OLG Frankfurt vom 10.01.2013 (5 WF 215/11)

Stichworte: Berufsergänzungspfleger; Vergütung; Beratungshilfe; unbegleiteter minderjähriger Asylbewerber;
Normenkette: BGB 1836 Abs. 1; RVG 2, 13, 14; RVG VV 2501; 2503; VBVG 3;
Orientierungssatz: Verlangt der anwaltliche Berufsergänzungspfleger für die Vertretung des minderjährigen unbegleiteten Kindes im ausländer- und asylrechtlichen Verfahren eine Vergütung nach §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB i. V. m. § 3 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) so findet im Regelfall keine Begrenzung des Vergütungsanspruches durch die Gebührensätze der Beratungshilfe nach RVG VV 2501, 2503 statt.

317 F 2100/10
AG Offenbach am Main

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerden der Ergänzungspflegerin vom 13.7.2011 gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenbach vom 16.6.2011 am 10.1.2013 beschlossen:

Die Beschlüsse des Amtsgerichts Offenbach vom 16.6.2011 in der Form des Abhilfebeschlusses vom 14.09.2011 werden abgeändert und wie folgend neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Ergänzungspflegerin die Pflegschaft berufsmäßig führt.

Für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin wird aufgrund ihrer Anträge vom 8.9.2009, 7.12.2009, 16.2.2010, 14.4.2010 und 11.10.2010 eine Gesamtvergütung in Höhe von 814,13 EURO festgesetzt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 614,21 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beschwerdeführerin wurde der betroffenen Minderjährigen, welche ohne ihre Eltern aus Eritrea als Flüchtling nach Deutschland eingereist ist, durch Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Gießen vom 14.08.2009 auf Anregung des späteren Vormundes, des Jugendamtes der Stadt Gießen, als Ergänzungspflegerin mit dem Wirkungskreis der Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten bestellt, weil der Vormund, wie das Amtsgericht ausdrücklich festgestellt hat, hier nicht über die erforderliche Sachkunde verfüge. Eine Feststellung der Berufsmäßigkeit der Pflegschaft ist nicht erfolgt. In der Folgezeit vertrat die Ergänzungspflegerin das Kind im Rahmen eines von ihr gestellten Asylantrages und sodann auch in weiteren ausländerrechtlichen Angelegenheiten. Dabei führte sie auch eigene Ermittlungen für den insoweit maßgeblichen Sachverhalt, z. B. durch Gespräche mit Angehörigen und Ärzten durch. Erstmals mit Schreiben vom 8.9.2009 beantragte die Ergänzungspflegerin eine Vergütung ihrer Tätigkeit und Auslagen in Höhe von 103,95 EUR brutto von der Staatskasse, wobei sie ihre näher bezeichneten Tätigkeiten mit einem Stundenaufwand von 2,75 Stunden zu einem Satz von 31,- EURO in Rechnung stellte. Das Amtsgericht Gießen zahlte den entsprechenden Betrag an die Beschwerdeführerin aus, ein förmlicher Festsetzungsbeschluss erging zunächst nicht. In der Folgezeit stellte die Ergänzungspflegerin weitere Abrechnungen nach Stundenaufwand in einer Höhe von 244,94 EUR (Abrechnung vom 7.11.2009),154,94 EUR (Abrechnung vom 16.2.2010) und 90,49 EUR (Abrechnung vom 14.4.2010), die allesamt zur Auszahlung gekommen sind. Als die Ergänzungspflegerin mit Antrag vom 11.10.2010 eine weitere Abrechnung ihrer Tätigkeit und Auslagen in Höhe von 219,81 EUR begehrte, beantragte der zuständige Bezirksrevisor bei dem Landgericht Darmstadt die förmliche Festsetzung der Vergütung der Ergänzungspflegerin unter Begrenzung auf eine Gebühr im Rahmen der Beratungshilfe Nr. 2503 VV-RVG in Höhe von 70,- EUR zzgl. einer Dokumentenpauschale in Höhe von 14,- EUR und 19% MWSt., also insgesamt 99,96 EUR bei gleichzeitiger Rückforderung eines bereits ausgezahlten Betrages von 494,35 EUR. Mit Beschluss des Amtsgerichts Offenbach vom 16.6.2011 setzte dieses aufgrund der Anträge vom 8.8.2009, 7.12.2009, 16.2.2010 und 14.4.2010 eine Gesamtvergütung von 99,96 EUR fest. Im Übrigen wies es die Anträge zurück und kündigte hinsichtlich der zu viel ausbezahlten Beträge eine Rückforderung im Wege einer gesonderten Kostenrechnung in Höhe von 494,36 EUR an. In einem weiteren Beschluss vom 16.6.2011 wies es den Vergütungsantrag der Beschwerdeführerin vom 11.10.2011 auf Zahlung eines Gesamtbetrages von 219,81 EUR zurück.

