OLG Frankfurt vom 30.10.2013 (5 WF 146/13)

Stichworte: Beschwerde, Statthaftigkeit; einstweilige Anordnung; Kostenentscheidung;
Normenkette: FamFG 57 Satz 2
Orientierungssatz: Ein Rechtsmittel gegen eine isolierte Kostenentscheidung in einem einstweiligen Anordnungsverfahren ist auch im Fall einer Katalogsache nach § 57 Satz 2 FamFG nicht statthaft.

5 WF 146/13
479 F 7444/12
AG Frankfurt

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Familiensenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts- Familiengericht- Frankfurt am Main vom 19.02.2013 am 30.10.2013 beschlossen:

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Kostenentscheidung in einem einstweiligen Sorgerechtsverfahren nach Antragsrücknahme.

Der Antragsteller begehrte mit Antrag vom 19.11.2012 im Wege der einstweiligen Anordnung die Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge für den gemeinsamen Sohn der Beteiligten, XX, geb. am xx, da dieser nunmehr in seinem Haushalt lebe. Die Aufrechterhaltung der bisherigen Sorgerechtsregelung, nämlich der Alleinsorge der Kindesmutter, sei vor dem Hintergrund der bestehenden Schwierigkeiten nicht angezeigt.

Am 17.12.2012 fand eine mündliche Erörterung vor dem Amtsgericht statt, welche mit der Ankündigung einer Entscheidung nach Eingang der Stellungnahme des noch zu bestellenden Verfahrensbeistandes sowie des noch anzufordernden Jugendamtsberichtes endete. Mit Schriftsatz vom 18.02.2013 nahm der Antragsteller seinen Antrag zurück, worauf ihm das Amtsgericht mit dem angegriffenen Beschluss die Kosten des Verfahrens auferlegte. Mit Schriftsatz vom 14.03.2013 begehrte der Antragsteller die Wiederaufnahme des Sorgerechtsverfahrens, da er seinen Antrag irrtümlich und unter falschen Voraussetzungen zurückgenommen habe. Die Kindesmutter bereite Probleme, zahle keinen Unterhalt und habe den Kontakt zum gemeinsamen Sohn abgebrochen. Ebenfalls begehrt er die Aufhebung der Gerichtskosten.

Im daraufhin neu eingeleiteten Sorgerechtsverfahren stellte der Antragsteller klar, dass sein Schriftsatz vom 14.03.2013 als Beschwerde gegen die Kostenentscheidung zu verstehen sei. Ferner wurde ihm unter Zustimmung der Kindesmutter in diesem Verfahren die alleinige elterliche Sorge übertragen.

II.

Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, da ein Rechtsmittel entgegen dem Inhalt der erstinstanzlichen Rechtsmittelbelehrung nicht statthaft ist.

Die Beschwerde richtet sich gegen die im Verfahren der einstweiligen Anordnung nach Rücknahme des Antrags ergangene Kostenentscheidung. Dies hat der Beschwerdeführer klargestellt. Die nach dem Wortlaut seiner Beschwerdeschrift begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens war nicht möglich, da dieses durch die Rücknahme beendet wurde. Als verfahrensgestaltende Erklärung ist die Antragsrücknahme unwiderruflich und nicht anfechtbar (vgl. Sternal in Keidel, FamFG, 17. Auflage 2011, § 22 Rz. 12).

Generell sind isolierte Kostenentscheidungen im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit als Endentscheidungen mit der befristeten Beschwerde gemäß § 58 FamFG anfechtbar (vgl. statt vieler OLG Düsseldorf vom 15.06.2010, FamRZ 2010, 1835; sowie Meyer-Holz in Keidel, aaO., § 58 Rz. 97 m.w.N.). Vorliegend erging die Kostenentscheidung jedoch in einem Verfahren der einstweiligen Anordnung. Die Anfechtbarkeit von isolierten Kostenentscheidungen richtet sich im Verfahren der einstweiligen Anordnung nicht nach § 58 FamFG sondern nach § 57 FamFG als lex specialis (vgl. KG Berlin vom 06.12.2010, FamRZ 2011, 577; OLG Frankfurt vom 14.06.2012, FamRZ 2013, 569 f Rz.13).

