OLG Frankfurt vom 18.05.2004 (5 UF 41/04)

Stichworte: Einbenennung, schwerwiegende Nachteile
Normenkette: BGB 1618 S.4
Orientierungssatz: Auch wenn der Kontakt zum Vater unterbrochen sein sollte, dieser bereit wäre, einer Adoption zuzustimmen und keine Unterhaltszahlungen leistet, ist nicht immer davon auszugehen, daß die Einbenennung der Kinder unerläßlich wäre, um Schaden von ihnen abzuwenden. Es müssen schwerwiegende Nachteile für die Kinder zu befürchten sein, so daß ein verständiger Elternteil auf der Erhaltung des Namensverbundes nicht bestehen würde

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 14.01.2004 am 18.5.2004 beschlossen:

Die Beschwerde wird mit nachfolgender Maßgabe im Kostenpunkt zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die dem Antragsgegner im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens in erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben, dessen Gerichtskosten hat die Antragstellerin zu tragen.

Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 3.000,00 EUR.

Gründe:

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der Kindesmutter auf Ersetzung der Einwilligung des Vaters in die Einbenennung der Kinder X. , Y. und Z. zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.

Sie ist unbegründet.

Die durch das Kindschaftsreformgesetz erfolgte Verschärfung der Einwilligungsvoraussetzungen (§ 1618 S. 4 BGB) hat zur Folge, das die Ersetzung der Einwilligung aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig sein muss und ein weniger schwerwiegender Eingriff in das Elternrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils nicht ausreichend ist (vgl.: Senat, Beschluss vom 19.04.2000, 5 UF 201/99; OLG Celle, FamRZ 1999, S. 1374 f.; OLG Frankfurt/Main, 6. Senat, FamRZ 1999, S. 1376 f.; OLG Hamm, FamRZ 1999, S. 1380 f.; OLG Frankfurt/Main 1. Senat Beschluss vom 9.12.1999 - 1 UF 334/98 -). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (FamRZ 2002, 94, 1330 und 1331) kann die Einwilligung erst dann ersetzt werden, wenn konkrete Umstände vorliegen, die das Kindeswohl gefährden, und die Einbenennung unerlässlich ist, um Schäden für das Kind abzuwenden. Es müssen schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten sein oder die Einbenennung einen so erheblichen Vorteil für das Kind darstellen, dass sich ein verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbundes nicht bestehen würde. Die Umstände, die zur Begründung des Einbenennungsbegehrens vorgetragen werden, müssen über das hinausgehen, was typischerweise die Situation eines Kindes kennzeichnet, wenn der sorgeberechtigte Elternteil eine neue Ehe eingeht und den Familiennamen des Ehepartners annimmt. Der gemeinsame Wunsch der Eheleute, das Kind einzubenennen, wird in § 1618 BGB ebenso wie die Einwilligung des Kindes, das das 5. Lebensjahr vollendet hat, vorausgesetzt und ist deshalb allein nicht geeignet, die Erforderlichkeit der Einbenennung für das Kindeswohl darzulegen. Auch bloße Unannehmlichkeiten in Folge der Namensverschiedenheit, die Notwendigkeit diese auf Nachfrage zu erklären, können die gedeihliche Entwicklung des Kindes nicht ernsthaft beeinflussen. Es müssen Anhaltspunkte dafür gegeben sein, dass das Kind seinem derzeitigen Namen aus anderen Gründen als dem bloßen Wunsch, den neuen Namen der Familie zu tragen, völlig ablehnend gegenübersteht. Das Amtsgericht hat nach sorgfältiger Amtsermittlung auch nach Meinung des Senats zutreffend bei Berücksichtigung dieser Rechtsprechung die Ersetzungsvoraussetzungen verneint.