Die Ergänzungspflegerin legte gegen beide ihr am 29.6.2011 zugestellte Beschlüsse mit Schreiben vom 13.7.2011, eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag, "sofortige" Beschwerde ein.

Mit Beschluss vom 14.9.2011 half das Amtsgericht der Beschwerde gegen den oben zuerst genannten Beschluss teilweise ab und bewilligte der Ergänzungspflegerin wegen eines von ihr gestellten Duldungsantrages vom 5.1.2009 eine Vergütung in Höhe einer weiteren Beratungshilfegebühr in Höhe von 99,96 EUR, wodurch sich der Rückforderungsbetrag auf 394,40 EUR ermäßige. Im Übrigen half es der Beschwerde und auch der weiteren Beschwerde gegen den weiteren Beschluss vom 16.6.2011 nicht ab. Mit Beschluss vom 7.1.2013 wurden gemäß § 20 FamFG die beiden Beschwerdeverfahren 5 WF 215/11 und 5 WF 218/11 miteinander verbunden.

II.

Das Rechtsmittel ist als Beschwerde gegen die Beschlüsse der Rechtspflegerin des Amtsgerichts vom 16.06.2011 nach §§ 168 Abs. 1, 58 Abs. 1 FamFG, 11 Abs. 1 RpflG statthaft. Insoweit hätten die form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden unmittelbar vom Amtsgericht dem Senat vorgelegt werden müssen, da nach § 68 Abs. 1 S. 2 FamFG eine Abhilfebefugnis des Familiengerichts nicht besteht. Der nach § 61 Abs. 1 FamFG erforderliche Beschwerdewert von 600,- EUR ist im Übrigen überschritten, da die Beschwerdeführerin insgesamt eine Vergütung in Höhe von 814,13 EUR verlangt und ihr nach den beiden zuvor erwähnten angefochtenen Beschlüssen nur ein Betrag von 199,92 EUR verbleiben soll.

Die Beschwerde ist begründet, da das Amtsgericht die Ergänzungspflegerin wegen der von ihr geltend gemachten Vergütungsansprüche zu Unrecht auf die gebührenrechtlichen Sätze der Beratungshilfe verwiesen hat.

Der anwaltliche Berufsergänzungspfleger, der für den minderjährigen Pflegling Dienste erbringt, für die ein nichtanwaltlicher Pfleger oder Vormund wegen fehlender fachspezifischer Kenntnisse einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, kann nach der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Meinung wählen, ob er wegen der von ihm erbrachten Dienste, die zu seinem Beruf gehören, Aufwendungsersatz nach §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 4 BGB i. V. m. dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) verlangt oder eine Vergütung seiner Tätigkeit nach Stunden gemäß §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB i. V. m. § 3 des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (VBVG) beansprucht (KG FamRZ 2012, 63; OLG Frankfurt BeckRS 2011, 05379; OLG München 2008, FamRZ 2008, 2309; Palandt/Diederichsen, BGB, 72. Aufl., § 1835 BGB Rn. 13).