Gemäß § 57 Satz 1 FamFG sind Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung in Familiensachen nicht anfechtbar, ein Ausnahmetatbestand im Sinne des § 57 Satz 2 FamFG ist nicht gegeben.

Eine Kostenentscheidung, welche im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens ergeht, ist nach ganz überwiegender Meinung dann nicht isoliert anfechtbar, wenn das Beschwerdegericht in der Hauptsache zu einer Abänderung nicht befugt wäre. Dies gilt für alle isolierten Kostenentscheidungen in Verfahren, welche thematisch nicht vom Katalog des § 57 Satz 2 Nr. 1-5 FamFG umfasst sind (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, FamRZ 2011, 496 f; OLG Zweibrücken, FamRZ 2012, 50). Dem liegt der in den Bestimmungen des §§ 127 Abs. 2 Satz 2 FamFG, 91 a Abs. 2 ZPO zum Ausdruck gebrachte Rechtsgedanke zu Grunde, wonach nicht über den Umweg der Nebenentscheidung das Rechtsmittelgericht mit der Frage der Erfolgsaussicht in der Hauptsache befasst werden soll, wenn diese nicht zu ihm gelangen kann (vgl. BGH vom 23.02.2005, FamRZ 2005,790 f sowie Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, FamRZ 2007, 1035; OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 965). Dies hat seinen Grund darin, dass einander widersprechende Entscheidungen in Haupt- und Nebenverfahren vermieden werden sollen.

Auch ist die Kostenentscheidung nicht anfechtbar, wenn zwar über ein Verfahren gemäß dem Katalog des § 57 Satz 2 FamFG befunden wurde, jedoch die Entscheidung ohne mündliche Erörterung in der Sache erging (vgl. OLG Frankfurt, aaO).

Vorliegend ist zwar mündlich zu einer Sache im Sinne des § 57 Satz 2 Nr.1 FamFG erörtert worden, allerdings ist keine Entscheidung in der Sache ergangen, vielmehr wurde der Antrag während des weiteren Verfahrens zurückgenommen. Ob in diesen Fällen die isolierte Kostenentscheidung anfechtbar ist, ist für die neue Rechtslage nach dem FamFG nicht abschließend entschieden. Nach altem Verfahrensrecht stellte sich diese Thematik nicht in gleicher Weise. Einstweilige Anordnungen stellten im Gegensatz zum geltenden Recht keine selbständigen Verfahren dar, so dass gemäß § 620 g ZPO a.F. die Kosten des einstweiligen Anordnungsverfahrens als Teil der Kosten der Hauptsache auch dann galten, wenn der Ursprungsantrag zurückgenommen wurde. Soweit vereinzelt selbständige Kostenentscheidungen getroffen wurden, wurde deren Anfechtbarkeit verneint (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2002, 965; Finger in Münchener Kommentar 3. Auflage 2007, § 620 c Rz. 19). Die Vorschrift des § 20 a Abs. 2 FGG fand aufgrund der fehlenden verfahrensmäßigen Eigenständigkeit der einstweiligen Anordnungsverfahren keine Anwendung.

Der Senat sieht auch nach dem neuen Verfahrensrecht in diesen Fällen ein Rechtsmittel als nicht gegeben.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist gemäß § 57 Satz 2 Ziffer 1 FamFG ein Rechtsmittel im Verfahren der einstweiligen Anordnung lediglich statthaft, soweit aufgrund mündlicher Verhandlung über die elterliche Sorge für ein Kind entschieden wurde. Vorliegend wurde erstinstanzlich gerade nicht über die elterliche Sorge sondern lediglich nach Rücknahme über die Kosten des Verfahrens entschieden. Der Wortlaut lässt nicht den Rückschluss zu, dass eine generelle Anfechtbarkeit von Entscheidungen, welche innerhalb eines einstweiligen Anordnungsverfahrens zum Sorgerecht ergehen, möglich ist. Auch ergeben die Motive des Gesetzes keine anderweitigen Anhaltspunkte. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung des § 57 FamFG seine Intention nach einer weiterhin nur sehr eingeschränkten Möglichkeit der Anfechtung von Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung zum Ausdruck gebracht. Bei Fassung der Vorschrift wurden die bisher in § 620 c ZPO a.F. genannten Fälle erneut aufgegriffen. Lediglich wurde durch eine geringfügige Änderung in der Formulierung klargestellt, dass zukünftig auch ablehnende Entscheidungen im Rahmen des Katalogs der Anfechtung unterliegen (vgl. BT-Drs. 16/6308 S. 202 f), was nach altem Recht nicht möglich war. Eine weitergehende Eröffnung der Anfechtungsmöglichkeiten - gerade von Nebenentscheidungen- lässt sich den Motiven nicht entnehmen.

