OLG Frankfurt vom 09.03.2000 (5 WF 167/99)

Stichworte: PKH, Rechtsverfolgung, Mutwilligkeit Verfahren, isoliertes Anordnung, einstweilige Rückübertragung, Wirksamkeit Bindung, treuhänderische
Normenkette: ZPO 114, 620 Abs. 1 Nr. 4
Orientierungssatz: Die Rechtsverfolgung zukünftiger Kindesunterhaltsansprüche im isolierten Verfahren ist vorliegend nicht deshalb mutwillig im Sinne von § 114 ZPO, weil die Antragstellerin wegen der anhängigen Ehesache ebenso eine einstweilige Anordnung gemäß § 620 Abs. 1 Ziffer 4 ZPO hätte beantragen können; Zur Wirksamkeit der Rückübertragung Kraft Gesetzes übergegangener Unterhaltsansprüche.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des 0berlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Gießen vom 01.07.1999 am 09.03.2000 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

Das Verfahren wird an das Amtsgericht zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

G r ü n d e :

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Prozeßkostenhilfe kann nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses in Verbindung mit der Nichtabhilfeentscheidung versagt werden.

Die Rechtsverfolgung zukünftiger Kindesunterhaltsansprüche im isolierten Verfahren ist vorliegend nicht deshalb mutwillig im Sinne von § 114 ZPO, weil die Antragstellerin wegen der anhängigen Ehesache ebenso eine einstweilige Anordnung gemäß § 620 Abs. 1 Ziffer 4 ZPO hätte beantragen können. Selbst wenn diese einstweilige Anordnung kostengünstiger wäre - und möglicherweise auch schneller zu erlangen -, hätte es im Fall der teilweisen oder völligen Zurückweisung der einstweiligen Anordnung nach mündlicher Verhandlung gemäß § 620 c Satz 2 ZPO ein Rechtsmittel für die Antragstellerin wegen Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung nicht gegeben. Anders kann die Antragstellerin im Falle der völligen oder teilweisen Zurückweisung ihres Begehrens ein Rechtsmittel einlegen, welches zur vollen Überprüfungder Entscheidung führt. Die Antragstellerin handelt nicht mutwillig, wenn sie den sicheren und den weitergehenden Rechtsschutz wählt. Darüber hinaus kann die Antragstellerin im isolierten Verfahren auch rückständigen Kindesunterhalt verlangen, was ihr im einstweiligen Anordnungsverfahren verwehrt ist.

Der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe steht auch nicht entgegen, daß die Antragstellerin rückständigen Kindesunterhalt geltend macht, obwohl ein Teil des geltend gemachten rückständigen Kindesunterhaltes, nämlich der Regelbetrag, bereits durch Leistung nach dem Unterhaltsvorschußgesetz abgegolten worden ist. Aufgrund des Rückübertragungvertrages vom 14.04.1999 hat das Land Hessen dem Unterhaltsberechtigten die auf das Land Hessen durch Leistungen nach dem Unterhaltsvorschußgesetz übergegangenen Unterhaltsansprüche wirksam zurückübertragen. Die Rückübertragung ist auch nicht, wie das Amtsgericht Gießen meint, unwirksam, weil in Ziffer 3 des Rückübertragungsvertrages bestimmt ist, daß ein Forderungsverzicht oder die Klagerücknahme ebenso wie der Abschluß eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleichs der Zustimmung der Unterhaltsvorschußkasse bedarf. Die Einschränkung der Geltendmachung der rückübertragenen Unterhaltsansprüche gemäß Ziffer 3 des Rückübertragungsvertrages bringt nur die treuhänderische Bindung für die Antragstellerin zum Ausdruck. Sie soll die zu treuen Händen übertragenen Ansprüche im Interesse des Landes Hessen geltend machen. Wirtschaftlich bleibt das Land Hessen "Eigentümer" der Forderung, nur die formale Stellung des Rechtsinhabers im Außenverhältnis steht der Antragstellerin für das Kind zu (Verwaltungstreuhand). Dies berührt nur das Innenverhältnis, begründet aber keinen Zweifel an der Berechtigung, die Forderung aus eigenem Recht dem Schuldner gegenüber geltend zu machen. Sollte sich die Antragstellerin im Prozeß nicht weisungsgemäß verhalten, wären Prozeßhandlungen und materiellrechtliche Verfügungen gleichwohl wirksam und begründeten gegebenenfalls lediglich im Innenverhältnis Ansprüche auf Schadensersatz (so auch die Entscheidung des 5. Familiensenats vom 01.04.1999, Aktenzeichen 5 WF 123/98). Das Fehlen der Kostenerstattungsklausel in dem Rückübertragungsvertrag führt ebenfalls nicht zur Unwirksamkeit dieses Vertrages. Die Verpflichtung des Landes Hessen, Kosten, mit denen die Antragstellerin durch die Rückübertragung selbst belastet wird, zu übernehmen, folgt unmittelbar aus § 7 Abs. 4 Satz 3 UVG. Diese eindeutige Regelung des Gesetzes braucht deshalb in der Rückübertragungsvereinbarung nicht mehr wiederholt zu werden (vgl. auch BGH FamRZ 2000, 221 (222)).

Die Erfolgsaussicht der Klage im übrigen hat das Amtsgericht bisher nicht geprüft. Dem Antragsgegner ist die Antragsschrift bisher auch noch nicht übermittelt worden. Das Amtsgericht wird daher - nach Ablauf einer Frist zur Gelegenheit zur Stellungnahme für den Antragsgegner - insoweit unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 1 GKG, 127 Abs. 4 ZPO.

Dr. Hartleib Held Tayefeh-Mahmoudi