Entscheidet sich der Ergänzungspfleger für die Geltendmachung von Aufwendungsersatz nach §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 4 BGB kann er zwar grundsätzlich nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, da der Betroffene keinen Vorteil daraus ziehen soll, dass sein Pfleger aufgrund seiner Qualifikation Dienste erbringen kann, wofür ein anderer Pfleger einen Rechtsanwalt gegen Entgelt beauftragen würde (BGH FamRZ 2007, 381 für den Berufsbetreuer). Bei einem mittellosen Pflegling ist aber nach der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung der berufsmäßige Pfleger (wie der Betreuer oder Vormund) wegen seiner Pflicht zur kostenschonenden Ausführung seines Amtes auf die jeweiligen Gebührensätze der Prozesskostenhilfe und der Beratungshilfe zu verweisen, weil auch der nicht berufsmäßige Betreuer, Vormund oder Pfleger diese Möglichkeiten in Anspruch nehmen würde (BGH FamRZ 2007, 381 und KG FamRZ 2012, 63 jeweils für den Berufsbetreuer; OLG Frankfurt, Beschl. v. 21.1.2011, 4 WF 209/10 für die Prozesskostenhilfe, veröffentlicht bei www.hefam.de ). Der 20. Zivilsenat des OLG Frankfurt ist dem in seiner Entscheidung vom 18.12.2009 (FamRZ 2011, 670) auch für den Ergänzungspfleger, der für einen mittellosen ausländischen Minderjährigen ein asylrechtliches Umverteilungsverfahren geführt hat, gefolgt und hat diesen auf die gebührenrechtlichen Sätze der Beratungshilfe verwiesen und ihm eine dem Wahlanwalt entsprechende Vergütung verweigert. Der 2. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt ist demgegenüber in seiner Entscheidung vom 3.2.2011 (BeckRS 2011, 05379) bei der außergerichtlichen Vertretung des Pfleglings durch einen anwaltlichen Ergänzungspfleger in einem - hier nicht vorliegenden -Flughafenverfahren nach § 18a AsylVfG wegen der Besonderheiten dieses Verwaltungsverfahrens nicht gefolgt und hat eine Begrenzung der anwaltlichen Tätigkeit nach Maßgabe der Sätze der Beratungshilfe nicht vorgenommen.

Allen genannten Entscheidungen ist gemeinsam, dass die betroffenen Rechtsanwälte ihr jeweiliges Wahlrecht dahin ausgeübt hatten, dass sie Aufwendungsersatzansprüche nach §§ 1915, 1835 Abs. 4 BGB i. V. m. dem RVG beanspruchten. Noch nicht obergerichtlich geklärt ist aber die Frage, ob eine Begrenzung der Vergütung der außergerichtlichen Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers nach den Sätzen der Beratungshilfe auch dann vorzunehmen ist, wenn dieser, wie in dem hier zur Entscheidung anstehenden Fall, eine stundenweise Vergütung nach §§ 1915 Abs. 1 BGB, 1836 Abs. 1 S. 2 BGB i. V. m. § 3 VBVG beansprucht. Beschränkt sich die Tätigkeit eines anwaltlichen Pflegers auf die gerichtliche Vertretung des Pfleglings, so wird dieser die Begrenzung seines Aufwendungsersatzanspruches nach §§ 1915 Abs. 1, 1835 Abs. 4 BGB auf die Gebühren der Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe nicht dadurch umgehen können, dass er eine im Einzelfall höhere stundenweise Vergütung nach § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB geltend macht. Hierfür spricht im gerichtlichen Bereich auch der Umstand, dass dem anwaltlichen Berufsvormund oder-pfleger Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden kann, er bekomme seine Tätigkeit nach § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB vergütet (BGH FamRZ 2011, 633).

