OLG Frankfurt vom 27.10.2008 (5 UF 63/08)

Stichworte: Mahnbescheid, Verjährungshemmung; Mahnbescheidsantrag, Unterschrift;
Normenkette: ZPO 167, 691 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2
Orientierungssatz:
  • . Beim Mahnbescheidsverfahren ist wegen § 691 Abs. 2 ZPO analog die 14 Tage-Regel des § 167 ZPO nicht maßgebend (BGH NJW-RR 2006, 1436). Denn sonst würde der Antragsteller bei Zurückweisung des Mahnantrags binnen eines Monats mit Rückwirkung auf den verjährunghemmenden Eingang des unzulässigen Mahnbescheids Klage erheben können, während bei einer Verbesserung des Mahnbescheids nach Beanstandung eine demnächst erfolgte Zustellung nach § 167 ZPO nicht mehr in Betracht käme. Es muss daher richtigerweise entsprechend genügen, dass zwischen der Zustellung der Zwischenverfügung (04.01.2007) und dem Eingang des verbesserten Antrags bei Gericht (09.01.2007) ein Zeitraum von einem Monat liegt
  • Die Zustellung des Mahnbescheids hemmt die Verjährung auch dann, wenn der Mahnbescheidsantrag-wie hier- nicht unterschrieben war
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    U R T E I L

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch den Richter am Oberlandesgericht Held als Einzelrichter mit Zustimmung der Parteien im schriftlichen Verfahren aufgrund der bis zum 24.09.2008 eingereichten Schriftsätze auf die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts-Familiengericht-Büdingen vom 15.02.2008 für Recht erkannt:

    Das angefochtene Urteil wird abgeändert.

    Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2235 EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26.01.2007 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Wert der Berufung: 2235 EUR

    Gründe:

    Der Kläger nimmt den Beklagten aus übergegangenem Recht für Hilfeleistungen in Anspruch, die er in der Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2003 für die am 05.12.2005 verstorbene Mutter des Beklagten als Träger der Sozialhilfe erbracht hat. Der Beklagte hat gegen seine Inanspruchnahme eingewandt, trotz eines relativ hohen Einkommens wegen einer Vielzahl von Schuldverpflichtungen in dem maßgeblichen Zeitraum nicht leistungsfähig gewesen zu sein. Weiterhin hatte eingewandt, der auf den Kläger übergegangene Unterhaltsanspruch aus dem Jahr 2003 sei mit Ablauf des Jahres 2006 verjährt.

    Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe vollinhaltlich Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Nach Auffassung des Amtsgerichts war der geltend gemachte Anspruch verjährt, weil ein ordnungsgemäßer Mahnbescheidsantrag erst nach Ablauf der Verjährung am 09.01.2007 bei dem ein Gericht eingegangen sei. Eine Rückwirkung der Zustellung nach § 167 ZPO komme nur auf den Zeitpunkt in Betracht, in dem ein ordnungsgemäßer Mahnantrag bei dem Mahngericht eingegangen sei. Die Einreichung des nicht unterschriebenen Mahnbescheidsantrags vom 12.12.2006, eingegangen bei dem Mahngericht am 15. Dezember 2006 könne die Verjährung nicht hemmen. Eine " demnächstige Zustellung" liege nur vor, wenn die Verzögerung der Zustellung nicht auf der Nachlässigkeit des Antragstellers beruhe. Bei dem gravierenden Mangel einer fehlenden Unterschrift sei aber von einer Nachlässigkeit auszugehen.

    Mit der zulässige Berufung verfolgt der Kläger den erstinstanzlich abgewiesenen Klageantrag weiter. Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertritt insbesondere die Auffassung, die fehlende Unterschrift unter dem Mahnbescheidsantrag vom 12.12.2006 könne eine die Verjährung hemmende Wirkung nicht entfalten, weil der Mahnbescheidsantrags des Klägers nicht erkennen lasse, ob dieser von ihm autorisiert gewesen sei. Wegen des Vortrags im Berufungsverfahren im Übrigen wird auf die ein noch reichten Schriftsätze Bezug genommen.

    Die Berufung ist begründet.

    Die geltend gemachte Forderung in Höhe von 2235 EUR hat in dieser Höhe als Anspruch der verstorbenen Mutter gegen den Beklagten für das Jahr 2003 gemäß §§ 1601 ff BGB bestanden und ist gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 BSHG (nunmehr SGB XII) auf den Kläger übergegangen.

    Die von dem Beklagten vorgebrachten Einwände gegen seine Leistungsfähigkeit in dem maßgeblichen Zeitraum sind durch die Berechnung der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit mit Schriftsatz vom 13.11.2007, auf den verwiesen wird, durch den Kläger entkräftet worden; seitdem steht die Verpflichtung, den geltend gemachten Unterhalt zu zahlen, zwischen den Parteien nicht mehr im Streit. Auch im Berufungsverfahren wird die Berechnung des Klägers nicht ernsthaft bestritten. Insoweit der Beklagte mit Schriftsatz vom 03.07.2007 ausführt, er sei aufgrund seiner eingehend geschilderten finanziellen Lage nicht im Stande, die Klageforderung zu begleichen, ohne dass seine eigene und die Versorgung seiner Ehefrau gefährdet wäre, er unterstütze darüber hinaus noch zwei derzeit arbeits-und einkommenslose Töchter ist dieser Vortrag pauschal und es ist außerdem nicht zu erkennen, dass er sich auf den Unterhaltszeitraum bezieht (1. Januar bis 31.12.2003).

