OLG Frankfurt vom 13.12.2000 (5 UF 215/99)

Stichworte: BarwertVO, Weitergeltung Ehezeitanteil, privatrechtlicher Versorgungsträger
Normenkette: BGB 1587a Abs. 2 Nr. 3
Orientierungssatz: Der Senat schließt sich der Rechtsansicht des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main an, nach der die BarwertVO in der seit 1984 geltenden Fassung weiter Zugrundezulegen ist (1 UF 18/99 und 1 UF 21/00, Beschlüsse vom 05.07.2000); Zur Errechnung des Ehezeitanteils einer Versorung bei der Pensionskasse der Deutschen Wirtschaft.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesbaden vom 27.07.1999 am 13.12.2000 beschlossen:

Das Urteil wird im Ausspruch zum Versorgungs- ausgleich abgeändert.

Vom Konto, Nummer 52 050652 F 528, der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte werden auf das Konto, Nummer 53 040446 A 050, des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich

280,92 DM, bezogen auf den 28.02.1999, übertragen.

Dieser Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Eine Gerichtsgebühr wird nicht erhoben. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die weitere Beschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 1.000,-- DM

Gründe:

Die Ehe der Parteien ist durch Urteil des Amtsgerichts Wiesbaden vom 27.07.1999 geschieden worden. Die Ehezeit im Sinne des Versorgungsausgleichsrechts (§ 1587 Abs. 2 BGB) lief vom 01.08.1977 bis zum 28.02.1999. Das Amtsgericht hat vom Konto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte auf das Konto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2 eine Rentenanwartschaft von 228,91 DM übertragen, wobei es auf Seiten des Antragsgegners neben der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anwartschaft ein Anrecht auf eine betriebliche Versorgung einbezogen hat. Daneben hat es zu Lasten der Versorgungsanrechte der Antragstellerin bei der VBL eine monatliche Anwartschaft von 45,94 DM begründet.

Hingegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1,mit der sie rügt, daß die Ausgleichssystematik nicht beachtet worden sei.

Aufgrund des Rechtsmittels ist die Entscheidung zum Versorgungsausgleich abzuändern.

Nach den vorliegenden Auskünften der BfA hat der Antragsgegner Rentenanwartschaften von monatlich 920,66 DM, die Antragstellerin solche von monatlich 1.513,79 DM während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben.

Der Antragsgegner hat darüber hinaus eine Rentenanwartschaft bei der Pensionskasse für die Deutsche Wirtschaft erlangt.
BR Da es sich um eine privatrechtliche Pensionskasse handelt, ist allerdings nicht der zum Ende der Ehezeit entstandene Pensionswert von jährlich 6.954,53 DM aufgrund bis dahin gezahlter Beiträge als Ausgangswert zugrundezulegen, der nach der Berechnung des Amtsgerichts dynamisiert monatlich 135,31 DM ergäbe.

Vielmehr ist gemäß § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB die sich bei Erreichen der Altersgrenze (nach den Bemessungsgrundlagen zum Zeitpunkt des Eheendes) voraussichtlich ergebende Versorgung im Verhältnis von Ehezeit und Gesamtbetriebszugehörigkeit Zugrundezulegen.
BR Dies ist der von der Pensionskasse ebenfalls mitgeteilte statische Wert von monatlich 967,72 DM bzw. jährlich 11.612,64 DM, dessen Ehezeitanteil dann im Verhältnis von 175 Monaten Ehezeit zu 321 Monaten Gesamtbetriebszugehörigkeit jährlich 6.330,88 DM beträgt.
BR Nach Umwertung dieses Jahresbetrages mit dem Kapitalisierungsfaktor 4,4 ergibt sich der Barwert von 27.855,87 DM, aus dem sich mit dem für den 28.02.99 maßgebenden Umrechnungsfaktor 0,0000928019 2,5851 Entgeltpunkte errechnen. Multipliziert mit dem zum 28.02.99 aktuellen Rentenwert von 47,65 DM beträgt die dynamische monatliche Betriebsrente des Antragsgegners hiernach 123,18 DM.

