OLG Frankfurt vom 01.04.1999 (5 WF 1111/98)

Stichworte: Rückübertragung von Kraft Gesetzes auf den Träger der Sozialhilfeübergegangener Unterhaltsansprüche Wirksamkeit der Rückübertragung
Normenkette: BSHG 91
Orientierungssatz: ..."Eine Einschränkung der Geltendmachung der zurückabgetretenen Unterhaltsansprüche gemäß § 5 des Abtretungsvertrages bringt nur die treuhänderische Bindung der Antragstellerin zum Ausdruck. Sie soll die an sie zu treuen Händen übertragenen Ansprüche im Interesse des Trägers der Sozialhilfe geltend machen. Wirtschaftlich bleibt der Träger der Sozialhilfe "Eigentümer" der Forderung, nur die formale Stellung des Rechtsinhabers im Außenverhältnis steht der Antragstellerin zu (Verwaltungstreuhand). Dies berührt nur das Innenverhältnis, begründet aber keinen Zweifel an der Berechtigung, die Forderung aus eigenem Recht dem Schuldner gegenüber geltend zu machen. Sollte sich die Antragstellerin im Prozeß nicht weisungsgemäß verhalten, wären Prozeßhandlungen und materiell-rechtliche Verfügungen gleichwohl wirksam (begründeten ggf. lediglich im Innenverhältnis Ansprüche auf Schadenersatz)."

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Büdingen vom 14.07.1998 (Nichtabhilfebeschluß) vom 06.08.1998 am 01.04.1999 beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.

Gründe

Das Amtsgericht hat der Antragstellerin Prozeßkostenhilfe für eine Klage verweigert, mit der sie ausschließlich rückständigen Trennungsunterhalt für die Zeit ab Oktober 1996 für 22 Monate von jeweils 397,18 DM, insgesamt in Höhe von 8.737,96 DM, geltend machen will. Sie bezieht seit dem 24.09.1996 von dem Sozialamt des Wetteraukreises Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von monatlich 532,00 DM. Der Wetteraukreis hat mit der Antragstellerin am 19.11.1996 einen Rückübertragungs- und Abtretungsvertrag abgeschlossen, mit dem die Kraft Gesetzes auf den Wetteraukreis übergegangenen Unterhaltsansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner (§ 91 BSHG)

zur gerichtlichen Geltendmachung auf diese zurückübertragen worden sind. Wegen des Vertragsinhalts im einzelnen wird auf den Vertrag (Bl. 12, 12 RS) Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat die Prozeßkostenhilfe mit der Begründung verweigert, die Antragstellerin sei nicht aktivlegitimiert, weil der Rückübertragungsvertrag unwirksam sei. Unter Ziff. 5 des Vertrages sei mit dem Sozialhilfeträger vereinbart, daß Unterhaltsvergleiche und Verzichtserklärungen der ausdrücklichen Zustimmung des Sozialhilfeträgers bedürften. Damit sei die Antragstellerin nicht Herr des Verfahrens. Aus einer Entscheidung des OLG Hamm, FamRZ 1996, 1151 ff, ergäbe sich, daß dann die Rückabtretung unwirksam sein.

