OLG Frankfurt vom 17.01.2011 (5 UF 278/10)

Stichworte: Versorgungsausgleich; Ausschluss, Geringfügigkeit; Auschluss; Geringfügigkeit;
Normenkette: VersAusglG 18 Abs. 1, 18 Abs. 2
Orientierungssatz:
  • 1. Liegen Voraussetzungen des vorrangig zu prüfenden § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vor, ist gleichwohl zu prüfen, ob nach 18 Abs. 2 VersAusglG einzelne Anrechte wegen des geringen Ausgleichswertes nicht auszugleichen sind.?
  • 2. Wenn nach § 10 Abs. 2 VersAusglG eine interne Verrechnung vorgenommen wird und somit kein übermäßiger Verwaltungsaufwand entsteht, kann dies dazu führen, dass trotz Geringfügigkeit eines Anrechts bei der DRV der Ausgleich vorgenommen wird.
  • 3. Steht dem geringfügigen Anrecht in der DRV aber ein (etwa gleichwertiges) geringfügiges Anrecht auf betriebliche Altersversorgung auf der Gegenseite gegenüber, kommt der Ausschluss gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG für beide Anrechte wieder in Betracht, wenn es dann unbillig wäre, nur eines der Anrechte auszuschließen.
  • Oberlandesgericht Frankfurt am Main

    B E S C H L U S S

    In der Familiensache

    hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Hessen gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Büdingen vom 26.7.2010 am 17.1.2011 beschlossen:

    Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beschwerdewert wird auf 1707,- EUR festgesetzt.

    Gründe:

    Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die am 23.5.2005 geschlossene Ehe der beteiligen Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Es hat im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der DRV Hessen zu Gunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 2,3179 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto bei der DRV Hessen übertragen, bezogen auf das Ehezeitende 31.10.2009. Im Übrigen hat es festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anwartschaften des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der Hamburger Pensionsverwaltung EG und hinsichtlich der Anwartschaften der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen wegen des jeweils geringen Ausgleichswertes unterbleibt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

    Die DRV Hessen wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den nicht erfolgten Ausgleich der Anrechte der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen. Sie führt aus, dass die Differenz der beiderseitigen Anwartschaften bei der DRV nicht geringfügig im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG sei und deshalb ein Ausgleich nicht hätte unterbleiben dürfen. Die Ehegatten wenden sich gegen die Beschwerde und verteidigen den angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 VersAusglG. Im Hinblick darauf, dass auch das Anrecht des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung bei der Hamburger Pensionsverwaltung EG nicht ausgeglichen worden sei, sei es angemessen und gerechtfertigt, auch das geringfügige Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen nicht auszugleichen.

    Die Beschwerde der DRV Hessen ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 58, 63 FamFG).

    Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

    Das Amtsgericht hat zu Recht gem. § 18 Abs.2 VersAusglG von einem Ausgleich der jeweils geringfügigen Anrechte der Ehegatten abgesehen. Sowohl das Anrecht des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der Hamburger Pensionsverwaltung EG mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 356,- EUR als auch das Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 303,56 EUR liegen unter der Geringfügigkeitsgrenze, die sich aus § 18 Abs. 3 VersAusglG ergibt und zum Stichtag 3.024,- EUR beträgt. Zwar weist die DRV Hessen zu Recht darauf hin, dass der Wertunterschied der jeweiligen Anwartschaften der Ehegatten in der Deutschen Rentenversicherung Hessen nicht geringfügig ist. Der Antragsteller hat in der Ehezeit ein Anrecht in Höhe von 4,6375 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt damit 2,3179 Entgeltpunkte entsprechend einem Kapitalwert von 14.243,31 EUR. Die Antragsgegnerin hat bei der DRV Hessen in der Ehezeit ein Anrecht in Höhe von 0,0987 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt 0,0494 Entgeltpunkte entsprechend einem Kapitalwert von 303,56 EUR. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Vers.AusglG, wonach beiderseitige Anrechte nicht ausgeglichen werden sollen, wenn die Differenz ihre Ausgleichswerte gering ist, liegt somit nicht vor. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ohne weitere Billigkeitsprüfung das geringfügige Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen auszugleichen ist. § 18 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 VersAusglG stehen dergestalt in einem Rangverhältnis zueinander, dass vorrangig die Voraussetzung des § 18 Abs. 1 VersAusglG zu prüfen sind (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth, FamR 5. Aufl., Rn. 14 zu § 18 VersAusglG, Roland, Versorgungsausgleich, 2. Aufl. Rn. 484, OLG Thüringen NJW 2010, 3310). Liegen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vor, ist gleichwohl zu prüfen, ob nach 18 Abs. 2 VersAusglG einzelne Anrechte wegen des geringen Ausgleichswertes nicht auszugleichen sind. Zwar sieht § 10 Abs. 2 VersAusglG vor, dass eine interne Verrechnung vorgenommen werden kann, wenn beide Ehegatten Anrechte gleicher Art bei dem selben Versorgungsträger auszugleichen haben und somit kein übermäßiger Verwaltungsaufwand entsteht. Dies könnte vorliegend dazu führen, dass trotz der Geringfügigkeit der Anwartschaft der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen aus besonderen Gründen ein Ausgleich vorzunehmen wäre ( OLG München, FamRZ 2010, 1664; OLG Celle, FamRZ 2010, 979). Dem steht vorliegend entgegen, dass der Antragsteller ein weiteres Anrecht auf betriebliche Altersversorgung bei der Hamburger Pensionsverwaltung EG erworben hat mit einem Kapitalwert von 356,- EUR. Dieser Wert übersteigt sogar geringfügig den Kapitalwert des Anrechts der Antragsgegnerin bei der DRV Hessen. Es widerspräche der Billigkeit, einerseits zu Lasten der Antragsgegnerin den Versorgungsausgleich im Hinblick auf die Gleichartigkeit der Anrechte in der DRV durchzuführen und andererseits von einem Ausgleich des Anrechts des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung wegen dessen Geringfügigkeit abzusehen ( OLG Celle, FamRZ 2010, 979). Aus diesem Grund hat ein Ausgleich beider Anrechte gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG zu unterbleiben, da die jeweilige Wertgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG nicht überschritten ist.

    Die Beschwerde ist somit zurückzuweisen.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Danach sollen die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels dem Beteiligten auferlegt werden, der es eingelegt hat. Gründe, welche vorliegend eine abweichende Entscheidung aus Billigkeitsgründen gem. § 81 FamFG fordern würden, liegen nicht vor.

    Der Beschwerdewert beruht auf § 50 FamGKG und errechnet sich aus 10% von 17070,- (5.690 x 3) EUR.

    Ostermöller Schwamb Albrecht