OLG Frankfurt vom 12.12.2003 (5 WF 118/03)

Stichworte: Verfahrenspfleger Erstattungsanspruch Verfahrenspfleger, Umfang der Tätigkeit
Normenkette: FGG 50 Abs. 5, 67 Abs. 3, Satz 3, 56g Abs. 5, Satz 1
Orientierungssatz: Es muss dem Verfahrenspfleger ein gewisser Freiraum zugestanden werden, wie und in welchem Umfang er tätig wird (vgl. dazu OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 627; OLG Dresden FamRZ 2003, 877 ff). Zu den vordringlichsten Aufgaben des Verfahrenspflegers gehört, um die Belange des Kindes sachgerecht vertreten zu können, sich mit dem Kind in Verbindung zu setzen und in Verbindung zu bleiben, bis er seine Aufgabe erfüllt hat. Das bedeutet, dass er sich mit dem Kind trifft und wenn erforderlich, das Kind z.B. zu Hause oder im Kindergarten besucht. Dabei steht es in seinem pflichtgemäßen Ermessen, Anzahl und Dauer der Treffen/Besuche selbst zu bestimmen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Rechtsanwalts XYZ. gegen den Beschluss des Rechtspflegers des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenbach am Main vom 30.05.2003 am 12.12.2003 beschlossen:

Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Die Vergütung des Verfahrenspflegers für die Zeit vom 16.07.2002 bis 26.11.2002 wird auf insgesamt 844,02 EUR festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

Der Verfahrenspfleger erstrebt Erstattung der Vergütung für seine im Rahmen des vom Amtsgericht durchgeführten Umgangsverfahrens in der Zeit vom 16.07. bis 26.11.2002 entfaltete Tätigkeit gemäß Rechnung vom 27.11.2002 mit spezifiziertem Tätigkeitsnachweis in Höhe von 844,02 EUR inclusive Mehrwertsteuer u.a. für einen Zeitaufwand von insgesamt 1.360 Minuten à 31,00 EUR/Std. und Fahrtkosten von insgesamt 24,93 EUR. In dem Zeitaufwand sind enthalten insgesamt fünf Treffen mit bzw. Besuche bei dem Kind von insgesamt 835 Minuten an unterschiedlichen Tagen (vgl. Tätigkeitsnachweis Bl. 44 d. GA.).

Nach Beteiligung des zuständigen Bezirksrevisors hat der Rechtspfleger der Auffassung des Bezirksrevisors folgend nur ein Treffen mit und einen Besuch bei dem Kind (390 Minuten) und nur zweimal Fahrtkosten von 4,68 EUR als erstattungsfähig mit der Begründung anerkannt, mit den weiteren Besuchen bzw. Treffen habe der Verfahrenspfleger mehr geleistet, als seine Aufgabe gewesen sein soll. Dies lasse seine Stellungnahme vom 15.10.2002 erkennen, die fast gutachterlichen Inhalt habe.

Das Amtsgericht hat anstelle der beantragten Festsetzung von 844,02 EUR lediglich 559,67 EUR festgesetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde des Verfahrenspflegers ist zulässig (§§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3, Satz 3, 56g Abs. 5, Satz 1 FGG) und auch begründet.

Dem Verfahrenspfleger steht die beantragte Vergütung für seine Tätigkeit im vorliegenden Umgangsverfahren in voller Höhe zu. Dementsprechend ist der angefochtene Beschluss abzuändern.

Es ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der vom Bezirksrevisor und infolge dessen vom Amtsgericht zitierten Entscheidung des 6. Senats für Familiensachen vom 18.02.2003 ein anders gelagerten Sachverhalt zugrunde lag und nicht vollumfänglich mit dem vorliegenden Fall vergleichbar ist. Zum anderen ist bei der geforderten Tätigkeit eines Verfahrenspflegers auf die Individualität des Einzelfalls abzustellen, es kann daher grundsätzlich nicht pauschaliert werden (vgl. dazu OLG Frankfurt FamRZ 2002, 335).

Es muss dem Verfahrenspfleger ein gewisser Freiraum zugestanden werden, wie und in welchem Umfang er tätig wird (vgl. dazu OLG Zweibrücken FamRZ 2002, 627; OLG Dresden FamRZ 2003, 877 ff). Zu den vordringlichsten Aufgaben des Verfahrenspflegers gehört, um die Belange des Kindes sachgerecht vertreten zu können, sich mit dem Kind in Verbindung zu setzen und in Verbindung zu bleiben, bis er seine Aufgabe erfüllt hat. Das bedeutet, dass er sich mit dem Kind trifft und wenn erforderlich, das Kind z.B. zu Hause oder im Kindergarten besucht. Dabei steht es in seinem pflichtgemäßen Ermessen, Anzahl und Dauer der Treffen/Besuche selbst zu bestimmen.

Wenn vorliegend Rechtsanwalt XYZ. es für notwendig gehalten hat, zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner Pflichten als Verfahrenspfleger das Kind fünf Mal zu treffen bzw. zu besuchen, dann ist dies vorliegend nicht zu beanstanden. Er hat damit nach Auffassung des Senats keine, nicht zu den Aufgaben eines Verfahrenspflegers gehörende Mehrarbeit geleistet. Dieser hat nämlich dargelegt, im Hinblick auf das Alter des Kindes, den über längere Zeit fehlenden Kontakt zum Vater und die Ablehnung des Vaters durch die Mutter sei es erforderlich gewesen, das Kind behutsam kennen zu lernen. Es habe ein Mindestmaß an Vertrauen hergestellt werden müssen, ohne das mit dem Kind nicht sinnvoll habe gearbeitet werden können. Danach erscheint die für die Kontakte mit dem Kind insgesamt in Ansatz gebrachte Zeit noch nicht als unangemessen, eine Korrektur durch Außenstehende nicht notwendig. Auch lässt sich aus seiner Stellungnahme vom 15.10.2002 kein gutachtlicher Inhalt in dem Sinn entnehmen, dass er bei den Kontakten mit dem Kind über seine Aufgabe als Verfahrenspfleger "hinausgeschossen" sei. Die Stellungnahme enthält im Wesentlichen den Inhalt der mit den Eltern und dem Kind geführten Gespräche, wobei bezüglich des Kindes dessen ambivalente Einstellung zum Ausdruck kommt. Wenn dann am Ende eine Empfehlung für die weitere Vorgehensweise abgegeben wird, gehört diese zu seinem Aufgabenbereich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13a Abs. 1 FGG, 131 Abs. 1 Satz 2 KostO.

Dr. Hartleib Reitzmann Meinecke