Wird der anwaltliche Ergänzungspfleger dagegen - wie hier - im außergerichtlichen Bereich für den minderjährigen Pflegling tätig, so ist sein Vergütungsanspruch nach § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB dann nicht durch die gebührenrechtlichen Bestimmungen der Beratungshilfe begrenzt, wenn sich seine Tätigkeit als Pfleger nicht nur auf die anwaltstypische Tätigkeit im Rahmen eines Beratungshilfemandates beschränkt, weil nur dann eine gebührenrechtliche Gleichbehandlung geboten ist. Die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes, der nach § 49a Abs. 1 S. 1 BRAO zur Gewährung von Beratungshilfe verpflichtet ist, wird sich bei der Gewährung von Beratungshilfe im Rahmen der Ausübung seines Mandates zur außergerichtlichen Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten in der Regel darauf beschränken, den Auftraggeber rechtlich zu beraten und bei Bedarf die erforderlichen Schriftsätze, etwa einen Antrag auf Gewährung von Asyl, zu fertigen. Hierauf reduziert sich aber die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes, der das Amt eines Ergänzungspflegers für ein minderjähriges Kind wahrnimmt, das ohne Begleitung seiner Eltern als Flüchtling nach Deutschland eingereist ist, auch dann nicht, wenn sein Aufgabenkreis mit der "Vertretung in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten" umschrieben ist. Die Beschwerdeführerin hat überzeugend dargelegt, dass angesichts des noch jungen Alters ihres Pfleglings dieser nicht selbst ausreichend zur Klärung des Hintergrundes seiner Einreise in der Lage war. Ihre überwiegende Tätigkeit habe deshalb darin bestanden, den der Flucht aus dem Heimatland Eriträa zugrunde liegenden Sachverhalt aufzuklären, aus dem sich asyl- oder ausländerrechtliche Rechte des Pfleglings ergeben konnten. Es seien Gespräche mit dem Jugendamt, Angehörigen und Flüchtlingsorganisationen zu führen gewesen, um den ausländerrechtlichen Hintergrund ihres Pfleglings aufzuklären. Insbesondere habe sie zur Tatsachenbeschaffung mehrere Gespräche mit der ebenfalls nach Deutschland als Flüchtling eingereisten Großmutter des Pfleglings führen müssen. Das Jugendamt sei - was für den Senat durchaus nachvollziehbar ist - nicht dazu in der Lage gewesen, als Vormund die erforderlichen Informationen, etwa über den Verbleib der Eltern des Pfleglings und die Gründe seiner Flucht zu liefern. Auch habe sie die Möglichkeiten einer ausländerrechtlich nicht unproblematischen Zusammenführung zwischen ihrem Pflegling und seiner Großmutter aufklären müssen. Zu ihrer Tätigkeit habe auch die Vorbereitung des Kindes auf das Gespräch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gehört. Schließlich habe sich herausgestellt, dass das Kind HIV-positiv sei und von ihr seien im Hinblick auf etwaige Abschiebeverbote (§ 60 Abs. 7 AufenthG) auch diesbezüglich Ermittlungen, z. B. durch Gespräche mit Ärzten und Flüchtlingsorganisationen zu führen gewesen, um etwa die ärztlichen und medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten im Heimatland in Erfahrung zu bringen. Auch diesbezüglich habe sie die erforderlichen Informationen nicht vom Amtsvormund erhalten können. Auch habe sie das betroffene Kind selbst zu dem Anhörungstermin beim Bundesamt begleitet, um dieses zu unterstützen, etwa in der Frage der Notwendigkeit der Einholung amtsärztlicher Gutachten z. B. zur Frage einer bereits erfolgten Genitalverstümmelung.

Entgegen der Auffassung des Bezirksrevisors bewegte sich die Beschwerdeführerin mit den von ihr geleisteten Diensten auch nicht außerhalb ihres Aufgabenkreises. Die Pflegschaft für ein minderjähriges Kind dient in erster Linie seinem Schutz. Minderjährige Kinder, die ohne ihre Personensorgeberechtigten als Flüchtlinge in das Inland kommen, bedürfen angesichts ihrer Notlage einer besonderen und umfassenden Fürsorge. Soweit - wie hier - zunächst das Jugendamt als Vormund tätig ist, bestünde auch die Möglichkeit, dass das Jugendamt den Aufgabenkreis der Vertretung des Kindes in asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten selbst wahrnimmt und soweit ihm die hierzu erforderlichen Kenntnisse fehlen, einen Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe beauftragt. Hiervon wird jedoch aus nachvollziehbaren Gründen in der Praxis abgesehen und die Bestellung eines anwaltlichen Berufspflegers beim Familiengericht angeregt. Dies erfolgt zu dem Zweck, die asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten des Kindes im Rahmen des gesetzlichen Leitbildes so wahrzunehmen, wie dies auch die an der Ausübung der Sorge verhinderten Eltern täten (Oberloskamp, Vormundschaft, Pflegschaft und Beistandschaft für Minderjährige, 3. Aufl., § 12 Rn. 1). Da der Amtsvormund zur Beschaffung der für die außergerichtliche Vertretung des Pfleglings erforderlichen Informationen regelmäßig nicht in der Lage sein wird, sind die von dem Ergänzungspfleger durchgeführten Ermittlungen zumindest dann angezeigt, wenn es um die erstmalige Betreibung von asyl- und ausländerrechtlichen Angelegenheiten des Pfleglings geht. Hier beschränken sich die Dienste des anwaltlichen Ergänzungspflegers gerade nicht auf Tätigkeiten, die typischerweise im Rahmen eines anwaltlichen Beratungshilfemandates zu erbringen sind. Anders wird dagegen auch im Rahmen von § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB zu entscheiden sein, wenn wie etwa in dem vom OLG Frankfurt am Main entschiedenen Fall (FamRZ 2011, 670) sich die Tätigkeit des Pflegers auf berufstypische Handlungen, wie etwa die Stellung eines asylrechtlichen Umverteilungs- oder Asylfolgeantrages, beschränkt. Geht die Tätigkeit des anwaltlichen Ergänzungspflegers aber über die typischen Dienste im Rahmen eines Beratungshilfemandates hinaus, so kann dieser nach Auffassung des Senates ohne Begrenzung durch die Gebührensätze der Beratungshilfe eine Vergütung nach §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB, 3 Abs. 1 VBVG beanspruchen. Zwar wird in der Literatur zum Verhältnis § 1835 Abs. 4 BGB zu § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB vertreten, dass im Rahmen der Gesamtvergütung des Vormundes berufsspezifische Tätigkeiten des Rechtsanwaltes nach § 1835 Abs. 4 BGB und solche der allgemeinen Amtsführung nach § 1836 Abs. 1 BGB zu unterscheiden seien (etwa jurisPK-BGB/Pammler § 1835 BGB Rn. 82 ff.). Hiergegen spricht aber vor allem, dass die einzelnen Tätigkeiten eines anwaltlichen Berufspflegers im Rahmen seines Aufgabenkreises, wie der vorliegende Fall zeigt, nicht klar unterscheidbar sind und eine Aufspaltung seiner Tätigkeiten in spezifische Anwaltstätigkeit und sonstige Amtstätigkeit für die Vergütungsfestsetzung der Amtsgerichte kaum praktikabel wäre. Schließlich zeigt auch der Vergleich mit einem nichtanwaltlichen Berufsbetreuer, dass eine Begrenzung des Vergütungsanspruches des Rechtsanwaltes im außergerichtlichen Bereich letzteren unangemessen benachteiligen würde. Würde ein berufsmäßiger Ergänzungspfleger - ohne Rechtsanwalt zu sein - aufgrund vorhandener ausländerrechtlicher Kenntnisse den Pflegling selbst vertreten, stünde ihm der Vergütungsanspruch nach § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB ohne Einschränkungen zu. Von diesem könnte auch nicht unter Berücksichtigung seiner Pflicht zur kostensparenden Amtsführung ernsthaft verlangt werden, einen Rechtsanwalt im Rahmen der Beratungshilfe zu beauftragen anstatt selbst den Pflegling zu vertreten.

