OLG Frankfurt vom 12.07.2000 (5 WF 19/00)

Stichworte: Prozesskostenhilfe, Vaterschaftsfeststellung, Erfolgsaussicht
Normenkette: ZPO 114
Orientierungssatz: 114 ZPO schreibt die Erfolgsprüfung ohne Einschränkung für jedes PKH-Gesuch vor, sie ist daher auch in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren vorzunehmen ( BVerfGE 9, 256 ). Im Verfahren der vorliegenden Art kann aber, ähnlich wie in Scheidungssachen oder Verfahren auf Regelung der elterlichen Sorge, die Frage, ob ein Verfahrensbeteiligung auf der Beklagtenseite Erfolgsaussicht hat, nicht alleine daran gemessen werden, ob ein dem Klageantrag widersprechender Antrag gestellt wird ( vgl. Senatsbeschluß vom 16.2.1998 - Az.: 28 W 2 / 98- m. w. N.)

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gießen vom 15. 10. 1999 - Nichtabhilfe vom 24. 1. 2000 -

am 12. 7. 2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Dem Beklagten wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin Ingeborg Grieb in Gießen ratenfreie Prozeßkostenhilfe für die Rechtsverteidigung bewilligt.

Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

G R Ü N D E :

Die gemäß § 127 Abs. 2, Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde hat Erfolg.

Der Rechtsverteidigung kann - entgegen der Ansicht des Amtsgerichts - eine Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Das Amtsgericht hat zwar im Ergebnis im Nichtabhilfebeschluß zutreffend darauf hingewiesen, daß eine Verteidigung des Beklagten keine Erfolgsaussicht haben würde. Dies hat der Beklagte selbst eingesehen und nach Vorlage des Abstammungsgutachtens im Hauptsacheverfahren die Vaterschaft außergerichtlich anerkannt. Diese (späte) Erkenntnis basiert an sich aufgrund der Beweisaufnahme und seiner Zweifel, ob nicht die Kindesmutter während seines Urlaubs in der Empfängniszeit gegebenenfalls doch anderweitigen Geschlechtsverkehr gehabt hätte, da er die Kindesmutter bis dahin nicht richtig kennengelernthabe.

§ 114 ZPO schreibt die Erfolgsprüfung ohne Einschränkung für jedes PKH-Gesuch vor, sie ist daher auch in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren vorzunehmen ( BVerfGE 9, 256 ). Im Verfahren der vorliegenden Art kann aber, ähnlich wie in Scheidungssachen oder Verfahren auf Regelung der elterlichen Sorge, die Frage, ob ein Verfahrensbeteiligung auf der Beklagtenseite Erfolgsaussicht hat, nicht alleine daran gemessen werden, ob ein dem Klageantrag widersprechender Antrag gestellt wird ( vgl. Senatsbeschluß vom 16.2.1998 - Az.: 28 W 2 / 98- m. w. N.) oder ob der zur Rechtsverteidigung gehaltene Vortrag geeignet ist, den Klageabweisungsantrag zu stützen. Für die Erfolgsaussicht der Rechtsverteidigung in einem Vaterschaftsfeststellungsverfahren der vorliegenden Art muß wegen der Natur der Rechtsverteidigung in einem solchen Fall zur Bejahung der Erfolgsaussicht genügen, wenn das mit der Beteiligung an dem Prozeß verfolgte Ziel auch oder nur darin besteht, die Rechte der Partei zu wahren ( vgl. Senat a.a.O. m. w. N. ).

Die Einkommensverhältnisse des Beklagten rechtfertigen die ratenfreie Bewilligung von Prozeßkostenhilfe.

Die Anwaltsbeiordnung beruht auf § 121 Abs. 2 ZPO. Sie erscheint allein schon wegen des eingeholten Gutachtens und dessen Auswertung und der Beratung des Beklagten geboten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 1, 11 GKG i. V. m. KV Nr. 1952; § 127 Abs. 4 ZPO.

Meinecke Held Schwamb