Die Antragstellerin hat eine weitere Rentenanwartschaft bei der VBL, basierend auf einer sogenannten qualifizierten statischen Versicherungsrente nach § 44a der Satzung der VBL. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht den dieser Rentenanwartschaft zugrundeliegenden § 18 Betr.AVG inzwischen für verfassungswidrig erklärt, seine weitere Anwendung aber bis 31.12.2000 für zulässig gehalten (FamRZ 1999, 279 ff., 285). Deswegen legt der Senat der Ausgleichsberechnung dieses Anrecht zugrunde.

Nach geltendem Recht beläuft sich die dynamisierte Anwartschaft der Antragstellerin bei der VBL auf die vom Amtsgericht zutreffend ermittelten monatlich 91,88 DM.

Die monatlichen Rentenanwartschaften des Antragsgegners belaufen sich hiernach insgesamt auf 1.043,84 DM (920,66 DM + 123,18 DM), die der Antragstellerin insgesamt auf 1.605,67 DM (1.513,79 DM + 91,88 DM).
BR Da die Betriebsrente des insgesamt ausgleichsberechtigten Antragsgegners höher ist als die Zusatzversorgung der Antragstellerin, kommt allerdings entgegen der Entscheidung des Amtsgerichts kein gesonderter Ausgleich der Zusatzversorgung gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG in Betracht.

Vielmehr ist der Ausgleich gemäß § 1587 b Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 BGB vorzunehmen und beläuft sich auf die Hälfte des Differenzbetrags der beiderseitigen monatlichen Anwartschaften, mithin auf monatlich 280,92 DM.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO.
BR Der Senat läßt allerdings im Hinblick auf die Kontroverse zu der Frage, ob die Faktoren der Barwertverordnung und der amtlichen Rechengrößen nach verfassungskonform angewandt werden können, die weitere Beschwerde zu, da der Entscheidung deswegen grundsätzliche Bedeutung zukommt (§ 621e Abs. 2, 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO).Im Beschluß vom 27.11.2000 - 5 UF 235/99 hat der zu dieser Problematik folgendes dargelegt:

Der Senat schließt sich der Rechtsansicht des 1. Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main an, nach der die BarwertVO in der seit 1984 geltenden Fassung weiter Zugrundezulegen ist (1 UF 18/99 und 1 UF 21/00, Beschlüsse vom 05.07.2000). Dort hat der 1. Senat für Familiensachen angeführt:

"Ob die Faktoren der Barwertverordnung und der amtlichen Rechengrößen noch der Realität entsprechen und damit verfassungskonform noch angewandt werden können, wird zwar inzwischen in der Literatur (z.B. Glockner/Gutdeutsch, FamRZ 1999, 896; Bergner, FamRZ 1999, 1487) und Rechtsprechung (OLG München FamRZ 1999, 1432) in Zweifel gezogen.
BR Die geäußerten Bedenken führen jedoch nach Ansicht des Senats nicht zur Verfassungswidrigkeit der auf § 1587 a Abs. 3 Nr. 2

BGB beruhenden Barwertermittlung anhand der zu dieser Vorschrift ergangenen Barwertverordnung. Gründe der Rechtseinheit und Rechtsicherheit sprechen vielmehr weiterhin entscheidend für ihre Anwendung. Zudem können durch den Eintritt einer Volldynamik des einzubeziehenden Anrechts sowie eine veränderte Bewertung - auch durch eine Änderung der Barwertverordnung - eintretende Veränderungen später in einem Verfahren gemäß § 10 a VAHRG berücksichtigt werden (vgl. Hahne, FamRZ 1987, 217,225; ebenso: Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluß vom 15.03.2000 - 17 UF 474/99 - Umdruck Seite 8). Mit dem Oberlandesgericht Nürnberg (FamRZ 2000, 538, 539) und dem Oberlandesgericht Stuttgart sieht sich der Senat daher weiterhin an § 1587 a Abs. 3 Nr. 2 BGB und die Barwertverordnung in der seit 1984 geltenden Fassung gebunden.

Die Festsetzung des Verfahrenswertes im Beschwerdeverfahren folgt aus § 17a GKG.

Dr. Hartleib Held Schwamb