OLG Frankfurt vom 28.11.2008 (5 WF 153/08)

Stichworte: Stufenklage, Wert; steckengebliebene Stufenklage, Wert;
Normenkette: GKG 44
Orientierungssatz:
  • Zum Wert der "steckengebliebenen" Stufenklage
  • Der Wert eines unbezifferten Leistungsbegehrens bei einer Unterhalts-Stufenklage richtet sich nach herrschender Meinung nach der ursprünglichen Zahlungserwartung des Klägers zur Zeit der Einreichung der Klage.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Held als Einzelrichter auf die Beschwerde des Beklagten gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts-Familiengericht-Gießen vom 14.04.2008 (Nichtabhilfeentscheidung vom 21.07.2008) am 28.11.2008

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

    Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

    Gründe:

    Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Streitwert für die Stufenklage bis zu der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien am 26.02.2008 gemäß § 44 GKG auf 9.240 EUR (12*770 EUR) und für die Zeit danach auf bis 2.500 EUR sowie den Streitwert für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 4.620 EUR (6*770 EUR) festgesetzt. Dem lag eine Stufenklage zu Grunde, mit welcher Unterhalt für die Zeit des Getrenntlebens geltend gemacht wurde, wobei, wie sich aus der Begründung des gleichzeitig gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung ergibt, mindestens ein Notunterhalt in Höhe von 770 EUR verlangt werden sollte.

    Gegen die Streitwertfestsetzung richtet sich die Beschwerde des Beklagten, dem mit weiterem Beschluss des Amtsgerichts vom 27.03.2008 die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, nachdem die Parteien den Rechtsstreit nach Auskunftserteilung durch den Beklagten übereinstimmend für erledigt erklärt hatten. Der Beklagte rügt, dass das Gericht bei der Streitwertfestsetzung den von der Klägerin geltend gemachte Notunterhalt in Höhe von 770 EUR zu Grunde gelegt hat, obwohl es zu einer Bezifferung des Unterhaltsanspruchs mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten nicht gekommen sei. Entsprechend einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart (FamRZ 2008, Seite 533) richte sich der Wert der Stufenklage dann nach dem geringeren Wert des Auskunftsanspruchs, wenn ein Gebührentatbestand nur hinsichtlich des Auskunftsantrags verwirklicht worden sei. Demnach sei der Streitwert nur mit einem Zehntel des festgesetzten Werts zu bemessen, weil hier nur ein Gebührentatbestand hinsichtlich des Auskunftsantrags verwirklicht worden sei.

    Wegen der Begründung der Beschwerde wird auch auf den Schriftsatz vom 07.08.2008 Bezug genommen.

    Die Beschwerde ist unbegründet.

    Bei einer so genannten " stecken gebliebenen Stufenklage", gerichtet zunächst auf Auskunft und sodann auf der Grundlage der erteilten Auskunft auf Zahlung, bestimmt § 44 GKG, dass sich der Streitwert nach dem höheren der verbundenen Ansprüche, nämlich dem Zahlungsanspruch zu richten habe. Dies gilt sowohl für die anwaltliche Verfahrensgebühr als auch für die Gerichtsgebühren. Dabei bleibt es auch dann, wenn es nicht zu einer Verhandlung über den Leistungsanspruch kommt oder -wenn wie hier nach Auskunftserteilung- der Leistungsantrag nicht mehr beziffert wird, weil sich herausgestellt hat, dass der Beklagte nicht leistungsfähig ist. Der Grund dafür liegt darin, dass der Leistungsanspruch schon mit der Klageerhebung rechtshängig wird. Zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ist daher der Wert zu beurteilen; er kann nicht aufgrund nachträgliche Erkenntnisse revidiert werden. Der Wert eines unbezifferten Leistungsbegehrens bei einer Unterhalts-Stufenklage richtet sich nach herrschender Meinung nach der ursprünglichen Zahlungserwartung des Klägers zur Zeit der Einreichung der Klage. Hier also nach dem geltend gemachten Mindestbetrag von 770 EUR (OLG Karlsruhe, FamRZ 2008, 1205; OLG Düsseldorf, OLGRspr Düsseldorf 2008, 719; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 16.10.2008, 10 WF 113/08 recherchiert bei Juris; OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 534, jeweils mit vielen weiteren Nachweisen zu der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung). Die von dem Beklagten angeführte Rechtsprechung des 16. Senats des Oberlandesgericht Stuttgart (16 WF 173/08) überzeugt hingegen nicht.