    Die Forderung ist auch nicht verjährt.

    Unterhaltsansprüche verjähren gemäß §§ 195 , 197 Abs. 2 BGB in 3 Jahren. Gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt hier die Verjährung, bei der Unterhaltsanspruch für 2003 geltend gemacht wird, mit Ablauf des 31.12.2006.

    Zwar ist der Mahnbescheid dem Beklagten erst am 25.01.2007 zugestellt worden. Gemäß § 167 ZPO kommt es jedoch zu einer Rückwirkung der Verjährung Hemmung auf den Zeitpunkt, an dem der Mahnbescheidsantrag bei dem Mahngericht eingegangen ist, nämlich am 15.12.2006, also noch vor Ablauf der Verjährungsfrist.

    Die Rückwirkung der Verjährungshemmung nach § 167 ZPO wird nach den üblichen Grundsätzen anerkannter Rechtsprechung nur dann zugebilligt, wenn zwischen dem Eingang und der Zustellung nicht mehr als 14 Tage verstrichen sind. Bei dem Mahnbescheidsverfahren ist jedoch wegen § 691 Abs. 2 ZPO analog die 14 Tage-Regel des § 167 ZPO nicht maßgebend (BGH NJW-RR 2006, 1436). Denn sonst würde der Antragsteller bei Zurückweisung des Mahnantrags binnen eines Monats mit Rückwirkung auf den verjährunghemmenden Eingang des unzulässigen Mahnbescheids Klage erheben können, während bei einer Verbesserung des Mahnbescheids nach Beanstandung eine demnächst erfolgte Zustellung nach § 167 ZPO nicht mehr in Betracht käme. Es muss daher richtigerweise entsprechend genügen, dass zwischen der Zustellung der Zwischenverfügung (04.01.2007) und dem Eingang des verbesserten Antrags bei Gericht (09.01.2007) ein Zeitraum von einem Monat liegt (Zöller/Vollkommer ZPO, 26. Auflage, § 691 Randnummer 4 mit vielen Hinweisen). Diese Frist ist der eingehalten. Die Frist wäre auch dann eingehalten, wenn man, wie der Kläger im Schriftsatz vom 29.04.2008, Seite 3, II c) auf den Ablauf der Verjährung als Fristbeginn abstellen wollte.

    Die Zustellung des Mahnbescheids hemmt die Verjährung auch dann, wenn der Mahnbescheidsantrag-wie hier- nicht unterschrieben war (Zöller/Vollkommer aaO, § 693 Randnummer 3 a unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des BGH). Die fehlende Unterschrift (§ 690 Abs. 2 ZPO). Die fehlende Unterschrift (§ 690 Abs. 2 ZPO) rechtfertigt zwar die Zurückweisung des Antrags nach § 691 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO, aber zuvor muss das Gericht den Antragsteller darauf hinweisen und Gelegenheit geben, den Mangel zu beseitigen (§ 691 Abs. 1 S. 2 ZPO). Würde das Mahngericht den Mahnbescheidsantrag aber sofort als unzulässig zurückweisen, hätte der Antragsteller unter Aufrechterhaltung der Verjährungshemmung noch einen Monat Zeit, die Klage zu erheben, und stünde besser als der Antragsteller, dem das Mahngericht Gelegenheit gegeben hätte, den Mangel zu beheben.

    Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ergibt sich aus dem von ihm zitierten Urteile des Bundesgerichtshofs vom 15.06.2004 - VI ZB 9/04, FamRZ 2004, 1553 - für das Mahnbescheids Verfahren nichts anderes. Die Notwendigkeit, im Rechtsmittelverfahren die Begründungsfrist durch einen beim Rechtsmittelgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnen zu müssen (§§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO) um nachzuweisen, dass der Rechtsanwalt die Verantwortung für den Inhalt der Rechtsmittelbegründungsschrift übernommen hat, gilt so nicht für das Mahnbescheidsverfahren. Im Mahnbescheidsverfahren wird der Mahnbescheidsantrag dem Schuldner nicht zugestellt sondern der erlassene Mahnbescheid. Aus ihm ergibt sich für den Schuldner der Rechtsverfolgungswille des Gläubigers, und zwar auch dann, wenn der Mahnbescheid nicht handschriftlich unterzeichnet war (Zöller/Vollkommer aaO § 693 Randnummer 3 a unter Hinweis auf BGHZ 123, 342). Im übrigen genügt es, wenn das Mahngericht den Antrag dem Gläubiger zuordnen kann, was hier ohne weiteres deswegen möglich war, weil der Mahnantrag mit der Kennung des Klägers für das elektronische Mahnverfahren versehen war (Zeile Nr. 9) und weiter über dem Unterschriftsfeld mit einem bei dem Kläger gebräuchlichen Aktenzeichen. Das Amtsgericht war der oder weiteres in der Lage, das Fehlen der Unterschrift bei dem Kläger zu beanstanden und dem zur Nachbesserung aufzufordern. Dieser Vorgang spielt sich zunächst außerhalb der Sphäre des Beklagten ab und ruft bei ihm keine Irritationen hervor, begründet schon gar keinen Zweifel an einem Rechtsverfolgungswillen des Klägers.

    Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abgewichen wird.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 10, 713 ZPO.

    Held