Nach dem eingeholten psychologischen Sachverständigengutachten ist die Namensänderung (Einbenennung) sogar aus Gründen des Kindeswohls abzulehnen. Die Kinder stehen unter erheblicher negativer Beeinflussung der Mutter, die das Bild des Vaters beschädigt. Die für das Kindeswohl als notwendig erachtete Verhaltensänderung (Gutachten, Seite 31, vorletzter Absatz) würde durch die Einbenennung kontraproduktiv vermieden. Die gegen das Gutachten mit der Beschwerde vorgetragenen Einwände überzeugen nicht. Die Gutachterin hat nachvollziehbar aufgrund eingehender Untersuchung das Familiensystem beschrieben und die Gründe genannt, weswegen es zu der Entfremdung der Kinder zu ihrem Vater gekommen ist. Sie hat auch nachvollziehbar begründet, warum der Kontakt der Kinder zu ihrem Vater aufzunehmen und zu intensivieren wäre. Der Verdacht, die Gutachterin sei gegen die Mutter voreingenommen, findet in dem Gutachten keinerlei Stütze.

Daneben ist auf Grund der für die Einbenennung dargelegten Gesichtpunkte (fehlender Kontakt zum Vater, Bereitschaft einer Adoption zuzustimmen, fehlende Unterhaltszahlungen) nicht davon auszugehen, dass diese unerlässlich ist um Schaden für die Kinder aufzuheben (vgl. dazu BGH a.a.O.). Der Bundesgerichtshof hat die zitierte Entscheidung des OLG Dresden (FamRZ 1999, 1378) aufgehoben (FamRZ 2002, 94) und ausgeführt ein wichtiger Kindesbelang sei die Aufrechterhaltung der Beziehung zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil auch und insbesondere dann, wenn der Kontakt zu diesem weitgehend abgebrochen sei und durch die Einbenennung als nach außen sichtbar endgültige Ablösung von ihm verfestigt würde (lt. FamRZ 2002, 1330 und 1331). Wenn es nicht zu einer zunächst von der Antragstellerin im Schreiben vom 5.7.01 angesprochenen Adoption kommt, ist zu berücksichtigen, dass im Interesse der Kinder der Stellung als Vater zukünftig eine Bedeutung für deren Entwicklung zukommen kann. Die Sachverständige empfiehlt die Aufnahme und Intensivierung des Kontakts. Ihr gegenüber hat der Antragsgegner angegeben, er hätte gern Kontakt zu den Kindern, er habe es im Hinblick auf die Umstände für besser gehalten, dass dieser nicht stattgefunden habe, er habe gehofft, dass die Kinder vielleicht von allein kämen, wenn sie älter wären.

Hinsichtlich der Unterhaltszahlungen hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass sie oder die Unterhaltsvorschusskosten Forderungen konsequent gerichtlich geltend gemacht hätten. Ein durchgreifendes Argument für die Namensänderung ergibt sich aus dem Verhalten des Antragsgegners nicht.

Dass die Kinder nicht nur den Wunsch haben, den Namen des Stiefvaters zu tragen, sondern wirklich darunter leiden, den ihres leiblichen Vaters weiter tragen zu müssen, ist nicht feststellbar. In dem Sachverständigengutachten ist geschildert, dass Lehrer der Kinder wegen der Namensverschiedenheit keinen Leidensdruck festgestellt haben. Einen solchen konnte auch die Sachverständige in den Gesprächen mit den Kindern und den Testbefunden nicht erkennen.

Der Antragstellerin war - mangels Erfolgsaussicht - die begehrte Prozesskostenhilfe für die Beschwerde zu verweigern (§ 114 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 S. 1, 2 FGG. Dabei erscheint es angesichts des Verfahrensinhalts nicht als sachgerecht, der Anragstellerin auch die aussergerichtlichen Kosten des Antragsgegners in erster Instanz aufzuerlegen. Die Zurückweisung des Antrags stellt in der Regel noch keinen ausreichenden Grund dar, eine Kostenerstattung zu verfügen (vgl. dazu Keidel/Kunze/Winkler FGG, 15. Aufl. § 13 a Rn 21 ff). Die Wertfestsetzung rechtfertigt sich aus § 30 Abs. 2 KostO.

Dr. Hartleib Meinecke Held