Die angefochtenen Beschlüsse sind daher aufzuheben und die Vergütung der Beschwerdeführerin neu festzusetzen. Das Amtsgericht hat bei seinen Entscheidungen übersehen, dass es bislang verabsäumt wurde, die Berufsmäßigkeit der Ausübung der Pflegschaft festzustellen (§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 BGB, 1 VBVG). Die gerichtliche Feststellung, dass ein Ergänzungspfleger die Pflegschaft berufsmäßig geführt hat, ist auch noch nachträglich im Festsetzungsverfahren (§ 168 FamFG) möglich und kann zudem vom Beschwerdegericht selbst getroffen werden (OLG Brandenburg ZKJ 2009, 132; OLG Dresden FamRZ 2003, 935; Palandt/Diederichsen Anh. zu § 1836 BGB (VBVG) § 1 VBVG Rn. 8). Dabei kommt es nicht darauf an, ob hier bei der Beschwerdeführerin ein Regelfall nach § 1 Abs. 1 S. 2 VBVG vorliegt, da bei einem Rechtsanwalt, der zum Ergänzungspfleger bestellt wurde, eine berufsmäßige Ausübung des Amtes vermutet werden kann, wenn der Aufgabenkreis des Amtes, wie hier, zu seiner Berufstätigkeit gehört (OLG Frankfurt FamRZ 2001, 790).

Da hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Vergütung sachliche Zweifel weder erkennbar noch hiergegen Einwände erhoben wurden, war diese antragsgemäß festzusetzen und zwar ungeachtet des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin mit einem Stundensatz von 31,- EURO eine unter dem Regelsatz von § 3 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VBVG liegende Vergütung beansprucht.

Die Kostentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde folgt aus § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zur Frage der Begrenzung des Vergütungsanspruches nach §§ 1915 Abs. 1, 1836 Abs. 1 S. 2 BGB durch die gebührenrechtlichen Sätze der Beratungshilfe liegt noch nicht vor.

Der Beschwerdewert war nach §§ 40 Abs. 1, 35 FamGKG festzusetzen.

Rechtsbehelfsbelehrung: ...

Dr. Römer Albrecht Dr. Dürbeck