    Nach Auffassung des 16. Senats des Oberlandesgericht Stuttgart ergebe sich aus § 44 GKG eine gebührenrechtliche Differenzierung zwischen Auskunftsantrag, Antrag auf Abgabe der Versicherung an Eides statt und dem Leistungsantrag. Diese Differenzierung würde keinen Sinn machen, wenn sich der Gebührenstreitwert stets nach dem Wert des Leistungsanspruchs bestimmte. Das Gesetz biete daher die Möglichkeit, die Wirkungen der Rechtshängigkeit eines Leistungsantrag dem Grunde nach herbeizuführen, ohne das Prozesskostenrisiko mit einer gleichzeitigen Bezifferung der Leistung in die Höhe treiben zu müssen.

    Schon diese Prämisse trifft nicht zu. Der höchste Streitwert, der sich nach dem Zahlungsanspruch bemisst, ist stets maßgebend für die gerichtliche und die anwaltliche Verfahrensgebühr, während sich der Streitwert für die Terminsgebühr nach dem Wert derjenigen Verfahrenstufe richtet, in der diese Gebühren anfallen (Brandenburgisches Oberlandesgericht, a.a. O. unter Hinweis auf FamRZ 2007, 71 und Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage, § 3, Randziffer 16). Die Differenzierungen in § 44 GKG nach Auskunftsantrag, Antrag auf Abgabe einer Versicherung an Eides statt und schließlich dem Leistungsantrag hat daher auch dann einen Sinn, wenn man der herrschenden Rechtsprechung folgt.

    Die von dem Beklagten angeführte Rechtsprechung, die den gegensätzlichen Standpunkt vertritt, nach der sich der Wert der Stufenklage nach der Auskunftsstufe richte, wenn sich nach ihr ergebe, dass kein Zahlungsanspruch bestehe (OLG Frankfurt, MDR 1987, 508) stellt fast ausschließlich auf das Interesse des Klägers ab, ein Kostenrisiko zu vermeiden. Sie ist in Teilen auch nicht ganz einschlägig. Wie sich aus der vorstehend zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt aus dem Jahre 1987 ergibt (Einsender Herr VRiOlg i.R. Dr. Hartleib) hatte der Kläger in dem entschiedenen Falle bei Klageeinreichung seinen Zahlungsantrag vom Ergebnis der Auskunftserteilung abhängig gemacht und wollte ihn nicht höher gewertet wissen, als er ihn später aufgrund der erteilten Auskunft zu beziffern in der Lage sei. Hier hat die Klägerin aber unzweideutig zu erkennen lassen, dass sie mindestens einen Anspruch in Höhe von 770 EUR monatlich verfolgen will.

    Schließlich kann nicht außer Betracht bleiben, dass die unbezifferte Stufenklage auch dann einen Wert haben muss, wenn sie in der Auskunftsstufe stecken bleibt, ohne dass eine Auskunft erteilt würde. Stellte man auf den Standpunkt des 16. Senats des Oberlandesgericht Stuttgart ab, fehlte dann jeder Anhaltspunkt für eine Bewertung. Auf einen Teilbetrag eines später anerkannten Betrags (FamRZ 2008, Seite 533) könnte der Wert nicht festgesetzt werden, weil das Verfahren soweit nicht gediehen wäre. Schließlich bliebe dann auch nur eine Schätzung der ursprünglichen Zahlungserwartung des Klägers als Maßstab für den Wert der Klage übrig, weil jede Klage irgend einen Wert haben muss.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 68 Abs. 3 GKG.

    Held