OLG Frankfurt vom 28.11.2008 (5 UF 289/06)

Stichworte: Morgengabe, Rückzahlungsversprechen;
Normenkette: EGBGB 28 Abs. 2, 14, BGB 126, 780
Orientierungssatz:
  • Zur rechtlichen Einordnung des Morgengabeversporechens
  • Die Erklärung der Beklagten, sie werde die volle Morgengabe zurückzahlen, wenn der Kläger einer einverständlichen Scheidung unter Anwendung marokkanischen Rechts zustimme, ist als Angebot zu einem gegenseitigen Vertrag eigener Art, der weder dem Unterhaltsrecht noch dem Güterrecht unterliegt, zu werten (Vgl. Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Auflage, Art. 14 EGBGB, Rz. 6). Auf den Vertrag findet gem. Art. 28 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht Anwendung, da die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    U R T E I L

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch Richterin am Oberlandesgericht Albrecht als Einzelrichterin auf die Berufung des Klägers gegen das am 26.10.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main - Abteilung Höchst- im schriftlichen Verfahren nach Schriftsatzfrist bis zum 28.11.2008 für Recht erkannt:

    Das angefochtene Urteil wird abgeändert.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6486, 48 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.10.2005 zu zahlen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Gründe:

    Die Parteien sind marokkanische Staatsangehörige und streiten nach Scheidung ihrer Ehe um die Rückzahlung der an die Beklagte gezahlten Morgengabe in Höhe von 60 000,- Dirham, entsprechend 6486, 48 EUR. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Amtsgericht die Beklagte zur Rückzahlung der hälftigen Morgengabe verurteilt, da § 32 des marokkanischen Familiengesetzes Nr. 70.03 vom 5.2.2004 die hälftige Rückzahlung bestimmt, wenn die Ehe vor Vollzug geschieden wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

    Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Ziel auf Rückzahlung der vollen Morgengabe weiter. Er beruft sich darauf, dass die Beklagte im Rahmen des Scheidungsverfahrens sowohl im mündlichen Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht als auch wiederholt schriftlich zugesagt habe, dass sie die volle Morgengabe zurückzahle. Er habe aus diesem Grund keine Einwände gegen die von der Beklagten betriebene Scheidung erhoben und schließlich sogar die Berufung gegen das Scheidungsurteil zurückgenommen, da er davon ausging, dass ein von der Beklagten übergebener Scheck über die volle Summe der Morgengabe auch eingelöst werden würde. Tatsächlich sei der Scheck bereits aus formalen Gründen nicht eingelöst worden. Die Beklagte habe sich zur Zahlung der vollen Summe verpflichtet, obwohl sie gewusst habe, dass sie nach marokkanischem Recht hierzu nicht verpflichtet sei. Sie habe eine schnelle Scheidung gewollt. Er habe erhebliche Aufwendungen für die Anmietung der Wohnung in Deutschland gehabt und sehe es auch aus diesem Grund als gerechtfertigt an, wenn er die volle Morgengabe zurückerhalte.

    Der Kläger beantragt,

    die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verpflichten, an ihn 6486, 48 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.10.2005 zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und verweist darauf, dass auch das marokkanische Gericht lediglich auf Rückzahlung der hälftigen Morgengabe erkannt habe.

    Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 10.7.2008 Bezug genommen.

    Die zulässige Berufung ist begründet. Die Beklagte ist zur Rückzahlung der erhaltenen Morgengabe in voller Höhe verpflichtet, da sie sich vertraglich hierzu verpflichtet hat.

    Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte kein abstraktes Schuldversprechen abgegeben hat. Ein solches scheitert bereits an der gem. § 780 BGB erforderlichen Schriftform. Schreibt das Gesetz Schriftform vor, so muss gem. § 126 BGB die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden. Handelt ein Vertreter, muss sich seine Vertreterstellung aus einem Vermerk oder dem Text der Urkunde ergeben (Vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Auflage, Rn. 7 zu § 125). Wertet man die Zusage der Beklagten auf Zahlung der gesamten Morgengabe als Schenkungsversprechen, so fehlt es auch hier an der Einhaltung der im Gesetz gem. § 518 BGB vorgeschriebenen Form der notariellen Beurkundung. Der Mangel der Form ist auch nicht gem. § 518 Abs. 2 BGB durch Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Die Hingabe des Schecks stellt noch keine Bewirkung der versprochenen Leistung dar. Eine solche ist bei der schenkweisen Zuwendung eines Schecks vielmehr erst dann zu bejahen, wenn der Scheck tatsächlich von der bezogenen Bank eingelöst worden ist (Vgl. BGH NJW 1975, 1882; BGH WM 1978, 845 ). Die Erklärung der Beklagten, sie werde die volle Morgengabe zurückzahlen, wenn der Kläger einer einverständlichen Scheidung unter Anwendung marokkanischen Rechts zustimme, ist jedoch als Angebot zu einem gegenseitigen Vertrag eigener Art, der weder dem Unterhaltsrecht noch dem Güterrecht unterliegt, zu werten (Vgl. Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Auflage, Art. 14 EGBGB, Rz. 6). Auf den Vertrag findet gem. Art. 28 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht Anwendung, da die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Der Kläger hat die vereinbarte Gegenleistung erbracht, indem er keine Einwände gegen die Scheidung erhoben hat, obwohl aus seiner Sicht die Beklagte sich nicht ohne weiteres auf seine unberechtigte Abwesenheit berufen konnte. Aus dem Scheidungsurteil des Amtsgerichts vom 4.8.2005 geht hervor, dass er keine Einwände gegen die Scheidung mehr erhoben hat nachdem die Beklagte sich verpflichtet hatte, die volle Morgengabe zurückzuzahlen. Die Beklagte hat diese Zusage ausdrücklich wiederholt nachdem der Kläger wegen der Nichtrückzahlung der Morgengabe Berufung gegen das Scheidungsurteil eingelegt hatte. Daneben übergab sie einen Scheck über die volle Summe der Morgengabe, um den Kläger zu bewegen, die Berufung gegen das Scheidungsurteil zurückzunehmen. Der Kläger vertraute auf dessen Gültigkeit und nahm die Berufung zurück. Die Beklagte ist ihrer Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung nicht nachgekommen.

    Der Vertrag ist wirksam, insbesondere nicht sittenwidrig. Der Vertrag verstößt weder gegen die guten Sitten, noch befand sich die anwaltlich vertretene Beklagte in einer Zwangslage. Es ging ihr um die Beschleunigung des Scheidungsverfahrens und zur Erreichung dieses Zwecks einigte sie sich mit dem Kläger über die Rückzahlung der Morgengabe. Dies ist vor dem kulturellen Hintergrund des Heimatrechtes der Parteien durchaus nicht ungewöhnlich. Hierauf weist der Kläger zu Recht hin. Das Heimatrecht der Parteien kennt die Verknüpfung der Scheidung mit einer Geldleistung. Art. 114, 115 des marokkanischen Familiengesetzes sehen ausdrücklich eine Scheidung mit finanziellem Ausgleich vor. Der Beklagten war auch bekannt, dass sie nach ihrem Heimatrecht wegen der nicht vollzogenen Ehe die Hälfte der Morgengabe hätte zurückgeben müssen. Wenn sie sich darüber hinaus bei anwaltlicher Beratung zur Beschleunigung der Scheidung verpflichtet, die gesamte erhaltene Morgengabe zurückzuzahlen, ist sie an diese Verpflichtungserklärung gebunden.

    Das in Marokko ergangene Urteil über die Verpflichtung zur Zahlung der hälftigen Morgengabe steht einer Verurteilung der Beklagten nicht entgegen, da das Urteil mangels Anerkennungsfähigkeit hier keine Wirkungen entfalten kann. Der Anerkennungsfähigkeit steht § 328 Abs. 1 Zif. 3 ZPO entgegen. Die Klage auf Rückzahlung der Morgengabe war bereits vor Klageerhebung in Marokko bei dem erstinstanzlichen Gericht rechtshängig, so dass der dortigen Klageerhebung nach hiesigem Verfahrensrecht § 261 Abs. 3 Zif. 1 ZPO entgegenstand. Mangels Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Urteils entfaltet dieses im Inland keine Wirkung und ist von dem deutschen Gericht nicht zu beachten (Vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 26. Auflage, Rn. 341, 342 zu § 328 ZPO).

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Zif. 10, 713 ZPO.

    Albrecht