichter - möglicherweise auch aufgrund anderer Verfahren (etwas AG Groß-Gerau, 71 F 855/98 und 71 F 124/99) - Anhaltspunkte, an den Angaben der Antragstellerin über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu zweifeln. Aus diesem Grund behielt er sich mit Beschluss vom 18.08.1999 eine Überprüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse vor. Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.1999 nähere Angaben zu ihrem Vermögen gemacht hatten, die in Teilen in Widerspruch zu den Angaben der Antragstellerin in ihrer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 29.07.1999 standen, zog er die Konsequenz aus seinem Vorbehalt in dem Beschluss vom 18.08.1999 und ordnete die Zahlung der Prozesskosten bis zum 31.07.2000 an.

Unzutreffend ist deswegen die Auffassung der Antragstellerin, ihr sei mit Beschluss vom 18.08.1999 uneingeschränkt Prozesskostenhilfe bewilligt worden: Der Beschluss enthielt eine deutliche Einschränkung. Weiter unzutreffend ist die Ansicht, es handele sich bei der Entscheidung vom 08.09.1999 nicht um einen Beschluss. An dessen Rechtsmittelfähigkeit kann nicht gezweifelt werden. Für die Qualität eines Beschlusses kommt es nicht darauf an, dass der erkennende Richter die Formel " B. u. v. " voranstellt. Entscheidend ist allein, dass er eine gerichtliche Entscheidung verlautbaren will und diese den Parteien mitteilt, so dass Existenz und Wirksamwerden der Entscheidung zeitlich zusammenfallen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., § 329 Rdnr. 7 f). Im Übrigen geht der Entscheidung die Formel " B. u. v. " voraus. Die Bitte um Einreichung der Formulare kann in einen Beschluss eingebunden werden. Die folgende Festsetzung des Gegenstandswerts spricht auch für eine einheitliche Beschlussfassung. Schließlich geht der Einwand der Antragstellerin fehl, das Protokoll sei falsch (§ 165 ZPO). Den Nachweis der Fälschung hat sie nicht geführt, ganz abgesehen davon, dass es aus dem Sachzusammenhang unmittelbar einleuchtet, wie der Familienrichter reagiert hat. Die Antragstellerin mag sich vor Augen halten, dass das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.09.1999 auf Tonträger aufgenommen worden ist. Die Richtigkeit der Übertragung vom Tonträger ist vom Urkundsbeamten auf dem Protokoll bestätigt.

Dahingestellt bleiben kann, ob die Entscheidung vom 08.09.1999 so hätte ergehen dürfen, wenn die Anordnung darauf beruhte, dass die Prozesskosten wegen eines später zu erwartenden Vermögenswertes beglichen werden mussten, der Betrag dann hätte beziffert werden müssen (vgl. dazu Zöller/Philippi § 115 Rn 58; 120 Rn 5, 10). In dem Vergleich vom 09.03.2000 hat sich der Antragsgegner nämlich zur Zahlung von 25.000 DM zur Abgeltung des Zugewinnausgleichs verpflichtet. Das Amtsgericht hätte dann der Antragstellerin - die der verkündeten und übersandten Entscheidung nicht entgegengetreten war, so dass insoweit keine Veranlassung bestand - im Hinblick darauf gemäß § 120 Abs. 4 ZPO die Zahlung der Kosten wegen einer wesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse auferlegen können (vgl. dazu Senat Beschlüsse vom 28.05.2003 - 5 WF 264/00 und 11.09.2003 - 5 WF 6 und 7/02), dass der zu zahlende Betrag nach der Rechtsprechung des Senats in der Entscheidung hätte festgesetzt werden müssen (vgl. dazu die Beschlüsse vom 11.09.2003), steht einer Zurückweisung der Beschwerde nicht entgegen. Die Antragstellerin hatte bei Einlegung der Beschwerde die Kostenrechnung erhalten. Eine Wiederholung des Betrags erscheint nicht notwendig, wäre eine reine Formalität (vgl. Senat Beschluss vom 28.05.2003). Ihr war jedenfalls dann (wieder) bewusst, dass der Betrag bis zum 31.07.2000 zu zahlen gewesen wäre, also sofort hätte entrichtet werden müssen. Der Senat folgt auch nicht der Auffassung, dass die Entscheidung über zu leistende Zahlungen nur dann hätte geändert werden können, wenn nach Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse noch Gebührentatbestände verwirklicht werden, da die Entscheidung nur für die Zukunft wirke (OLG München OLGZ 1989, 382; OLG Düsseldorf FamRZ 1992, 837). § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO sieht nämlich ausdrücklich eine Änderung der Entscheidung nach Verfahrensende vor, also zu einer Zeit, in der alle Gebührentatbestände bereits verwirklicht sind (OLG München Rechtspfleger 1994, 218 f); OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1592 = MDR 1996, 198; OLG Hamm FamRZ 1993, 1474; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe 3. Aufl. Rn, 394). Im Hinblick auf diese Rechtsfrage, die nach der Entscheidung für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung ist, lässt der Senat allerdings die Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 127 Abs. 4, 97 ZPO i.V.m. 1, 11 GKG und dem Kostenverzeichnis.

Dr. Hartleib Meinecke Held