Die Beschwerde bleibt erfolglos. Der Senat teilt die Auffassung des Amtsgerichts zur Aktivlegitimation der Antragstellerin nicht. Für die Aktivlegitimation kommt es darauf an, ob die Antragstellerin durch den Rückübertragungsvertrag wieder Inhaberin der auf den Träger der Sozialhilfe zunächst Kraft Gesetzes übergegangenen Forderungen geworden ist und damit berechtigt, Leistung von dem Schuldner zu fordern. Dafür genügt nach § 398 BGB ein Abtretungsvertrag mit dem Inhalt, daß der neue Gläubiger an die Stelle des bisherigen Gläubigers tritt, wobei die abgetretene Forderung nur genügend bestimmbar sein muß ( z.B. BGH, NJW 95, 1669). Nach Meinung des Senats ist für die Wirksamkeit der Abtretung auch keine exakte Berechnung bestehender Unterhaltsansprüche erforderlich, wie der Antragsgegner unter Bezugnahme auf OLG Frankfurt am Main, 6. Senat, FamRZ 97, 501 meint. Soweit die Forderung der Antragstellerin gegen den Antragsgegner gem. § 1361 BGB dem Träger der Sozialhilfe Kraft Gesetzes zustand, geht sie wieder auf die Antragstellerin über. Soweit sie bei der Antragstellerin verblieben war, ist sie (unbeschadet der Rückabtretung) weiter aktiv legitimiert. Soweit sie nicht bestand oder besteht betrifft dies die Aktivlegitimation und den Bestand der Forderung an sich, hat also mit einem Forderungsübergang oder einer Rückabtretung nichts zu tun. Hier hat die Antragstellerin Sozialhilfe in Höhe von monatlich 532,00 DM erhalten; geltend gemacht wird ein geringerer Betrag. Von daher wäre eine Forderung in Höhe des geltend gemachten Betrages auf jeden Fall zurückabgetreten worden, falls sie gegen den Antragsgegner überhaupt besteht. Eine Einschränkung der Geltendmachung der zurückabgetretenen Unterhaltsansprüche gemäß § 5 des Abtretungsvertrages bringt nur die treuhänderische Bindung der Antragstellerin zum Ausdruck. Sie soll die an sie zu treuen Händen übertragenen Ansprüche im Interesse des Trägers der Sozialhilfe geltend machen. Wirtschaftlich bleibt der Träger der Sozialhilfe "Eigentümer" der Forderung, nur die formale Stellung des Rechtsinhabers im Außenverhältnis steht der Antragstellerin zu (Verwaltungstreuhand). Dies berührt nur das Innenverhältnis, begründet aber keinen Zweifel an der Berechtigung, die Forderung aus eigenem Recht dem Schuldner gegenüber geltend zu machen. Sollte sich die Antragstellerin im Prozeß nicht weisungsgemäß verhalten, wären Prozeßhandlungen und materiell-rechtliche Verfügungen gleichwohl wirksam (begründeten ggf. lediglich im Innenverhältnis Ansprüche auf Schadenersatz).

Der Senat hält den Antrag auf Bewilligung von PKH gleichwohl für unbegründet. Die Übertragung betrifft nur rückständige Unterhaltsansprüche. Die Antragstellerin macht nicht zugleich gegenwärtige und/oder künftige Unterhaltsansprüche geltend oder verteidigt auch nur ihr Stammrecht. Ihre Rechtsverfolgung erfolgt ausschließlich im Interesse des Sozialhilfeträgers. Die Rückübertragung der Unterhaltsansprüche dient alleine dem Zweck, eine Kostenbelastung des Wetteraukreises zu vermeiden. Dieser Sozialhilfeträger ist zudem Kraft Gesetzes verpflichtet (§ 91 Abs. 4 BSHG), die den Hilfebedürftigen treffenden Kosten der Rechtsverfolgung zu erstatten. Der Hilfebedürftige, der Kostenerstattung verlangen kann, hat demnach auch schon einen Anspruch auf Freistellung von Kosten der Rechtsverfolgung, wenn er keine Prozeßkostenhilfe erhält. Er kann daher auch nicht als bedürftig im Sinne von § 115 ZPO angesehen werden.

Der Senat weist noch darauf hin, daß die Rückübertragung vor dem 01.07.1998 erfolgt ist, also vor der Neuregelung des § 91 BSHG, mit dem die Rückübertragung gesetzlich neu geregelt worden ist. Nach der Rechtsprechung des BGH (siehe dazu: 0LG Düsseldorf, FamRZ 97, 501) ist die Abtretung daher nichtig. Wenn das Gesetz zum Zeitpunkt der Abtretung eine solche nicht zuließ, wird die nichtige Abtretung ohne Wiederholung nicht wirksam, wenn das Gesetz sie zwischenzeitlich mit Wirkung allein für die Zukunft zuläßt.