OLG Frankfurt vom 01.10.2003 (5 WF 13/03)

Stichworte: PKH, Namenserteilung, Ersetzung der Einwilligung Namenserteilung, polnisches Kind Polen, Namenserteilung
Normenkette: BGB 1618 EGBGB 10,23, FVGB-Polen 1,2
Orientierungssatz: Zur Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für die Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Namensänderung für ein polnisches Kind

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts -Familiengericht -Frankfurt am Main vom 25.11.2002 am 01.10.2003 entschieden:

Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das Amtsgericht zurückverwiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ § 131 b Kostenordnung, 127 Abs. 4 ZPO).

Gründe:

Die gemäß §§ 14 FGG, 127 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.

Die hinreichende Erfolgsaussicht des Antrags kann nicht verneint werden.

Gemäß Artikel 10 Abs. 3 Ziffer 2 EGBGB -siehe auch Ziffer 3 von Abs. 3 -kann die Antragstellerin entgegen Artikel 10 Abs. 1 EGBGB als Inhaberin der elterlichen Sorge bestimmen, dass das polnische Kind den Familiennamen nach deutschem Recht erhalten soll, da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat.

Dieses Recht umfasst auch eine Einbenennung des Kindes (vergleiche dazu Palandt BGB 62. Auflage Artikel 10 EGBGB Randnoten 8, 23; Artikel 23 EGBGB Randnote 1; Staudinger BGB 13. Auflage Artikel 10 EGBGB Randnote 283).

Die Voraussetzungen der Einbenennung sind dem gemäß Artikel 10 Abs. 3 EGBGB bestimmten Namenstatut zu entnehmen, ebenso die Zustimmungserfordernisse in der Person des Kindes oder eines Dritten (Palandt aaO Artikel 23 EGBGB Randnote 1; Staudinger BGB Neubearbeitung 2002 Artikel 23 EGBGB Randnote 13). Dabei unterliegt gemäß Artikel 23 EGBGB die Erforderlichkeit und die Erteilung der Zustimmung des Kindes und einer Person, zu der das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnis steht, zu einer Namenserteilung zusätzlich dem Recht des Staates, dem das Kind angehört. Allerdings ist stattdessen das deutsche Recht anzuwenden, soweit es zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Diese Vorschrift gilt nur für die Zustimmungserfordernisse, nicht auch für die Statthaftigkeit des Vorgangs selbst (Palandt aaO Artikel 10 EGBGB Randnote 1; nach polnischem Recht (Artikel 90 §§ 1,2 FVGB) kann die Mutter eines minderjährigen Kindes mit dem Stiefvater dem Kind den Familiennamen des Ehemannes der Mutter geben, wobei nach der Vollendung des 13. Lebensjahres des Kindes auch dessen persönliche Zustimmung erforderlich ist; die Namenserteilung darf nicht erfolgen, wenn das Kind den Familiennamen des Vaters führt, es sei denn, dass dieser ihm auf Grund einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung verliehen worden ist).

Gemäß § 1618 Satz 4 BGB kann die Einwilligung des anderen Elternteils in die Namenserteilung ersetzt werden, wenn die Erteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2002, 94, 1330 und 1331) kann die Einwilligung erst dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden, und die Einbenennung unerlässlich ist, um Schäden für das Kind abzuwenden. Es müssen schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten sein oder die Einbenennung einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen, dass sich ein verständig um sein Kind sorgender Elterteil auf der Erhaltung des Namensbundes nicht bestehen würde. Die Umstände, die zur Begründung des Einbenennungsbegehrens vorgetragen werden, müssen über das hinausgehen, was typischerweise die Situation eines Kindes kennzeichnet, wenn der sorgeberechtigte Elternteil eine neue Ehe eingeht und den Familiennamen des Ehepartners annimmt. Der gemeinsame Wunsch der Eheleute, das Kind einzubenennen, wird in § 1618 BGB ebenso wie die Einwilligung des Kindes, das das 5. Lebensjahr vollendet hat, vorausgesetzt und ist deshalb allein nicht geeignet, die Erforderlichkeit der Einbenennung für das Kindeswohl darzulegen. Auch bloße Unannehmlichkeiten in Folge der Namensverschiedenheit, die Notwendigkeit diese auf Nachfrage zu erklären, können die gedeihliche Entwicklung des Kindes nicht ernsthaft beeinflussen. Es müssen Anhaltspunkte dafür gegeben sein, dass das Kind seinem derzeitigen Namen aus anderen Gründen als dem bloßen Wunsch, den neuen Namen der Familie zu tragen, völlig ablehnend gegenübersteht.

