OLG Frankfurt vom 10.03.1999 (5 UF 20/99)

Stichworte: Namensbestimmung Anhörung, persönliche
Normenkette: FGG 50a Abs. 2 BGB 1618 BGB 1626 FGG 50b
Orientierungssatz: Der angefochtene Beschluß beruht auf schwerwiegenden Verfahrensmängeln. Vor ihrer Entscheidung nach § 1618 Satz 4 BGB hätte die Rechtspflegerin nämlich den Vater des Kindes gemäß § 50 a Abs. 2 FGG und auch das Kind gemäß § 50 b FGG persönlich anhören müssen, was nicht geschehen ist. Das Recht der Namensbestimmung gehört zur elterlichen Sorge nach § 1626 BGB, so daß schon aus diesem Grund die persönliche Anhörung auch des nichtsorgeberechtigten Vaters nach § 50 a Abs. 2 FGG und auch die des Kindes nach § 50 b FGG zwingend geboten ist.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des 0berlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß der Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Hanau vom 9. Dezember 1998 am 10.03.1999 beschlossen:

Dem Antragsgegner wird gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Hanau vom 9. Dezember 1998 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der angefochtene Beschluß aufgehoben.

Das Verfahren wird an das Amtsgericht - Familiengericht - Hanau zur erneuten Verhandlung und Entscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats zurückverwiesen.

G r ü n d e :

Auf Antrag der Mutter des Kindes X. XXXX, geboren am 11.01.1989, hat die Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Hanau durch Beschluß vom 9. Dezember 1998 die Zustimmung des Kindesvaters, XXXX, zur Änderung des Familiennamens des Kindes X. XXXX in "XXXXXXX" gemäß § 1618 BGB ersetzt. Diese Entscheidung erging ohne persönliche Anhörung der Verfahrensbeteiligten, insbesondere des betroffenen Vaters und des Kindes.

Die Rechtspflegerin hat lediglich dem Vater den Antrag der Kindesmutter zur schriftlichen Stellungnahme übersandt, worauf der Vater in einem Schreiben vom 04.11.1998 ausdrücklich der beantragten Namensänderung widersprochen und auf seine Beziehung zu dem Kind hingewiesen hat. Gegen den ihm am 23.12.1998 zugestellten Beschluß hat der Vater mit Schreiben vom 31.12.1998, gerichtet an das Amtsgericht - Familiengericht - Hanau und dort eingegangen am 03.01.1999 Beschwerde eingelegt. Daraufhin hat die Rechtspflegerin diese Beschwerde der Kindesmutter zur Stellungnahme übersandt und dann unter dem 25.01.1999 die Vorlage an das für die Entscheidung über die Beschwerde zuständige 0berlandesgericht Frankfurt am Main verfügt, wo die Akten am 02.02.1999 eingegangen sind.

Dem beschwerdeführenden Vater ist gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da er ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist zur Einlegung der Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluß einzuhalten und die formgerechte Beschwerdeeinlegung mit Wegfall des Hinderungsgrundes nachgeholt worden ist (§§ 233, 236 ZPO). Die Beschwerde gegen den Beschluß der Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Hanau war binnen 1 Monats nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses beim 0berlandesgericht Frankfurt am Main einzulegen (§§ 621 e Abs. 1 und 3 ZPO, 11 RpflG). Dies ist zwar bis zum Ablauf der Beschwerdefrist bis zum 23.01.1999 nicht geschehen, der Beschwerdeführer hat jedoch seine Beschwerde innerhalb dieser Frist, nämlich am 03.01.1999 beim Amtsgericht - Familiengericht Hanau eingelegt. Die Beschwerde wäre jedoch rechtzeitig beim 0berlandesgericht eingegangen, wenn das Amtsgericht seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Beschwerdeführer wahrgenommen hätte und die Akten mit der Beschwerde unmittelbar dem Oberlandesgericht vorgelegt hätte. Verstößt das erstinstanzliche Gericht gegen diese Verpflichtung, so ist der Partei, die hierdurch die Rechtsmittelfrist versäumt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren (Bundesverfassungsgericht FamRZ 1995, Seite 1559, 1560, Beschluß des 0berlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22.08.1996 - 1 UF 185/96).

In der Sache führt die Beschwerde des Vaters zur Aufhebung des Beschlusses der Rechtspflegerin beim Amtsgericht - Familiengericht - Hanau vom 9. Dezember 1998 und zur Zurückverweisung des Verfahrens zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 575 ZPO).

Der angefochtene Beschluß beruht auf schwerwiegenden Verfahrensmängeln. Vor ihrer Entscheidung nach § 1618 Satz 4 BGB hätte die Rechtspflegerin nämlich den Vater des Kindes gemäß § 50 a Abs. 2 FGG und auch das Kind gemäß § 50 b FGG persönlich anhören müssen, was nicht geschehen ist. Das Recht der Namensbestimmung gehört zur elterlichen Sorge nach § 1626 BGB, so daß schon aus diesem Grund die persönliche Anhörung auch des nichtsorgeberechtigten Vaters nach § 50 a Abs. 2 FGG und auch die des Kindes nach § 50 b FGG zwingend geboten ist. Darüber hinaus stellt die Ersetzung der Einwilligung zur Einbenennung. einen gravierenden Eingriff in das Elternrecht des Vaters nach Artikel 6 Grundgesetz und in die Beziehung zwischen Vater und Kind dar, was eine persönliche Anhörung der Beteiligten unabweislich erforderlich macht. Der gemeinsame Familienname, der aufgegeben werden soll, dokumentiert nämlich nach außen die Zugehörigkeit und Zuordnung des Kindes zu seinem Vater, so daß die Aufhebung dieser äußeren Verbindung schwerwiegende Folgen für das Zugehörigkeitsgefühl und damit die tatsächlichen Beziehungen zwischen Vater und Kind haben kann.

Aus diesem Grund sieht das Gesetz auch in § 1618 Satz 4 BGB vor, daß die Ersetzung der Einwilligung eines Elternteils nur erfolgen soll, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Abgesehen davon, daß der angefochtene Beschluß hierzu eine ausreichende Begründung vermissen läßt, ist die Entscheidung der Rechtspflegerin bereits wegen der unterbliebenen Anhörung des Vaters und des Kindes aufzuheben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung unter Beachtung dieser Verfahrensvorschriften an das Amtsgericht - Familiengericht - Hanau zurückzuverweisen.

Ersetzung des Vaters zur Einbenennung des Kindes nach § 1618 Satz 4 BGB nur erfolgen kann, wenn dies für das Wohl des Kindes erforderlich erscheint und es nicht ausreichend ist, wenn die Ersetzung lediglich dem Wohl des Kindes dient. Dies setzt voraus, daß die psychosoziale Situation des Kindes in der Nachscheidungsfamilie und die Beziehung der Beteiligten zueinander und zu dem Kind und ihre Bedeutung für das Kind genau zu ermitteln sind und die Entscheidung unter Beachtung des Elternrechtes des Vaters ausführlich zu begründen ist.