OLG Frankfurt vom 22.07.1999 (5 UF 194/97)

Stichworte: VA, Ausschluß, Unbilligkeit Vermögensverhältnisse, Schuldentilgung
Normenkette: BGB 1587c Nr. 1
Orientierungssatz: Zur Unbilligkeit der Durchführung des VA

Oberlandesgericht Frankfurt am Main

B E S C H L U S S

In der Familiensache

hat der 5. Senat für Familiensachen des 0berlandesgerichts Frankfurt am Main auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - Königstein/Taunus - vom 24.06.1997 nach Anhörung der Parteien am 05.10.1998 am 22.07.1999 beschlossen:

Der angefochtene Beschluß wird abgeändert.

Von dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, Versicherungs-Nr. 52 2903556 H 583 werden auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der Landesversicherungsanstalt Hessen, Versicherungs-Nr. 12 230450 H 074 Rentenanwartschaften aus der Ehezeit, die am 31.08.1995 geendet hat, in Höhe von 172,24 DM übertragen. Dieser Betrag ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zwischen den Parteien gegeneinander aufgehoben.

Beschwerdewert: 2.066,88 DM.

G r ü n d e :

Das Amtsgericht hat im Scheidungstermin am 26.09.1995 auf Antrag der Parteien das Versorgungsausgleichsverfahren aus dem Verbund abgetrennt. In dem Scheidungstermin haben die Parteien eine Scheidungsvereinbarung getroffen, die in Ziffer 7. folgenden Wortlaut hat: "Die Parteien verzichten auf Durchführung des Versorgungsausgleichs, vorbehaltlich einer Genehmigung durch das Familiengericht, welche beantragt wird."

Nachdem das Amtsgericht durch Urteil vom 26.09.1995 sodann unter anderem die Ehe der Parteien geschieden hat, hat es durch den angefochtenen Beschluß den Versorgungsausgleich zwischen den Parteien gestützt auf § 1587 c Ziffer 1 BGB ausgeschlossen mit der Begründung, daß unter den vorliegenden Umständen es als grob unbillig angesehen werden müsse, wenn der Antragsteller über den Versorgungsausgleich zusätzlich an den Versorgungsanwartschaften der Antragsgegnerin teilhabe, nachdem diese trotz der Geburt des Kindes im wesentlichen ihren Unterhalt durch eigene Arbeitsleistung sichergestellt und zu dem ehelichen Haushalt beigetragen habe.

Mit der zulässigen Beschwerde begehrt der Antragsteller die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleich.

Er trägt vor, daß das gemeinsame Haus der Parteien nach Scheidung für 400.000,00 DM Reinerlös verkauft worden sei. Beide Parteien hätten jeweils die Hälfte erhalten. Er habe von seiner Hälfte noch bestehende Belastungen bei seinen Eltern in voller Höhe abgetragen, so daß ihm von dem Erlös nichts verblieben sei. Die Antragsgegnerin hingegen habe den Erlös in voller Höhe ungekürzt ohne Abdeckung ehelicher Verbindlichkeiten erhalten. Im übrigen habe er während der Berufstätigkeit der Antragsgegnerin zum Teil die Versicherungsbeiträge entrichtet, weil die Antragsgegnerin bei ihm angestellt gewesen sei.

Die Antragsgegnerin verteidigt den angefochtenen Beschluß. Über die Verwendung der 200.000,00 DM Kauferlösanteil hat sie keine weiteren detaillierten Angaben gemacht, außer, daß sie diese in der neuen Ehe aufgebraucht habe.

Der Antragsteller hat während der Ehezeit keine Anwartschaften auf Altersversorgung erworben, die Antragsgegnerin entgegen gemäß der Auskunft der BfA Berlin vom 13.04.1999 in Höhe von 344,47 DM.

Zwischen den Parteien ist noch ein Zugewinnausgleichsverfahren anhängig, und zwar zunächst als Stufenklage. Ein von dem Senat im Termin am 05.10.1998 vorgeschlagener Vergleich wurde von der Antragsgegnerin nicht akzeptiert.

Die Beschwerde ist begründet.

Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich ist wie aus der Beschlußformel ersichtlich durchzuführen. Die Antragsgegnerin hat die werthöheren Anwartschaften erworben, die Hälfte ist zugunsten des Antragstellers auszugleichen.

Ein Ausschluß des Versorgungsausgleichs nach § 1587 c Nr. 1 BGB ist nicht gerechtfertigt. Aufgrund der Tatsache, daß der Antragsteller für die in der Ehezeit entstandenen ehelichen Schulden alleine aufgekommen ist, wohingegen die Antragsgegnerin den anteiligen Erlös aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses in Höhe von 200.000,00 DM ungeschmälert für sich verwenden konnte, erschiene es auf Seiten des Antragstellers unter Abwägung aller Umstände des Falles als grob unbillig, den Versorgungsausgleich auszuschließen. Auch wenn die Antragsgegnerin in der Ehezeit trotz Betreuung des Kindes Anwartschaften in der gesetzlichen Altersversorgung erworben hat, der Antragsgegner hingegen keine Anwartschaften, so ist es im Hinblick auf die gemeinsame Planung der Eheleute ihre Altersversorgung betreffend nicht unbillig, wenn die Antragsgegnerin die Hälfte der von ihr in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften an den Antragsteller abgibt. Dadurch entsteht auch kein Ungleichgewicht in den Vermögensverhältnissen der Parteien, da die Antragsgegnerin anläßlich der Ehe einen höheren Vermögenserwerb erzielt hat als der Antragsteller, indem wie bereits dargelegt, ihr der anteilige Erlös aus dem Verkauf des gemeinsamen Hauses unbelastet zugeflossen ist, wohingegen der Antragsteller, wie er unwidersprochen im Anhörungstermin am 05.10.1998 dem Senat gegenüber erklärt hat, seinen gesamtem Erlösanteil zur Deckung ehelicher Schulden verwandt hat Da der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen war, kam eine Genehmigung der von den Parteien getroffenen Vereinbarung, auf die Durchführung des Versorgungsausgleich zu verzichten, nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 93 a ZPO, die Wertfestsetzung ergibt sich aus § 17 a GKG.

Meinecke Held Schweitzer