Vorliegend hat die Antragstellerin sich nicht nur auf den Wunsch der Tochter berufen und Gründe für die Einbenennung dargelegt, die allein Unanhmlichkeiten in Folge der Namensverschiedenheiten darstellen (Nachfrage bei Auslandsreisen, Außenseiterrolle in der Schule), sondern auch angegeben der Vater habe seine Vaterschaft bestritten, zur Klärung habe ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden müssen. Dieser habe nur kurzzeitig zur geringen Unterhalt gezahlt. Er sei zur jedweder Mitwirkung, die das Kind betreffe, nicht bereit. Es habe noch nie ein persönliches Gespräch der Tochter mit ihrem Vater, kein Treffen, kein Helfen stattgefunden. Der Vater habe ihr noch nie geschrieben. Die Tochter habe darunter gelitten. Der Vater hasse sie und habe angekündigt, ihr jeglich mögliche Schwierigkeiten zu machen. So habe er zunächst für den Reisepass die Unterschrift verweigert, ebenso für die Einreiseerlaubnis nach Deutschland. Die Tochter der der Stress unerträglich gewesen sei und die Psychisch am Ende gewesen sei, habe die Ausweisung aus Deutschland zugestellt bekommen. Die Tochter möchte keine Beziehung zu dem Vater, der seine Vaterschaft bestritten habe, jeglichen Kontakt mit ihr ablehne, ihre Existenz schlicht ignoriere. Sie leide darunter, dass sie den Namen des Vaters tragen müsse.

Dies sind konkrete Umstände, die eine weitere Prüfung im Hauptverfahren notwendig erscheinen lassen, ob die Ersetzung der Einwilligung des Vaters erforderlich ist. Durch die Anhörungen -unter Umständen auch durch weitere Ermittlungen -ist zu prüfen, wie sich die Einstellung und das Verhalten des Vaters auf die Entwicklung und Reifung der jetzt allerdings schon fast 16-jährigen Tochter, die angesichts ihres Alters ihre soziale Biographie wohl kennt, auswirkt, inwieweit ihre Geborgenheit in der Familie auch durch die Namenserteilung gefördert werden muss. Für die Entscheidung könnte auch ein Desinteresse des Vaters, dessen persönliches Verhalten von Bedeutung sein, wobei auch aufgeklärt werden kann, inwieweit seitens des Antragstellers und seitens Kindes Kontaktaufnahmen versucht worden sind, dem Kind die über die Namensgleichheit zum Ausdruck kommende Verbundenheit mit dem Vater erklärt worden ist.

Bei der Gesamtabwägung ist auch zu prüfen, ob ein milderer Eingriff in die Elternrechte nämlich die Voranstellung oder Anfügung des Namens ausreicht, wofür aber ein entsprechender Antrag erforderlich ist (vergleiche dazu BGH FamRZ 2002, 94).

Der Senat verweist das Verfahren an das Amtsgericht zur weiteren Entscheidung zurück, da vom Amtsgericht die Voraussetzungen der Kostenarmut noch nicht geprüft worden sind. Der eingereichten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse waren Belege nicht beigefügt.

Dr. Hartleib Reitzmann Held