Auch lassen sich durch gesetzliche Änderungen im Zuge der Einführung des FamFG an anderer Stelle keine gegenteiligen Rückschlüsse ziehen. Nach der Gesetzesreform sind nunmehr auch Kostenentscheidungen, welche im Zusammenhang mit der Hauptsacheentscheidung ergehen, in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit isoliert, d.h. ohne ein Rechtsmittel in der Hauptsache, angreifbar (vgl. BT-Drucksache, 16/6308 S. 168), was nach früherer Rechtslage gemäß § 20 a Abs. 1 FGG nicht möglich war (vgl. Zimmermann in Keidel/Kuntze/Winkeler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Auflage 2003, § 20 a Rz. 3b). Diese Möglichkeit der isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen ist jedoch deutlich von der Anfechtbarkeit isolierter Kostenentscheidungen zu unterscheiden, welche gleichfalls wie nach altem Recht (§ 20 a Abs. 2 FGG) in Hauptsachverfahren über die §§ 58 ff FamFG anfechtbar sind, denen jedoch § 57 FamFG für Verfahren der einstweiligen Anordnung als lex specialis vorgeht (s.o.). Ein gesetzgeberischer Wille, durch die geschaffene Möglichkeit der isolierten Anfechtung von Kostenentscheidungen in Hauptsacheverfahren eine erweiterte Anfechtbarkeit von isolierten Kostenentscheidungen in Verfahren der einstweiligen Anordnung ermöglichen zu wollen, lässt sich nicht herleiten.

Die Anfechtbarkeit von Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist vielmehr nach dem Willen des Gesetzgebers auf besonders bedeutsame Fälle beschränkt. Die diesbezügliche gesetzgeberische Wertung wurde durch die abschließende Aufzählung der in Satz 2 genannten Bereiche zum Ausdruck gebracht. Eine Anfechtungmöglichkeit soll danach bestehen, wenn ein besonders schwerwiegender Eingriff in die Rechtsstellung eines Beteiligten vorliegt und aus der vorläufigen Anordnung ein dauerhafter Rechtszustand entstehen kann. Ansonsten besteht der Zweck dieser sehr eingeschränkten Anfechtbarkeit darin, den Fortgang der Hauptsache nicht dadurch zu behindern, dass wegen einstweiliger Anordnungen die Verfahrensakten zwischen den Instanzen hin und her gesandt werden; ferner dient die Vorschrift der Entlastung der Rechtsmittelgerichte (vgl. Musielak/Borth, FamFG, 4. Auflage 2013, § 57 Rz. 1; Münchener Kommentar/Soyka, FamFG, 3. Auflage 2010, § 57 Rz. 1). Die Anfechtbarkeit einer reinen Kostenentscheidung ist mit dieser gesetzgeberischen Wertung und Gewichtung nicht in Einklang zu bringen; zumal der Gesetzgeber durch die fehlende Anfechtbarkeit von einstweiligen Anordnungen zum Unterhalt deutlich gemacht hat, dass rein wirtschaftliche Belange, welche im Zuge einer Regelung zum Unterhalt in weitaus größerem Rahmen betroffen sind, nicht einer Nachprüfung unterliegen sollen.

Die nicht zutreffende Rechtsmittelbelehrung, welche auf die Beschwerde verweist, ändert an der fehlenden Statthaftigkeit nichts, da eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung generell keinen gesetzlich nicht vorgesehenen Rechtsweg eröffnet (vgl. Keidel, FamFG 17. Auflage 2011, § 39 Rz.13; BGH NJW-RR 2007, 1071).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 84, 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Von einer Kostenerhebung hat der Senat im Hinblick auf die erteilte Rechtsbehelfsbelehrung abgesehen.

Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 4 FamFG nicht statthaft.

Ostermöller Dr.Dürbeck Möller