OLG Frankfurt vom 15.09.2009 (5 WF 105/09)

Stichworte: Vereinbarung; Verzicht; Einigungsgebühr; Anerkenntnis;
Normenkette: RVG 2 Abs. 2; VV 1000, 1003; RVG 2 Abs. 2; VV 1000, 1003;
Orientierungssatz:
  • Für das Entstehen einer Einigungsgebühr kommt es nicht (mehr) darauf an, ob eine Vereinbarung ausdrücklich als solche protokolliert worden ist (Aufgabe der bish. Rechtsprechung 5 WF 247/06 in OLG Report Frankfurt 2007, 880).
  • Die ausschließliche Beschränkung der Vereinbarung auf ein Anerkenntnis schließt den Anfall einer Einigungsgebühr aus.
  • Stimmt der Antragsgegner einem Sorgerechtsantrag lediglich zu, nachdem ein Einigungsprozess mangels jeglicher Kommunikation beider Elternteile gescheitert ist, fehlt es an einer über ein Anerkenntnis hinausgehenden Einigung und fällt keine Einigungsgebühr an.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen (Der Einzelrichter) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Staatskasse, vertreten durch den Bezirksrevisor ..., vom 08.04.2009 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Offenbach am Main vom 17.03.2009 (Nichtabhilfeverfügung vom 30.04.2009)

    am 15. September 2009 beschlossen:

    Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Die Festsetzung einer Einigungsgebühr wird abgelehnt.

    Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

    Gründe:

    Der Antragsgegnervertreter hat sich zunächst mit Erinnerung vom 17.02.2009 gegen die Absetzung der Einigungsgebühr gemäß Nr. 1003 VV zu § 2 Abs. 2 RVG durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle im Rahmen der Abrechnung der Vergütung des beigeordneten Anwalts gewendet. Daraufhin hat das Amtsgericht durch die zuständige Richterin gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG die Einigungs- gebühr bewilligt.

    Die dagegen gerichtete Beschwerde der Staatskasse ist gemäß § 56 Abs. 2 i. V. mit § 33 Abs. 3 RVG zulässig und auch in der Sache begründet. Dem Antragsgegnervertreter ist zuzugeben, dass es nach der neueren Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 13.04.2007, FamRZ 2007, 1096 = NJW 2007, 2187) für das Entstehen einer Einigungsgebühr nicht mehr darauf ankommt, ob eine Vereinbarung ausdrücklich als solche protokolliert worden ist. Der Senat hat seine entgegen stehende Rechtsprechung (OLG Frankfurt am Main, 5 WF 247/06, OLG Report Frankfurt 2007, 880), mit der er der aufgegebenen bisherigen Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 28.03.2006, NJW 2006, 1523 ff.) aus Gründen der Rechtssicherheit gefolgt war, daraufhin ebenfalls aufgegeben (Beschluss vom 17.07.2009, 5 WF 57/09). Auch ein gegenseitiges Nachgeben i. S. des § 779 BGB ist unter der Geltung des RVG nicht mehr erforderlich. Es kommt danach nur noch darauf an, ob durch die Mitwirkung des Rechtsanwalts beim Abschluss eines Vertrags bzw. einer Vereinbarung der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn der Vertrag oder die Vereinbarung beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Die Abgrenzung im Einzelfall ist danach schwierig, weil nur die ausschließliche Beschränkung der Vereinbarung auf ein Anerkenntnis den Anfall einer Einigungsgebühr ausschließt (OLG Stuttgart, FamRZ 2008, 2140 f.). So allerdings verhält es sich hier, nachdem sich im Hauptsacheverfahren herausgestellt hatte, dass eine Kommunikation der Parteien überhaupt nicht mehr möglich war, der eingeschlagene Einigungsprozess nach Mitteilung beider Verfahrensbevollmächtigten am 28.10.2008 sogar ausdrücklich abgebrochen worden ist und daraufhin der Antragsgegner ausweislich des Schriftsatzes vom 29.10.2008 "sich dementsprechend entschlossen" hat, dem Sorgerechtsantrag der Antragstellerin zuzustimmen. Das ist demzufolge - auch bei voraus gegangener entsprechender Beratung des Bevollmächtigten - keine auch nur ansatzweise über ein Anerkenntnis hinaus gehende Einigung mehr gewesen, wenn man den Begriff der Einigung dafür überhaupt noch verwenden will. Bestätigt wird das schließlich auch noch durch den Inhalt des Schriftsatzes der Antragsteller-vertreterin vom 30.10.2008, die mit sehr deutlichen Worten das Scheitern aller Einigungsbemühungen geschildert hat. Der Inhalt des Protokolls vom 01.12.2008 geht dann auch nicht über die beiderseitigen "Prozesserklärungen" der Parteien hinaus. Nach allem war hier der Auffassung des Bezirksrevisors zu folgen, dass im vorliegenden Fall aufgrund ausschließlichen Anerkenntnisses die Festsetzung einer Einigungsgebühr nicht möglich ist.

    Schwamb